Lauterbrunnen Breithorn 3780m - Nordostgrat


Publiziert von whannes , 28. Juli 2013 um 20:10.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:27 Juli 2013
Hochtouren Schwierigkeit: S
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Stechelberg 910m
Unterkunftmöglichkeiten:Schmadihütte AACB 2262m Mutthorhhütte SAC 2900m

Klassischer Alpinismus wie in den guten alten Zeiten: So würde ich die anspruchsvolle und lange Überschreitung des Lauterbrunnen Breithorns bezeichnen. Während der Grat selber nicht mit allzu grossen Schwierigkeiten aufwartet, fordern einem die ersten 1100 Höhenmeter im Dunkeln bis ins Schmadrijoch über zerschrundene Gletscher, steilen Firn und z.T. brüchigen Fels doch noch etwas ab.

Die Idee kam von meinem Kollegen, doch mal das Breithorn von der Schmadrihütte über den NE-Grat zu besteigen. Etwas unsicher ob der Wetterentwicklung war ich schon, zumal die Route im SAC-Führer mit 10-12h bis auf den Gipfel und weiteren 5-6h für den Abstieg angegeben ist. Nach längerer Beobachtung der Gewittertendenz über die letzten Tage gab es aber schlussendlich keine Einwände mehr und so hiess es am Freitagmorgen: „Ab ins Lauterbrunnental“.

Schmadrihütte AACB 2262m

Start ist Stechelberg auf 910m in dem Wetter angepasster Kleidung, d.h. Badehosen und Flipflops. In drückender Hitze geht es weiter südlich nach Trachselauenen 1202m. Dort überqueren wir den Bach und steigen nun steil Richtung Schwand 1648m. Dank Quellwolken-Schatten ist der Weiterweg über Tanzhubel bis zur Schmadrihütte 2262m ein wunderschöner Spaziergang durch herrliche Blumenwiesen und lauter blühender Alpenrosen.

Die Hütte ist wunderschön auf einer Wiese mit mach inmitten der Moränenwüste gelegen. Funktional mit Betten und Holzofen ausgerüstet stellt sie für mich den Stand dar, den sich wohl unsere Grosseltern gewöhnt waren. Einfach herrlich rustikal! Neben uns haben sich noch zwei deutsche und zwei belgische Wanderer in der Hütte eingerichtet, Platz hat es insgesamt für 12.

Vor dem Nachtessen steigen wir noch kurz zum Einstieg am Hindra Schmadrigletscher auf und versuchen uns ein Bild des Aufstiegs ins Schmadrijoch 3337m zu machen. Wir glauben, eine logische Linie ausgemacht zu haben, prägen uns deren wichtigsten Punkte ein und machen noch ein paar Fotos. Meiner Meinung ist es für diese Tour absolut zentral, sich am Vortag einen sehr guten Überblick zu machen, da es im Dunkeln sehr schwierig ist, sich in dem Gelände ohne Anhaltspunkte zu orientieren.

Zurück in der Hütte kann ich mein inzwischen im Bach gekühltes Bier in der Sonne geniessen. Bald schon ereilt uns ein gewisses Hungergefühl und so feuern wir den Ofen ein. Kochen kann man in der Hütte nur mit Holz, der Bündel kostet Fr.5.-, wobei man für ein normales Nachtessen inkl. Marschteekochen knapp zwei davon braucht. Weil der nächste Tag lang wird, legen wir uns bereits um 19:30 ins Bett.

Schmadrijoch 3337m (S, III)

Unsanft werden wir um 01:00 vom Wecker aus dem Tiefschlaf gerissen. Schon lange habe ich mehr so gut in einer Hütte geschlafen. Danke dem heissen Wasser aus der Thermoskanne der Hütte brauchen wir kein Feuer für den Morgenkaffee zu machen und können zeitig um 01:30 starten.

Über Moräne steigen wir wieder zum Hindra Schmadrigletscher um diese bei ca. 2360m zu Verlassen und die Felsen südlich von P.2774 (LK ca. 634800 / 149000) anzupeilen. Bei diesen angekommen (ca. 2500m) drehen wir nach Osten und steigen abenteuerlich über Spalten, z.T. in Eiskletterei (Schrauben hilfreich), auf das obere Gletscherplateau. Nun geht’s wieder über Firn steil hinauf bis wir an dessen Ende nach eine kurzen Stück Fels auf ein weiteres Firnfeld östlich von P.2774 gelangen. Auf diesen weiter hoch bis zu einer markanten Rinne, die man am Vortag von unten gut sieht. Rechts davon hat es gute Felsen (II) über die wir nun, gefolgt von brüchigen Passagen (II), auf eine schwach ausgeprägte Rippe östlich vom Schmadrifirn gelangen (ca. 2800). Weil das Gelände nicht wirklich absicherbar ist, gehen wir seilfrei.

Auf der Rippe geht’s zuerst über gute und schön gestufte Felsen (II) bis zu einem unangenehmen und brösmeligen Rücken. Über diesen weiter hinauf bis wieder gute Felsen (III) folgen. Die schöne Kletterei geht weiter oben in flacheres Schuttgelände über, über das wir schlussendlich auf den Schmadrifirn gelangen (ca. 3140m). Wieder mit Steigeisen und Seil ausgerüstet erreichen wir über diesen hinauf um 06:00 (d.h. 4.5h) endlich das Schmadrijoch 3337m.

