Gratüberschreitung Nördlicher Roßlauf - Schwarze Wand - Gschnitzer Tribulaun


Publiziert von gbh , 13. August 2016 um 00:11.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum:27 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 9:15
Aufstieg: 2 m
Abstieg: 2 m
Strecke:34 km und 740 HM (Bike), 17 km und 2.000 HM (Hike)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:S-Bahn von Innsbruck Hauptbahnhof nach Gries am Brenner
Zufahrt zum Ankunftspunkt:S-Bahn von Steinach nach Innsbruck Hauptbahnhof

Der Brenner-Grenzkamm südlich des Obernbergtals hat zwei Gesichter: Vom Sattelberg bis zum Portjoch verläuft er als gutmütiger Grasrücken, im Sommer alpinistisch wenig interessant, im Winter ein unkompliziertes Skitourengebiet. Ab dem Portjoch verändert sich der Charakter rasch, der Kamm wird anspruchsvoller, felsig, schuttig, erreicht im Gipfel der Schwarzen Wand den interessantesten und im Gschnitzer Tribulaun den höchsten für den ambitionierten "Normalwanderer" zugänglichen Punkt - der weitere Kammerverlauf, insbesondere der Pflerscher Tribulaun - einer der schönsten Gipfel der Ostalpen -, bleibt dem Kletterer vorbehalten.
Diese Gratüberschreitung mit Rückweg über den Pflerscher Höhenweg lässt sich mit Anfahrt zuerst per Zug nach Gries am Brenner, dann per Rad bis unter das Portjoch, zu einer schönen, ausgiebigen und dabei umweltschonenden Bike&Hike-Tour verknüpfen; wem das zu weit ist, findet (im Text erwähnt) viele Möglichkeiten, die Tour abzukürzen.
Anmerkung: Die Zeitangaben bei der Tour entsprechen meinen eigenen Geh- und Fahrzeiten, die tendenziell eher flott sind (mit durchschnittlich rund 550-600 HM pro Stunde) und gegebenenfalls entsprechend angepasst werden müssen.

