Im Schatten des Brisens


Publiziert von Tobi , 10. November 2011 um 15:08.

Region: Welt » Schweiz » Nidwalden
Tour Datum: 9 November 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Bauen - Brisen - Bürgenstock   CH-NW 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m
Strecke:15.5km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Niederrickenbach Dorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Niederrickenbach Dorf

Wie Tropfen hangen Waldbrueder (Einer), Zwölfer, Elfer und Schinberg von der Flanke zwischen Brisen und Risetenstock. Grasige Hochplateaus umgeben von steilen Felswänden. Die Schwachstellen und Grasbänder für die Aufstiege zu den Gipfeln müssen gesucht werden.
 
Zusammen mit Axi (sein *Bericht) ziehe ich von Niederrickenbach (1158m) los auf dem Wanderweg zum Brisenhaus (1753m). Dort suchen wir das richtige Grasband, welches zum Sattel zwischen den beiden Schinberg-Gipfeln hochführt. Ganz intuitive ist die Wahl nicht, doch beim Passieren der Chuäreds Chuchihaben wir die Gewissheit, auf dem richtigen Pfad zu sein. Gemäss Führer soll diese Höhle 100m tief sein; ich begnüge mich mit dem Erforschen der ersten zehn Meter. Ab hier führt ein erdig feuchtes Loch weiter in die Tiefe. Sieht für mich nicht gerade einladend aus. Hat jemand mehr Infos über diese Höhle?
 
Das Aufstiegsband windet sich um eine markante Felsplatte und führt als grasiges Couloir hoch zum Grat. Auf diesem erreichen wir ohne Schwierigkeiten das Marmorkreuz am höchsten Punkt des Schinbergs (2145m). Wieder zurück beim Sattel lächelt uns noch der Nordwestgipfel an, dessen Flanke je näher man kommt umso begehbarer scheint. Nach einem kurzen Abstecher auf diesen Gipfel – je nach Routenwahl T5-T6 mit IIer Kletterstellen – beginnen wir wieder mit dem Abstieg über das Aufstiegsband.
 
Beim queren des Geländekessels Oberseewli entdecken wir auf etwa 2000m eine Schwachstelle in der Ostwand des Elfers. Über diese gelangen wir auf dessen Plateau und darüber auf den unspektakulären Gipfel des Elfers (2082m). Hier bauen wir einen Steinmann und geniessen bei Sonnenschein eine Mittagsrast hoch über dem Nebelmeer.
 
Über den einfachen und breiten Südgrat verlassen wir wieder den Gipfel und folgen dem Bergwanderweg, bis wir über dem Zwölfer stehen. Im Anmarsch zeigt sich dessen Südgrat von der grimmigen und unbezwingbaren Seite. Doch vor diesem Bug stehend, entdeckt man einige grasige Stellen an dessen Westflanke. Hoffnung keimt auf, das möchte ich mir näher ansehen. Die ersten paar Meter sind noch Kraxelgelände, doch dann stehe ich vor der Schlüsselstelle. Ein etwa drei Meter hoher Felsgürtel will überwunden werden. Zum Glück gibt es an dieser sehr ausgesetzten Stelle gute Griffe, welche den kräftigen Kletterzügen gewachsen sind. Auch anschliessend müssen Tritt und Griffe bestens geprüft werden, auch wenn das Klettern wieder mehr ins Kraxeln übergeht. Unverhofft stehe ich nun auf dem Gipfel des Zwölfers (2135m), mit so wenig Gegenwehr habe ich nicht gerechnet! Die Route ist sehr intuitiv, aber extrem ausgesetzt. Die Schwierigkeiten WS+, T6 und II-III charakterisieren sie wohl ziemlich gut.
 
Wie hinauf geht es auch wieder hinunter und schon stehe ich wieder neben Axi. Während ich nun den Zwelfer schon im Sack habe und bereit bin für die nächsten Gipfelziele, will mein Bergkamerad sich diesen Gipfel doch noch über den langen Grasrücken (400 Höhenmeter) hart erkämpfen. Währenddessen mache ich mich auf zum Waldbrueder - eine wilde Gipfellandschaft.
 
