Realspitze (3039 m) - am Ende der Welt
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Das Schild "Sackgasse" steht nicht umsonst am Eingang des Griererkars - wer will denn schon über die wackligen Blöcke dieses steilen Trümmerkars nach oben balancieren und im Aufstieg über die mehrfach eingezwickten Füße, im Abstieg über die von oben nachrutschenden Gesteinsmassen fluchend, die nicht vorhandenen Gämsen belustigen?!? Naja, ein paar ganz wenige dieser Leute gibt es eben doch. Landläufig nennt man sie "rustikal", man könnte sie aber auch als "völlig irre" bezeichnen. Für sie ist der hier beschriebene Anstieg natürlich eine wahrhaft masochistische Freude, bei der man öfters mal laut aufröhren kann, wenn wieder mal ein Block den Fuß einklemmt. Ja, so sieht Bergsteigerromantik "für harte Hunde" wirklich aus! Aber der Lohn ist reichlich - die im Sommer völlig einsame Realspitze ist ein genialer Aussichtsberg auf die gewaltigen Gletscherdome des Zillertaler Hauptkamms und zugleich der nördlichste Dreitausender im Tuxer Kamm. Eine Tour am Ende der Welt, die lohnt - aber nur, wenn man auch wirklich einstecken kann...
Los geht's in Madseit, der letzten Siedlung vor dem verschandelten Touristenort Hintertux. An einer Bushaltestelle kurz vor dem Ortsende beginnt ein Teersträßchen, das über den Tuxbach hinunter nach Nösslau führt; vom letzten Gehöft geht's hinauf zum Wanderweg und dort ein Stück nach rechts in Richtung Hintertux, bis bald darauf an einem Spielplatz nach links der Weg in Richtung Tulfer-/Grieralm abzweigt, dem man folgt. Bald geht der Fahrweg in einen Steig über, der im Wald recht direkt nach oben leitet, bis er auf einen Fahrweg trifft.
Hier bieten sich zwei Möglichkeiten: Entweder man folgt dem Fahrweg nach links zur Griereralm und steigt dann auf alten Fahrspuren ins Griererkar hinauf, oder man geht von der Verzweigung direkt auf einem Schottersträßchen ans untere Karende, wo der Weg endet und steigt von dort weglos hinauf; die erste Variante ist sicherlich kraftsparender, dauert aber deutlich länger. Beim direkten Anstieg geht's zuerst durch Schutt, dann durch begrüntes Gelände recht steil nach oben. Nach einer Steilstufe treffen beide Varianten wieder zusammen und die Fahrspuren enden. Willkommen am Ende der Welt!
Im unteren Karboden geht es noch recht gemäßigt zur Sache - die Steilheit hält sich in engen Grenzen und am rechten Rand kann man dem Schutt zunächst recht gut ausweichen. Im Rechtsbogen wird eine kurze Steilstufe umgangen und man erreicht den oberen Karboden, wo das Kar nach links abbiegt - der Blick nach oben verheißt nichts Gutes, denn der Anstieg im obersten Teil des Kars wird ungemütlich steil.
Für den weiteren Anstieg bietet es sich an, auf der linken Seite eine begrünte Rippe zu wählen; über sie gelangt man relativ rasch nach oben, bis sie endet. Nun bleibt einem nichts anderes mehr übrig, als sich im immer steiler werdenden Schutt nach oben zu wühlen, Ziel ist der markante Sattel am oberen Ende des Blockkars. Es wird brutal steil und man sollte wegen der nachrutschenden Blöcke gut auf seine Beine achten! Kurz vor Erreichen des Sattels legt sich das Gelände zurück und die letzten Meter sind wieder ganz passabel zu bewältigen. Hier oben öffnet sich der Blick auf die andere Seite - es brillieren die Zillertaler Riesen und man weiß schlagartig, warum man sich diese Schinderei angetan hat.
