Piz Malat, 2993m - Überschreitung; angereichert mit Crasta Burdun (3134m) & Co.


Publiziert von Linard03 , 29. Juli 2014 um 14:04.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Oberengadin
Tour Datum:23 Juli 2014
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1680 m
Abstieg: 1680 m
Strecke:La Punt Chamues-ch - Munt Müsella - Piz Utèr - Crasta Burdun - Piz Malat - Alp Müsella - Chamues-ch
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo La Punt Chamues-ch
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito

Endlich wieder in „meinem“ geliebten Engadin! Verzeiht, liebe echte Engadiner, aber nach 18 Jahren Engadin-Ferien erlaube ich mir, ein kleines Scheibchen abzuschneiden … ;-) Derart schlechtes Wetter wie diesmal hatten wir jedoch noch nie – aber es ist ja bereits seit Wochen schwierig, irgendwelche grössere Touren zu planen. In Zeiten, wo andere Regionen mit Hochwasser kämpfen und immense Schäden zu verarbeiten haben, möchte ich mich jedoch an dieser Stelle nicht weiter beklagen.
 
Für heute war jedenfalls ein Schönwetter-Fenster prognostiziert worden, wobei am Nachmittag bereits wieder einzelne Regentropfen fallen könnten. Wir wollten es trotzdem wagen; Abkürzungs-Möglichkeiten waren ja vorhanden.
 
Chamues-ch – Munt Müsella (T3)
 
Diese Tour war uns bereits bestens bekannt, waren wir doch bereits vor 4 Jahren auf dem Munt Müsella. Start in Chamues-ch kurz vor 7 Uhr. Im Wald, unweit der letzten Häuser, biegt ein unscheinbarer Weg links ab, welcher alsbald steil hinaufführt. Unzählige Stechmücken waren unsere Begleiter (siehe auch unter Bemerkungen).
 
Schnell ist die Alp Müsella erreicht, für eine Pause lassen wir uns aufgrund der zahlreichen Stechmücken nicht hinreissen. Erst auf ca. 2500m lassen uns die Viecher in Ruhe; so etwas habe ich noch nie erlebt ... Kurz nach 9 Uhr erreichen wir den Gipfel von Munt Müsella (2630m) und geniessen eine schöne Aussicht bis ins Bergell.
 
Munt Müsella – Piz Utèr (T4)
 
Trotz Wolken sahen wir vom Munt Müsella aus unser gesamtes Tagesprogramm, inkl. dem Piz Malat (etwas skeptisch war ich in Bezug auf die Crasta Burdun – da lag noch ziemlich viel Schnee …) Ab hier gings nun weglos via P.2618 und P.2641 in Richtung Fuorcla Müsella. Wir überlegten uns, ob wir allenfalls den Hügel (P.2826) übersteigen sollten, liessen es jedoch sein. Anstelle dessen querten wir etwas mühsam unterhalb P.2826 auf Geröll, bis wir das Couloir erreichten, welches zur Fuorcla Müsella hinaufzieht.
 
Steil und rutschig kämpften wir uns auf losem Schutt & Geröll den ersten Aufschwung hinauf (ev. wäre es doch einfacher gewesen, via P.2826 die Fuorcla zu erreichen …). Wir entschieden uns danach, nicht bis zur Fuorcla hinaufzusteigen, sondern direkt auf den Grat auszuweichen. Einige Kraxelstellen sind drin, meistens bewegt man sich jedoch in Geh-Gelände, auch wenn es zeitweilen steil ist. Der Grat zieht sich jedoch ziemlich in die Länge und wir waren froh, als wir schliesslich den Piz Utèr (2967m) erreichten.
 
Noch war die Sicht nicht gänzlich frei, immer wieder zogen Wolkenfetzen hoch und verhinderten eine schöne Fernsicht. Trotzdem ist auch hier die Aussicht wunderschön: hinunter auf den Munt Müsella, hinauf nach St. Moritz und bis ins Bergell.
 
Piz Utèr – Crasta Burdun (T4)
 
Der Gratverlauf sieht bereits vom Piz Utèr ziemlich spektakulär aus. Zunächst steigt man jedoch ein paar Meter hinab zur Fuorcla Malat (2918m), bevor dann der eigentliche Aufstieg beginnen kann. Viel wird dieser Grat vermutlich nicht begangen; gleichwohl sind dann und wann gewisse Pfadspuren auszumachen. Diese sind jedoch nicht notwendig, denn der Wegverlauf ist logisch. Die Befürchtung bezgl. zu viel Schnee war unbegründet: der Grat selbst war meist schneefrei, der Schnee blieb nordseitig liegen.
 
