Berger Calanda (2309 m): Winter im Oktober!


Publiziert von marmotta , 18. Oktober 2015 um 14:22.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Calanda
Tour Datum:17 Oktober 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Calanda   CH-GR   CH-SG 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 1740 m
Abstieg: 1740 m
Strecke:Untervaz - Pradawald - Gürgütschboden - Vazer Alp - Mastrilser Alp - Berger Calanda (P. 2270 und P. 2309) retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Untervaz, Dorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Untervaz, Dorf
Kartennummer:LK 1175 Vättis (1:25.000)

Auch wenn der Berger Calanda kein bedeutender Gipfel im eigentlichen Sinne ist (genau genommen handelt es sich ja nur um die Schulter des Grats, den der "grosse" Haldensteiner Calanda nach Nordosten entsendet), so bietet er doch einen schönen Ausblick in die Bündner Alpen und die Silvretta sowie ins wilde Taminagebirge - ganz zu schweigen von atemberaubenden Tiefblicken in' s Taminatal auf der einen und das Rheintal auf der anderen Seite.
 
Dank des einfachen Zustiegs von Untervaz über Forststrassen und zahme Weidehänge bietet sich der Berger Calanda insbesondere in der Zwischensaison an, wenn höhere oder alpinere Ziele aufgrund der Schneelage noch nicht oder nicht mehr in Frage kommen.
 
Selten ist die Wetterlage so kompliziert, dass die Meteorologen den genauen Wetterablauf noch nicht mal für den Zeitraum von wenigen Stunden vorhersagen können. Von den am Vorabend der heutigen Tour konsultierten Wetterberichten sagte die optimistischste Prognose für Nord- und Mittelbünden ziemlich schönes Wetter mit 6 Sonnenstunden voraus, das pessimistischste Modell hatte keine einzige Sonnenstunde, dafür zeitweise leichten Regen. Ich bildete hieraus die Schnittmenge, was immer noch 3 Sonnenstunden und zumindest halbwegs schönes Wetter bedeutete und somit die Fahrt ins Churer Rheintal rechtfertigte. :-) Schlussendlich beschränkte sich die Sonnenausbeute dann auf wenige Minuten am Vormittag, während es ab dem frühen Nachmittag leicht, aber beständig regnete bzw. oberhalb von 1500 m schneite…
 
So, genug des Vorgeplänkels über das Wetter - kommen wir zum eigentlichen Tourenbericht:
 
Kurz nach 9 Uhr starte ich in cff logo Untervaz, Dorf, von wo eine Alpstrasse zur Vazer Alp und zur Mastrilser Alp auf ca. 1750 m führt. Auf dieser Strasse lässt es sich so ökonomisch und gleichzeitig effizient aufsteigen, dass die ersten 800 Hm bereits nach gut einer Stunde in der Tasche sind. Dabei habe ich die Fahrstrasse an 2 Stellen entscheidend abgekürzt: einmal bereits auf knapp 700 m über eine Kuhweide (gut, bringt jetzt -ausser nassen Schuhen- vielleicht nicht soo viel) und dann bei P. 1110, wo eine grosse Strassenkehre über die Wiesen von Bitiein und Pradawald abgeschnitten werden kann. Oberhalb der Hütten von Pradawald leitet ein deutlicher Pfad durch den Wald hinauf zur Strasse, die man auf ca. 1350 m wieder gewinnt. Kurz zuvor erreiche ich überraschend bereits die Schneegrenze. Während auf dem Weg das bunte Laub liegt, ist der Nadelwald darüber in ein märchenhaftes Weiss getaucht - irgendwie ein surreales Bild!  
 
