Ehrwalder Sonnenspitze (2417m) Nord auf, Nord ab


Publiziert von Kris , 12. Juli 2017 um 00:11.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum: 5 Juli 2017
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:Ehrwald Bahnhof - Ehrwald Almbahn - Hoher Gang - Seebensee - Ehrwalder Sonnenspitze - Seebensee - Seebenalm - Immensteig - Ehrwald Almbahn - Ehrwald Bahnhof (ca. 26km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:von Garmisch mit dem Regionalzug bis Ehrwald Zugspitzbahn Bahnhof (ca. 25min)
Unterkunftmöglichkeiten:evtl. Coburger Hütte
Kartennummer:DAV Mieminger Kette West

Zum Abschluss der Trainingswoche in Garmisch wollte ich mich noch einmal in schwierigeres Alpin-Terrain wagen und peilte nach einigem Überlegen und Konsultieren des Wetterberichts die Ehrwalder Sonnenspitze an, allerdings in der etwas einfacherern Variante (NO-Rücken auf und ab).

Während der Vorbereitung fiel mir direkt auf, wie ungünstig das Ganze mit den Öffis angebunden ist. Insgesamt wurde daraus eine veritable Talhatsch für mich, 4km hin und retour zum Bhf in Garmisch sowie noch einmal 8km durch ganz Ehrwald hin und retour. Das machte daraus dann doch eine konditionell anspruchsvollere Tour. Trotzdem zog mich dieser formschöne Berg an sodass ich mich um 9 Uhr in Garmisch in die Bahn setzte.

Ca. 9.30 stand ich dann am Ehrwalder Bahnhof und folgte der Hauptstraße bis ins "Zentrum" wo ich mich aufgrund der Wettervorhersage noch mit Sonnencreme eindecken wollte. Leider war dies im Spar ausverkauft sodass ich mich - teuer! - in der örtlichen Apotheke eindecken musste. Um die Talhatsch zu verkürzen nahm ich innerörtlich einen Bus bis zur Talstation der Almbahn und sparte ca.20min. Für 3 Busstationen 3€ zu verlangen war aber ebenfalls sportlich. An der Talstation trennte sich dann schnell die Spreu von den Familien und Touristen wenn man den Weg in Richtung Hoher Gang verfolgt (schwarze Markierung)


Der Weg geht zuerst leicht durch den Wald, immer wieder gut ausgeschildert und trifft dann auf den Wegabschnitt der ab dem Parkplatz Hoher Gang startet. Umso weiter der Fortschritt umso steiler wird das Waldgelände dann auch, bis man zu einem Schuttfeld kommt, das man linkerhand steil ersteigt. Die ersten 4-500hm sind nun geschafft. Wer möchte kann sich nun eine Pause an der Coburger Bank gönnen (1470m). Ab hier startet der eigentliche Hohe Gang von dem ich immer wieder als "Klettersteig" gelesen habe. Das ist freilich übertrieben. Es geht immer wieder versichert oberes T3 Gelände nach oben, letztlich aber weder besonders ausgesetzt, noch besonders anspruchsvoll. Nur für Einsteiger oder unsichere Geher sowie Kinder empfiehlt sich evtl. eine Sicherung. Der Hohe Gang quert einen weiteren begrünten Schutthang und steigt dann am oberen Ende der Seebenwände fast auf Höhe des Seebensees aus. Dafür steigt man 10min ein paar Höhenmeter wieder ab und trifft auf den Fahrweg von der Seebenalm. Wieder zurück in der Zivilisation (Rentner-Wandergruppen, Mountainbiker etc.).

Hier steht die Sonnenspitze auch tatsächlich auf einem Wegweiser ausgeschrieben, der allerdings ins Nichts zeigt - keine Pfadspuren ersichtlich. Ich folgte nach einer ersten kurzen Pause dem Wegweiser und durchschritt weglos Waldgelände bis ich doch noch auf den eigentlichen Weg traf, der viel näher am Nordufer des Seebensees startet. Anfangs geht es einfach durch Wald, dann durch Wiesengelände und steigert sich tatsächlich recht linear je höher man kommt. Es wird schrofiger, die Hände kommen mal zum Einsatz (Versicherungen darf man auf der Route NICHT erwarten!), es bewegt sich aber noch im T3 Gelände. Anspruchsvoller wird es folgend, da man sich nun in einer steileren Wiesenrampe befindet, die Wegspur ist aber durchgehend vorhanden und die Routenfindung - noch - einfach. Immer wieder kommen mir Gänger vom Gipfel entgegen (insg. etwa 10 Personen diesen Tag am Gipfel) und da überlege ich ob ich nicht zu spät dran bin. Mittlerweile 13 Uhr - geht sich aber noch aus.

