Blankenstein vollständiger Ostgrat - Frust und Lust


Publiziert von algi , 24. September 2013 um 12:32.

Region: Welt » Deutschland » Alpenvorland
Tour Datum:23 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m

Da ich nicht genau wusste, wie weit es in den letzten 2 Wochen herunter geschneit hat, entschied ich mich für eine Tour in den Voralpen. Habe mal was von einer kompletten Überschreitung des Ostgrates am Blankenstein gelesen ( soll, je nach Wegführung, so im Schwierigkeitsbereich III - V liegen ), über nähere Informationen verfüge ich jedoch nicht. Aber anschauen kann ich mir den Grat ja mal, der Fels am Blankenstein weist ja eine hervorragende Qualität auf.

Um 9:30 Uhr starte ich bei der Hufnagelstube, leider ist der Weg bis zur Siebli-Alm geteert, für Wanderer nicht gerade ein Vergnügen. Der Steig hinauf zum Riederecksattel ist zumindest im Wald sehr feucht und lehmverschmiert, so dass ich an einigen Stellen wirklich aufpassen muss nicht zu straucheln. Am Riederecksattel angekommen, sehe ich, dass ich nichts sehe, da mich dicke Nebelschwaden einhüllen. Na, dann mache ich wenigstens ein Bild von dem schönen Marterl, und stelle mich auf eine längere Zwangspause ein. Aber wie von Geisterhand reisst der Nebel urplötzlich auf, und 10 Min. später lacht die Sonne vom blauen Himmel.

Abstieg hinunter zur Hütte oberhalb des Riederecksees, nun weiter in westl. Richtung auf einem schmalen Steig, der unterhalb der Südwände zum Blankensteinsattel emporführt. Nach ein paar hundert Metern, bei einem kleinen Geröllfeld, verlasse ich den Steig, und wende mich weglos dem Fuß des Ostgrates zu. Eine grasige Rinne zwischen 2 Felswänden führt mich, zuletzt in leichter Kletterei, an den ersten Steilaufschwung heran.

Bereits der erste Blick verrät mir, dass hier der Schwierigkeitgrat V wohl bei Weitem nicht ausreicht, um diese Wand zu bezwingen. Außerdem ist in dem Plattenpanzer auch kein einziger Haken oder sonstige Zwischensicherung zu entdecken. Vmtl. wurde dieser Steilaufschwung noch gar nicht begangen. Rechts vom Grat, auf der Nordseite, zieht eine Steilrinne nach oben, mal sehen, ob ich dort weiterkomme. Leider erweist sich das Gelände auf der Schattenseite als sehr feucht bis triefend nass, so dass äußerste Vorsicht geboten ist. Eine waagrechte Querung zur nahegelegenen Rinne erscheint mir zu riskant, also ca. 50 m Abstieg zum Fuß der Rinne. Der Abstieg ist sehr heikel, an einem Baum entdecke ich sogar eine Abseilschlinge, ja Abseilen, das wäre jetzt eine feine Sache, aber ohne Seil muss ich eben auf allen Vieren da hinunter kommen.

Der Einstieg in die Rinne erweist sich auch nicht als so einfach wie gedacht, rechts ein steiler, total nasser Kamin, links eine geneigte glatte Platte und dazwischen steile Grasschrofen. Ich entscheide mich für die Platte, und hoffe auf rauen Fels und versteckte Griffe. Meine Rechnung geht auf, und oberhalb des Abbruchs kann ich in die grasige Rinne queren. Zunächst komme ich gut voran, finde sogar einige rostige Haken, ehe nach ca. 50 m eine weitere senkrechte blockige Stufe den Weiterweg versperrt. Die Seitenwände sind sehr feucht, die Blöcke schauen sehr brüchig aus, nein, das ist ein absolutes "No Go ". Linkshaltend kann ich mich, auf mit feuchten Graspolstern, durchsetzten Fels, weiter nach oben mogeln. Jedoch komme ich nicht mehr in die Rinne zurück, sondern werde immer weiter in Richtung des Ostgrates abgedrängt, bis ich an einer Scharte in die steile Südwand hinabblicken kann.

