Zinalrothorn NNW-Grat von Cabane du Mountet


Publiziert von steindaube , 9. August 2013 um 11:35. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Mittelwallis
Tour Datum: 4 August 2013
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2800 m
Abstieg: 2800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Kostenloser Parkplatz kurz hinter Zinal an der Brücke
Unterkunftmöglichkeiten:Cabane du Grande Mountet

Das Zinalrothorn ist eine wunderbare Kletter-Hochtour mit atemberaubener Aussicht auf Ober Gabelhorn, Matterhorn, Dent Blanche, Grand Cornier und Weisshorn -- um nur die erste Reihe zu erwähnen. Wir sind ihm über den Nordnordwest-Grat (oft verkürzt Nordgrat genannt) zu Leibe gerückt, den Normalweg von Zinaler Seite. Dabei gilt es sich mit liebevoll benannten Gendarmen wie "Le Rasoir" oder "La Bosse" auseinanderzusetzen. Beschreibungen zum Zinalrothorn gibt es hier auf hikr natürlich bereits einige. Trotzdem will ich die Tour ausführlich beschreiben und auch auf aktuelle Bedingungen und subjektive Schwierigkeitseinschätzungen eingehen.

Nordgrat des Zinalrothorns

Hüttenzustieg (T3, +1300Hm, -100Hm, 3:55h)

Einen kostenlosen Parkplatz (auf etwa 1680m) gibt es einige Hundert Meter nach Zinal direkt an der Brücke über La Navisence. Dort folgt man einer breiten Fahrstraße sehr flach ins Tal hinein vorbei an einem kleinen aber liebevoll angelegten Fußballplatz. Nach einiger Zeit nimmt die Steigung zu und man gelangt gut beschildert zur Brücke (etwa 1900m) über den Fluss der dem Glacier de Zinal entspringt. Diese überquert man und nach wenigen Hundert Metern zieht der Steig sich steil im Zickzack eine alte bewachsene Moränenflanke hinauf. Ab jetzt wird der Hüttenzustieg dauerhaft vom Blick auf Grand Cornier und den zerfurchten Glacier de Bouquetins begleitet (Foto). Der Glacier de Zinal zeigt in diesem Bereich nur ausnahmsweise ein bisschen Eis, er ist dick bedeckt mit Geröll das er träge ins Tal befördert. Spannend ist der Blick hinüber zur Cabane du Petit Mountet die auf einer stark erodierenden Moränenkuppe steht...

Bei etwa 2300m Höhe beginnt der Steig sich südwärts am Hang entlang zu orientieren und steigt nur noch moderat an. Eine kleine Schlucht wird durchschritten, die aufwändig verbaut worden ist um vor Steinschlag zu schützen (Foto). In mehreren Passagen gibt es Ketten und Seilversicherungen die man wohl nur benötigt wenn man es mit Schneeresten zu tun hat. Etwas steilt der Steig noch einmal auf wenn man den Südwestgrat des Besso passiert. Nun erreicht man grobes Blockwerk und das Ober Gabelhorn und seine Nordwand kommen ins Blickfeld. Man passiert noch Le Mammouth, einen kleinen Grat der angeblich sehr schön zu überschreiten wäre und auch einige Alpin- bzw. Sportkletterrouten an seinen Flanken bietet, und erreicht die Cabane du Mountet auf 2886 Metern Höhe gelegen. Der Blick von der Hütte auf den Gletscherkessel und die umstehenden Gipfel ist fantastisch (Foto). Das Ober Gabelhorn drängt sich hier immer ein wenig in den Vordergrund (Foto) während die deutlich höhere Dent Blanche sich ein wenig zurückhält. Wir haben mit einer kurzen Regenpause knapp unter vier Stunden für den Hüttenaufstieg gebraucht. Das Zinalrothorn kann man erst gut sehen wenn man von der Hütte ein paar Meter hinüber auf den Moränenkamm geht, der zugleich auch den Beginn des Zustiegs markiert (Ein gutes Stück sind wir der Moräne noch hinauf gefolgt um uns am nächsten Tag besser zurecht zu finden, +200Hm).