Auf das Wiesengelände folgt nun der eigentliche Teil der Tour. Es wird zunehmend felsig schrofiger mit Rollsplit-artiger Auflage - unangenehm! Die Routenfindung wird nun ebenfalls anspruchsvoller, Markierungen gibt es nur wenige, Steinmandl gehen unter. So passiert es mir dann in der Schrofenflanke, das ich eine Querung nach links um einen Gratausläufer verpasse und immer weiter aufsteige. Ich wundere mich immer mehr, dass man so gar keine Trittspuren mehr findet. Es wird nun wirklich steil und heikel auf der bröseligen Unterlage (T5-, I+). Ich denke schon an Rückzug, nehme aber die letzten Meter bis zum Grataufschwung und bin heilfroh(!) dass wie ein Wunder auf der anderen Seite des Grats der Weg klar und deutlich entlangläuft, nur ca. 6-7 Meter unter mir. Ich blicke zurück und mir graut es vor dem steilen Abstieg in der schrofigen Rollsplit-Flanke. Auf der anderen Seite des Grats ist ein Absturz unwahrscheinlich und so klettere ich die paar Meter bis zum Weg ab (I-II).

Etwas weiter unten bat mich eine Berggängerin nach einem älteren Herren zu sehen der im obersten Teil wohl völlig erschöpft und sichtlich überfordert aussah. Dieser kam mir nun - erschöpft, aber sonst ok - entgegen und so ließ ich ihn von dannen ziehen. Nach meinem aufregenden Verkraxler warten nun die eigentlichen Kletterstellen der Tour. Es geht eine relativ breite Gratrampe bergauf (I) und ein paar Meter über den Mini Grat im Gehgelände, bevor die erste Krux wartet. Exponiert steigt man einen Meter hinab und quert ausgesetzt und auf kleinem Tritt unter einer Felsnase hindurch (T5-). Immer wieder muss man die beste Route suchen, die Markierungen sind immer noch spärlich vorhanden. Vielversprechend ist es, nach den roten Sicherungshaken Ausschau zu halten, die es an den schwierigeren Stellen gibt.

Es geht nun auf weiteren Schrofen mit kleinbröseliger Auflage nach oben, nicht mehr ganz so exponiert. Nach einer Gedenktafel warten zwei weitere Sicherungshaken und eine erneute, exponierte Querung. Psychisch gesehen meine persönliche Schlüsselstelle. Bröselig und sehr vorsichtig steige ich herüber und bin froh, dass man an den Sicherungshaken etwas Halt findet (T5-). Es folgen weitere Ier Stellen bis man kurz vor dem Gipfel auf die klettertechnische Krux trifft. Eine kurze, unten kaminartige Verschneidung. Ein Glück ist auch hier einer dieser Haken verbaut, sonst wäre ich wahrscheinlich nicht herauf gekommen aufgrund der Trittarmut im unteren Bereich. So überlege ich kurz wie ich da wohl wieder herunterkomme, hiefe mich aber hinauf (II). Ohne Sicherungshaken zum Aufstützen meines Erachtens eine III-IV!

Nun unschwieriger die letzten Meter bis zum GK hinauf, wo man guten Blick auf die Mieminger und noch viel weiter hat. Auch einen geräumigen Wartebereich mit Bänken hat es. Nicht ganz so geräumig sieht der Übergang vom Signalgipfel aus, der bei der Überschreitung zu gehen ist. Oben am Gipfel treffe ich dann tatsächlich noch zwei andere Berggänger und nach kurzem Gespräch stellt sich heraus, dass sie von der Tour (sie machten die Überschreitung) sichtlich überrascht wurden. Sie sind erleichtert, als ich ihnen mitteile, dass es auf dem Nordweg leichter wird auch wenn mit großer Vorsicht zu begehen. Wir unterhalten uns noch kurz, bevor wir gemeinsam den Abstieg antreten. Ich gehe mit Helm voraus, da ich den Weg schon kenne. Ganz hinten dann ohne Helm, sollte man aber am besten nicht vergessen.

Gerade oben dauert der Abstieg eine Weile weil man aufgrund der bröseligen Felsauflage wirklich vorsichtig und langsam gehen muss. Fast an jeder Stelle bedeutet ein Fehltritt das Abrauschen nach unten. Die Stelle im "Kamin" ist tatsächlich runter leichter als gedacht - puh! Durch das Aufstützen des linken Armes auf die Sicherungsstange von oben kann man sich gefahrlos und sanft die 2 Meter hinabgleiten lassen wie im Liegestütz. Auf jeden Fall einfacher als hoch. Auch die beiden exponierten Querungen sind machbar, man muss aber erneut gut aufpassen. Je weiter man dann runterkommt, umso mehr entspannt sich die Lage. Zuerst gibt es weniger Kletterpassagen und nur noch Weg mit "Rollsplitauflage". Dann kommen wir an meinem Verkraxler vorbei und ich sehe das ich die Flanke in Aufstiegsrichtung nach links hätte queren müssen, nur leicht ansteigend. Die Pfadspuren verlieren sich hier aber wirklich arg.

