Feierabendtöürl am Klettersteig Schriesheim


Publiziert von Nik Brückner , 17. September 2013 um 09:56.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum:13 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1:00
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m
Strecke:5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Schriesheim aus der Beschilderung zur Strahlenburg folgend. Dort befindet sich ein Parkplatz (der an Wochenenden gern mal voll ist)
Unterkunftmöglichkeiten:In Schriesheim. Denk ich mal.

Da es zur Zeit (Anfang September) in den Alpen bis 1500 Meter runterscheint, sitze ich frustriert hier im Flachland und muss mir einen Notbehelf suchen. Also geht es nach Feierabend hinüber nach Schriesheim, wo man in einem ehemaligen Steinbruch, in dem man auch klettern kann, einen kleinen Klettersteig angelegt hat, der über drei der vier Stufen des Steinbruchs führt. Im Auto läuft Fright Pigs fantastisches Album "Out of the barnyard".


Anmarsch

Schon der Hinweg ist schön: Man parkt an der Strahlenburg.

Um 1235 begann Conrad I. von Strahlenberg mit dem Bau der Strahlenburg. Aus dieser Zeit sind noch der ursprünglich 30 Meter hohe Bergfried und der innere Teil der Anlage erhalten. Der Palas dürfte im 14. Jahrhundert errichtet worden sein: 1329 veranlassten Zahlungsschwierigkeiten die Strahlenberger, ihre Burg an Hartmut von Cronberg zu verpfänden. Dieser veranlasste in der Folge umfangreiche Ausbaumaßnahmen. 1468 kamen dann die Veldenzer in den Besitz der Burg.
 
Wann genau die Strahlenburg zerstört wurde, ist bisher ungeklärt. Zwei Ereignisse kommen in Frage: Das eine ist eine Belagerung 1470, im Zuge einer Fehde zwischen Ludwig von Veldenz und dem Kurfürsten, deren Hintergrund die Weißenburger Fehde zwischen Kaiser Friedrich III. und dem Kurfürsten war. Die Strahlenburg wurde nach acht Tagen eingenommen, ihre Besatzung, 19 Edle und 30 Fußknechte, gefangen genommen oder gleich ertränkt. Daraufhin wurde die Burg in Brand gesteckt. Möglicherweise wurde die Burg aber auch erst um 1504, während des Landshuter Erbfolgekriegs durch hessische Truppen in Brand gesetzt.
 
1733 wurde die Ruine freigegeben, ihre Steine durften zum Bau von Weinbergsmauern verwendet werden. Die Grafen von Oberndorff sicherten ab 1784 die Reste gegen weiteren Verfall. Erhalten sind heute der 27 Meter hohe Bergfried (kann wegen baulicher Mängel nicht bestiegen werden) und der rechteckige Palas, der allerdings entkernt wurde. Am Palas haben sich drei frühgotische Fenster erhalten. Eine fünfeckige Ringmauer umschließt die Anlage. Darin befindet sich heute der Burggasthof Strahlenburg.


Von der Burg aus geht es Richtung Steinbruch einen felsigen Pfad geradewegs den Berg hinauf. Oben ist der Klettersteig dann angeschrieben. Man folgt einem breiten Waldweg nach rechts bis links aufsteigend der Weg ins Rund des Steinbruchs abzweigt.

Der Steinbruch Schriesheim trägt nach einer früheren Betreibergesellschaft auch den Namen "Steinbruch Edelstein". Schon im 19. Jahrhundert wurde hier in Schriesheim Sandstein abgebaut, in den 1880er Jahren begann dann der Quarzporphyrabbau am Ölberg (heute sagt man Rhyolith). Dieses Gestein entstand hier vor etwa 290 Millionen Jahren, als es in der Region noch regen Vulkanismus gab. Die Porphyrschicht am Odenwaldrand ist bis zu 150 Meter mächtig. Das Material wird zum Beispiel für die Schotterherstellung verwendet wird.

Ein zunächst eröffneter kleiner Bruch an der Odenwaldseite des Ölbergs konnte wirtschaftlich nicht bestehen, 1899 gründeten dann zwei Mannheimer Architekten die Porphyrwerk Edelstein GmbH. Das Unternehmen begann mit dem Porphyrabbau am westlichen Ölberghang, man errichtete ein Schotterwerk an der Bergstraße und eine Drahtseilbahn, die den Steinbruch mit dem Werk verband.

Ab 1906 war das Werk an die Güterbahn von Schriesheim über Dossenheim zum Güterbahnhof Heidelberg angeschlossen, was den Abtransport des Ryoliths sehr verbesserte. Dies markierte den Beginn einer wirtschaftlichen Blütezeit. 1913 bauten fast 100 Beschäftigte rund 88.000 Kubikmeter Gestein ab. Im Gegensatz zu den Steinbrüchen der Nachbargemeinde Dossenheimer geriet der Schriesheimer Betrieb aber schon in den späten 1920er wieder in wirtschaftliche Schwierigkeiten.


