Kein Gipfelglück am Falknis, dafür auf dem Alpspitz (1942 m)


Publiziert von marmotta , 14. März 2011 um 23:12.

Region: Welt » Liechtenstein
Tour Datum:13 März 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   FL 
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1900 m
Unterkunftmöglichkeiten:Enderlinhütte SAC (bis Pfingsten geschlossen), im Winter kein Zugang (Lawinengefahr!)

Wenn in entsprechenden Höhen überall noch viel Schnee liegt, herrscht auf der Südwestseite des Falknis (2560 m) oft bereits der Frühling. Aufgrund ihrer Steilheit und Exposition apert die Südwestflanke sehr früh aus und ermöglicht -unter Beachtung der objektiven Gefahren (Schneerutsche, Steinschlag etc.)- eine Begehung des alpinen Steigs von der Enderlinhütte SAC zum Fläscher Fürggli auch sehr früh oder spät im Jahr. Der äusserst schneearme Winter und das sonnige Wetter in den letzten 2 Wochen sorgten dafür, dass ich ungewöhnlich früh zu einem derartigen "Höhenflug" zu Fuss ansetzte und eine (kalendarisch) echte Winterbegehung des Falknis via Enderlinhütte plante. Dummerweise hatte ich jedoch auf dieser Tour meine Steigeisen eingebüsst und noch immer nicht für Ersatz gesorgt. Nach Lage und Einschätzung der Dinge sollte es aber auch mit "halber" Alpinausrüstung gehen, doch die Verhältnisse in der Steilflanke unter dem Fläscher Fürggli präsentierten sich weit weniger günstig als erwartet und vereitelten schlussendlich die Aktion…
 
Ursprünglich plante ich ja nur einen gemütlichen Aufenthalt in der Enderlinhütte (1500 m), die in einmaliger Lage wie ein Adlerhorst in der steilen und wilden Flanke des Falknis klebt und einen herrlichen Ausblick hinunter ins Rheintal und ins Taminagebirge gewährt. Doch der Falknis zog mich mal wieder magisch an und ich gab dem Jucken in den Fingern nach und zog nach erholsamer Nacht in der Hütte, die wir ganz für uns alleine hatten, am frühen Sonntagmorgen los, um "mal zu schauen", wie weit ich komme…
 
Aufgrund der Föhnwetterlage mit angekündigten hohen Temperaturen rechnete ich damit, dass der Schnee bis weit hinauf weich sein würde und so die fehlenden Steigeisen möglicherweise entbehrlich sein würden. Für alle Fälle hatte ich ja den Pickel dabei. Doch am morgen früh war es kalt und fast windstill: +1 °C an der Hütte und etwas höher war der Boden bereits steinhart gefroren. Gut, das hatte zunächst den Vorteil, dass der oft schmierige Pfad, der in den steilen Grasplanggen bis unter die Falknistürm hinaufführt, für einmal trocken und griffig war. Von oben wurde ich von einigen Gämsen neugierig beobachtet. Die Querung unter den Falknistürm war ebenfalls komplett schneefrei und gut begehbar. Die beiden zu querenden Runsen zwar mit hartgefrorenem Schnee bedeckt, aber dennoch problemlos. Mit Spannung eilte ich der ersten "Schlüsselstelle" entgegen: Die Felsstufe, die über einen Plattenschuss bis unter den östlichsten und markantesten der Falknistürm leitet. Im Sommer ist diese Passage mit einem Kabel gesichert, das jüngst durch ein massives Stahlkabel ersetzt wurde. Dieses ist jedoch über den Winter komplett abmontiert, so dass ein wenig gekraxelt werden darf. Die Schwierigkeiten überschreiten den I. Schwierigkeitsgrad kaum, jedoch ist aufgrund der teilweise mit Wassereis überzogenen Felsen und des abschüssigen Geländes Vorsicht geboten. Die vorhandenen Schneereste sind durch die Nordexposition guttrittig und stellen somit kein Problem dar. Schnell ist der schöne Aussichtspunkt unter dem markanten Falknisturm erreicht - eine Steinplatte lädt dort zum Verweilen und Picknicken ein.
 
Nun noch die exponierte Querung auf schmalen, kaum fussbreiten Wegbändern und Felsleisten, bis der steile Trichter erreicht ist, der hinauf zum Fläscher Fürggli (2248 m) führt. Eine Querung der Schneerinne ist nun unumgänglich - leider ist die Schneebeschaffenheit äusserst ungünstig: Durch die tagelange Sonneneinstrahlung angetaut und wieder gefroren, ist der Schnee so hart und eisig, dass ich kaum mehr als die Schuhspitze hineingehauen bekomme. Ein Ausrutscher hätte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit fatale Folgen, ohne Auslauf bricht das Gelände darunter senkrecht ab und ich möchte mir gar nicht ausmalen, wo man schlussendlich landen würde - jedenfalls sicher nicht im Diesseits…
 
