Säntis, 10. Juli 1966
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Hier der geringfügig abgeänderte Text von 1966:
Meine erste Bergbesteigung sollte der Säntis werden. Arbeitskollegen sagten mir, daß von der Schwägalp ein schöner Weg zum Gipfel führe. Von Gefahren oder Schwierigkeiten wurde nichts gesagt.
Mein Bruder Kalli, Schwager Dieter und gemeinsamer Freund Berthold kündigten ihren Besuch bei mir an, und sie waren begeistert von meinem Vorschlag.
Im Juni war das Wetter meistens schlecht, und wir waren mehr als erfreut, als wir frühmorges über Wil in das Toggenburger Land fuhren, wir folgten mit dem VW der Thur flussaufwärts und hielten oft an, um das Fernglas vor die Augen zu setzen.
Die Landschaft wurde immer großartiger, die Thur wilder und die Straße schmaler. Dann sahen wir ihn, den Säntis. Eine Mauer himmelhinauf, unüberwindbar scheinend. Da wollten wir hinauf? So gewaltig hatte ich ihn mir nicht vorgestellt. Aber dann waren wir schon auf der Schwägalp (1352 m), mit unseren Augen verfolgten wir die Schwebebahn, die uns hätte bequem und mühelos zum Gipfel führen könnte. Aber darin sahen wir ja keinen Reiz.
Die trotzige Nordwestwand schaute uns hochmütig von oben an. Mein Mut schwand, war ich doch der einzige mit Bergschuhen, während meine drei Kollegen nur mit leichten Wanderschuhen bewaffnet waren. Wenn ich nun, nach überstandenem Abenteuer, daran zurückdenke, weiß ich, daß wir sehr leichtsinnig gehandelt haben, und ich möchte keinem raten, es uns ohne Bergschuhe nachzuahmen versuchen.
Mutig führte ich die Gruppe an, erst ging es über einige Wiesen, vorbei an Schafen, Ziegen, Hunden und Sennhirten. Dann traten wir an den Berg heran. Ich war mir nicht im klaren darüber, wie wir ihn bezwingen wollten, hatten wir doch weder Karte noch Wanderführer. Allerdings brauchten wir auch nur den Wegweisern zu folgen, Abzweigmöglichkeiten gab es dann keine mehr. Auf dem nun folgenden Geröllhang sahen wir eine Wegspur, wie sie sich in die Höhe schlängelte. Das mußte der Weg sein! Wir folgten ihm, es ging immer höher, manchmal geradeaus, fast ohne Steigung, um dann um so steiler den Hang hinaufzuführen. Zweimal überquerten wir ein kleines Schneefeld, Überreste des letzten Winters, und mit meinen Schuhen schlug ich kleine Stufen hinein, damit die Nachfolgenden gefahrlos queren konnten.
So sank die Schwägalp immer tiefer, und dann sahen wir hoch über uns ein Haus. Der Säntisgipfel konnte es nicht sein, weil die Schwebebahn viel weiter links hochführte. Wir beschleunigten unsere Schritte, weil der Weg wunderbar angelegt war und wir schon das Bier rochen, das auf uns wartete. Aber danach ging es gleich weiter von der Thierwies (2085 m), diesem herrlichen Zwischenziel.
Der Weg folgt seitlich einem Gratrücken, und dann überquerten wir das größte Karrenfeld des Appenzells. Die Steine waren stark zerklüftet, große, tiefe Spalten führen links und rechts des Weges in die Tiefe.
Dann sahen wir von uns wieder Schnee, übermütig bewarfen wir uns damit. Über unseren Köpfen sahen wir nun die Schwebebahn am dünnen Draht gleiten, und wir wußten, daß es nicht mehr weit sein konnte. Meine Begleiter stöhnten über nasse und kalte Füße trotz des herrlichen Sonnenscheines, wir gingen aber weiter über Schnee, kamen zu weit nach rechts und kletterten einen kleinen Bergeinschnitt hoch, um wieder auf den teilweise verschneiten Weg zu kommen. Nun ging es steil bergan, der Weg war durch Drahtseile gesichert, und bald waren wir auf dem Gipfel.
Wir sahen aber nichts, weil eine Wolke sich gerade bequemte, es sich um den Gipfel gemütlich zu machen. Wir kehrten im alten Hotel ein, weil es uns dort ein wenig billiger schien. Meine drei Begleiter versteckten ihre Füße und Schuhe unter die Bänke, um nicht aufzufallen.
Für uns war klar, daß wir hier oben den morgigen Tag erleben wollten, hatten wir doch genügend Zeit. Nach Reservierung wurde damals nicht gefragt!
Am Abend wurde uns noch vom Doppelmord in der Säntishütte an das Wetterwart-Ehepaar erzählt, wie er sich 1922 zugetragen haben mochte. Wir konnten es kaum glauben.
http://photobibliothek.ch/seite007l.html
In der Nacht konnten wir nicht gut schlafen, war es doch die erste Nacht in fast 2500 m Höhe.
