Val Sementina – Der alte Alpweg von Ör Piatto nach Monte di Dentro


Publiziert von Seeger , 2. April 2011 um 00:33.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:31 März 2011
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Cima dell'Uomo   CH-TI 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 855 m
Abstieg: 434 m
Strecke:5.3 km: Pientina 1051m – Pianello 1030m – Monti Sella 926m – Rio Sementino 860m – Ör Piatto 1018m – Monte di Dentro 1165m – Capanna Alpe Mognone 1460m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Anfahrt: Monte Carasso (Busverbindung oder Auto), Mornerabahn zur Zwischenstation Pientina Fr.12.- (Achtung: momentan wegen Bauarbeiten eingeschränkter Betrieb, 1. Bahn um 10 00 Uhr)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:wrw-markierter Wanderweg (T2) nach Monte Carasso 3 ½ Std, dort Bus
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Alpe Mognone, komfortabel und wintertauglich, Getränke im Verkauf, keine Essensvorräte, WC mit Spülung. Traumhafte Lage auf einem Plateau über der Magadino-Ebene mit Blick auf den Lago Maggiore und Luganersee
Kartennummer:1313 Bellinzona

Das Val Sementina liess mich nicht in Ruhe. Ich hatte da noch eine „Baustelle“, wie Frank von www.alpi-ticinesi.ch dies benamst. Bei der erstbesten Gelegenheit sass ich in der Mornerabahn mit netten Einheimischen locker zusammengepfercht in der Kabine Richting Pientina, Zwischenstation.
Interessanterweise steigen alle in Pientina 1051m aus und lassen die Kabine leer Richtung Mornera weitersausen. Wunderschönstes Frühlingswetter. Warm. Warmherzig auch ein älterer Tessiner, welcher wegen Herzbeschwerden sein Rustico in Piano del Fo verkaufen musste und sein Heimweh mit Besuchen per Seilbahn lindert. Es gelingt ihm tatsächlich. Glückselig betrachtet er die Berge und wühlt in seinen Erinnerungen. „Wissen Sie, dort wanderte ich von Tesserete ins Val Marobbia“...und auf dem Uomo sei er auch gewesen. Seine Augen leuchten. Glücklich, wer noch in seinen guten Jahren die Berge besucht hat. Erinnerungen kann einem niemand nehmen. Auch der Verlust der Gesundheit nicht.
Nach diesem ergriffenen Einstieg folge ich der Rennstrecke nach Pianello 1030m – Monti Sella 926m. Zum x-ten Mal schon. Aber jetzt sehe ich neue Blumen spriessen. Ja, der alte Mann mit den leuchtenden Augen hat Recht. Plötzlich sehe ich Details, die zu meinen Erinnerungen gehören werden.
Nun hinunter zum Rio Sementino 860m. Ich versuche den oberen Weg. Katastrophe. Der untere über die Feuerstelle ist wirklich besser und kein grosser Umweg. Beim Niederschreiben der letzten Tour Unverhofft auf Capanna Mognone bin ich mir nicht mehr sicher gewesen, wo der Einstieg war. Jetzt habe ich ihn nochmals aufgesucht und werde den Bericht richtig stellen.
Dieses Mal höre ich nicht auf innere Stimmen sondern verlasse mich auf die Karte und den Höhenmesser. Prompt finde ich das Tälchen in gleicher Richtung wie die Traversierung des Flusses. Eine nicht übersehbare Trockensteinmauer markiert den Anfang eines Weges. Dann steige ich auf Spuren in vielen Kehren auf 960m hinauf, wo in der linken Flanke (alles in Marschrichtung) ein Band bequemen Durchlass gewährt. So erreiche ich die ehemalige Weide von Ör Piatto 1018m. Der Weg ist gut ausgeprägt und schon bald sehe ich die Ställe und Häuser heruntergrüssen. ABoehlen hat in seinem Beitrag herrliche Innenaufnahmen geschossen. Es ist Alles so wie es vor zwei Jahren gewesen war. Der Wein von 1966, die Parfaitbüchse und andere Büchsen pombiert, Schuhe, Bettstatt, Wolldecken. Mich erinnert dieses Bild an die Schilderungen der Pest vor dreihundert Jahren, wo die verlassenen Häuser so ausgesehen haben sollen. Mittagessen Menü 1, mit Banane (und kein Parfait). Die offene Türe schliesse ich mit einem gelben Draht und mache mich auf den Weiterweg.
Achtung: Verblichene Plastikbändel-Markierungen deuten stellenweise, später sogar total auf den falschen Weg. (Wie ich später in Erfahrung bringen kann, führt diese Fährte direkt auf Alpe Mognone. Alpinisten und Jägern vorbehalten)
Ich passiere unterhalb der zerfallenen Hütte über deren heruntergefallenen Steine und bleibe auf gleicher Höhe, vagen Wegspuren folgend. Um den Buckel herum in eine kleinere Rinne hinein (Flüsschen). In dieser UNBEDINGT 20 Höhenmeter absteigen. Viel Fallholz. Dann bequem nach rechts auf eine Rippe, welche ich bis auf 910m hinunter folge. Merkpunkt: Der grüne Grund wird durch Geröll und Sand abgelöst. Erst dann in die grosse Rinne (momentan mit lieblichem Fluss) hineinqueren. Jetzt bin ich auf 890m. DEN FLUSS NICHT SOFORT ÜBERSCHREITEN. Rechts davon rund 40 Höhenmeter aufsteigen, den Fluss queren und leicht steigend nach links auf den bewaldeten Buckel hinauf. Den Weg auf diesem zu finden braucht teils recht grosse Fantasie. Doch das Gelände ist gutmütig. Ich bleibe Grosso Modo auf diesem Buckel, welcher direkt nach Monte di Dentro 1165m hinaufführt. Wenn ich die Wegspuren verliere, wende ich einen einfachen Trick an: In steilen Kehren verfolge ich den Buckel und finde tatsächlich gegen den oberen Teil immer ausgeprägtere Weganlagen. Und schon winkt mir die erste Hütte von oben her zu. Etappenziel ohne Verhauer erreicht.
Der Weg nach Capanna Alpe Mognone 1460m ist im oberen Teil der mit gepflegten Häusern bespickten Waldlichtung zu suchen. Breiter und ausgeprägter Weg (für tessiner Verhältnisse) führen auf eine Senke, wo der wrw-markierte Wanderweg (T2) von Sementina her erreicht wird. Letzter Aufstieg und ich stehe vor meinem „Hotel“ mit traumhafter Aussicht auf den Lago Maggiore, der Magadino-Ebene und die verschneiten Monte Bar, Tamaro, Gamborogno, Gridone und Camoghé, um nur einige wenige zu erwähnen. In der Nacht sieht man die Lichter von Varese. Begrüssungsapero (Der Vorgänger hat mir einen Schluck Merlot zurückgelassen. Danke!). Kein Natelempfang in der Hütte, jedoch gleich 50m unterhalb (Blick auf Bellinzona). In der sehr bequemen Hütte richte ich mich ein. Nachtessen.
Ob ich wohl morgen über Calarescio absteigen kann?
Das Resultat siehst zu hier: http://www.hikr.org/tour/post34093.html 
Der Schlaf des Gerechten übermannt mich. 

