Nebelmeer - Abendrot - Tessinersonne: Grenzschlängeln im Val Colla


Publiziert von CampoTencia , 1. November 2016 um 19:47. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Sottoceneri
Tour Datum:28 Oktober 2016
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   I   Gruppo San Lucio-Monte Boglia   Gruppo San Jorio-Monte Bar 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 1925 m
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Pairolo SAT
Kartennummer:1353 Lugano, 1334 Porlezza, 1333 Tesserete

Eine letzte 2-tägige Tour in diesem Jahr? Im Tessin? Klar, wir sind alle dafür. Pläne und Wünsche hätten wir auch genug, aber da die meisten Hütten in den höheren Lagen schon geschlossen sind, suchen wir uns eine Gegend mit einer Hütte, die noch bewartet ist. Die Wahl ist schnell getroffen: die Cap. Pairolo im Val Colla. Wir kennen sie schon von früheren Unternehmungen. Und auf die gute Bewirtung dürfen wir uns jetzt schon freuen.
 
Von Lugano Cassarate fahren wir mit der Standseilbahn hoch auf den Monte Brè, wo wir unsere Tour mit einem Kaffee einleiten. Schliesslich geht es nachher erst mal über viele Treppen 100 Hm runter, da muss man doch gestärkt sein! Durch schmucke Gässchen führt der Weg durch das Dörfchen Brè, um anschliessend schon steil in den Wald zu führen. Schöne Kastanien verlocken meine Begleiterinnnen, sich ständig zu bücken. Durch lichten Buchenwald in Sbrussighera mit ausnehmend schönen stämmigen Bäumen geht es hoch. In Carbonera treffen wir auf ein Wasserresevoir mit originellem Wasserhahn: auf Knopfdruch fliesst das Wasser für den durstigen Wanderer. In mässiger Steigung geht es bis Sasso Rosso hoch. Der Blick in die steile Wand ist diesmal infolge des aufsteigenden Nebels stark eingeschränkt. Bald geht es in steileren Kehren hoch, der Nebel wird dichter, aber wir hoffen immer noch auf einen sonnenbeschienenen Monte Boglia. Und tatsächlich, 50m unter dem Gipfel erblicken wir das Gipfelkreuz! Oben blicken wir auf ein riesiges Nebelmeer rundum. Der Blick zu den Walliser-Bergen von Monte Rosa zum Dom, Monte Tamaro, Gazzirola und all die unbekannten Berge Italiens im Osten ist umwerfend! Unsere weitere Route führt leider auch wieder in den Nebel hinunter, deshalb geniessen wir eine ausgedehnte Gipfelrast und wärmen uns in der Herbstsonne.
 
Steil und in vielen Kehren geht es hinunter. Es scheint eine Ewigkeit, bis wir die Pian di Scagn erreichen, wo es endlich wieder ansteigt. Schön und abwechslungsreich ist der Anstieg, einzelne kleinere Felszacken kündigen die Denti della Vecchia an. Zwischen Buchen und Mehlbeerbäumen, kümmerigen Zyklamen und Christrosenblättern führt der Weg vorwärts. Ob des dichten Nebels erwägen wir Für und Wider über die geplante Ersteigung des Sasso Grande. Der kalte Felsen und die fehlende Aussicht machen uns die Entscheidung leicht, den Aufstieg durch den Kamin und den Abstieg durch die Legföhren-besetzte Felspartie auf eine spätere Unternehmung zu verschieben. Auf dem Passo Streccione lassen wir uns kurz verwirren wegen der neuen Beschilderung. Der alte Weg unter den Kletterfelsen unterhalb P.1484 durch wird offenbar nicht mehr unterhalten. Wir sind ihn schon einige Male gegangen und kennen ihn zur Genüge, auch diesmal möchten wir ihn gehen. Und es lohnt sich einmal mehr! Hier ist aber auch die einzige Stelle der ganzen Route, die wir aufgrund des rutschigen, gerölligen Weges und der Absturzgefahr als T3 einstufen. Trittsicherheit ist hier absolut gefordert! In leichtem Auf und Ab geht es problemlos weiter, aber es dauert eine Weile, bis die Cap. Pairolo in Sicht kommt und wir herzlich von Michela, der Hüttenwartin, begrüsst werden. Nach einem Willkommensbier beziehen wir unser Nachtquartier und geniessen ein feines Nachtessen, das sich wegen des einmaligen Ausblicks auf das ständig wechselnde Abendrot im Westen in die Länge zieht. Zu schön ist der Blick zu den Walliser Bergen und den Wolkengebilden.
 