Vom Sattel fließt das kleine Hauser Kees nach Osten hinunter. Wer vor der Realspitze noch die Zwerchwand besuchen will, der wendet sich nach links und steigt entweder gleich oberhalb des Gletscherchens durch Blockwerk, oder zunächst am Gletscher und nur das letzte Stück durch die Blöcke hinauf zur Grathöhe, die günstigerweise an einem seltsam orangefarbigen Bereich erreicht wird. Dem Grat folgend und Hindernissen wenn nötig südseitig ausweichend, wird bald darauf mit leichter Kraxelei (I) in meist gutem Fels (!) der höchste Punkt erreicht; oben ist es kurzzeitig etwas ausgesetzt. Auf der Zwerchwand sagen sich nicht mal mehr Fuchs und Hase gute Nacht, lediglich ein Steinmann zeigt den Gipfel an. Der Ausblick ist aber fabelhaft, die Zillertaler Eisriesen ziehen die Blicke magisch auf sich; lediglich im Südwesten verdeckt die Realspitze die Sicht.
Um zur Realspitze zu gelangen, geht's auf bekannter Route wieder hinunter zum Sattel. Jenseits folgt man dem breiten Geröllrücken aufwärts, der sich am Vorgipfel etwas nach rechts wendet und zusammenschnürt. Am Grat entlang und Hindernisse möglichst hoch umgehend, wird bald - überraschend unschwierig - der ungemein aussichtsreiche Gipfel der Realspitze erreicht, der durch einen großen Steinmann sowie durch zwei Holzlatten gekrönt ist. Auch hier faszinieren die Zillertaler Eisriesen im Süden, sowie die langen, messerscharfen Grate, die der Hauptkamm nach Norden aussendet. Weit hinunter reicht der Blick in die tief eingeschnittenen Täler. Im Südwesten schaut man zum Hohen Riffler und auch König Olperer spitzt schüchtern hindurch - schön ist es hier oben!
Wenn man sich sattgesehen hat, steigt man am Aufstiegsweg wieder hinunter. Auch wenn der Abstieg schneller vonstatten geht, als man beim Aufstieg befürchtet, so ist der Weg doch ziemlich weit.
Schwierigkeiten:
Wanderung zur Grieralm: T2.
Via Griererkar zur Zwerchwand: T4, I (technisch nicht schwierig, aber aufgrund des alpinen Ambientes und des unwegsamen Geländes nicht zu unterschätzen).
Anstieg zur Realspitze: T4, I (einen kleinen Tick leichter als der Anstieg zur Zwerchwand).
Fazit:
Dank des rustikalen, weltentrückten Charmes eine sehr eindrucksvolle 4*-Tour auf zwei völlig einsame Zillertaler Parade-Aussichtsberge. Das Blockgeturne ist nicht ganz ungefährlich und sicherlich nicht jedermanns Sache, aber der klassische Bergsteiger härterer Natur wird seine Freude daran finden.
Mit auf Tour: Uwe.
Anmerkung:
Auch wenn es aus der AV-Karte nicht hervorgeht: Bis ins Griererkar gibt es diverse Möglichkeiten, das Wasser nachzufüllen. Man muss also nicht (wie der
83_Stefan) 3,5 Liter hinauf- und 1,5 Liter wieder hinunterschleppen.
Kategorien: Zillertaler Alpen, 4*-Tour, 3000er, T4.
Los geht's in Madseit, der letzten Siedlung vor dem verschandelten Touristenort Hintertux. An einer Bushaltestelle kurz vor dem Ortsende beginnt ein Teersträßchen, das über den Tuxbach hinunter nach Nösslau führt; vom letzten Gehöft geht's hinauf zum Wanderweg und dort ein Stück nach rechts in Richtung Hintertux, bis bald darauf an einem Spielplatz nach links der Weg in Richtung Tulfer-/Grieralm abzweigt, dem man folgt. Bald geht der Fahrweg in einen Steig über, der im Wald recht direkt nach oben leitet, bis er auf einen Fahrweg trifft.
Hier bieten sich zwei Möglichkeiten: Entweder man folgt dem Fahrweg nach links zur Griereralm und steigt dann auf alten Fahrspuren ins Griererkar hinauf, oder man geht von der Verzweigung direkt auf einem Schottersträßchen ans untere Karende, wo der Weg endet und steigt von dort weglos hinauf; die erste Variante ist sicherlich kraftsparender, dauert aber deutlich länger. Beim direkten Anstieg geht's zuerst durch Schutt, dann durch begrüntes Gelände recht steil nach oben. Nach einer Steilstufe treffen beide Varianten wieder zusammen und die Fahrspuren enden. Willkommen am Ende der Welt!