Ist die 3000er Höhe einmal erreicht, erwartet einem erst mal überraschend offenes Gelände. Bald müssen jedoch die Hände wieder aus der Tasche genommen werden; ein Felskopf versperrt den Weg (P.3070). Zumal auf dem höchsten Punkt ein Gipfelzeichen auszumachen war, dachten wir, dass man den Felskopf überklettern kann.
 
Wenige Meter geht es ziemlich ausgesetzt über Felsen, bis wir die Gipfelmarkierung erreichten. Aber oho, auf der anderen Seite war eine Scharte; Abstieg für uns hier nicht möglich. Also zurück auf den Grat, um den Felskopf rechts (bzw. südlich) zu umgehen. Fand ich jedoch auch nicht sonderlich prickelnd, zumal das Gelände steil und rutschig war …
 
Wir meisterten jedoch die (aus meiner Sicht) etwas heikle Stelle und erreichten bald den Gipfel der Crasta Burdun (3134m). Welch‘ herrliche Aussicht bot sich uns hier! Inzwischen hatten sich die meisten Wolken verzogen, nur das Bernina-Gebiet wollte sich nicht so recht zeigen. Hier hätten wir problemlos den ganzen Nachmittag verbringen können; nach unserer Meinung einer der schönsten Aussichts-Plätze, welche wir kennen …
 
Crasta Burdun – Piz Malat (T5+, I-II)
 
Wir wollten uns nun jedoch unserem eigentlichen Tagesziel, dem Piz Malat zuwenden. Der Südgrat sieht von der Crasta Burdun schon ziemlich anspruchsvoll aus. Wir wollten uns jedoch das Ganze mal aus der Nähe ansehen.
 
Zunächst galt es, die steile Geröllhalde von der Crasta Burdun abzusteigen bzw. zu rutschen. Leider fehlen mir die genauen Angaben, da der GPS-track als Datei nicht lesbar ist :-(( - aber schätzungsweise 300Hm gilt es abzusteigen. Hat man den tiefsten Punkt erreicht, erhält man langsam eine Ahnung, was auf einen zukommt …
 
Steht man vor dem Südgrat, welcher zum Piz Malat hinaufzieht, sieht man erst jetzt, dass es nicht ein durchgehender Grat, sondern derselbe von einigen Scharten durchsetzt ist. Alles überklettern? Südseitig umgehen? Schaun’mer’mal …
Jedenfalls gingen wir mit einigem Respekt an die Grat-Kletterei. Eines wurde schnell klar: alles ist äusserst brüchig, man muss sich immer vergewissern, ob ein Stein hält oder nicht … Ausgesetzte Stellen sind ebenfalls einige vorhanden – in Kombination mit dem brüchigen Gestein ist also die Konzentration gefordert.
 
Die erste grössere Scharte umgingen wir südseitig und da noch mehrere Scharten folgten, versuchten wir irgendwie zu queren – was jedoch nicht so trivial ist … Aber irgendwie schafften wir es, bis zur letzten Scharte zu queren und so endlich auf (etwas) solideres Gestein zu treffen. Diese letzte Passage war zwar steil und hielt auch nochmals einige lose Steine bereit, aber insgesamt fühlte ich mich nun wieder etwas wohler bei der Sache …
 
Und dann tauchte unvermittelt der Gipfelsteinmann auf – geschafft! Wir standen auf dem Piz Malat (2993m)! Da durften wir doch etwas stolz sein … Nach dieser Anstrengung und v.a. grosser Konzentration war nun eine Rast angesagt. Schön auch die Aussicht, welche uns u.a. den Mezzaun-Grat in voller Länge präsentierte.
 