Auf ca. 1500 m wird mir -nachdem ich hier in eine Nebelwand eintauche- in meinem T-Shirt zu kalt und ich lege Jacke und Handschuhe an. Kleidungsstücke, die ich sonst nur im Winter oder bei längeren Gipfeljausen brauche. Glücklicherweise lasse ich die Nebelschicht kurz darauf unter mir, leider scheint sich aber auch der blaue Himmel langsam zu verabschieden. Während die Wiesen und der Waldboden längst schneebedeckt sind, kann ich auf der aperen Fahrstrasse noch bis zur Mastrilser Alp (1755 m) ohne eine einzige Schneeberührung laufen. Von dort folge ich zunächst dem Wanderweg, welcher nach Norden, über den Ostgrat des Berger Calanda hinweg, Richtung Alp Salaz führt. Auf dem Ostgrat des Berger Calanda auf ca. 1850 m angekommen, folge ich mehr oder weniger der Gratkante nach oben - den vielen Spuren im Schnee nach zu urteilen, scheint dies auch ein Tummelplatz der Gämsen zu sein. Und tatsächlich springt wenig später eines der Tiere knapp an mir vorbei, jedoch nicht ohne kurz  stehenzubleiben und mich mit einer Mischung aus Verärgerung und Unverständnis (so interpretierte ich dies jedenfalls…) anzuschauen. Schon nach den ersten Metern auf dem Grat kapiere ich, weshalb mich das Tier so komisch angeschaut hat. Vermutlich hat es gedacht: "Was sind das für Wesen, die von Natur aus offensichtlich nicht für ein Leben in den Bergen geeignet und ausgestattet sind und es sich dennoch freiwillig antuen, bei diesem kalten und grauen Wetter im stellenweise tiefen, seifigen Neuschnee diese Flanke hochzukrabbeln???"
 
Mein Vortrieb wird bei diesen Verhältnissen fast auf Null gebremst. Mühsam arbeite ich mich entlang der Gratkante nach oben, wenigstens kann ich mich ab und zu an dem in Kantennähe angebrachten Viehzaun festhalten bzw. hinaufziehen. Es liegen ca. 20 cm, in Mulden stellenweise auch bis zu 30 cm Schnee - dennoch zu wenig, um die Unebenheiten, Löcher und Kalkfelsen so einzuschneien, dass ein gleichmässiges Stapfen entlang des doch ordentlich steilen Grats möglich wäre. Immer wieder rutsche ich aus oder trete in ein Loch, für die knapp 500 Hm benötige ich eine gefühlte Ewigkeit.
 
Nach insgesamt 2 h 45 min habe ich den nördlichsten Punkt (P. 2270) des langen Calanda-Grats erreicht. Ein eindrücklicher und atemberaubender Tiefblick und eine trotz des grauen Wetters erstaunlich gute Aussicht sind Lohn für meine Mühen. Obwohl die eisige Kälte (auf dem Gipfel hat es schätzungsweise 5 Grad minus) und das Wetter nicht gerade zu einer längeren Rast einladen, verbringe ich auf dem höchsten Punkt des Kamms (P. 2309) eine gute halbe Stunde - einerseits um mich zu verpflegen, andererseits aber auch, um die grossartige Stimmung über dem Rheintal in mich aufzunehmen.
 
Von ganz kurzen Aufhellungen abgesehen, trübt das Wetter um die Mittagszeit immer mehr ein und es beginnt auf dem Abstieg leicht zu schneien. Um zur Mastrilser Alp zu gelangen, gehe ich nun nicht wieder über den Ostgrat, sondern steige durch den Schnee im Zick-Zack durch die weitläufige Südostflanke. Die Routenwahl ist hier fast beliebig, die Flanke ist nirgends besonders steil oder in irgendeiner Weise schwierig (T2). Dank der tiefen Temperaturen ist der Schnee wenigstens nicht nass, so dass Socken und Hosen trocken bleiben. Unterhalb von ca. 1500 m geht der Schnee langsam in Regen über, ziemlich durchnässt erreiche ich nach knapp 2 h wieder das Dorf Untervaz (564 m), wo ich leider keine offene Beiz finde, um die Zeit bis zur Abfahrt des Postautos zu überbrücken.
 
Fazit:
 
Eine trotz der misslichen Verhältnisse lohnende Tour auf eine prächtige Aussichtswarte zwischen Tamina- und Rheintal. Nur, den "Goldenen Oktober" habe ich mir dann schon etwas anders vorgestellt! Das hatte doch eher was von einem grauen Novembertag…  

Tourengänger: marmotta


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