Im Bann der Ostwand - Watzmann-Überschreitung N-S


Publiziert von Kris , 11. Oktober 2013 um 19:11.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:18 August 2013
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 2300 m
Strecke:Watzmannhaus - Watzmann (Hocheck) - Watzmann (Mittelspitze) - Watzmann (Südspitze) - Wimbachgrieshütte - Wimbachschloss- Wimbachbrücke

Die Watzmann-Überschreitung gilt nicht ohne Grund als Königstour der Berchtesgadener Alpen - lang, sehr exponiert, alpin, teils unangenehmes Gelände. Im World Wide Web kursieren dementsprechend verschiedenste Aussage zu dieser Tour: Von "Alles halb so wild" bis "der Abstieg ins Wimbachgries ist die absolute Hölle" wird ziemlich das gesamte Spektrum abgedeckt. Alle Aussagen haben allerdings eins gemein: Erfahrung brauchts für diese Tour! Des Weiteren sollte das Wetter passen - oben auf dem Grat gibt es keinerlei Ausweichmöglichkeiten, da wird es schnell ungemütlich. Und im Nebel möchte ich dort auch nicht unterwegs sein..

Watzmannhaus - Watzmann Hocheck (1 3/4 h, T4 I)


Da für unseren Gipfeltag ein Nachmittagsgewitter vorausgesagt wurde, entschieden wir uns am Vorabend spontan noch frühzeitiger als sowieso aufzubrechen - daraus wurde dann 5:15 Uhr Aufbruch - noch mit Stirnlampe bewaffnet. Der Aufstieg beginnt direkt vor der Hütte, anfangs noch auf normalem Pfad wird das Gelände bald durch Geröll geprägt. Die Wegfindung wird in der Dunkelheit etwas anstrengender, aber im Endeffekt kommt man hier überall hoch. Stellenweise kommen immer mal wieder die Hände zum Einsatz. Wir machen Tempo, haben uns das Ziel gesteckt, bis um allerspätestens um 10 Uhr an der Mittelspitze zu stehen - unter der Annahme, dass die 2 3/4 h, die am Watzmannhaus bereits fürs Hocheck ausgeschildert wurden, realistisch sind. Das charakteristische Felsköpfl, welches man beim Aufstieg zum Watzmannhaus für den Gipfel des Hochecks halten kann, stellt dann auch die Schlüsselstelle für den Aufstieg dar. Hier steilt das Gelände auf, ist allerdings gut durch ein Drahtseil abgesichert (T4). Danach wird es merklich flacher und das Gipfelkreuz des ersten Ziels wird sichtbar. Die letzten Blicke auf das Watzmannhaus während des Sonnenaufgangs lassen eine wahnsinnige Lichtstimmung erblicken, rot, gelb, blau, orange, lila erstrahlt der Himmel, wie es Maler nicht schöner einfangen könnten. Das Wetter sieht allerdings allgemein noch fraglich aus. Egal - erst einmal geht es weiter. Über eine schräge Rampe erreichen wir den Gipfel des Hochecks, welcher mit 2651m den niedrigsten Höhepunkt des Dreigestirns ausmacht. Wir sind etwa die Vierten, die oben ankommen an diesem Tag - neben den Aspiraten, die die Holzschutzhütte auf dem Gipfel als Übernachtungsstation genutzt haben, sie sind noch in der Dämmerung des Vortages aufgestiegen. Auf der Bank vor besagter Schutzhütte genehmigen wir uns auch unser Frühstück, bevor dann die Klettersteig-Sets angezogen werden und es ernst wird. Wir sind aber gut in der Zeit..