Piz Malat – Alp Müsella – Chamues-ch (T4)
 
Wo sollen wir nun absteigen? Ins Val Burdun? Vermutlich der einfachste Weg, welcher aber auch einen langen Rückweg durch’s Val Chamuera bescheren würde. Also eher ins Val Malat – aber welchen „Weg“? Für den Abstieg durch ein von der Steilheit her angenehmes Couloir hätte bedeutet, dass wir zuerst ein Stück zurückklettern müssten – dazu hatten wir jedoch keine Lust; zudem war besagtes Couloir mit Schnee gefüllt. Also blieb nur noch eine Variante: Abstieg in den Sattel zwischen Piz Malat und P.2943, danach westlich „irgendwie“ runter …
 
Im Sattel angelangt, sahen wir jedoch den Abstiegsverlauf nicht richtig ein, das Gelände war unübersichtlich. Wie steil war’s wirklich? Steht noch ein Felsabbruch im Weg, wo kein Durchkommen war? Wir versuchten es trotzdem und begaben uns in die Geröllrinne. Auf dem Mergel-Gemisch war’s noch einigermassen angenehm, aber sobald wir uns im eigentlichen Geröll-Couloir befanden, wurde es ungemütlich.
 
Es war fast unvermeidbar, dass wir immer wieder Steine lostraten, welche dann hinunterdonnerten. Glücklicherweise hat sich ausser uns niemand in diese Gegend verirrt … Irgendwie schafften wir es hinunter und konnten zu einem Schneefeld queren, welches sich angenehm begehen liess.
 
Ab nun wurde es wieder einfacher: wir hielten auf P.2653 und P.2528 zu, überquerten mehrere Bäche und querten den Hang westlich der Ova Malat, bis wir wieder auf einen Wanderweg stiessen. Dieser führte uns in einer langen Umrundung zurück auf die Alp Müsella – es zog sich doch ziemlich in die Länge und wir spürten beide langsam die Länge der Tour …
 
Ab der Alp Müsella verfolgten uns abermals hunderte von Stechmücken, sodass wir den Abstieg nochmals beschleunigten und schliesslich kurz vor 18 Uhr unseren Ausgangspunkt in Chamues-ch erreichten. Das Wetter hielt bis zum Schluss, einzelne Regentropfen spürten wir erst in Chamues-ch ... Schön war’s !!!
 
Fazit:
Eine absolute Hammertour! Einsamkeit garantiert (während 11 Std. keiner Menschenseele begegnet …), phantastische Landschaft und eine Tour, welche sowohl konditionell als auch technisch einiges abverlangt
 
Bemerkungen:
Wenn man jetzt doch noch das berühmte Haar in der Suppe finden möchte, dann sind es die tausenden Stechmücken, die einem das Wandern auf den Munt Müsella zur Hölle machen: im Wald, bereits oberhalb der letzten Häuser von Chamues-ch, bis zur Alp Müsella und sogar bis auf 2500m verfolgten uns die Viecher; stehen bleiben nicht empfohlen. Aber auch beim Gehen klatschte man sich im Sekundentakt auf die Haut – ob da jemand eine Brut gezüchtet hat …? Jedenfalls wäre ein Mückenspray zu empfehlen!
 
Schwierigkeit:
Ausgesetzt, brüchig, steil – der Südgrat des Piz Malat bietet einige Attribute für ein T6. Leider habe ich keinen Führer von diesem Gebiet. Und infolge fehlender Vergleichsmöglichkeiten (scheint ja eine Hikr-Erstbegehung zu sein) liess ich es mal bei einem T5+ bewenden. Dies ist jedoch eine persönliche Einschätzung und ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
 
Zeiten:
Insgesamt waren wir 11 Std. (inkl. Pausen) unterwegs. Die einzelnen Abschnitts-Zeiten:
- Chamues-ch - Müsella: 2 Std. 10 Min.
- Müsella - Piz Utèr: 1 Std. 40 Min.
- Piz Utèr - Crasta Burdun: 1 Std. 30 Min.
- Crasta Burdun - Piz Malat: 1 Std. 10 Min.
- Piz Malat - Chamues-ch: 3 Std

Tour mit Andri

Tourengänger: Linard03


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4 I
10 Aug 08
Crasta Burdun · Bergmolch
T4+
14 Aug 13
Crasta Burdun 3134 m · chamuotsch
ZS
18 Feb 21
Munt Müsella - Piz Utèr · Delta
S
18 Feb 24
Crasta Burdun · Delta
WS
16 Feb 24
Munt Müsella · Delta
18 Mai 22
Bergtour zum Munt Müsella · Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II
WS
21 Feb 22
Munt Müsella vor der Front · Delta
WT3
19 Feb 19
Munt Müsella · Delta
WS
12 Jan 19
Munt Musella - 2630 m · irgi99

Kommentar hinzufügen»