Grosse Brisen-Runde mit Biwak


Publiziert von Bergamotte , 22. Juli 2014 um 11:18.

Region: Welt » Schweiz » Nidwalden
Tour Datum:18 Juli 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Bauen - Brisen - Bürgenstock   CH-NW   CH-UR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2300 m
Abstieg: 2315 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Seelisberg, Tanzplatz
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Stockhütte
Kartennummer:1171 Beckenried

Nein, den Brisen habe ich nicht besucht, aber jede Menge anderer Gipfel im Gebiet. Den Auftakt zu meiner grossen Bergfahrt bildete ein Genussbiwak auf dem Niderbauen Chulm. Mit seiner Lage hoch über dem Vierwaldstättersee ist er geradezu prädestiniert für prächtige Sonnenunter- und aufgänge. Am zweiten Tag widmete ich mich dem langen Grenzgrat zwischen Oberbauenbaustock und Brisen und schloss die Tour mit der spannenden Begehung des Schinbergs.

Unauffällig schleiche ich mich aus dem Büro und begebe mich auf direktem Weg nach Seelisberg (839m) – Sonnenuntergänge warten nicht. Das Gepäck – mit 12kg noch ganz erträglich – hatte ich am Vortag gepackt. Via Marienhöhe, wo sich erstmals der Blick auf den See öffnet, spaziere ich nach Brunni und lasse mich per LSB nach Weid (1288m) hinaufgondeln. Die Seilbahn lässt sich per Münzautomat bedienen (8.- einfach) und kennt so keine Ruhezeiten, ideal für Spätstarter wie mich. Anschliessend heisst es 650Hm abspulen. Glücklicherweise spendet der Niderbauen Chulm seiner Ostflanke um diese Zeit bereits angenehm Schatten.

Als ich über die Leiter aus dem Felsloch steige, traue ich meinen Augen kaum. Eine kleine Gruppe Steinböcke - drei Männchen, zwei Weibchen, ein Kleines - tummelt sich seelenruhig vor mir. Sie machen keine Anstalten zu fliehen. Bloss die Weibchen ziehen sich langsam in die Flanke zurück, als ich weiter aufsteige. Nicht so die Männchen! Zu guter letzt stehe ich im Dreieck von drei kräftigen Böcken, jeder nur gerade fünf Meter entfernt. Sie geben Schnalzgeräusche von sich und versuchen mich mit Blicken auszustechen.

Fünf Minuten später  - um Punkt 8 UIhr - stehe ich auch schon auf dem Niderbauen Chulm (1923m) und es bleibt genügend Zeit für Zeltaufstellen, Vorgipfel erkunden, Kochen. Der folgende Sonnenuntergang über dem Vierwaldstättersee lässt keine Wünsche offen. In der Nacht kühlt es dann merklich ab und ich bin froh um alle Kleiderschichten wie Daunenjacke, Kappe. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass ich an diesem heissen Sommertag aus Gewichtsgründen nur das Innenzelt mitgeschleppt habe, welches kaum gegen den aufkommenden Wind schützt.

Als um 5:20 der Wecker klingelt, staune ich nicht schlecht, als ich vor meinem Zelt vier Wanderer erblicke. Den Sonnenaufgang um viertel vor Sechs geniessen wir schliesslich zu neunt! Es wäre auch ein Wunder, wenn so schöne Plätzchen dem Rest der Welt verborgen blieben. Nach Frühstück und Packen ziehe ich um 7 Uhr los Richtung Oberbauenstock (2117m), den längsten Anstieg am Stück an diesem Tag. Denn anschliessend kann man fast durchgehend dem langen Grat folgen, welcher die Kantone Uri und Nidwalden trennt. In meist sanftem Auf und Ab besuche ich den unbedeutenden Zingel (1901m), den Gandispitz (1996m) mit seinem mächtigen Kreuz und den Jochlistock (2070m). Ab Vorderjochli (2002m) kann der Schwalmis unschwierig in direkter Linie erreicht werden: Zuerst weglos die grasige Südflanke in die kleine Scharte hoch und anschliessend Trittspuren folgend über den Ostgrat auf den Schwalmis (2246m).

Eine ausgiebige Mittagspause später, die Wasservorräte bereits arg dezimiert, folgt der kurze Abstieg ins Hinterjochli (2105m). Statt über den Wanderweg direkt zum Risetenstock aufzusteigen, quere ich zunächst weglos ins Schinbergjochli rüber, am Südfuss vom Schinberg gelegen. Das ist überraschend mühsam und bei Nässe heikel (T5). Anschliessend in direkter Linie auf den Risetenstock (2290m), wo ich das letzte Wasser opfere (von drei Notschlucken abgesehen). Ab hier funktioniere ich aussschliesslich im Panaché-Modus: Nur die Aussicht auf ein gesüsstes Blondes mag meine Beine noch antreiben. Kurz nach Überschreitung vom Glattegrat (2198m) erreiche ich das Steinalpler Jochli (2157m), den Kulminationspunkt der heutigen Runde. Endlich kann ich mal einen klaren Blick auf Waldbrueder, Zwelfer und Elfer werfen (*klick).

An beliebiger Stelle verlässt man anschliessend den Wanderweg runter zum Brisenhaus, um an den Fuss der Schinberg NW-Flanke zu gelangen. Aus der Ferne scheint diese kaum bezwingbar. Doch auf dem untersten Grasband, welches mit diesem Topo einfach zu identifizieren sein sollte, erreicht man den Sattel zwischen den beiden Schinberg-Gipfeln ohne Schwierigkeiten, leicht ausgesetzt (T5-). Man passiert hierbei die sagenumwobene Höhle Chuäreds Chuchi. Vom Sattel kann der höhere Hauptgipfel vom Schinberg (2145m) unschwierig über den Grasgrat erreicht werden. Die Krux liegt vielmehr im Übergang zum NW-Gipfel. Der Felsturm scheint Kletterern vorbehalten. Erst wer unmittelbar vor der SE-Wand steht, erkennt mögliche Durchstiege. Zumindest auf meiner Linie, welche direkt beim Abseilring endet, bleibt's aber eine T6/II. Einen Tick einfacher geht's (gemäss Führer), wer in der Wandmitte auf einem schmalen, auffälligen Felssims nach links quert, um dann von dort den Rest hochzusteigen.

Wer sich das nicht antun möchte, erreicht den Gipfel auch unschwierig ab Sätteli (1757m) über den langen Grasrücken - meine Abstiegsroute. In der Oberen Büelhütte ist es endlich soweit: kühles Hanfblütenbier rinnt meine völlig ausgetrocknete Kehle hinab. Es verbleibt der lange Gwaggel zur Stockhütte (1279m) runter - den Kulturschock auf der Klewenalp wollte ich mir nicht antun-, wobei besonders der 50m Gegenanstieg grosse Freude bereitet. Ansonsten eine durchwegs gelungene Bergfahrt!

Zeiten
1:40  Niderbauen Chulm
1:35  Oberbauenstock
1:05  Gandispitz 
0:55  Schwalmis
1:05  Risetenstock
1:45  Schinberg
1:15  Stockhütte

Tourengänger: Bergamotte


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