Gemäss Führer ist der eigentliche Gipfelturm mit dem Namen Waldbrueder vor einiger Zeit zusammengebrochen. Einheimische nennen den Gipfel Einer, wobei der Führer damit nicht den höchsten Punkt meint, sondern den wohl klettertechnisch interessanten Felskopf in der Mitte des Grates. Im die Verwirrung komplett zu machen, ist auf der Karte der Pt 1998 kotiert, während der unkotierte südlichste Spitz höher ist und die 2000er-Marke zu knacken scheint. Auf der Siegfriedkarte misst dieser Punkt noch 2020m, hier stand wohl mal der Felsturm. Zu guter Letzt steht das Gipfelkreuz noch an einem ganz anderen Ort. Um auf Nummer sicher zu gehen und den richtigen Gipfel zu erwischen, peile ich alle Zacken an.
 
Von der Peterslücke besteige ich den Grat von Südosten her, fleissig alle Zacken sammelnd. An einigen Stellen weiche ich in die etwas weniger brüchige Westflanke aus (T5, II). Schon bald stehe ich auf dem kotierten Punkt des Waldbrueders (1998m). Den folgenden Zacken umgehe ich auf der Westseite und stehe so vor dem Felsbug des Kletterfelsens Einer. Definitiv nur etwas für Kletterer. Ich folge der grasig-gerölligen Ostflanke direkt unter der Felswand. Nach einem kleinen Felsband wird das Gelände heikler und die direkte Route wieder zurück auf den Grat scheint mir unmöglich zu sein. So klettere ich im T6-Gelände vor dem markanten Riss etwas ab. Nach diesem und nun von unten sieht aber der Aufstieg wieder durchaus machbar aus. Über die steile Grasflanke mit gut strukturierten und griffreichen Felsplatten erreiche ich das Gipfelkreuz des Waldbrueders (T6). Auch die von hier sichtbare Nordkante des Felskopfes sieht nicht wirklich einladend aus. Allerdings ist ein Seil zu erkennen, Bohrhaken funkeln auch in der Sonne.
 
Für den Abstieg wandere ich den mässig steilen Rücken des Waldbrueders hinab, die wohl einfachste Aufstiegsmöglichkeit zum Kreuz (wegloses T2). Nachdem ich etwa ein Duzend Gemsen aufgescheucht habe, quere ich nach rechts in das Tal des Steinalper Tribets. Hier treffe ich auf den Wanderweg, der mich zurück ins Brisenhaus führt. Im offenen Winterraum finde ich erfrischende Getränke, auf der Terrasse ein sonniges Plätzchen um die Beine hochzulegen. Etwa eine Stunde später ist auch Axi zurück von seinem Gipfelziel.
 
Damit auch noch mein Bergkamerad in den Genuss einer Hikr-Erstbegehung kommt, wählen wir den Umweg über die Scheidegg (1781m). Und es hat sich gelohnt: Auf diesem herrlichen Grat geniessen wir die malerische Abendstimmung inklusive Vollmond. Beim Eindunkeln erreichen wir die Bergstation in Niederrickenbach.
 
 
Fazit: Im Schatten des Brisens gibt es für den anspruchsvollen Alpinwanderer noch versteckte Perlen zu entdecken. Ich warte gespannt auf den ersten Bericht über die Besteigung des Felskopfes am Einer…

Tourengänger: Tobi, Axels


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Kommentare (4)


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Gelöschter Kommentar

Tobi hat gesagt: RE:Wow...
Gesendet am 11. November 2011 um 08:23
War wirklich eine coole Sache. Bin jederzeit wieder bei einer gemeinsamen Tour mit dabei!
Den Einer überlasse ich aber lieber den Kletterern. Aber wer weiss... ;-)

Gruss Tobi

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 10. November 2011 um 20:36
Hi Tobi,

Gratuliere zum Zwelfer. Ich hätte niemals gedacht dass es dort eine T6 Route von Süden her gibt, genial gemacht!

Gruss, Sputnik

Tobi hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. November 2011 um 08:25
Hallo Sputnik

Selbst 10 Meter vor dem Zwelfer-Bug hätte ich nicht gedacht, dass es da eine Route hoch gibt. Ich wollte ja nur mal schauen gehen, und schon war ich oben ;-)

Gruss Tobi


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