 
Nebelfrei, aber kalt ist es, als wir um 7 Uhr aus den Federn steigen und uns für den kommenden Tag bereit machen. Nach dem reichhaltigen Frühstück ziehen wir in voller Bekleidung los. 10oC lassen uns frösteln, aber der steile Anstieg heizt ein und wir entledigen uns bald einer Schicht nach der andern. Die Abzweigung zur Cima dell'Oress ist gut und neu markiert, der Weg danach ist aber mit viel Buchenlaub überdeckt und es bedarf der ständigen Sicht nach der richtigen Wegführung. Auf der Cima bietet sich uns ein herrlicher Ausblick zum Lago di Lugano. Die Sonne wärmt und verspricht einen tollen Tag. Wir kürzen durch Föhrengelände ab, was sich zeitlich nicht rechtfertigt, aber Spass macht, und erreichen den Passo di Pianca Bella. Ab hier wird es anspruchsvoller, steiler, felsiger, es macht richtig Freude! Und wir stehen auf der Cima di Fojorina, in vollem Sonnenschein, mit bester Sicht rundum. Welch ein Gegensatz zu gestern. Genüsslich halten wir unsere Mittagspause und werfen einen Blick auf die weitere Route zu San Lucio. Dorthin sind noch viele Höhenmeter abzusteigen und mehrere Monti zu bewältigen. Aber wir freuen uns darauf und machen uns auf den Weg.
 
In San Lucio treffen wir als erstes auf die alte Kirche, in die man leider nicht eintreten kann. Alles abgesperrt - Angst vor Diebstahl? Wir haben Durst und möchten eine Pause machen. Die laute Musik bei der Cap. San Lucio schreckt uns ab und wir versuchen unser Glück weiter oben beim italienischen Rifugio San Lucio. Zum Glück habe ich Euro im Portemonnaie. Beine strecken, die Sonne geniessen, was willst du mehr?
 
Wir steigen noch 50 Hm zu den Seelein auf der Piano di S. Lucio auf, bevor wir querfeldein den Hang hinunter auf den Weg in der Westflanke des Gazzirola gehen. Der weitere Weg verläuft mit einigen Auf und Ab mehr oder weniger horizontal, darf aber zeitmässig nicht unterschätzt werden. Es dauert! Bei P.1506 schliesslich erreicht man die Abzweigung nach Cozzo/Colla hinunter. 200 Hm geht es kniefordernd hinunter. In Cucchetto wählen wir die Abzweigung westwärts in das Tobel, wo es dann südwärts hinunter nach Colla geht. Das Postauto fährt erst in 40 Minuten, also viel Zeit noch, bei Giovanni im Ristorantino Cacciatori einzukehren. Seine sympathische Art und Geselligkeit machen diesen Tag vollkommen.
 

Tourengänger: CampoTencia, Krokus


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Geodaten
 32768.gpx 1 Monte Bré - Cap. Pairolo
 32769.gpx 2 Cap. Pairolo - Cima di Fojorina - San Lucio - Colla

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Kommentare (2)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 3. November 2016 um 07:15
prächtige, stimmungsvolle, Zweitagestour - in ebensolcher Gegend, welche auch wir kennen und schätzen ...

lg Felix

CampoTencia hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. November 2016 um 19:41
Richtig, eine sehr attraktive Gegend, für eine mehrtägige Tour lohnt sich auch die Anreise. Wir sind jedenfalls immer gerne dort

LG Herbert + Ella


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