Um 5.45 h waren wir schon wach. Als erstes schauten wir aus dem Fenster. Wir sahen aber nur gegen einen Berghang. Die Türen waren noch verschlossen. Jetzt gab es den Ausstieg durch das Fenster!!! Jeder hatte seine Schlafdecke mitgenommen, denn draußen pfiff ein kalter Wind.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als wir auf dem Gipfel standen. Im Osten waren Wolken, der Bodensee war zu sehen, die Churfirsten lagen im Dunkeln, darüber die schneebedeckten Gipfel des Pizsol. Davor der breite, gewaltige Tödi, der Glärnisch zeigte uns seine dunkle Wand, die Berner Alpen waren ebenfalls klar erkennbar. Dann kam die Sonne. Sie erhellte erst die Bergspitzen, bevor sie selbst sichtbar wurde. Sie teilte die Wolken, stieg immer höher, jetzt schon die Gipfel der Churfirsten bestrahlend, während das Tal noch im Schlaf lag.
Wir nahmen Einblick in die Täler des Alpsteins, sahen den dunklen Seealpsee, die mittlere Bergkette mit den Fälentürmen, dahinter mußte sich wieder ein Tal verbergen, sahen den Altmann, den Wildhauser Schafberg, die Ebenalp und den beiten Alpsiegel. Die Struktur des Alpsteins lag offen vor uns, wie es kein Lehrbuch besser beschreiben konnte. Klar erkannten wir die drei Gebirgskämme, die von Nordosten nach Südwesten das Säntisgebirge formte, uns wurde auf wunderbarste Weise Geologieunterricht erteilt.
Die Sonne verschwand nun endgültig hinter Wolken, uns fror, und wir gingen zurück, wo bereits der Frühstückstisch gedeckt war und wir nicht mehr durch das Fenster steigen mußten.
Mit der ersten Seilbahn nahmen wir Abschied vom Säntis, blickten während der Abfahrt nochmals auf das Voralpenland mit seinen anmutigen Hügeln, Dörfern und Wiesen und waren viel zu schnell wieder bei dem Auto bei der Schwägalp.
Für uns alle war dieses die erste Besteigung eines Berges. Vorher waren wir nicht höher gekommen als es das Weserbergland erlaubte (von meiner Rigitour abgesehen).
Meine erste Bergbesteigung sollte der Säntis werden. Arbeitskollegen sagten mir, daß von der Schwägalp ein schöner Weg zum Gipfel führe. Von Gefahren oder Schwierigkeiten wurde nichts gesagt.
Mein Bruder Kalli, Schwager Dieter und gemeinsamer Freund Berthold kündigten ihren Besuch bei mir an, und sie waren begeistert von meinem Vorschlag.
Im Juni war das Wetter meistens schlecht, und wir waren mehr als erfreut, als wir frühmorges über Wil in das Toggenburger Land fuhren, wir folgten mit dem VW der Thur flussaufwärts und hielten oft an, um das Fernglas vor die Augen zu setzen.
Die Landschaft wurde immer großartiger, die Thur wilder und die Straße schmaler. Dann sahen wir ihn, den Säntis. Eine Mauer himmelhinauf, unüberwindbar scheinend. Da wollten wir hinauf? So gewaltig hatte ich ihn mir nicht vorgestellt. Aber dann waren wir schon auf der Schwägalp (1352 m), mit unseren Augen verfolgten wir die Schwebebahn, die uns hätte bequem und mühelos zum Gipfel führen könnte. Aber darin sahen wir ja keinen Reiz.
Die trotzige Nordwestwand schaute uns hochmütig von oben an. Mein Mut schwand, war ich doch der einzige mit Bergschuhen, während meine drei Kollegen nur mit leichten Wanderschuhen bewaffnet waren. Wenn ich nun, nach überstandenem Abenteuer, daran zurückdenke, weiß ich, daß wir sehr leichtsinnig gehandelt haben, und ich möchte keinem raten, es uns ohne Bergschuhe nachzuahmen versuchen.
Mutig führte ich die Gruppe an, erst ging es über einige Wiesen, vorbei an Schafen, Ziegen, Hunden und Sennhirten. Dann traten wir an den Berg heran. Ich war mir nicht im klaren darüber, wie wir ihn bezwingen wollten, hatten wir doch weder Karte noch Wanderführer. Allerdings brauchten wir auch nur den Wegweisern zu folgen, Abzweigmöglichkeiten gab es dann keine mehr. Auf dem nun folgenden Geröllhang sahen wir eine Wegspur, wie sie sich in die Höhe schlängelte. Das mußte der Weg sein! Wir folgten ihm, es ging immer höher, manchmal geradeaus, fast ohne Steigung, um dann um so steiler den Hang hinaufzuführen. Zweimal überquerten wir ein kleines Schneefeld, Überreste des letzten Winters, und mit meinen Schuhen schlug ich kleine Stufen hinein, damit die Nachfolgenden gefahrlos queren konnten.
