Vallunaraju - 5686 Meter


Publiziert von Leander , 12. Juni 2012 um 09:45.

Region: Welt » Peru
Tour Datum:27 Mai 2012
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: PE 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1286 m
Abstieg: 1286 m
Strecke:Normalroute über Südseite
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Taxi von Huaraz entweder über Marian oder die Ruinen von Wilkahuain hinauf zur Quebrada Llaca, etwa 1km vor dem See und dem Refugio halten und links über eine Wiese den Einstieg suchen.
Unterkunftmöglichkeiten:Lazy Dog Inn oberhalb von Marian, der perfekte Ort um sich von jedweden Strapazen zu erholen (es gibt sogar eine Sauna; Refugio AGMP am Llacasee gelegen.
Kartennummer:ÖAV 0/3b

Meine zweite Hochtour in Peru führte mich auf den 5680 Meter hohen Vallunaraju keine 15 Kilometer von Huaraz entfernt. Wir hatten gerade erst unsere  Wanderung in der Quebrada Santa Cruz beendet bzw. abgebrochen und eine neue Bleibe etwa 6 Kilometer nordöstlich in einer sehr gediegenen Lodge bezogen, da zog es mich schon wieder auf den Berg.
Ich war zwei Tage zuvor in der Casa de Guias mit dem Bergführer Holmes einig geworden und so trafen wir uns um 8 Uhr morgens an Kilometer 13 der Strasse von Wilkahuain Richtung Pitec. Das Wetter hatte sich seit Tagen sukzessive verbessert und die Sonne schien endlich von einem wolkenlosen Himmel. Wir fuhren mit einem klapprigen Taxi etwa eine Stunde auf der mit Schlaglöchern übersäten Piste hinauf in die Quebrada Llaca. Leider wurde mir erst im Taxi bewusst, dass wir die Strecke auch ohne weiteres zu Fuss hätten bewältigen können. Die wunderschöne unter Naturschutz stehende und mit alten Qiwuna- oder Polylepisbeständen bewachsene Llaca Schlucht mit dem schneeweissen Gletscherbach und der imposanten Aussicht auf den mächtigen Ranrapalcagletscher ist eine längere Wanderung durchaus Wert.
Doch da hiesige Bergführer anscheinend zu Bequemlichkeit neigen, fuhren wir wieder so weit es ging hinauf, immer in der Sorge, dass das Taxi bei der nächsten Bodenwelle den Geist eufgibt.
Etwa 1km vor dem Llacasee auf etwa 4400 Meter Höhe machten wir Halt, luden unsere Rucksäcke aus dem Taxi und bezahlten den jugendlichen Fahrer. Von hier ging es nun über eine mit Gras und Blumen bewachsene Grashalde hinauf unter eine steile 100 Meter hohe Felswand, die wir über ein schmales Band, an einer Stelle etwas augesetzt, überwanden.
Weiter oben ging es dann über Gletscherschliffplatten und mit Grasbüscheln bewachsene Hänge geradewegs hinauf zum Lagerplatz, der etwa 100 Höhenmeter unterhalb der Gletscherzunge in einer geschützten Hangmulde lag. Wir erreichten den Lagerplatz nach nur 2h Aufstieg und da wir früh aufgebrochen waren, hatten wir noch den ganzen Nachmittag vor uns. Ich machte es mir erst mal gemütlich und breitete die Isomatte für ein ausgiebiges Mittagsschläfchen aus, immer die gewaltige im Sonnenlicht leuchtende Südwestflanke des Ranrapalca vor Augen. Später erkundeten wir noch den weiteren Weg hinauf zum Gletscher, boulderten an den vom Eis freigelegten Granitfelsen herum und unterhielten uns mit  den nach uns eigetroffenen Bergsteigern.
Mit Hereinbrechen der Nacht machte ich es mir in meinem Zelt bequem, diesmal hatte ich keinerlei Höhenkrankheitserscheinungen, fühlte mich ausgesprochen gut und war gespannt auf den nächsten Tag. Ich blickte aus meinem Zelt direkt auf den Ranrapalca über dessen Gipfel die Sterne aufgingen. Eine phantastische  Aussicht, die ich so schnell nicht vergessen werde.

Tagwache war um 2:30 Uhr. Draussen war es klar, windig und kalt, das Wasser in der Trinkflasche gefroren. Holmes versuchte vergeblich den Benzinkocher anzuzünden. Wir besorgten bei der anderen Gruppe Teewasser und assen ein paar Kekse. Um 3 Uhr liefen wir als erste Gruppe los. Ohne ein Wort zu wechseln stiegen wir die steilen Gletschschliffplatten unterhalb des Gletschers hinauf. Die 10 Meter hohe Gletscherzunge konnten wir zügig bewältigen und dann ging es im Schein der Hirnilampen der vorhandenen Spur hinterher. Holmes schlug ein langsames Tempo an, so langsam, dass uns bei dem immer wieder aufbrausenden Wind nicht richtig warm wurde. In der Tiefe sah man die Lichter von Huaraz, und auf der gegenüberliegenden Talseite den riesigen auch nachts nicht ruhenden Tagebau der Mine Pierina.
Der Aufstieg von Süden verlief relativ flach, an riesigen Gletscherspalten vorbei, die man im schalen Schein der Stirnlampen kaum erkannte. Auf einmal lagen Eiszapfen auf dem Weg, doch weit und breit keine Wächte? Erst im Abstieg gewahrte ich die mächtigen, überhängenden Seracs und Wächten, die in der Cordillera Blanca so selbstverständlich sind. Weiter ging es im Halbschlaf, meine Hände wanderten abwechselnd mal in den linken dann wieder in den rechten Hosensack, im Morgengrauen frischte der Wind gewaltig auf und trieb uns Schneekristalle ins Gesicht, die Kapuze war bis auf einen Sehschlitz zugezogen: "Scheisskälte, mitten in der Nacht hier rumzumaschieren, so ein Blödsinn", dachte ich. Und schon standen wir vor dem finalen Gipfelaufbau, die Dämmerung brach gerade herein und man gewahrte die Umrisse des Nebengipfels und der umgebenden Gletscherlandsschaft. "Wir sind etwas früh dran", merkte ich an, gerade erst 5:30 und schon am Gipfel??