Ausgangspunkt der Wanderung ist bei dieser Variante der Bahnhof oberhalb von Gries am Brenner (S-Bahn ab Innsbruck), von dem aus man hinunter ins Dorf rollt und dann auf die Talstraße ins Obernbergtal einbiegt, über die man überraschend schnell und unangestrengt den Talschluss beim Gasthof Waldesruh erreicht - hier auch großer (gebührenpflichtiger) Parkplatz.
Weiter zunächst noch ziemlich flach, dann zuletzt ordentlich steil auf dem Fahrweg zum Obernberger See, diesem entlang bis nach der Kapelle und dann links auf den - nie steilen, aber recht ruppigen - Fahrweg zur Steineralm. Über eine bewaldete Geländestufe erreicht man bald die unbewirtschaftete Alm (Brunnen zum Auffüllen der Wasservorräte), folgt weiter dem Fahrweg, überquert nach einem kurzen Bergab-Stück einen Bach (letzte verlässliche Wasserquelle für längere Zeit) und erreicht ein weites Hochbecken. Noch bevor der Fahrweg hier eine deutliche Linkskurve macht, sieht man rechts in einiger Entfernung einen gelben Wegweiser, zu dem ein kaum sichtbarer Wiesenweg hinüberleitet. Hier macht man Raddepot (1:45 h).
Ab nun zu Fuß hinüber zum Wegweiser und auf einem bequemen Steig hinauf ins Portjoch (2 h). Von hier aus dem Kammverlauf entlang Richtung Westen, zuerst noch durch Wiesengelände steil zum Kreuzjoch, dann zunehmend gerölliger mit einigen kleineren Felsstufen über die Pfeiferspitzen hinweg, zuletzt auf den mit Blöcken und großen Platten bedeckten, breiten Gratrücken des Nördlichen Roßlauf (Gipfelsteinmann, 3:20 h). Über diesen Gratabschnitt kursieren im Internet widersprüchliche Angaben, die z.T. wohl noch aus einer Zeit rühren, zu der der Weg noch nicht so gut abgesichert war wie jetzt. Meiner Einschätzung nach ist er nie besonders ausgesetzt und nie besonders schwierig; einige Felspassagen sind mit sehr guten, ziemlich neuen Drahtseilen hervorragend gesichert und wären nach Klettersteigbewertung wohl A/B.
Vom Roßlauf folgt man weiter dem ab hier teilweise undeutlichen und schwach markierten Weg, hält sich bald rechts (folgt man dem Grat, steht man vor einer ungangbaren 5-m-Wandstufe) und erreicht durch Schutt eine Gratsenke, bei der rechts der Zweiggrat zum Obernberger Tribulaun - der vom Obernberger See aus sehr dominant, hier aber nur mehr wie ein harmloser Vorgipfel wirkt - abzweigt. Will man diesen Gipfel noch "mitnehmen", deponiert man am besten den Rucksack und folgt dem Weg über einen Gratkopf (den man auch unterhalb ohne Höhenverlust weglos durch Schutt umgehen kann), durchsteigt zwei Einschartungen (die erste etwas ausgesetzt und drahtseilgesichert) und erreicht über einen letzten Anstieg den Gipfel des Tribulaun. Der Rückweg ist bis zum Rucksackdepot derselbe, Gehzeit hin und zurück ca. 40 Min. (in der Folge mit eingerechnet, d.h. wer den Obernberger Tribulaun auslässt, kann diese 40 Min. von den Gehzeiten abziehen).
Wieder zurück am Grat, folgt man dem weiterhin teilweise schwach ausgeprägten und markierten Weg, steigt über eine fast senkrechte Wandstufe ca. 5 m (gut gesichert, aber ausgesetzt) in eine Scharte, verlässt die Scharte auf einem etwas ausgesetzten Schuttband (wäre gut gangbar, wenn nicht das hier ausgerissene Drahtseil im Weg wäre) und steigt dann wieder leichter auf den markanten Gipfelturm der Schwarzen Wand zu. Den Gipfel umgeht man auf einem Schuttband fast vollständig und steigt dann ziemlich direkt von Norden leicht zuerst über eine drahtseilgesicherte Rinne, dann weiter gesichert, etwas ausgesetzt direkt am Grat auf den Gipfel mit kleinem Kreuz und großer Aussicht (4:30 h).
Der Abstieg entspricht bis nach der gesicherten Rinne dem Anstiegsweg, dann steigt man zuerst gerade den Schuttrücken, dann gleich links einen steilen Schutthang bis in eine schwach ausgeprägte Scharte ab, überschreitet einen kleinen Gratkopf und steht dann vor der "Schlüsselstelle", einer ca. 10 m hohen, fast senkrechten Wandstufe, die ausgesetzt, aber hervorragend mit Drahtseil und Klammern gesichert ist und deshalb keine großen Schwierigkeiten bereitet - ein Klettersteigset zu verwenden (wie bei anderen gesehen) lohnt sich kaum. Nach der Wandstufe geht es wieder durch Schutt bergab (der, wie fast auf der ganzen Tour, zu grob ist um abzufahren), ganz zuletzt noch über eine kurze, gesicherte Felsstufe, in die Schneetalscharte (5 h).
