Piz Vadret SE-Kamin


Publiziert von ma90in94 , 22. Juli 2014 um 13:27.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Davos
Tour Datum:16 Juli 2014
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Aufstieg: 1600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Brail 1627 m, einziger Parkplatz bei der Latteria.

Das Parkplatzangebot in Brail für Wanderer ist dürftig. Die besten hätte das Hotel am Ortsausgang unterhalb der Kirche. Es bleiben einzig noch 3 bei der Latteria in Dorfmitte. Ich würde ja auch Plätze mit Zentraler Parkuhr akzeptieren, wie sie hier im Engadin prächtig gedeien.
Von der Kirche folge ich einem Fahrweg bis zu einer Straßenkehre bei 1795 m und weiter zur Brücke beim Bach. Das folgende Wegstück hinauf zum offiziellen Talweg ist matschig  und wenig begangen. Danach immer links des Baches, auch später noch auf Wegspuren zum Talabschluß, wo eine Herde von Büffeln oder so ähnlich an ihren Steaks arbeitet.
Über einen Steilhang und diversen Ebenen mit nur wenig unangenehmem Schutt
erreicht man den Gletscher und den Auslauf der Rinne ca. 75 m nordöstlich der Fuorcla Vadret bei etwa 3112 m. Spalten waren nirgendwo erkennbar. Dank dem Neuschnee der letzten Woche komme ich in gutem Trittschnee mühelos die Rinne hinauf. Lediglich die letzten Meter zeigen das wahre Gesicht des Rinnengrundes. Bei einer weiteren Verengung der Rinne mit glänzendem Haken und Kletterstellen über II , hier hat sich  Delta wahrscheinlich noch diese 7 m höher gearbeitet, werde ich misstrauisch, es muss ja auch wieder abgeklettert werden. Wenige Meter unterhalb ziehen leicht begehbare Bänder nach links wenig aufwärts. Vor dem Abstieg habe ich den Höhenmesser genau nachgestellt und er zeigt hier in der Rinne ca. 3175 m. Am Ende der Querung nach knapp 10 Metern klettere ich in sehr steilem festen Fels ( II) mit guten Griffen und Tritten nochmals etwa 10 bis 12 m hinauf. Geht auch im Abstieg bestens. Danach wird es deutlich flacher und in leichter Kletterei erreicht man den Ostgrat nur wenige Meter vor dem Gipfelsteinmann. Ich würde meinen, wenn man die  Rinne verlässt hat man das schlimmste hinter sich.
Ich vermute, dass die eigentliche Rinne durch die Südlage schon sehr früh im Jahr ausapert und nur im Auslauf Schnee und Eis übrig bleiben.
Das Gipfelbuch liegt noch da, war aber etwas feucht und die ersten Jahrzehnte verblassen zusehens. Es sind auch nur noch wenige freie Seiten zu beschreiben. Danach wird es hoffentlich von irgendeiner Sektion gerettet und behütet. Es war in diesem riesigen Steinmann schwer zu finden.
1894 war Wyhmper  noch quitschfidel,  Alexander Burgener kannte noch nicht mal seine Elenore und Luis Trenker hatte grad erst laufen gelernt.. Es gab schon einmal so ein legendäres Buch am Hauserhorm von dem ich gelesen hatte, da kam ich aber 3 Jahre zu spät,es war bereits im Museum in Glarus. Ich glaube es war in einem Buch von Herbert Maeder.
Der Abstieg verlief dank dem Schnee stressfrei und ich quere noch zur Scharte und mache in leichter Kletterei hinauf auf den Kleinen Vadret 3118 m, mit herrlichem Blick auf den nur 11 m höheren Piz Vadret. Die Route  von der Fuorcla über die SW-Wand (WS)  ist leider nicht genau einsehbar, sieht aber sehr unübersichtlich und chaotisch aus. Ob sie einer Alternative wäre?
Dank etwa 25 cm feuchtem Neuschnee auf festem Altschnee ist es ein Vergnügen den Gletscher hinunter zu schlurfen.
 

Tourengänger: ma90in94


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Kommentare (8)


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Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 22. Juli 2014 um 15:18
Hej Supertour!

Gratuliere zum Gipfelerfolg, der Bergsteht auch noch auf meiner Wunschliste.

Gruss, Sputnik

ma90in94 hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Juli 2014 um 19:13
Hei,
ja, es ist immer erfreulich wenn ein langgehegtes Wunschziel erfolgreich abgewickelt wurde.
Die Ruinettes war bestimmt auch so eine Tour mit oberster Priorität. Es gibt nur wenige so hohe Gipfel ohne ernsthafte Gletscherberührung.

