Brüggler 1777m (via "Weihnachtsroute" 4c)


Publiziert von Bombo , 8. November 2015 um 21:40.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 7 November 2015
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: 4+ (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Oberseegruppe 
Aufstieg: 550 m
Abstieg: 550 m
Strecke:Parkplatz - Einsteig - "Weihnachtsroute" - Gipfel - Parkplatz
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW Ausfahrt Niederurnen Richtung Glarus, bei Näfels Richtung Obersee / Matt / kostenpflichtiger Parkplatz (Camping mit WC und Waschmöglichkeit) CHF 5.00 pro Tag
Kartennummer:Plaisier Ost Seite 238 / Nr. 18 Weihnachtsroute 4c obl. / 5 MSL (+1 SL bis zum Gipfelgrat)

Weihnachten mitten im Martini-Sommer
 
 
Nachdem wir uns bereits vor 2 Wochen in der (Sylvesterroute 4b am Brüggler 1777m ausgetobt haben, wollten wir es dank diesem prächtigen Herbstwetter - Martini sei Dank - gleich nochmals wissen und reisten erneut in die sonnendurchflutete Südwand. Nach der Sylvesterfeier ist es höchste Zeit, die Weihnachten noch nachzuholen, weshalb wir uns für die gleichnamige Route entschieden. Vorgabe: 4c (4c oblig.) 

4c... ha, das schaffen wir doch locker, schliesslich kämpfen wir gegenwärtig in der Kletterhalle im 6a-Bereich - weit gefehlt. Im Netz findet man diverse Informationen zur Route - teilweise sehr widersprüchliche. Kein Wunder: Klettern ist und bleibt eine subjektive Wahrnehmung und je nach eigenem Können ist es für den routinierten Kletterer ein Klacks, während dessen es für den Aufsteiger schon eine ernst zu nehmende Knacknuss darstellen kann. 

Ich versuche ein wenig Klarheit zu schaffen, wohlwissend, dass ich mich zu den Kletteranfänger zähle und auch aus dessen Augen berichte. Ich denke aber, gerade Kletterer wie wir, also solche, welche sich im Outdoor-Klettern richtung 5er verbessern möchten, suchen sich genau solche 4c-Routen wie die Weihnachtsroute aus, weshalb wir uns vermutlich mehr oder weniger alle auf dem selben Niveau bewegen. 

Gerade vorweg: Ein Zuckerschlecken oder Genuss pur ist die Route definitiv nicht. Auch ist sie nicht mit zahlreichen Bohrhaken ausgestattet, wie man ebenfalls hier im Netz lesen kann. Und doch, Mitbringsel wie Schlingen, Keile und / oder Friends sind absolut empfehlenswert - darauf zu verzichten sollten nur erfahrende und routinierte Kletterer. Dann kommt auch noch die Routenfindung dazu - diese ist ebenfalls nicht klar und Begehungsspuren findet man oft im gesamten Betrachtungsbereich. Was auf jeden Fall auch wieder für den Hinweis in der Führerliteratur zutrifft, dass verschiedene Varianten möglich sind. 

1. Seillänge, 4b
Gestartet wird am selben Ort wie bei der Sylvesterroute, nur zieht man von Beginn weg gleich steil direkt hoch, was unbedingt sturzfrei geklettert werden muss. Bald schon stehe ich vor dem grossen Rätsel, denn Bohrhaken oder wie im Topo eingezeichnet Schlingen sind keine mehr auszumachen. Das scheint nun also bereits die Stelle zu sein, wo "mehrere Varianten" möglich sind, also steige auch ich direkt steil weiter und lege zwischendurch mal eine Sanduhr oder einen Keil. Plötzlich sehe ich ziemlich weit links von mir einen Stand - Dornrösschen's kann es nicht sein, also sollte meine Position wohl eher dort stehen... Somit übe ich mich in der Wandtraversierung, was glücklicherweise auch gelingt. Der Stand befindet sich bei einem soliden Ast, um diesen zu erreichen braucht es aber auf den letzten 2 Meter doch noch einiges an (Reibungs-)Geschick. 

2. Seillänge, 4a
Hier sind die Bohrhaken wieder gut ersichtlich, die meisten aber doch weit voneinander entfernt, weshalb es auch in dieser SL nicht falsch ist, zwischendurch eine Schlinge oder einen Keil / Friend zu legen. Müsste ich als weniger erfahrener Kletterer die Seillänge benoten, dann wohl eher 4b, wobei die 1. SL in der Tat noch ein wenig kniffliger war. Stand dann bequem auf einer Fläche

3. Seillänge, 4c
Verdammt habe ich mir hier die Zähne ausgebissen. Die ersten 4 Bohrhaken, welche bis zum kleinen Überhang führen, klar ersichtlich und auch gut kletterbar. Dann aber ist aus die Maus, Sicherungen sind längstens keine mehr in Sicht und gemäss Topo sollte es nun einfach links des Risses nach oben gehen. Nur, links links oder nur wenig links oder womöglich sogar im Riss? Hier war ich das erste Mal zugegebenermassen ein wenig angeschlagen und ich spielte sogar mit dem Gedanken eines Rückzuges. Doch mit 50m Einfachseil war dies zu riskant - also gab es nur einen Weg, nämlich den nach oben. Die Lösung findet man dann tatsächlich wenig rechts des 4. Bohrhakens, wo man den Beginn des Risses erreicht. In diesem Riss geht's nun nach oben, ganz gut kann man auch hier wieder mal etwas legen, bevor man dann den erlösenden Schlingenstand auf einem bequemen Felsband erreicht. Vorsicht, hier liegt noch einiges an losem Gestein - auch uns ging einer ab und dieser Brocken hätte nicht auszudenkende Folgen mit sich führen können. Ein grosses Exgüsi an die nachfolgende Seilschaft, welche sich glücklicherweise in der Dornrösschen und nicht in unserer Route geübt hatte.

