Wilder Kaiser - Überquerung Süd-Nord und zurück, Variante 1


Publiziert von gero , 9. August 2017 um 15:14.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum: 8 August 2017
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1950 m
Abstieg: 1950 m
Strecke:Wochenbrunner Alm - Gaudeamushütte - Gildensteig - Kleines Törl - Fritz-Pflaum-Hütte - (Griesener Alm) - (Stripsenjhochhaus) - Eggersteig - Steinerne Rinne - Ellmauer Tor - Gaudeamushütte - Wochenbrunnner Alm (14,7 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Ellmau zur Wochenbrunner Alm immer der Beschilderung nach.
Kartennummer:AV Nr. 8 (Kaisergebirge 1:25.000)

Normalerweise ist der Wilde Kaiser ja ein Klettererdorado, oder besser gesagt: war, denn unbegreiflicherweise tummeln sich heutzutage die Kletterer lieber in Hallen denn in der Natur. Auf meinem Tourenprogramm steht jedenfalls schon lange eine Süd-Nord-Süd-Überquerung: heute sollte sie Wirklichkeit werden.

Teil 1: Anstieg zum Kleinen Törl

Zu gewohnt früher Sunde starte ich an der Wochenbrunner Alm (1087 m), der Marsch zur nahegelegenen Gaudeamushütte (1263 m) findet mit der ersten Dämmerung statt. Am großen Wegweiser vor der Hütte kurz hinauf Richtung Ellmauer Tor, nach wenigen Minuten zweigt der Steig in Richtung Baumgartenköpfl / Kleines Törl ab (ACHTUNG: an dieser Stelle weder Wegweiser noch Markierung!). In Serpentinen geht es durch den Wald oberhalb der Gaudi-Hütt'n zum privaten Freiberghaus (1506 m) und weiter zum Baumgartenköpfl (1572 m, sehr aussichtsreich). An diesem Wegkreuz wende ich mich nordwärts in Richtung Kleines Törl; der Gildensteig passiert die Wildererkanzel (1666 m), einem eindrucksvollen, gut mannshohen Felstor mit balkonartiger Kanzel mit gutem Blick westwärts zur Ellmauer Halt. Kurz darauf erreiche ich den oberen Rand der bis dato dichten Latschen, hier zweigt von meinem Weg ein weiterer Steig Richtung Ackerlhütte ab, der sehr aussichtsreich unter den Südwänden namhafter Kaisergipfel dahinzieht.

Nun wird das Gelände steiler: in vielen Kehren geht es den Steig hinauf zum Kleinen Törl (2109 m, es existieren mehrere voneinander leicht abweichende Höhenangaben), die letzten 40 Minuten führen durch eindrucksvolle, teils etwas ausgesetzte Hochgebirgslandschaft. Bis zum Kleinen Törl sollten etwa 2 1/2 Std. reine Marschzeit veranschlagt werden, der Weg ist mehrfach beschrieben worden, z.B. hier von 83_Stefan, so daß ich mich kurz halten konnte.

Teil 2: Abstieg ins Kaiserbachtal

Nordseits ist das Kleine Törl durch einige Fixseile zugänglich gemacht: sie erleichtern den Abstieg ins weitläufige Griesener Kar enorm, wenngleich das Gelände zumindest unter trockenen Bedingungen unschwierig ist. Tief drunten ist die Fritz-Pflaum-Hütte (1866 m) sichtbar, gut markiert geht es auf Steig Nr. 815 hinab, und unter dem Gewänd des Kleinkaisers zur Hütte. Man benötigt für den Abstieg eine knappe Stunde ab Kleinem Törl.

Anmerkung: nachdem heutzutage im Wilden Kaiser nicht mehr so viel los ist wie zur Hoch-Zeit der Kletterei, sind etliche Hütten (Fritz-Pflaum-Hütte, Ackerlhütte) bestenfalls am Wochenende bewartet und unter der Woche geschlossen. Man informiere sich im Bedarfsfall vor der Planung über den derzeitigen Status!

Nur führt der Steig nordseitig hinunter zurm Großen Griesener Tor (ca. 1700 m), dem großen Kar zwischen Hinterer Goinger Halt im Westen und dem Mitterkaiser im Osten. Welch eindrucksvolles Bild - beidseits aufstrebende Wände, tief drunten im Kaiserbachtal die Griesener Alm, absolute Einsamkeit, stille Natur - so mag es der gero.

Dieser Zustand ändert sich allerdings, sobald man den von von der Griesener Alm zum Stripsenjochhaus führenden Weg erreicht (gemäß LK bei 1184 m): plötzlich streben ganze Heerscharen aufwärts zur Strips! Aber darauf war ich gefaßt, das weiß man vorher, und es wird sich im folgenden auch nichts mehr daran ändern. Durch Bergwald geht es auf Steig Nr. 801 hinauf Richtung Stripsenjochhaus, und wo dieser bei der Torlahn den Wald verläßt, kann man bereits einen ersten Blick hinauf in die Steinerne Rinne werfen, meinem nächsten Zeil. Beeindruckend!

