Tösstaler Gipfel sammeln (Hüttchopf, Höchhand, Habrütispitz)


Publiziert von Fico , 19. Mai 2012 um 13:01.

Region: Welt » Schweiz » Zürich
Tour Datum:17 Mai 2012
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Zürcher Oberland   CH-ZH   CH-SG 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1520 m
Abstieg: 1445 m
Strecke:Fischenthal-Hasenböl-Hüttkopf-Dürrspitz-Scheidegg-Wolfsgrueb-Schwarzenberg-Höchhand-Habrütispitz-Hintergoldingen
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Fischenthal
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Hintergoldingen (Sonne)
Kartennummer:1093 (Hörnli), 1113 (Ricken)

Geplant hatte ich diese Tour entlang der Wasserscheide der Töss schon vor einigen Monaten und wartete noch, bis die Tösstaler Gipfel schneefrei wären. Hüttchopf, Höchhand und Habrütispitz sind nur die bekannteren, daneben hat es einige mehr, die am gleichen Tag besucht werden können. Sie liegen recht nahe beieinander und auch die Höhenunterschiede sind nicht allzu gross, so dass sie sich fast wie Pilze einsammeln lassen.
 
Der Schnee war längst weg, eine passende Gelegenheit hatte sich noch nicht ergeben. Doch die Eisheiligen haben ihn zurückgebracht, und zwar bis in ungewöhnlich tiefe Lagen. Die Wetterprognose für den Auffahrtstag schien günstig, um das Vorhaben endlich in die Tat umzusetzen. Der Blick auf die trüben, grau-weissen Webcam-Bilder tagszuvor veranlasste mich allerdings, Handschuhe, Gamaschen und sogar Steigeisen einzupacken. Gewiss, das ist etwas übertrieben, aber man kann ja nie wissen. Soviel vorwegenommen, gebraucht habe ich all das Winterzeug dann doch nicht. Dafür wäre am Höchhand-Grat ein Klettersteig-Set hilfreich gewesen, das ich natürlich nicht bei mir hatte. Darüber später mehr.
 
Von den Schwierigkeiten her verdient einzig der Höchhand-Grat die Bewertung T3 (bei den 'eisheiligen' Verhältnissen, die ich angetroffen habe, eher T4), die weglosen oder unmarkierten Abschnitte gleich am Anfang der Tour und am Habrütispitz kommen nicht über T2 hinaus, der ganze Rest ist (gelb markiert) ohnehin T1.

 
Mein erstes Gipfelziel heisst Hasenböl. Vom Bahnhof Fischenthal aus, der mit der S 26 im Stundentakt erreichbar ist, steige ich sogleich ziemlich steil und weglos in nordöstlicher Richtung auf. Zugegeben, es kostet etwas Überwindung, durchs mindestens kniehohe, nasse Gras zu waten, das obendrein von einem dicken Rauhreif bedeckt ist. Zur Erinnerung, man schreibt den 17. Mai und Fischenthal liegt auf nur 740 m Höhe. Nach dieser Taufe der Natur – Wanderhosen und Bergschuhe sind im Nu völlig durchnässt – erreiche ich im Wald auf etwa 800 m Höhe einen Grat, der, nachdem er den Wald verlassen und einen Weg gekreuzt hat, allmählich flacher wird und dem ich dem Waldrand entlang und über Wiesen bis zum ersten Gipfel folgen kann.
 
Einmal mehr zeigt sich, dass die Wildnis gleich hinter der Zivilisation beginnt, keine Viertelstunde zu Fuss. Man braucht bloss die Strassen und markierten Wege hinter sich zu lassen und einzutauchen in die Einsamkeit der Natur. So bin ich auf dem Weg zum Hasenböl in eine Luchsfalle getappt, die der Wildhüter dort aufgestellt hat. Einem Luchs begegne ich nachher zwar den ganzen Tag nicht, und ob bei mir die Fotofalle zugeschnappt hat, weiss ich auch nicht. Geblitzt hat es jedenfalls nicht.
 
Der Hasenböl (1013 m) hat nördlich noch einen 10 m höheren Nordgipfel, den ich gleich mitnehme. Der flache Hauptgipfel ist gemäss Karte ein Triangulationspunkt. Ein Blechdreieck habe ich vergeblich gesucht, stattdessen wird der Gipfel durch eine hübsche Baumgruppe markiert. Anschliessend geht es fünfzig Höhenmeter hinunter nach Tannen, dann steigt der Weg - der inzwischen auch der offizielle, gelb markierte Wanderweg ist - wieder an und führt stets der Gratkante entlang Richtung Hüttchopf. Ab etwa 1100 m liegen erste Schneeresten, die allmählich in eine gebietsweise fast kompakte Schneedecke übergehen, so dass dieser Tösstaler Gipfel sich Mitte Mai als „Schneeberg“ präsentiert. Es ist ein seltsames Bild: das saftige Grün des Grases und die Wiesenblumen, die unter dem blendenden Weiss des frischen Schnees hervorschauen.
 
Bisher bin ich an diesem schönen Feier- und Wandertag keiner Menschenseele begegnet. Einzig frische Spuren im Schnee zeigen, dass vor mir bereits jemand den gleichen Weg gegangen ist. Doch auf dem Hüttchopf (1232 m) ist um 11 Uhr ein wahres Stelldichein. Im Nu kommen von allen Seiten fast ein Dutzend Leute zusammen. Nach dem kurzen Abstieg im Schnee trennen sich bei Überzütt (1146 m) die Wege. Statt auf gleicher Höhe zur Scheidegg zu queren, steige ich auf zur Brandegg (1243 m), um von dort aus auch noch den Dürrspitz (1202 m) zu besuchen, den dritten Gipfel auf dieser Tour. Der kleine Umweg lohnt sich, der Blick nach Westen ist frei und reicht heute bis zu den Berner Alpen. 
 