Landschaft- und Naturschützer traten schon früh auf den Plan, weil sich der Steinbruch so nah an der Bergkuppe befand. Als dann 1919 bedingt durch Sprengungsarbeiten ein Schriesheimer Wahrzeichen zerstört wurde, die Felsgruppe "Edelstein", war der Porphyrbruch endgültig umstritten. Als die Firma, die sich nach dieser Felsgruppe nannte, sie bei Sprengarbeiten im Steinbruch zerstörte, war das sicherlich kein gutes Omen: In den 1950er Jahren begann man mit Modernisierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen im Steinbruch. Die Betriebe an der Bergstraße sahen sich allerdings trotzdem zunehmend mit Finanzproblemen konfrontiert. 1967 gab es dann einen Großbrand im Schotterwerk. Danach wurde der Betrieb hier eingestellt.

Das Gelände entwickelte sich danach zu einem der bedeutendsten Klettergebiete der Region. Heute gibt es hier über 200 Kletterrouten der Schwierigkeitsgrade III bis X, die vor allem Sportkletterer anziehen. Und einen Klettersteig, der über drei der fünf Stufen des Steinbruchs hinaufführt.


Im Steinbruch angekommen wird das Gelände flach. Man erreicht eine Infotafel, hinter der man an die Felswand der ersten Stufe herantritt. Der Weg führt weiter nach links an der Wand entlang. Dort, wo er endet, beginnt der Klettersteig.


Der Klettersteig

Der Klettersteig besteht aus vier Abschnitten, die drei Wandstufen des Steinbruchs überwinden.

Erste Stufe/erster Abschnitt:

Alter Zustieg, links: Über felsiges Gehgelände geht es steil an den Felsen heran. Ein Baum rechts und eine Metallklammer links helfen über ein senkrechtes Wandl. Oben quert man dann ein paar Schritte nach links, wobei schmale Tritte helfen, die ein schräger Riss bietet. Danach geht es schon hinaus.

Neuer Zustieg, rechts: Klammern und Seilversicherungen helfen über eine senkrechte Wand hinauf zum ersten Absatz.

Zweite Stufe/Abschnitte zwei und drei
Auf der ersten Stufe angekommen hat man nun die Wahl: Über Blöcke hinauf zu einer Reihe von Klammern, die senkrecht hinauf zu zwei Leitern führen, oder, schwieriger, etwa 50 Meter nach rechts und dort mit Hilfe von deutlich weniger Eisen hinauf. Wer eine Aversion gegen zu viel Eisen hat, wird sicherlich die zweite Variante wählen. Hier geht es mit Hilfe einer Klammer auf einen Absatz und von dort über weitere drei Klammern weiter aufwärts. Bei Ausstieg muss man etwas aufpassen, weil Schotter die letzten Schritte etwas rutschig macht.

Dritte Stufe/Abschnitt vier
Die dritte und letzte Wandstufe wird dann über einen Schotterkegel erreicht, der direkt gegenüber dem Ausstieg der Leitervariante zu sehen ist. Wer diese Stufe über die zweite Variante erreicht hat, muss vom Ausstieg ein Stück nach links zurückgehen.

Der Schotterkegel führt hinauf an die Felswand, die deutlich zerklüfteter ist als die beiden unteren. Man steigt über und zwischen Zacken hinauf zum letzten Absatz des Klettersteigs. Von hier aus kann man nun weglos an einer geeigneten Stelle aus dem Steinbruch hinaus steigen.


Rückweg

Oben ankommen, geht es auf der anderen Seite hinunter, dabei hält man sich tendenziell ein bisschen nach links (außer man möchte noch einen Gipfel mitnehmen, in dem Fall bietet sich der Ölberg an, dessen vom Steinbruch angeschnittene Kurve sich rechter Hand befindet). Schnell erreicht man den Wanderweg S(chriesheim) 4, auf dem es an einem Hüttchen vorbei und oberhalb eines Geröllhangs entlang bergab geht. Dort wo der Steig auf einen Waldweg mündet, tritt man am besten aus dem Wald heraus und geht am Waldrand entlang bergab zur Burg, sonst verläuft man sich leicht.


Varianten:

Man muss den Klettersteig natürlich nicht als kurze Tour gehen, vielmehr lässt er sich gut in längere Wanderungen einbinden. Ich gehe ihn z. B. gern am Anfang einer Tour zum Weißen Stein, die dann über den Heiligenberg bei Heidelberg führt, von wo aus man auf dem Blütenweg nach Schreisheim zurückkehren kann. Das ist insbesondere im Frühjahr eine schöne Runde.

Wer mehr klettern mag, der kann versuchen, alle Klettersteige im Odenwald an einem Tag zu gehen. Vier Stück sind's. Ist gut machbar.



Anforderungen:

Der Klettersteig ist nicht schwer, man braucht pro Stufe etwa ne Minute, und Einheimische gehen ihn ungesichert. Wer nicht weiß, ob er dafür erfahren genug ist, den Klettersteig nicht kennt, leicht auspsycht, oder einfach vernünftig ist und auf Nummer sicher gehen will, der schnallt sich besser an. Ein Helm empfiehlt sich aber auf jeden Fall. Der Klettersteig wird von den vielen Kletterern im Steinbruch auch gern im Abstieg genutzt. Ein Steinchen kann da natürlich schon mal ins Rutschen kommen.

Tourengänger: Nik Brückner


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