4. Seillänge, 4c
Vom Stand erreicht man gleich darüber einen alten Schlaghaken und erreicht wenige Meter später den markanten Riss, wo man linker Hand einen gut gesetzten Bohrhaken findet. Nun hat man die Wahl: entweder anspruchsvoll durch den Riss, wo man weiter oben auch bereits den nächsten Bohrhaken findet oder aber einfacher links herum auf der Aussenkante des Risses. Auch von hier erreicht man dann den oberen Bohrhaken, muss dann aber nachträglich die Seilführung korrigieren. Hat man diese Stelle geschafft, folgen noch ein zwei einfachere Knacknüsse - bei dieser Seillänge darf ich mit gutem Gewissen sagen: Genuss pur und obwohl gleich bewertet wie die vorherige Seillänge, ist diese um Welten anders. Stand dann auch wieder bequem auf einem kleinen Felsplateau

5. Seillänge, 3b
Die Routenführung ist klar, jetzt geht's nach rechts, wo man nach der Botanik auch bald einmal den ersten Bohrhaken erwischt. Der nächste Bohrhaken ist dann allerdings recht weit oben und dieser muss zuerst rechts und dann wieder links erkämpft werden. Vorsicht in der Bohrhakennähe, hier wackeln mindestens 2 grössere Felsgriffe, besser etwas anderes suchen. Nochmals dürfen die Füsse auf Reibung an den Fels gepresst werden, bevor dann kurz vor dem Ausstieg ein treppenartiges System hoch zum Stand auf dem Grat führt. Bequemer Stand an Baum und Fels. Für mich aber anspruchsvoller als eine 3b, wohl eher 4a
 
6. Seillänge, 2a
Blickt man nun nach links richtung Gipfelfussaufstieg, so sieht man vorerst nur einen steilen Grat, später dann bei genauerer Betrachtunsweise noch ein Fixseil darin. Somit kommt man noch zu einer weiteren Seillänge, diese übersteigt den zweiten Grat aber nicht, eine klassische alpine IIer-Stelle eben. Entweder man nimmt das Fixseil zur Hilfe, was wohl aber eher für den ambitionierte Alpinwanderer gedacht ist oder aber man sichert sich mit Schlingen an den diversen Felszähnen auf dem Grat. Stand dann beim Ausstieg von Dornrösschen, von wo aus man dann mit normalem Schuhwerk (Zustiegsschuhe mit Profilsohle reichen) einfach und problemlos den Gipfel des Brüggler 1777m erreicht. 

Wie geniessen hier eine sonnige, windstille und ruhige Gipfelpause und steigen anschliessend über den gut ersichtlichen T3-Pfad hinunter zum Fusse der Südwand und da bereits im Schatten gelegen gleich weiter zum Parkplatz (Gipfel - Parkplatz ca. 50-60 Minuten). 


Fazit: 

Viel gelernt heute, definitiv. Vor allem das unerwartete Legen von alpinen Sicherungen brachte einiges - aber auch den einen oder anderen (Angst?)Schweisstropfen. Vergleicht man die Weihnachts- mit der Sylvesterroute, so ist letztere nicht nur einfacher zu erklettern, sondern auch vom Routenverlauf her viel klarer. In der Weihnachtsroute muss nebst Schlingen, Keile und Friends definitiv auch der Spürsinn dazu genommen werden, auch ein wenig Mut zur Lücke gehört dazu. Im Nachhinein sage ich zwar auch, dass die vorhandenen Sicherungspunkte dort sind, wo sie auch sein sollten - einzig in der 3. SL hätte ich mir oberhalb des 4. Bohrhakens beim Riss mindestens eine Markierung oder einen weiteren BH gewünscht. Hier wurde viel Zeit und sehr viel Energie verschwendet. 

Oder ganz kurz: eine tolle Route zum alpin sichern und den eigenen Spürsinn trainieren. Nichts für "Frischlinge", welche z.B. am ähnlich charakteristischen Mattstock schon problemlos eine 4c geklettert sind. Wer unsicher ist nimmt mit Vorteil 2 Halbseile à 50m mit, um notfalls wieder abzuseilen. 


Material:

50m Einfachseil
10 Exen
Friends Nr. 2-3 (nie gebraucht, da keine dabei)
Keile 5-8 (mehrmals gebraucht)
Standbau-Material
3 Schlingen (z.B. für Sanduhren, Botanik-Sicherung, etc.)
Helm
Kletterschuhe
Zustiegsschuhe (Schwere Bergschuhe für Abstieg nicht notwendig)


Achtung: Kamerabilder weisen alle noch Sommerzeit auf!

Tourengänger: Bombo, Schusli


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (1)


Kommentar hinzufügen

stockloch hat gesagt: Kenne ich!
Gesendet am 9. November 2015 um 16:28
So ähnlich ist es mir auch schon ergangen am Brüggler. Wenn man bedenkt wie viele Bohrhaken in den 5er und schwierigeren Routen stecken muss man fast schon sagen, dass eine super abgesicherte 5b eigentlich weniger gefährlich ist als z.B. die Weihnachtsroute oder auch andere. Aber schön, dass ihr sie gepackt habt! :-)
Gruss


Kommentar hinzufügen»