Watzmann Hocheck - Watzmann Mittelspitze (KS: WS, 40min)

Nach dem Hocheck geht es leicht zünftig bergab, um eine Ecke und danach einige Meter sehr abgespeckt nach unten. Hier ist man schon froh über das vorhandene Drahtseil, zumal die Tiefblicke bereits jetzt atemberaubend sind.. doch das ist ja erst der Anfang! .. Der Weg zur Mittelspitze ist fast durchgehend abgesichert, nur wenige Ier Stellen erfordern freie Kraxelei. Schwindelfrei sollte man allerdings dennoch sein .. Bereits hier hält man sich vorwiegend auf der Westseite des Berges, im ständigen auf und ab in dolomitenähnlichem Gelände, bis man auf eine markante, bereits weithin sichtbare schräge Rampe gelangt. Diese ist ebenfalls abgesichert und kann dadurch einfach hinaufspaziert werden. Dann noch einmal rechts in die Westflanke ausweichend und eine Steilstufe hinauf und schon steht man auf der Mittelspitze. Das geht aber fix, fragt man sich da doch? Der Übergang zur Mittelspitze wird noch deutlich häufiger begangen als die komplette Überschreitung - die Schwierigkeiten halten sich hier noch in Grenzen. Ebenso ist es - wie bereits angedeutet - gut abgesichert. Wer möchte hakt (wie wir auch) einfach das KS-Set ein und hat so Sicherheit ohne nennenswerten Zeitverlust. Das Wetter wird langsam aber sicher besser, die Sonne zeigt ihre Strahlkraft. Der Gipfel der Mittelspitze bietet wenig Platz für Begeher, nach einer kurzen Fotosession geht es direkt weiter. Die anfänglichen Zweifel ob der so oft diskutierten Tour sind mittlerweile weitgehend verflogen - wir fühlen uns alle 3 gut und den Zeitplan haben wir auch absolut locker übererfüllt. Statt wie besprochen zur Deadline um 10 an der Mittelspitze anzukommen, sind wir bereits kurz nach 8 Uhr hier drüben. Der Übergang zur Südspitze sieht allerdings wirklich, wirklich beeindruckend aus. Aber das schauen wir uns einmal aus der Nähe an..

Watzmann Mittelspitze - Watzmann Südspitze (T6-, II, WS+, 1h 45min)

Den höchsten Punkt der Tour haben wir mit der Mittelspitze erreicht, die schwierigsten Punkte werden allerdings noch kommen. Ich habe ja bereits einleitend angedeutet, dass es unterschiedliche Aussagen über die Schlüsselpassagen gibt. Es variiert von "direkt nach der Mittelspitze" über "kurz vor der Südspitze", bis "der Abstieg ins Wimbachgries".. Generell gilt erst einmal: Ab hier wird jeder Fehltritt bestraft und das über mehrere Stunden hinweg. Beinharte Konzentration sollte also schon einmal vorhanden sein. Von der Mittelspitze steigt man erst einmal weit ab, erst auf der Westseite, dann direkt über der Ostwand und zuletzt in einem kleinen Kamin, welcher wohl eine der Schlüsselpassagen der Tour sein kann. Im Internet hatten wir einige Bilder dieser Passage gesehen - dort sah sie extrem wild aus. Was man auf den Bildern nicht sieht: es hat hier ein Drahtseil. Das ist auch an den meisten anderen, vorerst wild anmutenden Stellen der Fall: sie sind weitgehend gesichert. Die meisten Parts, die dagegen nicht direkt auf dem Grat, sondern in der West bzw. selten in der Ostwand stattfinden, sind allerdings ungesichert. Diese gehen bis in den II. Grad hoch, der hier oben schon mit Spaß geklettert werden sollte. Wir sind zumindest super drauf, haben Spaß. Immer wieder brabbele ich los, wie wahnsinnig geil dieser Tiefblick in die Ostwand ist - allein dafür lohnt die Tour bereits. Ob diese jemals ein Tourenziel für mich wird, steht in den Sternen. Ein Mythos wird sie natürlich dennoch immer bleiben.

