Große Wildgrubenspitze (2753m) - höchster Gipfel im Lechquellengebirge


Publiziert von Jackthepot , 16. Oktober 2010 um 19:07.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechquellengebirge
Tour Datum:10 Oktober 2010
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   Arlberg 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1050 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:Zürs - Zürser See - Grätligrube - Aufstieg über Felsrücken in der Mitte - dann durch Ostflanke (Normalweg) - und (fast) gleichem Weg zurück - Abstieg über Seiltreppe im unteren, südlichen Teil der Ostflanke - Zürser See - weiterer Abstieg über Alpinen Höhenweg E4 nach Zürs
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Rheintalautobahn A14 - Arlbergschnellstrasse S16 - Ausfahrt Langen abfahren - Richtung Arlbergpass - Flexenpass B198 - Zürs - Parkplatz gegenüber der Informationsbüro (nördl. Ortsausgang)
Kartennummer:Kompass Karte Nr. 33 - Arlberg, Nördliche Verwallgruppe

Viele Gipfel des Lechquellengebirges sind schon beschrieben in Hikr, die meisten befinden sich in den nördlichen Gipfelgruppen. In der schroffen Berggruppe zwischen Spullersee und Flexenpass befinden sich die jedoch die höchsten Gipfel - wie z.B. die Große (Untere) Wildgrubenspitze (2753m) - der höchste Gipfel des Lechquellengebirges. Im Gegensatz  zu den nördlichen Nachbarn, die von einem dichten, exzellent beschilderten Wegenetz überzogen sind, fehlen hier weitgehend ordentliche Gipfelpfade und  genauso bei dieser Tour: keine Spur von Wegweisern.

Der Aufstieg: Viel zu spät (11:40h) starte ich vom Parkplatz gegenüber  des Informationsbüros von Zürs. Der mondäne Skiort ist menschenleer, die Skisaison beginnt erst Ende November. Ich entschließe mich in der Direttissima über die immer steiler werdende Piste entlang der Lifttrasse des Sessellifts zum Zürser See aufzusteigen. Die Hoffnung eventuell irgendwo Wegspuren zu finden, erfüllt sich nicht, der Anstieg auf dem glatten, rutschigen Gras kostet einiges an Mühen. Erst weiter oben entlang eines Viehzaunes, dessen Pfosten bereits für den Pistenbetrieb im Winter umgelegt wurden, findet man wieder Spur und Halt entlang den Kuhpfaden. Wenig später quert man eine breite Almstrasse, die zu den 4 Liftstationen dortoben führt . Hier trifft man auch auf den Alpinen Wanderweg E4, der vom südlichen Ortsende von Zürs heraufführt und etwas später steht man in einem Sattel wenig oberhalb des  "Verkehrsknotens" des Skigebietes dem Zürser See.
Kurz hinab zum See, an der topmodernen Talstation des Muggengrat Liftes und der funkelnagelneuen Lawinenverbauungen vorbei, über ein kleines Brücklein (Markierung rot-weiß-rot) - dann geradeaus einen schottrigen Pistenfahrweg nach oben, der schließlich nach links, südwärts abbiegt. (Rechts zweigt der markierte Pfad ab,  um den See herum und später hinauf zum westlich gelegenen Madloch-Joch). Auf breiter schottriger Piste geht's steil nach oben - die Sonnen brennt nun direkt von vorne ins Gesicht. Rechts am felsigen Osthang der Grätligratspitze zweigt ein deutlicher Weg ab, erst Fahrwegbreite, später immer schmäler werdend, schließlich ganz vom Regenwasser weggespült. Immer rechts haltend steht man alsbald in einer öden Schotterwüste der Grätligrube. Hier kann man nun auch erstmalig den weiteren Anstiegsweg einsehen. Anstiegsweg??? Irgendwo dort oben an der breiten, felsigen Ostflanke der Wildgrubenspitze ist die Anstiegsroute zum Gipfel entlang eines undeutlichen Bandes zu vermuten. Doch bis zum Wandfuß ca. 200m höher, gibt es nur eine steile, mit losem Steinbrocken und weichen, sandigen Zungen durchzogene absolut spurlose Geröllödnis...genau das was ich (nicht) liebe. Nach einigen Versuchen erweisen sich gerade diese sandigen Bahnen als bessere Alternative - besser als der Anstieg durch das scharfkantige Geröll.
Zwei Schritte vor, einer zurück, zigmal bei wegrutschenden Steinbrocken umgeknickt -eine gute dreiviertel Stunde Maloche kostet mich dieser Steilhang. Der Führer schreibt, dass irgendwo Markierung in der Wand zu sehen seien, ich finde nichts( sie sind wesentlich weiter links/südlich, oberhalb des großen Schneefeldes ).
Schließlich entdecke ich 2 Wanderstöcke, die an einem schuttüberzogenen Felsriegel abgestellt wurden, aber immer noch keine Markierung. Als sich jedoch absteigende Bergsteiger meiner Position näherten, vermute ich, doch nicht ganz falsch zu sein, und beginne die Felsen hochzuklettern (I+) und erreiche alsbald ein weiteres schneebedecktes Geröllfeld...und da sind sie endlich die weiß-blau-weißen Markierungen.
Ab hier beginnt deutliches steiles Steiglein bis zum Gipfel, an den meisten schwierigeren und ausgesetzten Stellen gibt es ein dünnes, aber zuverlässiges Stahlseil, wie gesagt an den meisten Stellen - nicht an allen. Zuerst geht es durch einen kurzen, fast senkrechten Riß ein paar Meter hoch. Man erreicht ein  schmales, grasiges Band, das steil, durch mehrere Felsstufen / Felsrippen unterbrochen, nun fast bist zum Gipfel führt. Mittendrin eine ungesicherte, nach unten im Nichts verschwindende Felsrinne, die aber nach erstem Schrecken leicht zu durchsteigen ist (im Abstieg unangenehmer). Mit zunehmender Höhe führt das Steiglein in immer felsigere Zonen der Ostflanke. Aber man hat sich inzwischen an den luftigen Tiefblick rechts gewöhnt und so kraxelt man auch ohne Seilbenützung zügig höher. Inzwischen kann man schon auf alle umliegenden Berge hinnterblicken. Es geht plötzlich noch um eine Felsrippe herum und man steht in einer breiten Rinne direkt unter den Gipfelkreuz...und wenig später daneben.

