Der lange Weg auf das Weissmies (4.017m)


Publiziert von parinacota , 12. September 2016 um 17:19.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:24 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 4 Tage
Aufstieg: 4000 m
Abstieg: 4000 m

Die Besteigung des Weissmies von der Almagellerhütte wurde hier schon vielfach dokumentiert. Besonders beeindruckend fand ich dabei die Tour von Xaendi hier *Auf Umwegen von Mattmark zum Weissmies, welche ich kürzlich in ähnlicher Form wiederholt habe. Abschnitte davon kannte ich schon von früheren Bergtouren. Als kleine Würze habe ich noch den Sonnigpass Klettersteig (Via Ferrata del Lago) eingebaut.

Tag 1: Von Biwak zu Biwak

  • Start am Mattmark Stausee, Parkgebühr für 4 Tage ca. 15 Franken (an Kleingeld denken! Keine Scheine)
  • An der Staumauer entlang zum Abzweig Richtung P. 2.230m
  • Ab dort EINSAM in ein wunderschönes Hochtal gegen den Ofentalpass
  • Am Ofentalpass erst einmal Besichtigung des Bivaccos Antigine (2.837 m). Matratzen, Decken vorhanden.
  • Da der Tag noch jung ist, geht es weiter Richtung Bivacco Cingino. Hierzu steigt man in einer Schuttrinne ab Richtung P.  2.399 m um dann bei P. 2.286 m in Richtung Norden in einer sehr steilen Rinne wieder steil aufzusteigen. Unterwegs majestätisch thronende STEINBÖCKE in unmittelbarer Nähe, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen.
  • Nach der Rinne erreicht man zügig den Stausee mit dem Bivacco Cingino. Das  Bivacco Cingino ist eigentlich ein stattliches Steinhaus in dem sich wunderbar übernachten ließe. Matratzen, Decken vorhanden. Soweit der Plan.
  • Der Tag ist zwar nicht mehr so jung, trotzdem geht es weiter Richtung Bivacco Camposecco. Die Nervosität treibt mich an, ich möchte unbedingt sehen, was mich am nächsten Tag erwartet. Für den Fall der Fälle schleppe ich das gesamte Gepäck mit zum Stolleneingang.
  • Jetzt wird es spannend: DER STOLLEN. Im Vorfeld war das für mich einer der KNACKPUNKTE, da latent klaustrophobisch. Der Plan ist mal 50-100 m rein zu laufen um zu merken wie sich das anfühlt. Es fühlt sich gut an. Direkt am Eingang ist linker Hand ein Lichtschalter. Die Stirnlampe wird trotzdem aufgesetzt und hilft beim Ausleuchten des Bodens. Alle 20-30 m eine Lampe an der Decke. Der Stollen ist gar nicht so eng wie befürchtet, aber trotzdem geht es 2,3 km durch den Berg! Durch den Stollen läuft ein weißes, dickes Rohr. Überall tropft es ein wenig, am Boden zahlreiche Pfützen. Achtung! Wer Größeres plant, sollte besonders darauf achten, nicht zu nasse Füsse zu bekommen, d.h. hier und da Spreizschritt. Nach ca. 20 min ist der Stollen passiert. Alles halb so schlimm.
  • Nach dem Stollen den Hang querend weiter zum Lago die Cingino und dem Bivacco Camposecco. Matratzen, Decken vorhanden.
  • Einsame Übernachtung im Bivacco Camposecco. 