Nachdem man das geschafft hat, wird es immer leichter bis man dann spätestens ab dem Latschengelände etwas locker lassen und sich auf den Seebensee freuen kann. Am Einstieg zur Sonnenspitze-Nord verabschiede ich mich von den netten Bergkameraden und genieße noch kurz den Seebensee bevor ich den Fahrweg zur Seebenalm nehme, da ich auf der Karte einen weiteren "Expressabstieg" zur Ehrwald Almbahn Talstation ausgemacht habe. So wird das Ganze eine Rundtour. An der Seebenalm vorbei achte ich auf die Zeit, da ich spätestens den 19:30er Zug in Ehrwald bekommen will und mich noch eine 40 minütige Hatsch durch den Ort erwartet. Nach ein paar, kurzen mühsamen Gegenanstiegen in der Sonne auf dem Fahrweg erreiche ich dann doch noch den Einstieg zum Immensteig den ich trotz leicht schmerzender Knie in Kauf nehme.

Dieser ist gefühlt etwas einfacher als der Hohe Gang, aber es macht nicht viel Unterschied. Auch hier gibt es ein paar gesicherte T3-Passagen die für den geübten Wanderer aber kein Problem darstellen. An einer Bank endet der Immensteig und mündet in einen Fahrweg der zur Almbahn Talstation führt. Von dort durch den Ort Erhwald, nochmal ein kurzer Besuch im Spar zum Auftanken und dann ab zum Bahnhof den ich mit 15 minütigem Vorsprung erreiche zur Bahn. 1x Tadel für Ehrwald: Es gibt im gesamten Ort KEINEN Mülleimer den ich auf der Straße ausmachen konnte. So provoziert ihr doch nur Umweltverschmutzer - schade!

Die Zeitangaben der Tour beziehen sich auf den Weg Almbahn Talstation rauf und runter, also ohne die Talhatsch. 

Eine wirklich landschaftlich tolle Tour, die allerdings einen schwindelfreien, absolut trittsicheren und etwas kletterfertigen Bergsteiger erfordert, auch auf dem vermeintlich einfacheren Nordanstieg! Vorsicht bei der Wegfindung, damit ihr euch nicht auch in den bröseligen Flanken verkraxelt! Ansonsten uneingeschränkte Empfehlung!


KONDITION 3.5/5
ORIENTIERUNG 4/5
TECHNIK 4.5/5
EXPONIERTHEIT 4.5/5

Tourengänger: Kris


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Kommentare (4)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 12. Juli 2017 um 09:15
Klasse Tour! War schon 3 Mal oben. Hab jedes Mal die Überschreitung Süd/Nord gemacht. Würde sagen dass der Südanstieg klettertechnisch etwas schwieriger und luftiger ist. Allerdings für Mieminger Verhältnisse untypisch fester Fels und daher recht genussvoll. Außerdem im Vergleich zum Nordanstieg weniger Geröllauflage. Mit etwas Vorsicht und entsprechender Erfahrung gut zu meistern. Eine T5 Bewertung ist meines Erachtens durchaus gerechtfertigt. Umso verwunderlicher, dass die Sonnenspitze so häufig Besuch erhält. Liegt wohl an den Markierungen.

VG Nico

Kris hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. Juli 2017 um 13:49
Danke für deine Kommentar und stimme dir voll zu! Finde die T5 Bewertung rechtfertigt sich einerseits an der Schwierigkeit der Kletterstellen (IIer sind für mich nur im absolut unexponierten Gelände noch ein T4) und andererseits an der generellen Ernsthaftigkeit des Geländes.. durch die Geröllauflage will jeder Schritt wohlüberlegt gesetzt sein.

Ich glaube, der Gipfel ist aus mehreren Punkten gut besucht:

a) Weg ist eingezeichnet in Karten
b) wird erwähnt in Wanderführern
c) es ist auf Wegweisern als schwarzer Weg ausgeschildert
d) ein sehr prominenter uns aus dem Tal auffälliger Berg..

Cheers, Kris

scan hat gesagt:
Gesendet am 12. Juli 2017 um 14:07
Stimmt, klasse Tour! Da muß ich unbedingt auch mal wieder hoch, ist wirklich wahnsinnig schön da oben.
Hab aber bisher auch immer nur die Überschreitung gemacht, wobei ich einmal beim Nordanstieg mit Schneefelder zu kämpfen hatte, was den Abstieg unangenehmer macht und einen Verhauer bei der Wegfindung begünstigt.

Den Immensteig bin ich auch schon mal gegangen, kann man aber getrost vernachlässigen, ich fand ihn nur batzig und wenig aussichtsreich. Da ist fast der Abstieg über die Seilbahnstation schöner.

Schöne Bilder übrigens!

Kris hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. Juli 2017 um 11:19
Danke für deinen Kommentar! Stimmt, der Immensteig ist nichts mehr als ein Express Abstieg durch den Wald ;-)

Cheers, Kris


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