Sassariente 1768 m - Cima di Sassello 1899 m - ein Balanceakt und eine unglaubliche Fernsicht


Publiziert von Ivo66 , 13. April 2011 um 23:00.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:13 April 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Cima dell'Uomo 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1050 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:Monti di Motti - Alpe di Foppiana - Sassariente - P. 1784 m - Cima di Sassello P. 1890,8 m - P. 1899 m
Kartennummer:1:25'000 Bellinzona

Am Fernsehen haben wir von den kalten Temperaturen im Norden gehört und uns ob der Prognosen im Tessin gefreut, der nach wie vor Nordföhnströmung voraussagte und recht behalten sollte. Irgendwie war es aber logisch, dass aus der eiskalten Luft aus dem Norden nur durch das Überschreiten der Alpen nicht plötzlich ein heisser Saharawind wird.

So blies es uns eiskalt ins Gesicht, als wir nach der abendteuerlichen Bergfahrt in Monti di Motti unserem bedauernswerten PW  entstiegen. Mit aufgezogenen Kaputzen und Handschuhen ging es sofort nach dem kurzen Frühstück im Wagen los, wo die dichten Buchenwälder bald etwas Schutz vor dem arktischen Wind boten.

Der Nordföhn sorgte heute aber nebst für eine Schockabkühlung auch für eine Fernsicht, wie man sie nicht oft zu sehen bekommt. Und dies kombiniert mit einer Besteigung des Sassariente, einer Felsbastion hoch über der Magadinoebene, macht diese nicht allzu lange Bergwanderung zu einem unvergesslichen Erlebnis. Der kecke Gipfelaufbau des Sassariente mit seinem riesigen Gipfelkreuz ist vom Talboden aus bereits beeindruckend. Noch mehr ist es aber der Tiefblick, wenn man ihn einmal erstiegen hat: Über 1500 m geht es scheinbar fast senkrecht hinunter und das Panorama scheint das halbe Tessin zu umfassen, wobei heute die Walliser Alpen zum Greifen nahe schienen, so klar war die vom Nordföhn gekühlte Luft in der Höhe. 

Nach der eindrucksvollen Besteigung des Sassariente blieb doch noch etwas Zeit übrig, auch wenn diese langsam knapp wurde. So entschieden wir uns, noch über die "Polen-Mauer" zur Cima di Sassello aufzusteigen. Die Schneeverhältnisse liessen eine Besteigung gerade zu. Die "Polen-Mauer" ist eine beeindruckende Mauer aus Granitblöcken, die auf dem Grat verläuft und meist über einen Meter hoch ist. Man kann sie über weite Strecken direkt begehen und weicht an unangenehmen Stellen mal links, mal rechts aus, wo es meist im gutem Gehgelände weitergeht. Hin und wieder galt es auch, einige Felsen zu erkraxeln; aufgrund des noch vorhandenen Schnees auf der Nordseite waren die Ausweichmöglichkeiten noch stark eingeschränkt, weshalb die Bewertung T4 nicht übertrieben ist. Der gesamte Gratverlauf ist aber kaum nennenswert ausgesetzt.

Zurück gingen wir auf gleicher Route, da ich mich im Tessin kaum traue, einen mir unbekannten Weg im Abstieg zu benützen. Auch wenn in der Landkarte eine durchgehende Wegspur eingetragen ist, heisst dies noch lange nicht, dass es den Weg auch (noch) gibt bzw. dass er erkennbar, geschweige denn markiert ist...

Routenbeschreibung

Monti di Motti - Sassariente "blauer Wegweiser" (T2)

Auf recht gut markiertem und immer deutlich sichtbaren Pfaden - zu Beginn noch auf einem geteerten Strässchen - erreicht man die Grathöhe und nach einem kurzen Abstecher durch den Wald den Wegweiser, der auf die alpine Route zum Sassariente hinweist.

Schlussaufstieg zum Sassariente
(Neuer, drahtseilgesicherter Holzsteg T3)
(Alte, alpine Route T4)
(Alte alpine Route ohne Benützung der Steighilfen T5+, Stelle III)

Der neue Holzsteg (ich benutzte ihn beim Abstieg) scheint eine stabile Sache zu sein und ist durchwegs drahtseilversichert.

Interessanter ist natürlich der alpine Aufstieg, der etwas unterhalb des Holzstegs beginnt und mit Eisengriffen und Seilen versehen, und so für geübte Bergwanderer problemlos zu bewältigen ist. Mir gelang es heute gar, auf diese Aufstiegshilfen zu verzichten, wodurch sich eine ernsthafte Kletterei ergibt, die schon mal kurzzeitig in den 3. Grad hineinreicht. Natürlich bieten aber die vorhandenen Drahtseile psychologischen Beistand...

Über die "Polen-Mauer" zur Cima di Sassello (T4, zumindest bei den heutigen Verhältnissen)

Gleich beim "blauen Wegweiser" stiegen wir weglos, steil aber in ordentlich gut gestuftem Gelände zur Grathöhe auf, wo wir auf die berühmte Mauer trafen. Der Weiterweg kann nicht verfehlt werden, führt er doch immer (unmarkiert) entlang oder auf der Mauer selbst. Ab und zu sind im Geälände Begehungsspuren zu erkennen.

Ab und zu war heute etwas kurze Felskletterei erforderlich. Spannend war die Sache, da aufgrund des noch vorhandenen Schnees immer wieder ein geeigneter Durchschlupf gesucht (und gefunden) werden musste.

Es ist wohl aussergewöhnlich, dass diese Tour an einem 13. April bereits begangen werden kann. Auch sonst hat sich im Tessin der Schnee bereits weit zurückgezogen. Das wird ein langer Bergsommer!


Tourengänger: Ivo66, Lena


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