Piz Daint (2968m) im Schnee


Publiziert von Chrichen , 15. November 2015 um 19:43.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Val Müstair
Tour Datum:23 Oktober 2015
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Münstertaler Berge   CH-GR 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:ca. 11 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Zernez / Postauto bis Süsom Givè (Passhöhe)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:(Gleicher Weg umgekehrt)

Nach dem Wintereinbruch in den Bergen Mitte Oktober war es für einige Tage kaum mehr möglich, Ziele über 2000m Höhe ohne Schneekontakt zu erreichen. Unter diesen Bedingungen entschied ich mich, das kalte Weiss aktiv zu suchen, denn eine einfache Wanderung mit etwas Schnee schien mir schon seit längem verlockend. Aufgrund der Wetterlage bot sich schliesslich der Piz Daint (2968m) beim Ofenpass an.

Mit über 2900m ist der Piz Daint eigentlich höher als das, was mir ursprünglich vorschwebte. Es stellte sich die Frage nach Schneeschuhen. Nach einem Check von einigen Webcams entschied ich mich, die klobigen Dinger zuhause zu lassen. Eine Entscheidung, die halb richtig und halb falsch war.

Um 10 Uhr morgens starte ich auf der Passhöhe des Ofenpass (Süsom Givè, 2149m), bei gut knöchelhohem Pulverschnee. Ich nehme den mit "Piz Daint" angeschriebenen Wanderweg wenige Meter westlich der Passhöhe. Obwohl es keine Fussspuren gibt, lässt sich der Weg durch das Wäldchen andeutungsweise erkennen. Nach einem Weilchen stosse ich auf den zweiten Wanderweg ab Passhöhe, der scheinbar kürzlich von einigen Leuten begangen wurde. Über Treppchen und einige gesicherte Abschnitte folge ich dem unschwierigen Weg an interessanten Felstürmchen vorbei bis Davo Plattas (2289m). Je nach Sonnenexposition ist der Schnee manchmel trocken, manchmal leicht nass.

Bei Davo Plattas (P.2289) verlasse ich den ausgetretenen Weg und folge dem Wegweiser zum Piz Daint. Der noch unverspurte Pfad führt nordseitig des Piz Daint via Murtaröl zum Westgrat bei P. 2650. Die Wegspur hebt sich stets recht deutlich ab, so dass die Wegfindung bei den aktuellen Verhältnissen unproblematisch ist. Nur im obersten Teil kurz vor Erreichen des Grates wird der Pulverschnee allmählich tiefer, und im blockigen Geststein verliere ich den Weg. Das gehen ist hier etwas anstrengend, und ich bin froh, auf dem Grat wieder an die Sonne zu kommen. Beim P. 2650 eröffnet sich ein schönes Panorama über Jufplaun, zum Munt Buffalora hin und gegen Italien.

Ich hoffe, dass der Grat weitgehend abgeblasen ist, was beim P. 2650 tatsächlich so ist. Die restlichen 300 Höhenmeter bis zum Gipfel sollten so energieeffizient bewältigt werden können. In dieser Annahme irre ich mich aber gewaltig. Nach dem ersten recht steilen Aufschwung, den ich eher linksseitig erklimme, treffe ich auf die ersten Schneeverwehungen. Der recht kompakte Triebschnee mit fast aber nicht ganz tragendem Deckel ist sehr mühsam zu begehen. Stellenweise geht es etwas südseitig der Grathöhe besser, aber die Einsinktiefen lassen sich nur schwer voraussagen, und ich finde stellenweise keine optimale Lösung. An einigen glücklicherweise recht kurzen Stellen beschränkt sich das Vorankommen im überknietiefen Schnee auf 2-3 Meter pro Minute. Schneeschuhe wären hier von Vorteil gewesen. Bis zum Gipfelhang ist der Grat ansonsten einfach zu begehen und nur kurzzeitig leicht exponiert.

Der letzte Hang ist ca. 35° steil und weist sowohl abgeblasene wie auch schneebedeckte Bereiche auf. Zunächst folge ich den schneefreien Flächen. Das eher feine Geröll ist leicht festgefrohren, aber zugleich auch teilweise von einer dünnen Eissschicht überzogen. Hier wären die Steigeisen wohl besser an den Füssen als im Rucksack gewesen. Nach einer Weile wird mir der Untergrund unangehm und ich wechsle in den Schnee, der zwar kräftezehrend ist aber dafür guten Halt gibt. Schritt um Schritt arbeite ich mich hoch, es sind nur noch wenige Meter, die mir sehr weit vorkommen.

Vom Gipfelkreuz aus eröffnet sich ein wunderbarer Blick ins herbstliche Val Müstair und die Aussicht in alle Richtungen lässt sich in vollen Zügen geniessen. Eigentlich hätte es mich gereizt nach dem Piz Daint noch den Grat zum Piz Dora zu überschreiten (T4). Da ich schon zuviel Zeit und Kraft gebraucht habe, gebe ich dieses Projekt auf und mache es mir dafür auf dem Gipfel umso gemütlicher.

Der Abstieg erfolgt dem Wanderweg entlang über den recht steilen Südgrat, oft eher leicht in der Flanke als direkt auf dem Grat (T3). Aufgrund der Exposition gibt es viele apere Stellen und der Schnee ist bei fortgeschrittener Tageszeit sehr nass. Ich halte mich mehr oder weniger an den Weg sofern er sich erkennen lässt. Oft geht es sich im Schnee etwas angenehmer. Ich nehme den Pickel zu Hilfe, was aber nicht unbedingt notwenig gewesen wäre. Nach einem letzten kurzen Abschnitt durch blockiges Gelände ist der Übergang nach Tschierv kurz unterhalb von P.2681 erreicht. Hier stellt sich die Frage in welche Richtung es weitergehen sollte. Das Lärchenwäldchen vor Tschierv sieht sehr reizvoll aus, würde aber wohl bald schon im Schatten verschwinden. Also wähle ich den weglosen Abschnitt durch sanfte Wiesen nach Jufplaun. Herrlich, diese Abgeschiedenheit und Einsamkeit!

Ziemlich genau bei P.2332 nahe einer kleinen Hütte und unweit von Döss dal Termel erreiche ich den gespurten Wanderweg, der über die weite Ebene von Jufplaun und den Abzweiger bei P.2273 zurück in Richtung Ofenpass führt. Noch einmal führt der Weg in eine schattige und kühle Nordflanke. Der Weg ist einfach und angenehm zu begehen, einzig die Durchquerung eines kleinen Taleinschnitts erfordert etwas Vorsicht wegen Vereisung. Kurz darauf erreiche ich in der letzten Abendsonne den Abzweiger bei Davo Plattas, von wo ich am Morgen zum Piz Daint aufgebrochen bin. Auf bekanntem Weg geht es zurück zur Passhöhe.

Der Piz Daint ist ein schöner Aussichtsberg, der sich in einer abwechslungsreichen Rundtour erwandern lässt. Im Sommer sind verschiedene Routen möglich. Im Winter kann er am einfachsten als Ski- oder Schneeschuhtour mit Start in Buffalora begangen werden. Die heutigen Verhältnisse boten fast das gesamte Programm an Schneequalitäten, wobei die Schneehöhe abgesehen von einigen kurzen aber anstrengenden Stellen am Westgrat und Gipfelhang moderat war. Unter den gegebenen Bedingungen war die Wanderung wunderbar einsam. Die Bewertung T3 bezieht sich auf schneefreie Verhältnisse.

Tourengänger: Chrichen


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