Gruss Günter

Urs___ hat gesagt:
Gesendet am 7. Dezember 2014 um 02:14
Im Hochsommer auf den Eiger ohne Gletscherberührung, möglich. Gratulation zum Piz Vadret.

Cubemaster hat gesagt:
Gesendet am 31. August 2015 um 16:09
Hey, ich hab die Tour letzte Woche über die von dir beschriebene Route gemacht. Vielen Dank für den tollen Bericht und die Bilder, sonst hätte ich das wohl nicht gefunden.
Ich habe zuerst die Rinne probiert und musste (wohl an der gleichen Stelle wie Delta) umdrehen, weil mir der finale Kletterzug auf das oberste, flachere Stück der Rinne zu gefährlich war.
Dann hab ich deinem Bericht entsprechend nach der Umgehung gesucht und diese letztlich auch gefunden.
Ich glaube übrigens, dass man nicht über den Pfeiler in dem einen Bild aufsteigt, sondern noch weiter links. Man folgt ja im wesentlichen dem Band, dass aus der Rinne herausführt noch weiter nach oben während dieses langsam in einen breiten Riss übergeht, der dann ein paar Meter fast senkrecht nach oben führt. Ich bin mir recht sicher, dass man dabei an dem Pfeiler noch vorbei traversiert.
Die fast senkrechte Stelle war (zumindest für meine Begriffe) mit genug Kaltschnäuzigkeit tatsächlich zu machen, genau wie du schreibst sowohl im Auf- als auch im Abstieg. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob ich es mit II bewerten würde, ich wäre eher bei einem leichten IIIer weil es hier doch verhältnismäßig gute Armkraft braucht. Ich möchte auch an dieser Stelle nochmal explizit erwähnen, dass man bei einem Fehler definitiv hinüber wäre...
Insgesamt ist es natürlich eine tolle Tour für den schwindelfreien Abenteuerer, die aber vielleicht demnächst nicht mehr machbar ist, da der Gletscher immer weiter zurückgeht. Es ist halt fraglich, was für ein Gelände darunter zum Vorschein kommen wird...
Ich musste, um in die Rinne einsteigen zu können eine 3 Meter hohe Wand aus dem bröseligsten Mischmasch aus Sand und Fels überwinden. Das gelang mir, indem ich mit dem Eispickel Stufen hineingegraben habe und dann mit Steigeisen hinaufgestiegen bin. Wenn die Wand noch höher wird, könnte es problematisch werden...

ma90in94 hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. September 2015 um 22:29
Der heiße Spätsommer war sicher nicht die geeigneste Zeit den SE-Kamin anzugehen, gut dass Du sicher rauf und wieder runter gekommen bist.
Die Wandstufe über die ich nach der Querung hinaufgeklettert bin halte ich nach wie vor nur für einen IIer. Einen IIIer hätte ich nicht so locker wieder runter gemacht. Allerdings sorgt die sehr steile Umgebung für etwas mehr Unbehagen. Griffe und Tritte sind günstig und ausreichend gelegen, und der Fels auch ganz solide.
Vielleicht ist es ja auch an der oberen Grenze von II.
III ist "schwierig" und das empfand ich nicht so und ich bin kein guter Kletterer.
Ob unsere Route identisch ist oder nicht, kann ich nicht mehr so genau sagen, von unten glaubte ich, es müßte der Pfeiler gewesen sein, rißartig war es allerdings auch mal.
Ich hatte eigentlich größere Schwierigkeiten erwartet und war sehr erleichtert, dass es dann nicht so schlimm kam, vor allem abwärts. Einen Strick zum eventuellen abseilen mitschleppen ist nicht so mein Ding, Pickel und Eisen sind schon schwer genug.
Ein Freund war mal vor 5 Jahren hier hochgestiegen, da wußte ich, wenn er das kann, schaffe ich das auch, obwohl er immer etwas besser war als ich.
Im Frühsommer sollte der Einstieg in den Kamin immer gut machbar sein, und die Felsen, da sonnseitig, schon im Mai schneefrei sein.
Ich glaube das legendäre Gipfelbuch füllt sich so langsam. Der NW-Grat ist ja auch nicht so schwer und das nur auf wenigen Passagen. Wäre ich gescheitert, hätte ich am nächsten Tag hier einen neuen Anlauf genommen, die Kletterschuhe dafür hatte ich in meinem Wagen.

