Wilder Kaiser - Überquerung Süd-Nord und zurück, Variante 2


Publiziert von gero , 16. August 2017 um 22:35.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Kaiser-Gebirge
Tour Datum:15 August 2017
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2025 m
Abstieg: 2025 m
Strecke:Wochenbrunner Alm - Gruttenhütte - Kopftörl - Hoher Winkel - Stripsenjochhaus - Stripsenkopf - Stripsenjochhaus - Steinerne Rinne - Ellmauer Tor - Gaudeamushütte - Wochenbrunner Alm (15,2 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Ellmau zur Wochenbrunner Alm immer der Beschilderung nach.
Kartennummer:AV Nr. 8 (Kaisergebirge 1:25.000))

Nachdem ich vor genau einer Woche eine erste Variante zur Süd-Nord-Überschreitung des Wilden Kaiser beschrieben habe, kann ich nun heute eine zweite Möglichkeit vorschlagen.

Teil 1: von der Wochenbrunner Alm zum Kopftörl und
durch den Hohen Winkel zum Stripsenjochhaus


Startpunkt ist - wie gehabt - die Wochenbrunner Alm (1087 m). Man geht dem ausgeschilderten Weg Nr. 825 zur Gruttenhütte nach, er führt durch Wald bis hinauf zum Gruttenkopf (1584 m) und in wenigen Minuten zur Gruttenhütte (1620 m). Hier teilen sich die Wege in etliche unterschiedliche Richtungen, großer Wegweiser etwas oberhalb der Hütte,

Heute geht es für mich weiterhin auf Steig Nr. 825 hinauf Richtung Kopftörl, zum Hohen Winkel und zum Stripsenjoch. Er führt (bestens markiert) verhältnismäßig steil in kurzen Kehren die Wiesenhänge direkt oberhalb der Hütte bergan; man hat stets das Kopftörl als Ziel vor Augen. Unter der schrofigen Westflanke der Köpfeln (2018 m) geht der Steig in die steilen Geröllfelder namens Hochgrubach über (nicht zu verwechseln mit dem Hochgrubachkar und der gleichnamigen Spitze viel weiter östlich bei der Ackerlspitze), und nach einer gewissen Schinderei erreicht man dann den Beginn einiger Fixseile, die nun zum Kopftörl (2058 m) hinauf leiten. In anregender Kraxelei - niemals schwer, minimal ausgesetzt - turne ich bergauf, man achte auf die großartige Felsszenerie, die sich hier bietet: im Nahbereich die Zacken der Vorderen Karlspitze, etwas weiter weg gegenüber die Gipfel der Ellmauer Halt westlich bzw. diejenigen der Törlspitzen im Osten.

Besonders erwähnenswert ist der Durchschlupf am Kaindl-Stewart-Turm: selbiger ist eine schätzungsweise 30 m hohe, mächtige Platte, die vom Massiv durch einen etwa 1m breiten Spalt abgetrennt ist: hier führt der Steig (problemlos) hindurch. Das Kopftörl selbst ist eine erstaunlich scharf eingeschnittene Scharte zwischen dem hier beginnenden Kopftörlgrat im Westen und der Vorderen Karlspitze im Osten: eindrucksvolles Kaiser-Felsreich !

Für mich geht es vom Kopftörl nordseitig hinab in das wilde Kar des Hohen Winkel: weiterhin sehr gut markiert, erreicht man kurz unter dem Kopftörl eine durchgehende Kette von Fixseilen, die bis in den Karboden hinab führen. Und man nimmt dieses Seile gern in die Hand: nicht wegen etwaiger Schwierigkeiten - das Gelände ist technisch gesehen völlig unschwierig -, sondern wegen der immensen Brüchigkeit des Gesteins. Die Fixseile führen unmittelbar an der orographisch rechten Wand bergab. Ziemlich steil, später dann nach unten hin zusehends flacher, weitet sich das Gelände und leitet in den Hohen Winkel (ca. 1700 m) über.

Wieder steht man staunend inmitten der eindrucksvollen Wände, Rinnen, Türme und Schluchten, die dieser Landschaft ihren wilden Zauber verleihen: kaum zu glauben, daß man von hier aus verhältnismäßig einfach zu den Karlspitzen ansteigen kann. Etwas weiter drunten steigt die Winklerschlucht (ca. 1600 m) als rechte (südliche) Begrenzung der Totenkirchl-Westwand in die Höhe. - Dann stehe ich am unteren Rand der Steilkare des Hohen Winkels auf einer von Felsbrocken und Latschen durchsetzten Wiese (wie wohltuend, das erste Grün nach dem Koptörl): über mir wächst nun die Totenkirchl-Westwand in den Himmel. Es ist einfach atemberaubend !

Etwas unterhalb ist dann ein Wegekreuz: hier kann man wahlweise ins Kaisertal zum Hans-Berger-Haus absteigen, oder - meinem Ziel entsprechend - zur Strips ansteigen. Steig Nr. 825 führt nun wieder durch Wald und erreicht - völlig überraschend - eine etwa 10 m hohe, senkrechte Leiter, die es hinauf zu turnen gilt. Danach folgen wieder mal einige Fixseile (das Gelände ist unter trockenen Bedingungen unschwierig, bei Nässe könnten die Versicherungen durchaus zweckdienlich sein), und schließlich erreiche ich den Hauptweg des Kaiserbachtales, der in kurzer Zeit hinauf zum Stripsenjoch (1577 m) und damit zur wohlverdienten Brotzeitpause leitet.