So sank die Schwägalp immer tiefer, und dann sahen wir hoch über uns ein Haus. Der Säntisgipfel konnte es nicht sein, weil die Schwebebahn viel weiter links hochführte. Wir beschleunigten unsere Schritte, weil der Weg wunderbar angelegt war und wir schon das Bier rochen, das auf uns wartete. Aber danach ging es gleich weiter von der Thierwies (2085 m), diesem herrlichen Zwischenziel.
Der Weg folgt seitlich einem Gratrücken, und dann überquerten wir das größte Karrenfeld des Appenzells. Die Steine waren stark zerklüftet, große, tiefe Spalten führen links und rechts des Weges in die Tiefe.
Dann sahen wir von uns wieder Schnee, übermütig bewarfen wir uns damit. Über unseren Köpfen sahen wir nun die Schwebebahn am dünnen Draht gleiten, und wir wußten, daß es nicht mehr weit sein konnte. Meine Begleiter stöhnten über nasse und kalte Füße trotz des herrlichen Sonnenscheines, wir gingen aber weiter über Schnee, kamen zu weit nach rechts und kletterten einen kleinen Bergeinschnitt hoch, um wieder auf den teilweise verschneiten Weg zu kommen. Nun ging es steil bergan, der Weg war durch Drahtseile gesichert, und bald waren wir auf dem Gipfel.
Wir sahen aber nichts, weil eine Wolke sich gerade bequemte, es sich um den Gipfel gemütlich zu machen. Wir kehrten im alten Hotel ein, weil es uns dort ein wenig billiger schien. Meine drei Begleiter versteckten ihre Füße und Schuhe unter die Bänke, um nicht aufzufallen.
Für uns war klar, daß wir hier oben den morgigen Tag erleben wollten, hatten wir doch genügend Zeit. Nach Reservierung wurde damals nicht gefragt!
Am Abend wurde uns noch vom Doppelmord in der Säntishütte an das Wetterwart-Ehepaar erzählt, wie er sich 1922 zugetragen haben mochte. Wir konnten es kaum glauben.
http://photobibliothek.ch/seite007l.html
In der Nacht konnten wir nicht gut schlafen, war es doch die erste Nacht in fast 2500 m Höhe.
Um 5.45 h waren wir schon wach. Als erstes schauten wir aus dem Fenster. Wir sahen aber nur gegen einen Berghang. Die Türen waren noch verschlossen. Jetzt gab es den Ausstieg durch das Fenster!!! Jeder hatte seine Schlafdecke mitgenommen, denn draußen pfiff ein kalter Wind.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als wir auf dem Gipfel standen. Im Osten waren Wolken, der Bodensee war zu sehen, die Churfirsten lagen im Dunkeln, darüber die schneebedeckten Gipfel des Pizsol. Davor der breite, gewaltige Tödi, der Glärnisch zeigte uns seine dunkle Wand, die Berner Alpen waren ebenfalls klar erkennbar. Dann kam die Sonne. Sie erhellte erst die Bergspitzen, bevor sie selbst sichtbar wurde. Sie teilte die Wolken, stieg immer höher, jetzt schon die Gipfel der Churfirsten bestrahlend, während das Tal noch im Schlaf lag.
Wir nahmen Einblick in die Täler des Alpsteins, sahen den dunklen Seealpsee, die mittlere Bergkette mit den Fälentürmen, dahinter mußte sich wieder ein Tal verbergen, sahen den Altmann, den Wildhauser Schafberg, die Ebenalp und den beiten Alpsiegel. Die Struktur des Alpsteins lag offen vor uns, wie es kein Lehrbuch besser beschreiben konnte. Klar erkannten wir die drei Gebirgskämme, die von Nordosten nach Südwesten das Säntisgebirge formte, uns wurde auf wunderbarste Weise Geologieunterricht erteilt.
Die Sonne verschwand nun endgültig hinter Wolken, uns fror, und wir gingen zurück, wo bereits der Frühstückstisch gedeckt war und wir nicht mehr durch das Fenster steigen mußten.
Mit der ersten Seilbahn nahmen wir Abschied vom Säntis, blickten während der Abfahrt nochmals auf das Voralpenland mit seinen anmutigen Hügeln, Dörfern und Wiesen und waren viel zu schnell wieder bei dem Auto bei der Schwägalp.
Für uns alle war dieses die erste Besteigung eines Berges. Vorher waren wir nicht höher gekommen als es das Weserbergland erlaubte (von meiner Rigitour abgesehen).
Tourengänger:
FJung

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