Strahlbann

Die Anreise mit öV nach Bosco Gurin bedeutet Abfahrt um 4.40 Uhr und mehr als 6 Stunden Reisezeit. Keine erfreuliche Option - zum Glück kann man diese Region fast genausogut vom Italienischen Val Formazza her erreichen. Die Reisezeit reduziert sich so auf weniger als 3 Stunden, dafür ist etwas mehr Aufstieg einzuplanen. Ausserdem muss man immer hoffen, dass der EC in Domodossola mit wenig oder keiner Verspätung ankommt, denn der Anschluss an den Bus ist eher knapp. Und in Italien wartet man nicht aufeinander...

Von Fondovalle führt ein guter Weg (als Teil der GTA markiert) zur Hendar Furggu, einem der historischen Übergänge, die in früherer Zeit die deutschsprachigen Siedlungen Gurin (Bosco) und Pomatt (Formazza) miteinander verbanden. Vom Pass steige ich etwas ab zu einer schönen Ebene mit kleinen Seelein und gehe dann wieder aufwärts Richtung Strahlbann. Man könnte offenbar auch direkt über die sehr steile, vorwiegend grasige SW-Flanke gegen den Gipfel aufsteigen (mutmasslich T6), aber ich ziehe es vor, eine der bekannten Routen zu wählen. Nach der Querung unterhalb einer schönen Platte mit diversen Sportkletterrouten kann ich rechts des Grates von P. 2781 aufsteigen. Bald sind die beiden Optionen sichtbar, mit denen man den Südgrat erreichen kann. Ich deponiere das meiste Gepäck und mache mich auf, um über die schräge Plattenrampe aufzusteigen (Route Brenna). Bei trockenen Verhältnissen ist das kein grosses Problem, bei Nässe wäre es wohl nicht lustig. Einmal auf dem Grat, kraxle ich dann über meist grasiges, steiles Gelände bis zum höchsten Punkt.

Im Abstieg klettere ich nach dem Beginn der Plattenrampe noch etwas weiter ab, bis ich zum Tapio-Couloir komme. Es ist im oberen Teil steilgrasig und weist zuunterst eine kleine Stufe auf, die aber gut abzuklettern ist. Unter dem Strich sind beide Routen wohl etwa gleich schwierig (T5+, schätzungsweise).

Da noch genügend Zeit bleibt, entschliesse ich mich zu einem Versuch beim östlichsten der kotierten Gipfel des Strahlbannes, auf dem ich noch nicht war. Die Beschreibung im SAC-Führer ist hier ziemlich vage. Ich steige am rechten Rand der Südflanke über Platten ziemlich weit auf, bis mir ihre Neigung doch etwas zu ungemütlich wird für den Abstieg. Beim Suchen nach einer Alternative stosse ich auf ein Fixseil in einem steilen Kamin. Da mir noch die Geschichte von TeamMoomin im Kopf ist, weiss ist nicht so recht, ob ich dem Strick trauen kann und lasse letztlich die Finger davon. Wie ich später erfuhr, wurde das Fixseil von den beiden Kletterern angebracht, die vorletztes Jahr die Erstbegehung des gesamten Strahlbann-Grates (von der Bocchetta di Formazzöö bis zu P. 2671, total 13 Stunden) machten. Ob mit oder ohne Fixseil, die Route auf diesen Gipfel scheint mir jedenfalls schwieriger als L+ zu sein.

Nun mache ich noch einen kurzen Abstecher zum höchsten Punkt des Heji Bärg, um danach im schönsten Abendlicht über den Südhang (Endra Staful) nach Bosco Gurin abzusteigen. Danach nehme ich den letzten Bus um 18.50 nach Cevio, wo die Unterkunft im Hotel Castello geplant ist. Da der Wirt weder ein zeitiges Frühstück noch eine entsprechende Preisreduktion gewähren will, muss ich davon allerdings Abstand nehmen - das Haus kann trotz der schönen Zimmer für Wanderer leider nicht mehr empfohlen werden. Man geht mit Vorteil ins Posta (gute Küche).