Ich war bisher verhältnismäßig langsam unterwegs: es gab so viel zu schauen und zu fotografieren, daß ich seit der Wochenbrunner Alm 6 Stunden unterwegs bin. Und auf der Sonnenterrasse der Strips sitzt man bei diesem Prachtwetter äußerst gemütlich - entsprechend lang fällt meine Mittagspause aus, bevor Teil 2 meiner heutigen Bergtour beginnt.


Teil 2: Aufstieg zum Stripsenkopf; Rückweg durch die Steinerne Rinne zur Wochenbrunner Alm

Weil es gar so ein schöner Tag ist, nehme ich noch denStripsenkopf mit: hinter der Hütte beginnt der Steig, der in gut 30 Minuten hinauf leitet. Vom Stripsenkopf (1807 m) hat man bekanntlich einen großartigen Ausblick: die Gipfel und Schluchten des Wilden Kaiser stehen genau gegenüber, aber auch der nahe Zahme Kaiser und weiter entfernte Gebiet, wie etwa die Berchtesgadener Alpen, sind schön zu sehen.

Dann geht es für mich wieder hinunter zum Stripsenjoch und gleich weiter zum Beginn des Eggersteiges. Ihn habe ich ja bereits vor einer Woche hier beschrieben: wieder erlebe ich die senkrecht aus der Steinernen Rinen aufstrebenden Wände des Predigtstuhles und der Fleischbank, wieder bin ich andererseits froh, den Wiederaufstieg von fast 600 Hm hinauf zum Ellmauer Tor endlich geschafft und mit dem Tiefblick nach Süden zur Wochenbrunenr Alm nach einem langen Tag das "Gelobte Land" vor mir zu sehen. Unter dem mächtigen Karlspitzpfeiler querend, geht es durch das Kübelkar hinab zur Gaudeamushütte und zur Wochenbrunner Alm zurück.


Hinweise:
- Hoher Winkel: AUFstieg scheint mir nicht ratsam; zwar hervorragend markiert und mit Fixseilen mustergültig präpariert, aber außerordentlich brüchig.
- Unterwegs kein Wasser - Bergsteigertränke nur an der Gruttenhütte, am Stripsenhaus und zuletzt an der Gaudeamushütte.
- Die Steinerne Rinne stellt meines Erachtens den einfachsten und am besten zu begehenden Übergang dar; alle anderen Übergänge (Kleines Törl, Kopftörl, vermutlich auch Rote-Rinn-Scharte) stellen höhere Ansprüche an Kondition und "Leidesfähigkeit" in punkto Geröll.
- Wer aufmerksam die Zeiten meiner Fotos verfolgt, erkennt, daß ich heute 14 lange Stunden unterwegs war - einschließlich der Pause auf der Strips und SEHR vieler Fotopausen. Ich habe die Gesamtdauer der Tour im Kopf meiner Beschreibung aber mit 9 Std. angegeben - so lang wird man wohl brauchen, wenn man nicht gerade im Dauerlauf unterwegs ist.

Tourengänger: gero


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Geodaten
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Kommentare (4)


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Andi_mit_i hat gesagt:
Gesendet am 17. August 2017 um 11:20
Diese Tour steht bei mir auch schon lange auf der Wunschliste. Danke für den Bericht, so kann ich mir besser vorstellen, was mich beim Übergang über das Köpftörl erwartet. Da war bisher nur relativ wenig zu finden.

gero hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. August 2017 um 18:06
Genau, da hast Du Recht - ich habe auch vorher nach Infos gesucht, wie es jenseits des Kopftörl im Hohen Winkel aussieht, was mich da erwartet (weiß man ja immer nicht: unbegehbarer Steilschutt?) - aber nur sehr wenig gefunden. Genau DAS hat für mich den Reiz ausgemacht, es auszukundschaften.

Also Dir viel Spaß, solltest Du meinen Spuren folgen - es lohnt sich!

Gruß vom gero

bergteufel hat gesagt: es war einmal...
Gesendet am 17. August 2017 um 18:41
Danke für den Bericht gero,
wie immer klasse dokumentiert.
Hier sehe ich eine meiner ersten Bergtouren, die ich alleine machte. Damals, wie heute, etwas "bekloppt" sollte man sein. Ich war 20, hatte meinen ersten alten Golf unterm Hintern, meinem Vater nichts gesagt und los gings. Autobahnmaut war kein Thema, die Wochenbrunner, glaube ich, kostete damals schon was, 10 Schilling? Ein Schuidl "Kopftörl", vergiss es und ja, das Eisen hättest heimtragen können. Aber nicht, daß jetzt alle denken, der ist steinalt. Es ist eine ganz einsame Ecke im Kaiser, im Gegensatz zum "Steinernen Highway". Auch auf der Stripshütt`n war ich schon ewig nicht mehr, die expandieren ja wie die Verrückten. Dort war mal der Wendepunkt vom Koasamarsch von Ebbs aus, 6-7 mal bin ich den gelaufen, geile Erinnerungen, danke dir für dieses Déjà-vu, beste Grüße Rudi

Felix hat gesagt: atemberaubend
Gesendet am 18. September 2017 um 16:41
schön!

Danke für diesen Bericht, lieber Georg

hg, Felix


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