Der Weiterweg verheißt nichts Gutes, ein feuchter Kamin, in den von beiden Seiten die Latschen der benachbarten Wandbereiche hineinragen. Kurz überlege ich, ob es nicht besser wäre einen Rettungshubschrauber anzufordern, denn ein Rückzug erscheint mir aufgrund der Feuchtigkeit absolut unmöglich. Aber soweit ist es noch nicht, ich wühle mich in den Kamin hinein, überspreize den Klemmblock und 'rette' mich in eine darüberliegende Nische. Als ich weitergehen möchte, merke ich, dass sich meine Skistecken in den Latschen verfangen haben. Nach 5 Minuten kann ich mich mit hohem Kraftaufwand endlich aus dieser misslichen Lage befreien, weiter geht es durch steile Latschen auf einen Gratabsatz, vor dem nächsten Steilaufschwung, hinauf.

Die pralle Wand wird von von einer Art Rißspur durchzogen durch die Wasser herabläuft. Von irgendwelchen Sicherungsmitteln die von Vorgängern angebracht wurden, auch hier keine Spur. Also quere ich wieder nach rechts in die bereits bekannte Rinne. Sie führt mich, teilweise sehr heikel, in die Scharte zwischen erstem und zweiten Ostgratturm. Den nahegelegenen Gipfel des ersten Ostgratturmes erspare ich mir, da er komplett mit Latschen überwuchert ist. 

Von der Scharte folgt ein kurzer Quergang ich in eine blockige Verscheidung auf der Nordseite, die mich auf den ersten Absatz des zweiten Ostgratturmes leitet. Danach führt mich der teilweise latschenbesetzte Grat zur einer kompakten Wandstufe, in der auch 2 alte Haken stecken. Die Kletterei ist sehr luftig und diffizil, aber es finden sich immer wieder Griffe und Tritte. Kurz danach ist der Gipfel des zweiten Ostgratturmes erreicht.

Leichter Abstieg hinab in die Scharte zwischen 2-ten und 3-ten Turm. Der eigentliche Grat hinauf zum Gipfel ist teilweise wieder stark mit Latschen durchsetzt, davon habe ich heute die Schnauze gestrichen voll, also steige ich über ein südseitig eingelagertes grasiges Band ( mit Klettereinlagen ) auf den Gipfel des dritten Ostgratturmes. Der Abstieg ist zunächst sehr unübersichtlich, löst sich dann aber überraschend gut auf: zuerst ca. 20 Meter entlang des Grates auf der Nordseite absteigen, nun auf die Südseite wechseln und weiter bis der Grat senkrecht nach Westen abstürzt. Hier kann man nordseitig über eine Verschneidung zum Wandfuß abklettern.

Nun folgt noch der 'normale' Ostgrat auf den Haupgipfel des Blankensteins. Schwierig sind nur die ersten 1 - 2 Seillängen. Der Fels bietet sehr gute Qualität und läßt die Schrecken von der Begehung des ersten Turm wieder vergessen. Nach 30 Minuten habe ich den Hauptgipfel erreicht, genieße die warme Luft, die tolle Aussicht und mache mich wenig später wieder an den Abstieg über den Westgrat.


Fazit:
die Begehung des ersten Ostgratturmes über den Ostgrat macht im derzeitigen Zustand praktisch keinen Sinn, da der Grat außerhalb der beiden Steilstufen nahezu komplett mit Latschen zugewachsen ist. Eine Begehung der Steilstufen wäre zwar möglich, Schwierigkeit nach visueller Begutachtung jedoch ca. VI aufwärts. Von einer Begehung der alternativen Rinne, die parallel zum Ostgrat, auf der Nordseite verläuft, rate ich bei Feuchtigkeit dringend ab ( absolut lebensgefährlich ).
Der Rest des Grates ist gut gangbar, und würde bei entsprechender Absicherung wohl auch einige alpin orientierte Freunde finden.

Viele Grüße
Albert

Tourengänger: algi


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Kommentare (3)


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83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 24. September 2013 um 13:49
Hallo algi! Da hast du auf deiner Tour ja einen würdigen "Gegner" gefunden, der dich wohl ganz schön gefordert hat. Gratuliere zur Tour und vor allem dazu, dass alles gut über die Bühne gegangen ist.

algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. September 2013 um 15:01
Hallo Stefan,
vielen Dank.
Der erste Turm war ein harter Brocken, der meine Nerven bis zum Äußersten gefordert hat. Sowas möchte ich so schnell nicht wieder erleben.

VLG Albert

Alpin_Rise hat gesagt: Schöner Soloritt und
Gesendet am 24. September 2013 um 17:38
Respekt! Erinnert mich ein wenig an unsere "Standard"-Kalkzacken, die Goggeien. Auch wenn eure Version einen ganzen Zacken luftiger aussieht.
Die geologische Formation dürfte indes praktisch die selbe sein.

Apropos: würde doch gut in die Türme Nadeln Zinnen Community passen?

G, Rise


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