Piz Linard fast


Publiziert von Dolmar , 15. April 2015 um 17:21.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Unterengadin
Tour Datum:12 April 2015
Ski Schwierigkeit: SS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: Piz Linard-Gruppe   CH-GR 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m

Höchster Silvrettagipfel, der durch seine prächtige, pyramidenförmige Gestalt jeden Bergsteiger in Banne zieht. Wie seine Form ist auch eine Skibesteigung aussergewöhnlich. Über seine Imposante Westwand zieht eine große Schneerinne, eher Flanke bis fast ganz zum Gipfel empor im oberen Teil ziemlich ausgesetzt (40-45° auf 600Hm). so steht`s im Skiführer. Uns so sieht das in echt aus, Aufnahme von Robertb. http://www.hikr.org/gallery/photo1717592.html?post_id=93055#1  , schön die Westwandrinne zu erkennen. Die Verhältnisse sind gut, also nix wie da hin.
 
Prolog.
Brumm, brumm, brumm mit dem Auto auf der Autobahn dem neuen Tourenziel entgegen, natürlich bereits am Vortag, weil man muss/will ja zeitig raus um das angestrebte zu erreichen. Ah endlich da. Es ist meistens so gegen halb 10 Uhr. Du schaust nach einem geeigneten Parkplatz zum nächtigen.
Da gibt`s ja so viel zu beachten, ruhige Lage, nicht störend, eben und erlaubt soll`s vor allem auch noch sein. Guter Platz zumindest der bestgefundene. Sitze umklappen, ISO Matte ausbreiten, Schlafsack her, wo ist das Kissen, Klamotten für morgen früh griffbereit positionieren, Skihose unten gegen den Kofferraumdeckel legen, die dicken Socken am besten gleich in die Skistiefel stecken, die find ich sonst nicht. Ja das Radio noch kurz anlassen, Wecker stellen, welche Zeit denn. Wie lang werd ich brauchen, lieber a bissle früher stellen. Rein in den Schlafsack hmm, kann nicht schlafen, wird das morgen gehen, vergess ich auch nix, Licht an, schau nochmal in deinen Rucksack, OK es passt, schlafen kann ich trotzdem nicht, zu warm, zu hell, blöde Straßenlaterne. Irgendwann nach gefühlt 1 Std oder mehr schlafe ich dann doch. Jetzt ist`s z`mal  kalt, umdrehen, Hand eingeschlafen. So ca. 5-8 mal in einer Nacht. Und dann endlich im Tiefschlaf eine Melodie, keine besondere, die war so schon eingespeichert im Wecker, wo ist die SznooseTaste, 3:00 Uhr, drei Uhr, es ist kalt, soll ich echt aufstehen, was mach ich hier. Auh, ohh, der Rücken ist glaub verspannt, ich bleib liegen, es ist doch kalt.
Raus jetzt überwinde dich, und zwar zackig, jetzt rein in die Skiklamotten, gar nicht so einfach mit der anzieherei in einem Passat.
Es ist kalt, noch ne Jacke drüber, Gaskocher an, Zopfbrot grob mit dem Taschenmesser schneiden, ich kann um diese unchristiliche Zeit nur weiches und süsses zu mir nehmen, 1 Becher Kaffee, oh viel zu heiß, warten, schmeiß nix um, wieviel Uhr ist, fast halb vier, nicht trödeln, was mach ich hier, warum tu ich mir das hier an, auf geht`s. Ich bin hier nicht der lonley Rider sondern der lonley Motivator. Ski und Skischuhe an den Rucksack Auto abschließen alles verstauen und los.
Mir der Bewegung kommt der Rhythmus kommt die Motivation von alleine.  
3 oder je nach dem wie viele Stunden später beginnt es zu dämmern,ein breites Farbspektrum erfüllt den noch nächtlichen Himmel, die Silhouetten der Berge zeichnen immer deutlicher am Horizont, die Sonne kommt , Felsflanken beginnen zu glühen, Schneehänge brennen, und, und, und jetzt weiß ich wieder wieso und warum ich mir das an tue. Und ich befürchte beim nächsten mal wird`s ähnlich sein. 
Prolog Ende.

Start um 3:30 Uhr in Lavin bei mässig Mondlicht, so lange ich nicht im Wald bin reicht es aber aus, um auf dem Fahrweg oberhalb der RhB nach Westen ins Val Sagliains zu finden.
Sofort nach der Bachüberquerung (Brücke) geht der Wanderweg nahe am Bach westseitig (links) hinauf zu Fop Tiamarsch. Kurz davor ist Turnschuhdepot an einem Baum, endlich kann auf die Ski umgestiegen werden.
Kurz nach Fop Tiamarsch, wird`s je nach Schneelage unangenehm, besser gleich hier die Bachseite wechseln und rechtsseitig, wenn Schnee liegt aufsteigen, es kommen keine Hindernisse.
Weiter aufwärts bis der hinterste Talkessel sich abzeichnet, nun kann entweder bis in den Talkessel weiter gegangen werden und dann in einem Rechtsbogen nach Osten zu P.2640 auf eine Art Terrasse aufsteigen und weiter zum Wandfuss auf ca. 2800 m. Oder eben gleich bei guter Gelegenheit nach rechts hinauf direkt zu P.2640. Bei geschickter Spuranlage wird es nicht steiler als 30-35 ° Grad.