Den Wegverlauf hier dediziert und im Detail zu beschreiben, wäre für mich fast unmöglich. Die leichte Angespanntheit, Konzentration und die Gespräche mit Flo führen dazu, dass das Ganze in der Retroperspektive ähnlich eines Films abläuft. Das Gelände ähnelt sich auch zu sehr, um alle Stellen markant beschreiben zu können. Sowieso sind die Höhenmeter hier zahlreich, durch das ständige Auf- und Ab. Die Südspitze kommt hingegen nur langsam näher: der Weg von der Südspitze ist mehr als doppelt so lang wie derjenige vom Hocheck zur Mittelspitze. Wir kommen im Laufe der Tour auch an einigen Gedenkschildern vorbei, die immer wieder ins Gedächtnis rufen, wo wir uns gerade befinden.. der Wirt, bei dem wir unser Auto parken durften, berichtete auch bereits vom gestrigen Knöchelbruch seines Gastes. Froh sein kann der, der nicht gleich die gesamte Westwand den Abgang macht - keine schöne Vorstellung.. Nach meinem persönlichen Empfinden kommt die psychologisch "spannendste" Stelle sowieso kurz vor der Südspitze. Bereits von Weitem fällt erneut eine schräge Rampe auf, die es zu ersteigen gilt. Diesmal ist sie allerdings lange nicht so breit, wie zu Zeiten der Mittelspitze. Wir haben diese Stelle ebenfalls bereits vorher recherchiert, haben uns ein Video angesehen und sind schon sehr gespannt.. Flo kann ausgesetzte Gratpassagen nur bedingt leiden, freut sich also eher weniger. Max ist mal wieder zu flott unterwegs und steht zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon einige Minuten auf der Südspitze. Die Stelle lässt sich wiefolgt beschreiben: Die aufsteilende Rampe wird im Laufe jeden Meters bedeutend schmaler bis der Grat zu beiden Seiten über 1000 Meter abbrechend unfassbar schmal wird. Gesichert ist es hier nicht. WOW! So wird man sich wieder einmal jedem Schritt absolut bewusst. Leichte Kraxelei gibt dabei die letzte Würze. Ein wenig Erleichterung spürt man allerdings doch, als man das "rettende" Drahtseil erreicht. Hier wird es allerdings nur noch schmaler, bis auf 50cm Breite. Erschwerend kommt hinzu, dass man auch noch den Drahtseilakt (welch Wortspiel) zu bewältigen hat, über das in der Mitte gespannte Drahtseil hin und herzusteigen. Nach einiger KS-ähnlicher Kraxelei folgt eine weitere, nennenswerte Stelle. Hier gilt es ungesichert 3-4 Meter über der Ostwand abzuklettern. Leider sind die Tritte abgespeckt und wenig vertrauenswürdig (II). Folgend steigt ein rötlich scheinender Pfad wieder Richtung Grat hinauf. Dafür ist es allerdings abermals "terrorschmal". Dafür diesmal nur auf einer Seite. Im folgenden Steilaufschwung war leider (wie der Hüttenwirt am Watzmann bereits berichtete) ein Drahtseil aus der Verankerung gerissen, was uns eine weitere Freiklettereinlage einbrachte, behindert durch das lose Seil und dessen Pfahl. Kurz vor dem Gipfel folgt dann noch einmal eine schwerere KS-Einlage (fast senkrecht). Würde jetzt einmal frei heraus sagen, dass diese Passage die kraftraubendste KS-Passage ist (WS+) auf dieser Tour. Nach ein paar Metern Gehgelände heißt es: gepackt! Südspitze! Da kommt nicht jeder Wandersmann hinauf! Wir verweilen eine ganze Weile hier oben, essen / trinken und vor allem mache ich viele Bilder. Die Aussicht über den Königssee ist einfach der absolute Hammer, 2100 hm tiefer. Übrigens: Auch der Blick auf das Biwak aus der Route ist äußerst beeindruckend, auch wenn man in Betracht zieht, dass dieses nur das obere Viertel(!) der Wand erschließt.. Erwähnenswertes Detail: Die Glocke am Gipfelkreuz der Südspitze, die nur von Ostwand-Durchsteigern geläutet werden darf.. Nun geht es aber über das Wimbachgries bergab ins Tal und anschließend den langen, langen Weg zurück zur Wimbachhütte..