Zinalrothorn (ZS, III, +1400Hm, -1400Hm, 12:45h)

Frühstück um vier Uhr, Abmarsch eine halbe Stunde später mit Stirnlampen. Ein paar Seilschaften waren bereits vor uns, einige weitere hinter uns. Zuerst geht es etwa 300 Höhenmeter auf dem Moränenrücken hinauf (deutliche Steigspuren und viele Steinmänner) bis man links den Einschnitt La Forcle erkennt und sich rechts (östlich) hält. Unter den Wänden des Blanc de Moming gelangt man auf den Glacier de Mountet dem man recht sanft und in diesem Bereich wenig spaltig unter dem Arete du Blanc (Verbindungsgrat zwischen Blanc de Moming und Zinalrothorn) entlang folgt. Dort wo dieser zum reinen Firngrat wird überschreitet man den Bergschrund (aktuell gute Spuranlage, kein Problem) und steigt auf diesen hinauf. Unterdessen wird die grandiose Gipfelkulisse in Morgenlicht getaucht (Foto). Dem Firngrat folgt man dann östlich in zunehmender Steigung aufwärts (etwas ausgesetzt, nicht wirklich schwierig, Foto) und erreicht deutlich vor L'Epaule die ersten Felsen. Das erste Hindernis, einen großen Block, haben wir links (nördlich) umgangen. Vermutlich wäre die andere Seite die wir für den Abstieg genutzt haben die zeitsparendere Variante gewesen. Jetzt geht es im relativ einfachen Gelände zu L'Epaule hinauf, wo der Grat in südsüdöstliche Richtung abknickt. Die Viertausend Meter hat man hier bereits überschritten. Wir haben bis hier 3:20h benötigt.

Kurz geht es noch im einfachen Fels weiter. Dann ist ein erster relativ harmloser Gendarm zu umgehen. Wir haben uns für die östliche Seite entschieden (kurzes Stück im Firn, dann Fels), westlich wäre im Rückblick wohl schneller gegangen. Ab hier haben wir recht durchgängig von Standplatz zu Standplatz gesichert und folglich erheblich länger benötigt als im Führer [SAC-Führer Alpine Touren Matterhorn Dent Blanche Weisshorn (ISBN 978-3-85902-297-3): 3h bis L'Epaule, 1:30h für den Grat] angegeben. Erwähnenswert ist das Erklettern von Le Rasoir, das für mich subjektiv die schwierigste Felsstelle war (dank Haken und Köpfelschlingen aber gut abzusichern und nicht sehr lang). Ist man einmal oben, ist das ausgesetzte Entlanghangeln überraschend einfach und macht Spaß.

La Bosse stellt sich einem sehr gewaltig in den Weg (Foto vom Abstieg) ist aber letztlich nicht schwierig (Stände und einige Zwischensicherungen sind sogar eingerichtet). Überrascht waren wir als der darauf folgende Aufschwung noch einmal sehr bedrohlich aussah und sind noch eine weitere Seillänge bei Standplatzsicherung geblieben. Jetzt wird es aber in der Tat einfacher und man erreicht das Gipfelkreuz problemlos.

Benötigt haben wir für den Grat ab L'Epaule etwa 3:30h inklusive einer kleinen Pause, also gut die doppelte Führerzeit. Dank dem hervorragend festen Fels und der guten Absicherbarkeit war der Grat trotz seiner teilweise recht ausgesetzten Passagen sehr angenehm zu klettern und nie überfordernd.

Jezt war endlich Zeit die Aussicht zu genießen. Besonders schön reihen sich Ober Gabelhorn und Matterhorn hintereinander (Foto). Dent Blanche ragt daneben in die Höhe und Grand Cornier wirkt nun fast ein bisschen klein. Auf der anderen Seite präsentiert das Weisshorn seine Süd- und Ostgrate (und verdeckt die meisten Gipfel der Jungfrauregion). In der Ferne schillern beispielsweise Mont Blanc und Monte Rosa (bis ich die Gipfel alle zuordnen kann muss ich wohl noch ein paar mal in die Schweiz...).