Tag 2: Vom Biwak zum guten Essen

  • Am nächsten Morgen herrlicher Sonnenaufgang und Lagerfeuer zum Kaffee kochen Am Biwak.
  • Nach dem Biwak die Staumauer überqueren und weiter Richtung Passo delle Coronette. Vom Biwak aus sucht man vergeblich die Stelle, an der es über die Felsbarriere gehen könnte. Der Weg ist jedoch eindeutig, wenn man erstmal los gelaufen ist. In einigen Kehren, später über Geröll und Blöcke geht es an den Fuss der Felsbarriere des Passo delle Coronette. Hier helfen lange Ketten dankenswerterweise über die schwierigsten Stellen der steilen Rinne. Vor allem mit schwerem Rucksack erleichtern die Ketten den Aufstieg ungemein.
  • Schnell ist der Passo delle Coronette erreicht. Von hier wunderbare Aussicht auf das nächste Ziel, das Bivacoo Varese. Soweit der Plan......oder doch das Rifugio Andolla? Schnell ist der Entscheid getroffen: Das Bivacco Varese auslassen und direkt weiter zum Rifugio Andolla. Zu verlockend ist die Aussicht auf ein kühles Bier, einen guten italienische Kaffee und ein feines Nachtessen! Wohl wissend, dass ich am nächsten Tag alles vom Rifugio Andolla wieder hoch zum Bivacco Varese schleppen muss, mache ich mich voller Vorfreude auf den Weg. Diese wird schnell getrübt, den der Weg zieht sich lange und in einem großen Bogen um das obere Ende einer steilen und vorher nicht zu begehenden Moräne zu erreichen (zu viel loses Geröll / Blöcke). Querend weiter Richtung Bivacco Varese, dieses aber auslassend weiter zur Andolla Hütte. Hütte ist vielleicht der falsche Ausdruck, es handelt sich vielmehr um eine Art Ausflugs-"Restaurant" für die italienischen Sommerfrischler, welche die Hütte in kurzem Zustieg erreichen können. Dem entsprechend gut besucht ist das Haus um die Mittagszeit. Das Mittagessen und der Kaffee sind hervorragend, das Bier sowieso! Ab dem Nachmittag kehrt Ruhe ein, nur ein paar Leute übernachten auf de Hütte. Das Nachtessen schmeckt gut, ich verbringe den Abend mit 3 sehr netten Leuten, welche am nächsten Tag ebenso den Sonnigpass Klettersteig gehen möchten. Das riesige, komfortable Nachtlager teile ich mir lediglich mit einem Italiener, dementsprechend ruhig wird die Nacht.

Tag 3: Über den Klettersteig ins Wallis

  • Am nächsten Morgen Aufstieg Richtung Bivacco Varese, den Weg kannte ich ja schon vom Vortag. Vorbei am  Bivacco Varese und über Blöcke zum Einstieg des Sonnigpass Klettersteigs. Hier Anlegen des Klettersteigsets und Aufziehen des Helms. Hier liegt in der Regel immer ein recht großes, steiles Schneefeld, welches es zu queren gilt. Da ich früh unterwegs war, war dieses noch hart gefroren. Also Pickel vom Rucksack und ein paar Schritte testen....Für meinen Geschmack zu steil und zu lang ohne Steigeisen, also wieder zurück mit dem Plan die Eisen anzulegen. Wieder auf felsigem Untergrund die spontane Idee, das Schneefeld einfach über den Bergschrund zu umgehen. Steigeisen bleiben also im Rucksack und zügig und problemlos geht es zwischen Felswand und Schneefeld, quasi im Bergschrund zu den ersten Sicherungen des Klettersteigs. Der Klettersteig an sich ist purer Genuss, keine nennenswerten Schwierigkeiten, wenig ausgesetzt, einige Querungen und am Schluss 3 lange Leitern, welche direkt zum Ausstieg am Sonnigpass auf 3.147 m leiten.
  • Auf dem Sonnigpass überwältigende Aussicht Richtung Mischabel
  • Ab dem Sonnigpass rechts (NNW) haltend, weglos zunächst ohne Markierungen weiter Richtung Almagellerhütte. Der Tag ist noch jung, so beschließe ich zu schlendern und viel zu rasten. Nach und nach tauchen die ersten Steinmännchen und wbw Markierungen auf. Unterwegs bieten sich zahlreiche Becken an, in denen es sich hervorragend kneippen lässt. Irgendwann ist dann doch die schöne Almagellerhütte erreicht. Dort Entspannen auf der schönen Terasse, Aussortieren des Rucksacks, da ich ja am nächsten Tag dort wieder vorbeikomme und so mit leichtem Gepäck Aufsteigen kann.
  • Reichhaltiges Nachtessen auf der Almagellerhütte