Von der Scheidegg (1197 m) führt (als Alternative zur ebenfalls gelb ausgeschilderten Fahrstrasse) ein kurzer, steiler Wanderweg hinunter zur Wolfsgrueb (972 m), wo ein emsiges, lärmiges Treiben von Wanderern, Velofahrern, Autos und Spaziergängern herrscht, das restlos abzuschütteln mir erst gelingt, als ich beim Aufstieg zum Schwarzenberg den offiziellen Wanderweg verlasse und auf einem unmarkierten, aber breiten Weg direkt auf dem Grat bis zum Gipfel hinauf steige. Der Schwarzenberg (1293 m) zeigt sich heute ganz in Weiss. Dazu weht ein eisiges Lüftchen, das mich veranlasst, während der kurzen Rast rasch alles wieder anzuziehen, was ich bei mir habe. Auch der kurze Abstieg und Wiederanstieg Richtung Höchhand, alles auf der Nordseite, vollzieht sich bei ziemlich winterlichen Verhältnissen.
 
Der schneebedeckte Gipfel der Höchhand (1314 m) ist gewissermassen der Höhepunkt der Tour, obwohl völlig unspektakulär, da weder ein Gipfelkreuz, eine Sitzgelegenheit noch sonst was vorhanden ist. Umso anregender ist der anschliessende Abstieg über den Grat, vor allem bei den rutschigen Verhältnissen, die man an diesem Tag vorfindet. Ein Fixseil unmittelbar nach dem Gipfel hilft über die erste Steilstufe hinab. Ein kurzer Ausrutscher nur, eine Hand fest ans Drahtseil geklammert, die bei der nächsten Verankerung sogleich Halt findet - von einer kleinen Schürfung abgsehen ist alles glimpflich verlaufen. Natürlich zieht niemand wegen vielleicht zehn, fünfzehn Metern ein Klettersteig-Set an. Doch an solchen Stellen würde es bei Nässe und Schnee vor einem möglichen Sturz mit schlimmeren Folgen schützen. Auch die Fortsetzung auf dem Grat, insbesondere ein weiteres Steilstück, verlangt Trittsicherheit und volle Konzentration.
 
Heil und glücklich dort angekommen, wo sich bei Hand (1003 m) die Wanderwege kreuzen, überlege ich mir, ob ich wie geplant den Habrütispitz besteigen will. „Soll ich mir das wirklich auch noch antun?“, frage ich mich. Nur 55 Minuten bis hinunter nach Hintergoldingen, lockt der Wegweiser. Nach einer kurzen, kräftigenden Rast zieht es mich wie magisch wieder hinauf. Gipfel sammeln macht süchtig, erst recht an so einem schönen Tag!

Merkwürdigerweise ist die Chrüzegg das einzige am Wegweiser angegebene Ziel in diese Richtung. Das ist wohl auch die Erklärung, warum ich am Habrütispitz (1275 m) niemandem mehr begegne. An der wärmenden Nachmittagssonne geniesse ich auf der Sitzbank unter dem Kreuz die bezaubernde Stille und die grandiose Fernsicht, die mit dem Föhn noch ausgeprägter geworden ist. Auf dem Gipfel deutet einzig eine vergessene Trinkflasche beim Grenzstein darauf hin, dass erst kürzlich jemand hier vorbeigekommen sein muss. Der Abstieg auf dem Südostgrat ist zwar steil, aber im Vergleich zum Höchhand-Grat völlig harmlos. Auf etwa 1200 m Höhe vereinigt sich der unmarkierte Weg wieder mit dem offiziellen Wanderweg.
 
Das folgende Wegstück im Wald und zwischen den mächtigen Felsblöcken hindurch ist abwechslungsreich. Eine Hinweistafel zeigt, woher die grossen Brocken stammen. Diese letzten hundert Höhenmeter „in den Brüchen“ scheinen mir die längsten des ganzen Tages. Die Batterien sind leer, nicht nur bei meinem GPS, das mangels Ersatzbatterien den Geist aufgegeben hat. Auch bei mir macht sich Müdigkeit breit. Auf „Pedros Altershöckli“ auf 1314 m Höhe (Chrüzegg-Chümibarren) gönne ich mir eine längere Rast, bevor ich mich wieder auf den Weg mache.
 
Für den Abstieg nach Hintergoldingen nehme ich den Wanderweg, der nach Schutt führt, verlasse ihn aber dort, wo er auf etwa 950 m Höhe links nach Enkrinnen abbiegt, um auf Fahrwegen zwischen Kuhweiden hindurch direkt nach Rossfallen zu gelangen. Von hier sind es nur wenige Minuten bis zur Haltestelle „Sonne“ des Postautos, das im Stundentakt dort vorbeifährt. Ohne die unbedeutenderen Erhebungen mitzuzählen, sind es sechs Tösstaler Gipfel, die ich auf dieser sehr schönen, mit 17 km und 1500 Höhenmetern eher längeren Tour an einem Tag gesammelt habe. Für einen Kaffee in der „Sonne“ reicht die Zeit nicht mehr. Sonst hätte ich dort noch einen... - na klar! - einen Nuss-Gipfel genommen...

Tourengänger: Fico


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Geodaten
 10857v2.kml Tösstaler Gipfel

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