Augsburger Höhenweg mit Dawinkopf (2968m)


Publiziert von felixbavaria , 15. August 2011 um 13:05.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:13 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1220 m
Abstieg: 1300 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:schnellster Zustieg zur Ansbacher Hütte von Schnann oder Flirsch
Zufahrt zum Ankunftspunkt:schnellster Zustieg zur Augsburger Hütte von Grins
Unterkunftmöglichkeiten:Ansbacher Hütte (DAV), Augsburger Hütte (DAV)
Kartennummer:AV 3/3 (Parseierspitze); Kompass 24 (Lechtaler Alpen)

Im AVF "Lechtaler Alpen" wird der Augsburger Höhenweg als "einer der anspruchsvollsten, aber auch großartigsten Höhenwege überhaupt" bezeichnet. Ohne andere Höhenwege zu kennen, kann ich bestätigen, dass beide Attribute auf diese Tour zutreffen.

Nach erholsamer Nacht in geräumigem Lager auf der Ansbacher Hütte ging's zeitig gegen 7.30 los. (Man kriegt schon vor 7.00 Frühstück, wenn man nett fragt ;-)).

Wir laufen uns zunächst auf bequemem Steig durch Wiesengelände zur Kopfscharte (2484m) ein; es folgt eine unschwierige Querung eines Geröllhangs zum Winterjöchl (2528m); von dort recht steil über Schrofen und Graspleisen hinab auf ca. 2380m. Nun durch die zerfurchten Südwesthänge des relativ unzugänglichen Stierlochkopfes. Dabei wird zunächst eine Runse auf unangenehmem, festgepresstem feinem Schutt gequert; ein loses Drahtseil dient hier lediglich als Stolperfalle, die Verankerungen lassen sich mit bloßer Hand herausziehen. Kurz danach kommt eine ähnliche Stelle mit Fixseil; über eine Rinne (I) geht es jenseits wieder in dunkles, schiefriges Schrofengelände, damit sind die Schwierigkeiten erst einmal vorbei.

Der Steig dreht nun nach NO und führt über Wiesen und Schotter zur Parseierscharte (2602m), in der Nähe steht eine Biwakschachtel und ein möglicher Abstieg führt über den grasigen Flirscher Parseier ins Tal. Eine Gruppe Bergwachtler nutzte diese Route zum Aufstieg zum Grießmuttekopf (2807m) über der Parseierscharte - sicher eine reizvolle und einsame Tour für Steilschrofen-Spezialisten.

Nun folgt der Einstieg in die Schlüsselpassage der Tour, die die Nordhänge der Eisenspitze zur Dawinscharte (2650m) quert. Zur Einstimmung wird ein sandiger, dunkler, ca. 35° steiler Hang gequert, der an Vulkanlandschaften erinnert. Auf einem felsigen Sporn steil bergab bis auf ca. 2500m (Versicherungen). Danach über ein Geröll- und Schneefeld (bei Begehung der Tour gut gespurt, Grödel blieben im Rucksack) zu einer steilen, schneegefüllten, ca. 60° steilen Rinne. Bei deren Querung tut ein Fixseil gute Dienste, ein Ausrutscher würde hier 300m weiter unten im idyllischen Parseier Tal enden. Es empfiehlt sich, diese Passage wegen erheblicher Steinschlaggefahr schnell hinter sich zu bringen.

Anschließend geht es genussvoll über eine steile, aber feste Felsflanke (durchgehend versichert) zu einer letzten Querung eines Geröllhanges, der zur Dawinscharte (2650m) hin abflacht. Hier befindet sich ein extrem steiler Notabstieg nach Süden; wer diesen benutzt, muss schon wirklich in Not sein.

Von der Scharte geht es nun über einen schönen Blockgrat und durch die Südhänge des Südlichen Schwarzen Kopfes (2947m) -- des vierthöchsten, aber völlig unbekannten und wohl so gut wie nie bestiegenen Gipfels der Nördlichen Kalkalpen -- zu einer kleinen Scharte unterhalb des Dawinkopfes und über dessen Westgrat zum Gipfel (2968m, I, Seilsicherungen). Dies ist ein wunderbarer Brotzeitplatz - der zweithöchste Gipfel der Nördlichen Kalkalpen, knapp höher als die Zugspitze. Leider ist die Aussicht durch Wolken etwas eingetrübt.

Vom Dawinkopf geht es über einen schönen Grat in festem Fels in Richtung der Bocksgartenspitzen - die südlichste (2939m) könnte man wohl einfach mitnehmen, wenn man Gipfel sammelt. Ein letzter Bruchhang wird gequert, dann geht es südlich an den kläglichen Resten des Grinner Ferners vorbei in die Gasillschlucht. Seilversicherungen, später Trittbügel leiten durch die eindrucksvolle Felslandschaft, die nach unten in ein Geröllfeld ausläuft. Dieses eignet sich nur teilweise zum Abfahren, weswegen wir doch einige Zeit zur weithin sichtbaren Augsburger Hütte brauchen, die wir gegen 17h erreichen.

Insgesamt sicher eine der eindrucksvollsten Touren in den Nördlichen Kalkalpen; selbst bei Idealbedingungen (gelegentlich Trittschnee, keine Vereisung), wie wir sie hatten, anspruchsvoll und stellenweise heikel. Laut Wegweiser wird ein Klettersteig-Set empfohlen - dazu nur folgende Anmerkung: Wer sich die Kletterstellen im festen Fels nicht ohne Set zutraut, sollte den Höhenweg besser nicht angehen, denn der Anspruch der Tour liegt im steilen Bruchgelände, wo jede Sicherung sinnlos und dennoch wegen der Steinschlaggefahr zügiges Gehen angeraten ist. Einen Helm sollte man auf jeden Fall mitnehmen; Steigeisen und Pickel sind im August oft entbehrlich - selbst in diesem Regensommer.

Die angeschriebenen Gehzeiten von 8 Std. ab Ansbacher Hütte und 7 Std. ab Augsburger Hütte sind von Normalbergsteigern schwer einzuhalten, der AVF spricht von 8,5-10 Std., was viel realistischer ist.
Es sind kurze Wartezeiten an den Schlüsselpassagen unterhalb der Eisenspitze einzuplanen - überlaufen ist der Höhenweg aber sicher nicht, es waren bei Idealwetter und -verhältnissen etwa 5 Gruppen pro Richtung unterwegs.

Der Weg ist in beide Richtungen etwa gleich anspruchsvoll - die Schlüsselpassagen liegen etwa in der Mitte, und Kletterstellen gibt es jeweils etwa gleich viele im Auf- und Abstieg.



Tourengänger: felixbavaria


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Kommentare (1)


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Nik Brückner hat gesagt: Gehzeiten
Gesendet am 9. Juli 2013 um 16:03
Hi!

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die gehzeiten am AHW sehr stark von den Verhältnissen abhängen. Ich bin den Weg im letzten Jahr im September gegangen, da war er schneefrei, seit vielen Wochen breitgetrampelt und ich war nach fünfeinhalb Stunden durch. Das kann sich aber mal eben verdoppeln, selbst um diese Jahreszeit, zum Beispiel durch Neuschnee. Felixbavaria hat also Recht: Lieber ordentlich Zeit einplanen.


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