Mit grösster Vorsicht und mit dem Pickel notdürftig abgesichert, quere ich auf eine bereits apere Grasrippe, die mich steil noch bis auf eine Höhe von ca. 2120 m bringt. Das hartgefrorene Gras ist zwar auch nicht das Gelbe vom Ei, aber immer noch besser als der stellenweise zu pickelhartem Eis gefrorene Schnee. Dann -die kleine Unterstandshütte am Fläscher Fürggli bereits in Sichtweite- ist für mich Endstation, die wenigen Grasrippen, die bis hinauf zum Sattel führen, sind nicht mehr durchgängig bzw. zu steil. Im Aufstieg wär´s evtl. gegangen, doch ich musste schliesslich auf dieser Route auch wieder absteigen. Hier war mir das Risiko zu gross - schade, mit Steigeisen wär´s ein Spaziergang gewesen…
 
Vorsichtig stieg ich im nun heftig blasenden Föhnwind über die Grasrippe wieder ab, glücklicherweise ohne Zwischenfälle, wenn man mal davon absieht, dass ich mir bei einem kleinen Rutscher mit dem Pickel noch ordentlich ins Bein haue (aua)...
 
Nach ca. 1 h erreichte ich wohlbehalten wieder die Enderlinhütte, wo nevada bereits die Hütte besenrein gesäubert und aufgeräumt hatte, merci vielmal!
 
Während eines sich auftuenden Föhnfensters genossen wir auf dem Abstieg die wärmende Sonne und die frühlingshaften Temperaturen - und natürlich im Rückblick noch einmal die eindrücklichen Westwände von Schwarzhorn und Glegghorn. Da wir bereits zur Mittagszeit wieder im Tal waren und der Föhn weiterhin für freundliches Wetter sorgte, fuhren wir spontan über St. Luzisteig ins angrenzende "Ländle", um von Gaflei bzw. dem Kurhaus Silum auf gängiger und nicht zu verfehlender Route über den Bärgällasattel auf den Alpspitz (1942 m) zu steigen. Auch hier war die Südwestflanke weitgehend schneefrei, zuletzt folgten wir den vielen Spuren im Schnee durch die legföhrenbestandene Gipfelflanke zum grossen Gipfelkreuz (T2). Schöner Ausblick hinüber zum Fürstensteig und den Drei Schwestern sowie über das Rheintal hinweg zu Alvierkette und Alpstein!
 
Anmerkungen
 
Schwierigkeitsbewertung:
 
Die Route auf den Falknis via Enderlinhütte (weiss-blau-weiss markiert) ist nach meiner Einschätzung unter normalen Umständen im oberen T4-Bereich anzusiedeln. Es handelt sich um einen alpinen Steig mit teilweise exponierter und an einigen Stellen kaum sichtbarer Wegspur. Auch wenn es an wenigen neuralgischen Stellen Versicherungen in Form von Stahlseilen hat, ist konzentriertes Gehen und Schwindelfreiheit Pflicht. Unter den gegebenen Umständen, insbesondere wegen des abmontierten Stahlseils in der stellenweise vereisten Felsstufe beim Tobel unter dem Falknisturm und des nicht vorhandenen Wegtrassees im Aufstieg zum Fläscher Fürggli bewerte ich diese Tour mit T5 - wohlwissend, dass eine Schwierigkeitsbewertung eigentlich nicht durch äussere Einflüsse nach oben oder unten variieren darf. Dies gilt m.E. aber nur für reine Felskletterrouten, deren Schwierigkeit nach UIAA bewertet werden.
 
Enderlinhütte SAC
 
Nach Angaben der SAC-Sektion Piz-Sol (sowohl im Internet als auch auf Hinweistafeln am Beginn des Zustiegs) ist die Enderlinhütte wegen Lawinengefahr "offiziell" über den Winter (bis Pfingsten) geschlossen und es wird ausdrücklich auch kein Winterraum angeboten. Dies wohl vor dem Hintergrund mehrerer folgenschwerer Lawinenabgänge (zuletzt hatte im Februar 2003 eine mächtige Staublawine das Nebengebäude der Hütte zerstört). Die Hütte ist jedoch ganzjährig offen und ein Schlafsaal im Obergeschoss zugänglich. Während unseres Aufenthalts bestand zu keiner Zeit Lawinengefahr (die gefährlichen Flanken unter bzw. über den Falknistürmen sind bereits aper), dies ist aber von Oktober - Mai nicht immer der Fall! Bitte also diese objektive Gefahr beachten und im Zweifelsfall von einer Übernachtung absehen, damit die Hütte auch in Zukunft offen bleiben kann - auch in der nicht bewarteten Zeit.
 
  
   
 
     

Tourengänger: marmotta, nevada


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Kommentare (1)


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dulac hat gesagt:
Gesendet am 15. März 2011 um 00:38
Hallo marmotta,

wie heißt es doch in der mammut-Werbung mit KTG als unfreiwilligem Werbeträger „auch die besten Alpinisten kehren manchmal vor dem Gipfel um“ [www.wuv.de/nachrichten/agenturen/webguerillas_werben_mit_gut...]
Eindrucksvoller Bericht vor einer ebenso eindrucksvollen Tour, die ich im Sommer in Gegenrichtung zum ersten Mal begangen habe, aber sicher nicht zum letzten Mal.

Herzliche Grüße vom anderen Ende des Bodensees

Wolfgang


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