Lauterbrunnen Breithorn 3780m, NE-Grat (S, III+)

Wir ziehen nun die Steigeisen aus und lassen diese wegen des weichen Schnees auch den ganzen Rest des Tages im Rucksack. Was nun folgt ist ein wunderschöner Grat, mehrheitlich in gutem Fels bis max. III+, meistens aber einfacher. Der Beschrieb im SAC-Führer passt hier sehr gut, d.h zuerst umgeht man einen Höcker nordseitig. Über das später folgende Wändchen klettern wir auf der südlichen Seite runter und gelangen nachher über Schutt und Schnee zum Zuckerstock. Weiter geht’s via Breithornjoch Richtung P.3471, wobei der oberste würfelartige Aufbau südlich umgangen wird. Weiter über einen Schneegrat zum 70m hohen Aufschwung. An dessen Einstieg sehen wir Spuren vom Vortag, die vom Oberen Breithorngletscher hochkommen. Diese Variante ist vermutlich deutlich schneller, womöglich objektiv aber nicht ganz sicher (Eisschlag).

Der Einstieg in diesen Aufschung ist abdrängend und mit schlechten Griffen und Tritten ausgestattet; meiner Meinung nach die schwierigste Kletterstelle der Tour. Über die Gratkante hoch bis zu einem weiteren Firngrat auf ca. 3700m. Nun folgen einige steile Stufen die sich kurz vor dem Gipfel im Firn verlieren. Nach 9.5h ist es endlich geschafft und wir stehen um 11:00 auf dem Gipfel des Lauterbrunnen Breithorn 3780m!

Lauterbrunnen Breithorn 3780m, W-Grat (ZS, III)

Der Abstieg über den Westgrat ist nicht allzu schwierig, bei den steilen Stellen hat es jeweils irgendeinen Haken oder eine Stange. Da wir sowieso nicht geplant hatten, direkt wieder ins Tal abzusteigen, schlafen wir noch eine Nacht in der Mutthornhütte 2900m, die wir nach insgesamt 4h ab Gipfel erreichen. Heute dann Ausschlafen bis um 04:00 und via Gamchilücke und Griesalp zurück in die Zivilisation.

Fazit: Eine äusserst lohnende und sehr einsame aber auch anspruchsvolle Überschreitung. Die Hauptschwierigkeiten liegen im Zustieg ins Schmadrijoch sowie der Länge der Tour. Die Beschreitung des Grats in meist sehr gutem Fels ist wahrlich eine Freude!

Tourengänger: whannes


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Kommentare (8)


Kommentar hinzufügen

Alpinist hat gesagt:
Gesendet am 28. Juli 2013 um 20:16
inträssnti Tour, gratuliere.

Kuul wieder äisch öpis vo diär z läsä und z gseh.

Gruess

whannes hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Juli 2013 um 20:48
Hallo Cornel

Merci! Letscht Jahr hani im Juni e OP gha und drum nid so viel gmacht (OK, immerhin Blüëmlisalp-Überschriitig und Zinalrothorn =) ) und das Jahr hani bis itz nüt gmacht, wo nid scho gnue beschriebe wär. Und mini Nord-Termin im Mai/Juni si bekannterwiis is Wasser resp. i Räge gfalle...

Lg, whannes

nprace hat gesagt:
Gesendet am 28. Juli 2013 um 21:14
Hey coole Tour! Hatte nicht im Kopft gehabt, dass so eine Überschreitung lohnend ist aber offenbar doch und zwar sehr. Gratuliere.
Gruss
N

whannes hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Juli 2013 um 16:17
Hallo nprace.

Die Tour ist wirklich sehr lohnend! Wenn du lange, einsame Grattouren magst, kann ich dir diesen Anstieg wärmstens empfehlen. Cool ist auch, dass es nur ca. 15min Gehgelände gibt und es ab dann bis an den Fuss des Westgrates kurzweilig bleibt ;-)

Eventuell kann man den Zustieg noch wesentlich verkürzen, wenn man diese Variante wählt: http://gipfelbuch.ch/gipfelbuch/detail/id/61413

Grüsse, whannes

Nitsch hat gesagt:
Gesendet am 28. Juli 2013 um 22:28
Ou das macht gluschtig. Ich war letzten Mittwoch in der Schmadrihütte und noch einer Aufstiegsroute gesucht. Danke dir für den wertvollen und detaillierten Beschrieb. Super Tour! Gratulation!

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 29. Juli 2013 um 06:20
Beeindruckende Tour, toll!

babu hat gesagt: Wow!
Gesendet am 29. Juli 2013 um 15:40
Gratuliere zu dieser imposanten Tour! Da kann ich nur den Hut ziehen...:-).
Herzliche Grüsse, Andrea

whannes hat gesagt: RE:Wow!
Gesendet am 4. August 2013 um 17:07
Hoi Andrea

Danke dir! Bin soeben zurück von einem weiteren Highlight, vielleicht schaffen es die Eindrücke auch noch in einen Bericht ;-)

Bis in zwei Wochen,
Hannes


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