Die letzten Meter hatten es in sich, über einen 15 Meter hohen Steilanstieg ging es hinauf auf den Gipfelgrat. Holmes stieg voraus und ich musste am gespannten Seil Schritt halten. Auch mein Bergführer fror. Ich denke er wollte so rasch wie möglich rauf und wieder runter. Also ging es, auf 5600 Meter Höhe, bergan, über die Kante, der Blick öffnete sich zum Ranrapalca, am Horizont ein roter Strich, tiefblau wölbte sich der Himmel und ein eiskalter Sturm pfiff aus Osten über die Kuppe und liess mich taumeln. "So ist das also hier oben bei schönem Wetter" ...
"Vorwärts", sagte das an mir ziehende Seil und ich schwankte, schwer gegen den Wind gebeugt, hinterher. Auf den letzten 50 Höhenmetern wurde mir richtig warm, wir rannten fast den Berg hinauf, immer wieder musste ich in die Knie, um den Sturmböen standzuhalten. Dann standen wir auf dem Gipfel, der Sturm machte Pause, es blieb wenig Zeit für ein paar eilige Fotos, einen Schwenk mit der Kamera. Wir waren sehr früh und die Sonne noch nicht mal aufgegagnen, dennoch ein unvergleichliches Gipfelerlebnis. Holmes drängte wieder, wir müssten runter bevor der Sturm wieder loslegte.. Am Ranrapalca und dem nicht weit entfernten Huantsan standen riesige Schneefahnen über den Gipfeln, dort auf 6200 bzw. 6400 Metern Höhe würde heute keiner hochsteigen können.

Schnell stiegen wir von der ausgesetzten Gipfel herunter in den Windschatten der Westseite, wo wir die andere Seilschaft antrafen, die nach uns gestartet war. Nach kurzem Gespräch setzten wir den Abstieg fort, endlich ging auch die Sonne auf und tränkte die Osthänge der im Norden liegenden Eisriesen in königliches Purpur.
Nun begann endlich der Tag und wir hatten unser Tagwerk schon beinahe erfüllt, es war ein Leichtes über den ausgetretenen Gletscherpfad abzusteigen. Immer wieder liess ich den Blick über die herrliche Landschaft schweifen, die sich im Norden und Süden öffnete und nach und nach von Licht durchflutet wurde.
Als wir am Lagerplatz ankamen, war mein Zelt verschwunden, fragend schaute ich zu Holmes.. Das konnte ja nicht sein? Dann machte mich der junge Tourenbegleiter der anderen Gruppe darauf aufmerksam, dass es direkt neben mir lag. Er hatte es etwa 50 Meter weiter unten eingesammelt, nachdem es vom Wind samt Schlafsäcken und Isomatten weggeblasen worden war. Da hatte ich aber Glück gehabt, noch dazu, dass es keine grösseren sichtbaren Schäden davongetragen hatte...

Vom Lagerplatz aus war es nicht mehr weit. Wir packten unser Sachen in die Rucksäcke und machten uns auf den Abstieg ins Llacatal. Holmes hatte bereits den Taxifahrer angerufen, der uns an der Strasse abholen sollte. Die Sonne strahlte nun von einem stahlblauen Himmel herunter, doch es war immer noch sehr kalt, sodass wir im Abstieg immer wieder aufpassen mussten, nicht auf gefrorenen Wassereis auszurutschen. An der Strasse mussten wir noch mal warten, dann die holprige Taxifahrt überstehen. Im Lazy Dog wurde ich schon freudig erwartet und ein grosses, kühles Cusquenobier erfüllte mich mit goldgelber Wonne.

Fazit: Sehr eindrückliche Tour, die aufgrund ihrer Nähe zu Huaraz als ideale Akklimatisationstour für höhrere Ziele hergenommen werden kann und auch für weniger Ambitionierte bietet die Tour ein tolles Erlebnis in der einzigartigen Bergwelt der Cordillera Blanca. Wer mehr Zeit mitbringt und ohne Guide unterwegs ist, dem empfehle ich den Fussanmarsch von der Kurve oberhalb des Lazy Dog. Der Bergführer hat 100 USDollar pro Tag bekommen. Das Taxi etwa 80 Soles pro Fahrt gekostet.

Hier mein Bericht vom Chachani



 

Tourengänger: Leander


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Kommentare (3)


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alpinos hat gesagt: Tolle Fotos
Gesendet am 12. Juni 2012 um 20:15
Ich bin absolut begeistert...

Gruss, Anna

alpstein hat gesagt:
Gesendet am 12. Juni 2012 um 21:04
Super Fotos!

Gratulation aus dem Südbadischen

alpstein

Leander hat gesagt: RE alpinosteins:
Gesendet am 13. Juni 2012 um 11:55
Danke für das Lob, ich bemühe mich noch ein paar weitere Berichte zur Perureise einzustellen.. das Land ist einfach genial zum Wandern und Bergsteigen


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