Der Gipfelblick kann sich sehen lassen. Im Westen -Nordenosten Lechquellengebirge, Bregenzer Wald,  Allgäuer Alpen , im Osten - Südosten die Lechtaler Alpen, dahinter das Wettersteingebirge mit der Zugspitze, die Verwallgruppe im Süden, dahinter die Ötztaler Alpen, weiter südlich die Silvretta Gruppe und im Westen das Rätikon und weit in die Schweiz hinein....

Der Abstieg: auf gleichem Steiglein, wie im Anstieg, bis zum Erreichen der schneebedeckten, flachen Geröllrampe. Dort zuerst geradeaus hinunter , dann auf halber Höhe nicht dem deutlichen Pfad folgend, sondern an einem winzigen, leicht zu übersehenden Steinmännchen rechts ins steilere Gelände (dort wieder Markierungen), hin zu einer wackeligen, losen Seilleiter - über diese hinab. Hat man die erste Leiter überlebt und ist mit Hängen und Würgen unten angekommen (nicht nur die losen Leitertritte verwenden, der Fels rechts und links daneben bietet einige bequemere Absätze), kann man entweder die nächste, noch steilere Leiter nutzen (hier ist der Fels aber glatter, weniger Absätze) oder rechts davon in einer Rinne absteigen. Die beiden Leitern sind nicht wirklich sicher und gehören weg - ein paar wenige Trittbügel an den kritischten Stellen und ggf. ein Seil würden hier mehr Sicherheit bieten. Man erreicht das Schneelfeld am südlichen Fuß der Ostflanke. Über dieses so weit wie möglich hinab und dann geht's in langer Querung hinüber durch loses Geröll bis man endlich wieder den Anstiegsweg am Fuß der Grätligrube erreicht. Hinab zum See, kurzer Gegenanstieg.
Ich entschied mich für den bequemeren Rückweg nach Zürs über den alpinen Fernwanderweg E4, statt über steile, glatte Gras-Pisten abzusteigen. Der Weg zieht  am NO-Hang der Hasenfluh entlang bergab, quert südostwärts oberhalb an Zürs vorbei und erreicht die Talsohle beim großen Parkplatz vor dem südlichen Ortseingang. Nach 6:30h kam ich müde wieder am Auto an.