Der Piz Linard wartet mit seiner Präsentation beim Aufstieg durch das Val Sagliains gut 3 1/2 Std. Bietet dafür aber einen Aha Effect.
Vom P. 2640 aus gesehen sieht das gar nicht mehr so weit aus, aber wie so oft zieht sich das alles in die Länge. Bis ca. 2950 - 3000m kann noch mit den Ski aufgestiegen werden, etwa der Beginn wo sich zwei Rinnen bilden sattle ich um auf die Eisen. In gutem Trittschnee geht`s hinauf, teils wechselnd in hartem eisigem Schnee der Frontzackentechnik erforderte. Der Knick in der Rinne will und will nicht näher kommen, bin wieder mal kräftig am schnaufen.
Der Weg ist vorgezeichnet, beim Aufstieg habe ich mich immer recht nah an der rechten Begrenzungswand (orthografisch Süden) gehalten. na ja links gab`s eh keine Begrenzungswand.
Mit zunehmender Höhe ohne wirklich das Gefühl zu haben dem Ende näher zu kommen, werden meine Schritte müder, es sind halt doch wieder fast 600Hm steil bergauf mit den Ski aufgebunden.
Nach gut 6 Std. ist das Ende erreicht. Ski und Rucksackdepot am Ende der Rinne. Der kurze Grataufschwung ist fast aper also beschieße ich den Pickel da zu lassen, um mich ungehindert am Fels halten zu können.
Nach dem Grataufschwung gehe ich noch wenige Meter dem doch weiter entfernt liegendem Gipfel am Grat entlang. Die Gipfelhöhe habe ich im Prinzip erreicht. Hier liegt wieder Schnee und auf beiden Seiten geht`s steil abwärt`s, nun bereue ich, den Pickel nicht mitgenommen zu haben.  Ankunft am Grat um 10 Uhr nach 6 1/2 Std. Aufstieg.
Ich traue mich nicht mehr weiter über den einfachen Grat, welcher sicherlich nicht mehr als Kletterei
im I Grad aufweist. Bei Gratwanderungen mit Schnee/Fels kombiniert habe ich irgendwie eine Phobie.
Aber wenn`s Bauchgefühl nicht gut ist kann ich nicht weiter gehen. Ich hoffe das bald ablegen zu können.
Ich kehre um zum Skidepot, wegen kaltem Wind am Depot beginne ich rasch mit der Abfahrt.  es ist eigentlich noch zu früh, die Westwand hat noch keine Sonne gesehen, also geht`s auf hartem aber griffigem Schnee hinab. Stimmt was im Skiführer steht, es ist oben ziemlich ausgesetzt.
Für die Abfahrt nutze ich die ganze Breite der Rinne. 

Bei P.2640 in der Sonne halte ich, wie ich meine ein verdientes Vesper.   
In Super leichtem Sulz geht`s mit herrlichen Schwüngen das Tal hinunter. Im engeren Tobel ca. bei 2000m wechsle ich auf die steilere Südwestseite und folge in pflonzigem Schnee dem Wanderweg hinab zur Fop Tiamarsch.
Um 12:30 Uhr bin ich wieder zurück in Lavin.


Tourengänger: Dolmar


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

WS+ I SS-
19 Apr 15
L wie Linard · danski
T5 WS
WS-
21 Dez 16
Piz Linard 3410m · Bergamotte
T5 III
T5 I
T5 I
23 Aug 11
Piz Linard 3410 m · basodino
T5 I
30 Jul 11
Piz Linard 3410m, lange Zeit........ · Baldy und Conny
T6 ZS- II
23 Apr 11
Piz Linard (Überschreitung NE/S) · pusteblume

Kommentare (6)


Kommentar hinzufügen

nprace hat gesagt:
Gesendet am 15. April 2015 um 18:15
Sehr geil gemacht! Und packend geschrieben. Ich habe die gleiche Idee vor ein paar Tage gehabt. Uns hat den Linar das kalte Schulter vor ziemlich genau 3 Jahren gezeigt und es wäre Zeit für eine neue Probe.
Anyway, jetzt bin ich umso mehr motiviert. Wieder eine inspirierende Dolmar Tour.
Hey, aber es wundert mich. Gehst du immer allein?

Dolmar hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. April 2015 um 20:13
Merci nprace, manchmal passen die Verhältnisse einfach nicht, da
kannst du dann nix machen, außer nochmal kommen.
Ja nprace ich geh immer allein, hab mich mittlerweile daran gewöhnt, jetzt ist es mir so auch ganz recht.
Grüsse
Dolmar

Robertb hat gesagt: Genialer Bericht
Gesendet am 16. April 2015 um 23:52
Sehr guter, genialer Tourenbericht. Ich glaube jeder Bergsteiger kennt die Gefühle. Gratuliere und weiterhin schöne Touren.
HG Robert

Dolmar hat gesagt: RE:Genialer Bericht
Gesendet am 17. April 2015 um 20:16
Merci Robertb. weiterhin schöne Touren wünsch ich auch dir.
Das Flüela-Wisshorn scheint deine Parradetour zu werden
Grüsse
Dolmar

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 17. April 2015 um 12:03
Salutti Dolmar

Gratuliere Dir zum Linard, aber auch zu Deinem Bericht. Sehr unterhaltsam geschrieben - man fühlt sich gleich "live dabei" und ich bin sicher, jeder kann da mitfühlen, da doch alles selbst auch schon erlebt wurde...

Toll auch Deine Linie und auf jeden Fall richtig, wenn Du oben auf Dein Bauchgefühl gehört hast - es gibt diese und dann auch wieder die anderen Tage - darauf soll man hören und entsprechend entscheiden.

Weiter so - ich freue mich auf weitere solche Berichte!

Cheers
Bombo

Dolmar hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. April 2015 um 20:18
Merci Bombo,
ich glaub es ist schon so wie auch Robertb das sieht, jeder Bergsteiger kennt das, ich hab meine Gedanken geschrieben. Ich pass auf.
Grüsse
Dolmar


Kommentar hinzufügen»