Tourengänger: Seeger
Communities: Ticino Selvaggio


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Kommentare (4)


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Henrik hat gesagt: Zum Glück liess dich das
Gesendet am 2. April 2011 um 01:27

> Val Sementina nicht in Ruhe

denn so lese ich wieder wundersames aus deiner narrativen Hand - Danke und Ciao

silberquäki

Seeger hat gesagt: RE:Zum Glück liess dich das
Gesendet am 2. April 2011 um 07:46
Ciao Henrik
Danke für die vielen Beiträge.
Kannst Dich freuen:
In den nächsten Tagen folgen noch weitere Sementina-Touren.
Cari saluti
Andreas
Und gleich fahre ich ab....

ABoehlen hat gesagt:
Gesendet am 3. April 2011 um 16:15
Ciao Andreas

Danke für den spannenden Bericht! Da werden Erinnerungen wach an den 5. August 2008. An die Stelle mit dem vielen Fallholz kann ich mich noch gut erinnern und auch die Plastikbändel kommen mir bekannt vor. Deiner Beschreibung nach haben wir damals wohl teilweise eine leicht andere Routenführung erwischt, vielleicht weil wir uns von den Bändeln zu sehr beeinflussen liessen. Schwierig und anspruchsvoll ist diese Verbindung aber so oder so.

Weiterhin gute und unfallfreie Touren im Valle Sementina.

Gruess
Adrian

Seeger hat gesagt: RE: Ör Piatto
Gesendet am 6. April 2011 um 22:08
Ciao Adrian
Mittlerweilen habe ich die Info, dass die Plastikbändel eine direkte Route nach Alpe Mognone kennzeichnen.
Danke für das positive Feedback!
Cari saluti
Andreas


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