Der Übergang von der östlichen in die westliche Scharte, von der aus man zum Gschnitzer Tribulaun aufsteigen kann, ist vor Kurzem klettersteigmäßig versichert worden. Es geht zuerst an guten Drahtseilen (Klettersteigbewertung wäre A/B) auf der Südseite auf den Grat hinauf, kurz etwas ausgesetzt über diesen und dann in der Nordseite durch unangenehm brüchiges Schuttgelände hinunter in die westliche Scharte. Von dort über brüchiges Schrofengelände, wie man es eher im Karwendel erwarten würde, drahtseilgesichert nach oben - gehtechnisch leicht, aber Vorsicht auf Steinschlag -, danach über ausgedehnte Schutt- und Blockfelder gut markiert zum Gipfel (5:40 h), der nochmals eine grandiose Aussicht in alle Richtungen und vor allem einen beeindruckenden Nahblick auf den Pflerscher Tribulaun bietet.
Der Rückweg bis in die östliche Schneetalscharte folgt dem Anstiegsweg (Abfahren ist im groben Schotter der Gipfelflanke nicht möglich), aus dieser steigt man auf einem Serpentinensteig (auch hier lohnt sich das Abfahren im harten Schutt-Sand-Gelände kaum) nach Süden. Der Weg führt im Kar weit nach links, überquert einen Bach (erste Wasserquelle seit dem Raddepot), führt weiter durch steiles Grasgelände bergab und mündet in den Pflerscher Höhenweg, dem man ab hier in Richtung Osten folgt.
Der Höhenweg quert einen Bachgraben und steigt auf dessen anderer Seite wieder auf (Achtung: hier abzukürzen, indem man den Bachgraben schon weiter oben weglos überquert, lohnt sich nicht: Wo der Graben noch von einem Schneefeld bedeckt ist, sollte man ihn tunlichst meiden (Abrutsch- und Durchbruchgefahr), wo er aper ist, ist eine Querung in sehr steilem Schuttgelände extrem mühsam).
Man erreicht eine von der Ferne betrachtet abweisende, aus der Nähe aber ganz harmlose Schrofenrinne, die man an Drahtseilen aufsteigt. Hat man wieder das Grasgelände erreicht, folgt nun eine lange Höhenwanderung, die zahllose Rücken, Gräben und Kare ausgeht - mit nur wenig Auf und Ab, aber dennoch anstrengend durch die beträchtliche Distanz, an sonnigen Tagen auch durch die südseitige Exposition, vor allem aber dadurch, dass man sich insbesondere in der ersten Hälfte fast durchwegs in ausgesetztem Gelände bewegt. Der Weg ist zwar gut, an allen schwierigen oder absturzgefährdeten Stellen mit Drahsteilen (da und dort defekt) gesichert, aber immer schmal und würde über weite Strecken ein Stolpern nicht verzeihen, denn unter dem Weg befinden sich meist steile Grashänge, die weiter unten in Wandfluchten abbrechen. Erst in der zweiten Hälfte wird das Gelände etwas milder, aber auch hier weist der Steig noch einige gesicherte Passagen auf. Zuletzt erreicht man nach 8:10 h, dann doch recht geschlaucht, das Portjoch und 10 Minuten später das Raddepot.
Die Rückfahrt bis Gries folgt dem Anfahrtsweg, bis zum Obernberger See ist die Abfahrt etwas ruppig, danach sehr entspannt, mit nur wenigen Flachstücken bzw. kurzen Gegenanstücken rollt man gemütlich nach Gries (9 h), wo man entweder in 10 Minuten zum Bahnhof hinaufradeln oder in 15 Minuten entlang der Brennerbundesstraße nach Steinach hinunterrollen kann, von wo aus man häufigere Zugverbindung nach Innsbruck hat.

Vor allem zwischen Roßlauf und Gschnitzer Tribulaun und dann wieder am Pflerscher Höhenweg bietet die Tour eine Fülle großartiger und abwechslungsreicher Eindrücke in einer beeindruckenden Landschaft mit herrlichen Ausblicken und immer wieder interessanten geologischen Einblicken. Die geh- und klettertechnischen Schwierigkeiten beschränken sich auf einige kürzere, meist gut gesicherte Felspassagen. Herausfordernd ist die Tour eher durch ihre Länge bzw. dadurch, dass sie über lange Strecken absolute Trittsicherheit und konzentrieres Gehen im teils absturzgefährdeten Schutt- und Blockgelände und damit sowohl körperliche als auch psychische Ausdauer erfordert. Allerdings gibt es natürlich viele Möglichkeiten, die Tour entweder auf zwei Tage aufzuteilen (mit Übernachtung auf einer der nahegelegenen Hütten) bzw. abzukürzen, z.B. durch Verzicht auf Obernberger und Gschnitzer Tribulaun.

Tourengänger: gbh


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