Teil 3: Aufstieg durch die Steinerne Rinne

Eine Weile folge ich noch dem Anstieg zur Strips, aber bevor dieser steiler wird, kann man auf "inoffiziellen" Spuren durch das Wiesengelände des Wildangers hinüberqueren zum Beginn des Eggersteiges. Diese Steiganlage wurde 1903 durch den damaligen Vorsitzenden der Sektion Kufstein Joseph Egger gebaut; es handelt sich nicht um einen Klettersteig, sondern um eine durch Fixseile abgesicherte, normale Steiganlage, durch die der Zustieg zur Steinernen Rinne ermöglicht wird. Er führt durch die plattigen Felsen der Fleischbank-Nordseite und weist keine technischen Schwierigkeiten auf, ist aber teilweise exponiert. Zur persönlichen Einschätzung: ich habe dort keine Selbstsicherung benötigt, es ist alles Gehgelände, aber man muß natürlich trittsicher, schwindelfrei und etwas geübt sein.

In dieser großartigen Felskulisse quere ich mittels des Eggersteiges hinüber in die Steinerne Rinne; man erreicht sie am unteren Ende, oberhalb ihres untersten Abbruches zur Torlahn. Hervorragend erschlossen und immer wieder mit Fixseilen abgesichert, geht es nun die Steinere Rinne aufwärts: ostseitig wachsen die Kanten und Wände des Predigtstuhles in den Morgenhimmel, westseitig die prallen Wandfluchten der Fleischbank. Hier wurde Klettergeschichte geschrieben: man steht unter den Pumprissen, der berühmten Fleischbank-Südost-Verschneidung, der Predigtstuhlkante - einfach großartig, fast etwas erdrückend, diese Szenerie, weil die Wände ansatzlos aus der Rinne in den blauen Himmel schießen! Ich habe am heutigen Prachtstag natürlich auch das Glück, daß keine Wolken das Schauspiel verschleieren.

Nach oben hin wird dann die Steigung der Rinne geringer, dort enden die letzten Fixseile, und etwas schuttiger als bisher geht es hinauf zum Ellmauer Tor (ca. 2000 m). In der Fleischbank-Ostwand und an der Christakante kleben einige Seilschaften ..... ich mache erstmals am heutigen Tag Brotzeit und genieße das großartige Panorama, auch nach Süden hin, wo jenseits der Kitzbühler Alpen besonders Großvenedier und Großglockner zu erwähnen sind.

Teil 4: Abstieg zur Wochenbrunner Alm

Zu guter Letzt geht es für mich wieder zurück zum Ausgangspunkt meiner Kaiser-Süd-Nord-Überschreitung: Steig Nr. 812,3 später Nr. 823 leiten durch das Kübelkar abwärts zur Gaudeamushütte (1263 m) und schließlich zur Wochenbrunner Alm (1087 m). Auf dieser letzten Etappe fallen besonders der Karlspitzpfeiler und der Bauernpredigtstuhl mit seiner scharf geschnittenen Rittlerkante ins Auge. Gerade eben betreten 2 Kletterer den Bauernpredigtstuhl; der Karlspitzpfeiler aber ist verwaist. Dabei pfeift er so sakrisch und einladend aufwärts .... wenn man ihm gewachsen ist!

Bemerkungen:

- Erwähnenswerte Schwierigkeiten sind nicht vorhanden, doch sind natürlich Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, allgemein wie üblich alpine Erfahrung nötig.

- Der GPS-Empfang ist teilweise schlecht, bedingt durch die engstehenden Wände. Dies gilt natürlich speziell im Bereich der Steinernen Rinne.

- Ich habe für die gesamte Rundtour 9 Std benötigt; darin sind nur wenige Pausen enthalten, vornehmlich zum Fotografieren. Die reine Gehzeit dürfte etwa 8 Std betragen.

- Wasser ist auf der beschriebenen Stecke knapp, deshalb genügend Vorräte mitnehmen.

- Heute habe ich mal keinen Gipfel erklommen, der Weg war mein Ziel. Wer möchte, kann natürlich einige Gipfel mitnehmen - diese dann zeitlich einplanen!

Tourengänger: gero


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden


Geodaten
 36575.gpx Wilder Kaiser - Überschreitung Süd-Nord und zurück, Variante 1

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

sinzemer hat gesagt: Wow.... du hast es komplett wiederholt
Gesendet am 10. August 2017 um 14:39
Hi Georg,
hast du nun unsere Vorab-Tour zum kleinen Törl vollendet. Sehr gut / Respekt.
Du bist mit deinen Berichten schnell, meiner wird noch folgen.
Gruß Mario

Felix hat gesagt:
Gesendet am 11. August 2017 um 21:49
der Weg ist das Ziel - wie hast du das toll umgesetzt; Bravo!

lg Felix


Kommentar hinzufügen»