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. September 2015 um 14:02
Ich habe im Frühsommer leider beruflich nie die Möglichkeit in die Berge zu fahren, für mich kommt immer nur der Spätsommer in Frage. Ich habe aber bei langen, trockenen Phasen wenn aller Altschnee abgeschmolzen ist und das Gelände vollständig trocken ist bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht. (z.B. Fluchthorn Südrinne, Kuchenspitze Südwestrinnen und Piz Plavna Dadaint Südostrinne) Alle diese Routen sind als sehr steinschlaggefährdet eingestuft, aber das ist hauptsächlich so, wenn noch Altschnee abschmilzt und das Gelände deshalb nass ist. Wenn alles trocken ist, geht es meiner Erfahrung nach ganz gut.

Es ist grundsätzlich möglich, dass meine Schwierigkeitsgrad-Einstufung daher kommt, dass es so verdammt ausgesetzt ist. Ich bin auch relativ klein und komme manchmal nicht sofort an alle Griffe heran. Ich musste z.B. in den breiten Riss hineingreifen hinter die rechte Platte und dann auf einem kleinen Tritt aufstehen, um an den großen Henkel oben zu gelangen.
Jedenfalls klettere ich für gewöhnlich alles, was mit II bewertet ist ziemlich locker frei rauf und runter, ich bin auch recht oft allein in solchem Gelände unterwegs. Hier war ich aber schon sehr nah an der Grenze meines Wohlbefindens, die bei solcher Ausgesetztheit irgendwo im unteren dritten Grad liegt.
Ich will damit auch nicht deine Einstufung in Frage stellen sondern nur mal meine Einstufung zusätzlich äußern. Es ist ja auch immer etwas subjektiv...

Ich hatte lange auch gedacht, dass die Schwierigkeiten an diesem Berg für einen Alleingang zu groß seien. (NW-Grat hätte ich allein nicht versucht.) Also war ich sehr positiv überrascht über deinen Bericht. Ich hab auch nur eine kleine Reepschnur mitgehabt, das schwere Seil stört dann auch beim Klettern, wenn es im Rucksack bleibt...

Das legendäre Gipfelbuch ist im Moment nicht oben. Ich habe nur ein kleines Büchlein vorgefunden, in dem stand, dass das Gipfelbuch momentan restauriert wird. (Vielleicht werden die Einträge dann nochmal übertragen)

ma90in94 hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. September 2015 um 22:09
Vielleicht haben wir die Felsstufe doch an verschiedenen Stellen durchklettert und Du hast eine schwierigere Variante erwischt, daher unsere unterschiedliche Einschätzung. Ich schreibe ja, dass ich schon recht bald nach ca. 10 m leicht ansteigenden Horinzalmetern aufwärts geklettert bin, eventuell bis Du noch weiter gequert, oder mehr linkshaltend aufwärts.
Die Umgebung ist zwar sehr abschüßig, aber die 10 bis 12 m hohe Kletterstrecke gerade hinauf fand ich nicht so unmittelbar luftig, wie so manche Kletterstellen, die ich schon überwinden mußte.
Meine bevorzugte Tourenzeit wäre immer der Frühsommer, steilere Felsen sind schon aper, die Zustiege im Schutt und Geröll noch mit festem Altschnee weniger mühsam zu begehen, vor allem abwärts. Manchmal ist es aber doch besser wegen der Steilheit, wenn aller Schnee weg ist. Schnee ist halt auch sehr gelenkschonend. Ein Piz Plavna wird deswegen auch eher im Winter besucht, obwohl die gigantischen Schutthalden in dieser Gegend auch etwas beindruckendes haben.
Da bin ich aber froh, dass das Gipfelbuch letztes Jahr noch ausgelegen ist. Ich muß zugeben, das war ein großer Anreiz für einen Besuch, ein so altes Dokument in der Hand zu halten. Ich hatte diesen Vadret 40 Jahre lang ziemlich ignoriert, da er auch nicht sonderlich aus den vielen Bündner Bergen herausragt. Ob man es wohl wieder auslegt, oder doch lieber in einem Glaskasten im Heimatmuseum von St. Moritz deponiert.

Cubemaster hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. September 2015 um 12:11
Ich muss auch zugeben, dass ich ziemlich enttäuscht war, als ich das Gipfelbuch nicht mehr vorgefunden habe. Auch für mich war es ein Anreiz dort hinaufzusteigen.
Aber es ist immerhin gut, dass sich jemand um dieses alte Dokument kümmert und es nicht einfach dort oben verschimmelt wie so viele andere Gipfelbücher, die ich gesehen habe. (Siehe meine Touren auf den Hochalt oder den Großen Hornkopf).


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