Watzmann Südspitze - Wimbachgrieshütte (T5, II, 3h 30min)


Teil 1: Felsriegel Der Abstieg zum Wimbachgries ist wohl einer der Hauptunfallgründe bei der Watzmann-Überschreitung. Warum ist das so? Nun, zuerst geht der Weg auffällig auf die Ostwand zu, um kurz vor deren Abbrüchen einen Knicks nach rechts in den Süden zu machen. Hierbei kommen immer wieder die Hände zum Einsatz. Von Zeit zu Zeit gibt es Steilabbrüche, die nur selten mittels eines Drahtseils abgesichert sind (I-II). Die Gefahr des Geländes liegt zu diesem Zeitpunkt der Tour im Steinschlag. Die Route ist bekanntlich recht gut frequentiert und Geher über einem treten schnell etwas los. Schlechtes Beispiel: Ein paar osteuropäische Jugendliche, die statt dem Normalweg eine extrem brüchige Rinne abklettern - erst einmal ihr Problem, aber: der Normalweg nutzt im unteren Teil des Felsriegels genau ebenjene Rinne. Somit treten die beiden Idioten allen unten laufenden permanent mehr oder weniger große Steine in den Nacken. Folgerichtig bekommen sie auch erstmal einen deftigen Appell von einem Bergsteiger, der weiter unten unterwegs ist. Ein Helm schadet hier (wie auch auf dem Rest der Tour) sicher nicht. Wir haben ihn auf jeden Fall mit gutem Gefühl auf dem Kopf gehabt.
Manche Stellen sind etwas griffarm, steil ist es durchgängig. Also auch hier heißt es wieder: Konzentration auch nach bereits langer Tour behalten!


Teil 2. Schönfeld, das Terror-Geröllfeld: Nach besagter brüchiger Rinne landet man in dem bereits von weitem sichtbaren Geröllfeld (Schönfeld genannt). Dies ist berühmt-berüchtigt und zwar zurecht! Das Gebrösele kann man kaum Geröll nennen. Halt gibt es kaum, eigentlich kann man hier wirklich nur abfahren - fester Stand reine Illusion. Hier hat sich auch nicht erst ein Bergsteiger die Knöchel gebrochen, also immer mit der gewählten Vorsicht agieren. Ich habe hier die Unkenrufe der Internetcommunity im Hinterkopf und stimme zu, okay - das ist wirklich ein unangenehmer Teil - ich fluche währenddessen nicht nur einmal .. Zum Glück wird das Gebrösel nach einer Weile merklich flacher, um folgend von einer weiteren Steilstufe unterbrochen zu werden. Danach folgt abermals Gebrösel, um anschließend den "echten" zweiten Felsriegel zu erreichen.

Teil 3: Zweiter Felsriegel und Grasgelände
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Der zweite Felsriegel zeichnet sich charakteristischerweise durch sein grasdurchsetztes karstänhliches Gelände aus. Auch hier gilt es wieder bis in den oberen ersten Grad frei zu klettern, die etwas längeren Steilabschnitte sind allerdings erneut per Drahtseil abgesichert. Zu diesem Zeitpunkt merkt nich nur Flo, dass seine Schuhe ihn umbringen, auch ich habe erste Erschöpfungsanzeichen - aber das sollte bei der langen Watzmanntour einkalkuliert werden. Hat man den Felsriegel hinter sich gelassen, bieten sich zwei Möglichkeiten: Entweder erneut über Brösel abfahren oder auf besserem Geröll und später Grasgelände rechts abzusteigen. Danach flacht das Gelände erstmals wirklich ab - ideal für eine Zwischenpause, man hat schließlich nur etwas mehr als die Hälfte des Abstiegs geschafft. Diese Pause war aber auch angebracht, da wir bereits auf dem Zahnfleisch liefen. Ein guter Hinweis an dieser Stelle: Nehmt euch wirklich genug zu trinken mit! Es gibt keinerlei Quellen auf der Tour, wir hatten sogar das Glück, dass das Watzmannhaus zu diesem Zeitpunkt kein Wasser führen sollte. Hatten sie dann zwar doch, ich schleppte allerdings doch noch 7 Liter nach oben. Zurück am Auto kam etwa 1 Liter an - das heißt es sollten schon 3-4 Liter für die Tour einkalkuliert werden, gerade an heißen Sommertagen. Erst an der Wimbachgrieshütte kann hier nachgetankt werden..