Tag 4: Auf das Weissmies

  • Frühstück ist um 5:00. Es starten ca. 30 Personen, mit mir 3 weitere Einzelgänger.
  • Im Schein der Stirnlampe gemütlicher Aufstieg zum Zwischenbergenpass, welcher nach ca. 1h erreicht ist.
  • Ab dem Zwischenbergenpass immer den Grat entlang bis zum Vorgipfel. Immer dem Grat entlang heißt tendenziell leicht rechts haltend, oft direkt überkletternd genussvoll weiter. Alternativ kann auch rechts im Schneefeld aufgestiegen werden. Das hebe ich mir jedoch für den Abstieg auf. Ein super Bild (älteren Datums) von Alpin_Rise zeigt das Firnfeld und den exakten Gratverlauf (inkl. Grauen Turm unten links)...sieht steil aus - und ist es auch!
  • Am Vorgipfel kurz Essen und Trinken, Steigeisen anziehen, Pickel in die Hand und weiter über die Firnschneide Richtung Hauptgipfel. Für meinen Geschmack ist die Firnschneide an einer Stelle ganz schön schmal, man wechselt an der schmalsten Stelle von der einen auf die andere Seite. Hier ist konzentriertes Gehen angesagt, es passen wirklich nur 2 Füße nebeneinander....letztendlich sind es aber nur 5-6 m, welche ziemlich exponiert sind.
  • Ankunft gegen 9:00 am Hauptgipfel, ca. 3,5 h nach Aufbruch von der Hütte. Wir 4 Einzelgänger sind erwartungsgemäß die ersten oben, von der anderen Seite ist eine 3-er Seilschaft mit Bergführer auch zur gleichen Zeit am Gipfel. Von hier oben traumhafte Ausblicke. Da es recht zugig ist, machen ich mich zusammen mit einem anderen Einzelgänger wieder an den Abstieg auf der Aufstiegsroute. Als Einzelgänger ist das die einzige Option. So der Plan. Zurück am Vorgipfel entscheiden wir uns aber die östliche Schuttrinne zu nehmen, welche direkt zum obersten Zipfel des Firnfeldes auf. ca. 3.800 m führt. Sieht machbar aus, zumal die zwei anderen Einzelgänger im Abstieg die gleiche Idee hatten und schon fast das Firnfeld erreicht haben. Die Rinne erweist sich als äußerst unangenehm, kein Stein hält auf dem anderen, alles in allem äußerst steinschlägig und nicht wirklich zu empfehlen. Hier muss man sich gut abstimmen, wer wann wo steht und geht. Der Lohn der Mühe ist das sehr schnelle Erreichen des Firnfeldes! Hier heißt es nochmal Steigeisen an, Eispickel in die Hand und zügig runter Richtung Zwischenbergenpass und weiter zur Almagellerhütte, welche ca. 2,5 h nach Gipfelankunft wieder erreicht ist. Hier heißt es Rucksack umpacken, Getränke füllen und den langen, aber schönen Abstieg ins Tal antreten.

FAZIT:

Abwechslungsreiche Traumtour, mit die schönste Tour, welche ich je erleben durfte!
Einsamkeit pur auf der grünen italienischen Seite, hochalpines Ambiente auf der eisigen Schweizer Seite.

Durch das ständige Auf und Ab, hohes Steigen und tieferes Schlafen ergab sich eine (für mich) perfekte Akklimatisation, so dass ich keinerlei Probleme mit der Höhe am Weissmies hatte:

Start:   Stausee Mattmark 2197 m 
Übergang: Ofentalpass / Passo di Antigine 2834 m 
1. Übernachtung: Bivacco di Camposecco 2325 m 
Übergang: Passo delle Coronette 2660 m 
2. Übernachtung: Rifugio Andolla 2061 m 
Übergang: Sonnigpass 3147 m 
3. Übernachtung: Almagellerhütte SAC 2894 m 
Gipfel: Weissmies 4017 m 
 


Zu erwähnen:
  • Die Biwaks sind allesamt gut ausgestattet und selten frequentiert. Matratzen und Decken vorhanden, ebenso Geschirr. Ich hatte einen leichten Hütten Fleece-Schlafsack dabei, leider keinen Gaskocher! Es hätte gereicht, eine kleine Kartusche mitzunehmen, da ein Brenner immer vorhanden war. Das wäre das I-Tüpfelchen gewesen.
  • schlechte Markierungen auf italienischer Seite....bei Nebel stelle ich mir die Tour ziemlich anspruchsvoll vor.
  • zahlreiche Steinböcke auf der italienischen Seite
  • Spannender Stollengang
  • Gutes Essen im Rifugio Andolla
  • schöner Klettersteig auf den Sonnigpass, ab dort sensationeller Wechsel des Landschaftsbildes
  • schwerer Rucksack auf dem Steig nicht zu unterschätzen...zieht ganz schön nach hinten
  • Tolles Ambiente auf der Almagellerhütte
  • Schöne Gratkletterei ab dem Zwischenbergenpass Richtung Weissmies, nie wirklich ausgesetzt
  • Traumhafter, kurzweiliger Firngrat auf den Hauptgipfel, jedoch an einer Stelle sehr schmal und ausgesetzt
  • Abstieg besser auf gleicher Route bzw. erst später auf das Firnfeld wechseln, nicht gleich ab dem Vorgipfel in die östlich Rinne steigen, da zu steinschlägig.
  • gpx Datei im Anhang wurde nachträglich grob nachgezeichnet

Tourengänger: parinacota


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