Im unteren Karboden geht es noch recht gemäßigt zur Sache - die Steilheit hält sich in engen Grenzen und am rechten Rand kann man dem Schutt zunächst recht gut ausweichen. Im Rechtsbogen wird eine kurze Steilstufe umgangen und man erreicht den oberen Karboden, wo das Kar nach links abbiegt - der Blick nach oben verheißt nichts Gutes, denn der Anstieg im obersten Teil des Kars wird ungemütlich steil.
Für den weiteren Anstieg bietet es sich an, auf der linken Seite eine begrünte Rippe zu wählen; über sie gelangt man relativ rasch nach oben, bis sie endet. Nun bleibt einem nichts anderes mehr übrig, als sich im immer steiler werdenden Schutt nach oben zu wühlen, Ziel ist der markante Sattel am oberen Ende des Blockkars. Es wird brutal steil und man sollte wegen der nachrutschenden Blöcke gut auf seine Beine achten! Kurz vor Erreichen des Sattels legt sich das Gelände zurück und die letzten Meter sind wieder ganz passabel zu bewältigen. Hier oben öffnet sich der Blick auf die andere Seite - es brillieren die Zillertaler Riesen und man weiß schlagartig, warum man sich diese Schinderei angetan hat.
Vom Sattel fließt das kleine Hauser Kees nach Osten hinunter. Wer vor der Realspitze noch die Zwerchwand besuchen will, der wendet sich nach links und steigt entweder gleich oberhalb des Gletscherchens durch Blockwerk, oder zunächst am Gletscher und nur das letzte Stück durch die Blöcke hinauf zur Grathöhe, die günstigerweise an einem seltsam orangefarbigen Bereich erreicht wird. Dem Grat folgend und Hindernissen wenn nötig südseitig ausweichend, wird bald darauf mit leichter Kraxelei (I) in meist gutem Fels (!) der höchste Punkt erreicht; oben ist es kurzzeitig etwas ausgesetzt. Auf der Zwerchwand sagen sich nicht mal mehr Fuchs und Hase gute Nacht, lediglich ein Steinmann zeigt den Gipfel an. Der Ausblick ist aber fabelhaft, die Zillertaler Eisriesen ziehen die Blicke magisch auf sich; lediglich im Südwesten verdeckt die Realspitze die Sicht.
Um zur Realspitze zu gelangen, geht's auf bekannter Route wieder hinunter zum Sattel. Jenseits folgt man dem breiten Geröllrücken aufwärts, der sich am Vorgipfel etwas nach rechts wendet und zusammenschnürt. Am Grat entlang und Hindernisse möglichst hoch umgehend, wird bald - überraschend unschwierig - der ungemein aussichtsreiche Gipfel der Realspitze erreicht, der durch einen großen Steinmann sowie durch zwei Holzlatten gekrönt ist. Auch hier faszinieren die Zillertaler Eisriesen im Süden, sowie die langen, messerscharfen Grate, die der Hauptkamm nach Norden aussendet. Weit hinunter reicht der Blick in die tief eingeschnittenen Täler. Im Südwesten schaut man zum Hohen Riffler und auch König Olperer spitzt schüchtern hindurch - schön ist es hier oben!
Wenn man sich sattgesehen hat, steigt man am Aufstiegsweg wieder hinunter. Auch wenn der Abstieg schneller vonstatten geht, als man beim Aufstieg befürchtet, so ist der Weg doch ziemlich weit.
Schwierigkeiten:
Wanderung zur Grieralm: T2.
Via Griererkar zur Zwerchwand: T4, I (technisch nicht schwierig, aber aufgrund des alpinen Ambientes und des unwegsamen Geländes nicht zu unterschätzen).
Anstieg zur Realspitze: T4, I (einen kleinen Tick leichter als der Anstieg zur Zwerchwand).
Fazit:
Dank des rustikalen, weltentrückten Charmes eine sehr eindrucksvolle 4*-Tour auf zwei völlig einsame Zillertaler Parade-Aussichtsberge. Das Blockgeturne ist nicht ganz ungefährlich und sicherlich nicht jedermanns Sache, aber der klassische Bergsteiger härterer Natur wird seine Freude daran finden.
Mit auf Tour: Uwe.
Anmerkung:
Auch wenn es aus der AV-Karte nicht hervorgeht: Bis ins Griererkar gibt es diverse Möglichkeiten, das Wasser nachzufüllen. Man muss also nicht (wie der

Kategorien: Zillertaler Alpen, 4*-Tour, 3000er, T4.
Tourengänger:
83_Stefan

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