Teil 4: Das trockene Bachbett, der Wald & das trockene Bachbett.
Dachte man bereits beim Bröselschönfeld, es kann nicht noch trittunfreundlicher werden, hat man sich getäuscht, denn im oberen trockenen Bachbett, welches sich an das Grasgelände anschließt, wird man eines besseren belehrt. Hier ist wirklich alles in Bewegung - auch ich, während ich mich geschlagene 3x auf den Hosenboden setze. Allerdings ist das Gelände hier überhaupt nicht ausgesetzt, also null Problemo. Nervig ist es dennoch, und besagte Knöchel können bei entsprechend fraglichem Schuhwerk gerne mal brechen. Hat man dieses hinter sich gelassen, geht es nicht minder anspruchsvoll weiter. Selbst sobald im Wald ankommt, bleibt der Weg immer schmal, teilweise exponiert & ausgesetzt und ist bis zum Schluss durchsetzt von kurzen Kletterstellen. Neben einer kurzen exponierten Gratpassage ist hier natürlich besonders berühmt: die Kette im Walde. Diese 2 oder 3 schweren Ketten, die in den Wald (ein erneutes trockenes Bachbett) gesetzt wurden, behindern mehr, als das sie wirklich helfen würden. Dafür gibt es einen erneuten entnervten Blick meinerseits. Hat man die Überschreitung hinter sich, sollte man entsprechende Stellen auch ohne diese unnütze Hilfe meistern können.. Seis drum, der Weg bleibt aber immer abwechslungsreich und spannend, man weiß nie was einen hinter der nächsten Ecke erwartet, wie eine Wundertüte für den geneigten Bergsteiger :-) .. Man zählt dann nach einer Weile allerdings doch schon die Höhenmeter, der Abstieg scheint nicht enden zu wollen .. Als wir die letzten steilen Meter im Wald zurücklegen (durchs Dickicht des Alpendschungels) reicht es uns dann auch irgendwann .. als wir dann im Wimbachgries ankommen, ist es kurz vor 14 Uhr - die Schwierigkeiten liegen nun hinter uns.

Die zentale Frage lautet nun: War der Abstieg ins Wimbachgries wirklich so hässlich, widerlich & ekelhaft wie er desöfteren beschrieben wird? Ich sage: definitiv nein. Hat man die Überschreitung geschafft, schafft man auch den Abstieg. Wie bereits berichtet fordert dieser allerdings über 1400 Höhenmeter stete Konzentration, langes Durchhaltevermögen und teilweise auch gute Nerven (denn diese werden mit Brösel&Brösel strapaziert).. Vom Einstieg des Watzmannabstiegs bis zur Wimbachgrieshütte sind es dann - je nach übrig gebliebener Konstitution - noch etwa 15-20 min Marsch. Hier gönnen wir uns erst einmal ein kühles Radler und haben keine wirkliche Lust mehr auf die restlichen 9-10km Marsch zurück zum Auto.. denn diese werden wohl recht eintönig werden. Ein RIESEN Kompliment noch an die Landschaft: Ich habe selten, wenn gar nie ein schöneres Tal als das Wimbachgriestal gesehen. Erinnert an die Rocky Mountains, extrem breite Geröllströme, scheinbar aus dem Nichts wachsende Bäume und Pflanzen, diese unglaubliche Weite und rundherum hohe Felswände.. bombastisch!
In der Wimbachgrieshütte treffen wir auch auf unsere alten Professorenfreunde (siehe auch Watzmannhaus-Bericht) die wir im Laufe des Tages wieder und wieder zu Gesicht bekamen, beziehungsweise wir holten sie immer wieder ein. Unser Konditionskönig Max lief auch eine Weile lang mit ihnen mit, weil wir ihm wohl einfach zu lahmarschig waren :-) Nach einem netten Plausch und einem Riegel geht es dann doch noch los, bevor uns die sicher kommenden Gewitter noch nass aus dem Watzmannmassiv entlassen..


Wimbachgrieshütte - Wimbachbrücke (T1, 1h 45min)

Zu diesem Teil der Tour lässt sich nicht mehr viel sagen - es handelt sich um einen gut ausgebauten Familienweg, der neben seiner Naturschönheiten (besagtes Wimbachgriestal, tolle Blicke in die Watzmannwestwand, zum Hochkaltermassiv) vor allem durch seine eben angesprochene Länge besticht. Familien, deren diese Distanz zu weit ist, denen sei das Wimbachschloss empfohlen. Ich fand dagegen, dass die mediterrane Anmutung wie ein Fremdkörper in der Landschaft steht. Mittlerweile tut jeder Schritt weh - man weiß was man gemacht hat. Besonders painful: der etwas steilere Abstieg an der Wimbachklamm. Ansonsten steigt der Pfad kontinuierlich sehr sehr langsam bergab, fast eben. Deswegen bin ich auch mehr als froh, als ich dann doch endlich am Wagen ankomme und mich meiner neuen LaSportiva entledigen kann.