Im Abstieg sind wir bis La Bosse ungesichert gegangen, haben uns über diesen zweimal abgeseilt und sind dann wieder zur Standplatzsicherung übergegangen bis wir den letzten Gendarm hinter uns gelassen hatten (an diesem haben wir uns ein bisschen verzettelt). Die fortgeschrittene Uhrzeit hat auch ihr gutes: Der Grat ist jetzt in bestem Licht angestrahlt und wirkt im Rückblick wirklich beeindruckend (Foto). Der Firngrat war inzwischen recht aufgeweicht aber gut zu gehen. Dass der kurze Gletscherteil spaltenarm ist weiß man nun sehr zu schätzen wenn man in einer solchen Schneesulze absteigt. Zurück an der Hütte waren wir nach 12:45h, für den Abstieg haben wir also knapp über fünf Stunden benötigt.

Ein toller Grat. Ein fantastischer Fels. Eine Aussicht... Die Ausgesetztheit hat uns nicht viel gemacht, die Kletterschwierigkeiten waren gut beherrschbar. Allerdings hat sich wie erwartet gezeigt: Für noch größere Touren müssen wir Effizienz zulegen. Spät abends kam dann noch ein Gewitter auf (Foto).


Hüttenabstieg (3:05h)

Nach dem anstrengenden Gipfeltag gestern war klar: am nächsten Tag waren wir nicht für viel zu gebrauchen. Wir hätten also einen Ruhetag vor der nächsten Tour benötigt. Da aber die Wetteraussichten für die kommenden Tage nichts Gutes verhießen, entschieden wir uns für den Abstieg der sich mit müden Beinen ohnehin etwas hinzieht. Steinböcke hatten wir bereits an den Vortage in Hüttennähe gesehen. Beim Abstieg erspähten wir jetzt aber ein Rudel Weibchen mit ihren Jungen, die sich im schönsten Scherenschnitt präsentierten (Foto).

Tourengänger: steindaube, Hajo (hajotka)


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Kommentare (8)


Kommentar hinzufügen

Alpin_Rise hat gesagt: Schöne Fotos...
Gesendet am 9. August 2013 um 12:15
... von einer tolle Tour!
Der Nordgrat ist - vor allem im Abstieg - sicher die bessere Route als die steinschlägige Normalroute. Wir waren einen Tag vor euch oben und möchten das Couloir nicht nochmals queren müssen.

G, Rise

steindaube hat gesagt: RE:Schöne Fotos...
Gesendet am 9. August 2013 um 12:24
Danke!

Okay, gut zu wissen. Wir hätten die Überschreitung ursprünglich sogar vor gehabt...

roger_h hat gesagt: Geniale Tour...
Gesendet am 9. August 2013 um 12:36
...und ebenso toller Tourenbericht.
Gruss
Roger

steindaube hat gesagt: RE:Geniale Tour...
Gesendet am 9. August 2013 um 14:00
Vielen Dank! Freut mich.

EverWrest hat gesagt: Toller Grat!
Gesendet am 30. August 2013 um 01:00
Der Nordgrat ist wirklich ziemlich ausgesetzt und scharf. An die 1,5 h kann ich mich noch gut erinnern. Das waren ziemlich lange 1,5 Stunden.

Gratuliere!

steindaube hat gesagt: RE:Toller Grat!
Gesendet am 30. August 2013 um 08:20
Das beruhigt mich, danke ;-)

antenberg hat gesagt: Schöner Tourenbericht …
Gesendet am 10. Juli 2017 um 23:15
… vielleicht trauen wir uns den N-Grat ja doch noch zu, das Rasoir war immerhin der Anlass für unseren ersten Wallis-Bergurlaub

steindaube hat gesagt: RE:Schöner Tourenbericht …
Gesendet am 18. Juli 2017 um 09:18
Lohnt sich uneingeschraenkt :-)


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