Nachbetrachtung:
1) der Anstieg von Passhöhe Flexenpass zum Muggengrat und von dort in die Ostflanke der Wildgrubenspitze scheint mir landschaftlich wesentlich schöner zu sein.
2) Echt nette Kraxelei in der Ostflanke - aber, diesen Berg muss man nur einmal machen.

 


Tourengänger: Jackthepot


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T5- I
12 Jul 11
Grosse Wildgrubenspitze · a1
T5 II
30 Sep 11
Große Wildgrubenspitze · Zaubermond
T5- I
T3+
23 Jul 23
Hasenfluh · a1
T3
9 Sep 12
Hasenfluh · a1

Kommentare (9)


Kommentar hinzufügen

ADI hat gesagt:
Gesendet am 17. Oktober 2010 um 09:08
Hallo!

Sehr schöner Bericht über einen Berg, auf den ich schon seit 10 Jahren mal hochwill. Gratuliere Dir!
Die Große Wildgrubenspitze gehört allerdings zum Lechquellengebirge und nicht zu den Lechtalern.

Beste Grüße aus München, ADI

Jackthepot hat gesagt: RE:10-Jahres- Ziele...
Gesendet am 18. Oktober 2010 um 07:28
Hi ADI,
...ja solche Berge gibt's, ich hab' da auch Hunderte. Mit der Überschrift hattest du recht, die ist mir da wohl entwischt ... aber der restliche Text war immer richtig (zu meiner Ehrenrettung).
Gruß Harald

alpstein hat gesagt:
Gesendet am 17. Oktober 2010 um 09:23
Hallo Harald,

gratuliere zu dieser Tour, die Du toll bebildert und geschildert hast. Ist T4+ da nicht eher untertrieben ?

Grüße
Hanspeter

Jackthepot hat gesagt: RE: T4 <-> T5??
Gesendet am 18. Oktober 2010 um 07:38
Hallo Hanspeter
ich hab' auch lange drüber gegrübelt. Was ist das Kriterium, der eindeutige Unterschied? Die T5-Touren, die im Glossar angegeben sind kenn' ich alle nicht...mag sein, dass es ein T5er war...wie sagen wir Bayern: " I woass net ;-) "

Gruß Harald

alpstein hat gesagt: RE: T4 <-> T5??
Gesendet am 18. Oktober 2010 um 18:25
Hallo Harald,

ich habe mal meinen schon etwas in die Jahre gekommenen Alpenvereinsführer bemüht, der verschiedene Routen zum Gipfel erwähnt, wobei die einfachste sich im I-II. Grad bewegt. Es dürfte sich dabei um Deine Route handeln.

Gruß
Hanspeter

Jackthepot hat gesagt: RE: T4/T5??
Gesendet am 18. Oktober 2010 um 21:27
korrrrrekt, und jetzt?
Harald

alpstein hat gesagt: RE: T4/T5??
Gesendet am 19. Oktober 2010 um 19:34
Bei Klettern bis zum II. Grad denke ich eher schon T5

Felix hat gesagt: Zürs - zum Vergessen ...
Gesendet am 17. Oktober 2010 um 20:25
doch diesen deinen Gipfel:
so spannend abenteuerlich - zum Behalten ...

Toll, dein Bericht - herzlichen Dank Harald!

lg Felix

Jackthepot hat gesagt: RE:Zürs - zum Vergessen ...
Gesendet am 18. Oktober 2010 um 07:46
Hallo Felix
freut mich, dass dir mein Bericht gefallen hat. Ich versuch' immer den Spagat sachlich zu informieren und recht nah an meinem Erleben zu erzählen...scheint diesmal gelungen zu sein, danke.

Grüße vom nasskalten Bodensee
Harald


Kommentar hinzufügen»