Noch ein Kommentar zur Bewertung:  Ich habe lange gerätselt, welche Bewertung für die Tour als angemessen gelten könnte. Nach der Zuhilfenahme der offiziellen Kriterien, würde ich m.E. für ein unteres T6 stimmen, bezogen auf die ungesicherten Schlüsselstellen auf dem Watzmanngrat. Es ist hier extrem exponiert, es gibt ein erhöhtes Absturzpotential. Die Rückzugsmöglichkeiten sind enorm eingeschränkt und es muss bis in den II. Grad frei geklettert werden. Wetterumschwünge sind lieber nicht einzuplanen. Dementsprechend gibt es das T6- für die Überschreitung zur Südspitze (auch wenn viel leichteres Gelände dabei ist) - die II für den Klettergrad und ein WS+ für KS-Schwierigkeit. Ähnliches gilt für den Abstieg ins Wimbachgries. Diesen erlebte ich nicht so dramatisch wie die Überschreitung, da es bei weitem nicht so exponiert zugeht. Allerdings ist es durchgängig sehr steil und fordernd. Zusätzlich ist hier die Orientierung teilweise schwerer. Absturzgelände ist es in den meisten Fällen, für mich ein T5.

Um zu meiner Einleitung zurückzukommen: Diese Überschreitung ist lang, sie ist alpin, lang und fordernd. Aber sie bietet dem gewillten Durchführer so viel: Die wahnsinnigen Tiefblicke in die Ostwand, eine spannende Überschreitung, einen abwechslungsreichen und durchgehend anspruchsvollen Abstieg ins Wimbachgries durch alle Vegetationszonen - und dann zusätzlich noch als letzten Schmankerl das absolut fabelhafte Wimbachgriestal. Da bleibt nichts anderes zu sagen, als ganz klassisch : eine 5-Sterne-Tour! .. Ich werde wiederkommen! Und rate dies auch jedem, der die nötige Bergerfahrung und Kondition mitbringt!


KONDITION 4,5/5
ORIENTIERUNG 3/5
TECHNIK 4/5
EXPONIERTHEIT 5/5



Tourengänger: Kris


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Kommentare (5)


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coolrul hat gesagt: Terror- Geröllfeld?
Gesendet am 11. Oktober 2013 um 20:55
Klingt ein bisserl nach real- adventure:-)!
Grandiose Tour, beste Grüße!

Kris hat gesagt: RE:Terror- Geröllfeld?
Gesendet am 11. Oktober 2013 um 21:00
Wahrhaftig hab ich genau dieses Video konsultiert.. allerdings nicht für den Abstieg sondern nur für den Gratabschnitt.. da war dann die Rede von "terrorschmal" .. :-) Merci & viele Grüße!

coolrul hat gesagt: RE:Terror- Geröllfeld?
Gesendet am 11. Oktober 2013 um 21:08
Da sag ich nur noch: der arme "Günna"...:-)

MANAL hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2015 um 01:22
Sehr gute Beschreibung der Überschreitung. Habe die Tour gerade gemacht und kann alles genau nachvollziehen. Fand zwar die schweren Stellen vor der Südspitze nicht ganz so schwierig, aber vielleicht hat sich in den vergangenen zwei Jahren auch sicherheitsmäßig etwas getan, an einen ungesicherten IIer-Abstieg in die Ostwand kann ich mich nicht erinnern und die lose Sicherung beim anschließenden Aufstieg ist logischerweise schon längst repariert.
Aber der Rest passt wie es dasteht, ebenfalls die psychischen Leiden im Abstieg und im Wimbachgries... :-)
Für mich bisher die beste Tourbeschreibung.

rennt0815 hat gesagt: Danke
Gesendet am 25. Juli 2018 um 09:24
Exzellenter Bericht mit höchstem Grad an Information für eigene Tourenplanung!


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