Viele Gipfel des Lechquellengebirges sind schon beschrieben in Hikr, die meisten befinden sich in den nördlichen Gipfelgruppen. In der schroffen Berggruppe zwischen Spullersee und Flexenpass befinden sich die jedoch die höchsten Gipfel - wie z.B. die Große (Untere) Wildgrubenspitze (2753m) - der höchste Gipfel des Lechquellengebirges. Im Gegensatz zu den nördlichen Nachbarn, die von einem dichten, exzellent beschilderten Wegenetz überzogen sind, fehlen hier weitgehend ordentliche Gipfelpfade und genauso bei dieser Tour: keine Spur von Wegweisern.
Der Aufstieg: Viel zu spät (11:40h) starte ich vom Parkplatz gegenüber des Informationsbüros von Zürs. Der mondäne Skiort ist menschenleer, die Skisaison beginnt erst Ende November. Ich entschließe mich in der Direttissima über die immer steiler werdende Piste entlang der Lifttrasse des Sessellifts zum Zürser See aufzusteigen. Die Hoffnung eventuell irgendwo Wegspuren zu finden, erfüllt sich nicht, der Anstieg auf dem glatten, rutschigen Gras kostet einiges an Mühen. Erst weiter oben entlang eines Viehzaunes, dessen Pfosten bereits für den Pistenbetrieb im Winter umgelegt wurden, findet man wieder Spur und Halt entlang den Kuhpfaden. Wenig später quert man eine breite Almstrasse, die zu den 4 Liftstationen dortoben führt . Hier trifft man auch auf den Alpinen Wanderweg E4, der vom südlichen Ortsende von Zürs heraufführt und etwas später steht man in einem Sattel wenig oberhalb des "Verkehrsknotens" des Skigebietes dem Zürser See.
Kurz hinab zum See, an der topmodernen Talstation des Muggengrat Liftes und der funkelnagelneuen Lawinenverbauungen vorbei, über ein kleines Brücklein (Markierung rot-weiß-rot) - dann geradeaus einen schottrigen Pistenfahrweg nach oben, der schließlich nach links, südwärts abbiegt. (Rechts zweigt der markierte Pfad ab, um den See herum und später hinauf zum westlich gelegenen Madloch-Joch). Auf breiter schottriger Piste geht's steil nach oben - die Sonnen brennt nun direkt von vorne ins Gesicht. Rechts am felsigen Osthang der Grätligratspitze zweigt ein deutlicher Weg ab, erst Fahrwegbreite, später immer schmäler werdend, schließlich ganz vom Regenwasser weggespült. Immer rechts haltend steht man alsbald in einer öden Schotterwüste der Grätligrube. Hier kann man nun auch erstmalig den weiteren Anstiegsweg einsehen. Anstiegsweg??? Irgendwo dort oben an der breiten, felsigen Ostflanke der Wildgrubenspitze ist die Anstiegsroute zum Gipfel entlang eines undeutlichen Bandes zu vermuten. Doch bis zum Wandfuß ca. 200m höher, gibt es nur eine steile, mit losem Steinbrocken und weichen, sandigen Zungen durchzogene absolut spurlose Geröllödnis...genau das was ich (nicht) liebe. Nach einigen Versuchen erweisen sich gerade diese sandigen Bahnen als bessere Alternative - besser als der Anstieg durch das scharfkantige Geröll.
Zwei Schritte vor, einer zurück, zigmal bei wegrutschenden Steinbrocken umgeknickt -eine gute dreiviertel Stunde Maloche kostet mich dieser Steilhang. Der Führer schreibt, dass irgendwo Markierung in der Wand zu sehen seien, ich finde nichts( sie sind wesentlich weiter links/südlich, oberhalb des großen Schneefeldes ).
Schließlich entdecke ich 2 Wanderstöcke, die an einem schuttüberzogenen Felsriegel abgestellt wurden, aber immer noch keine Markierung. Als sich jedoch absteigende Bergsteiger meiner Position näherten, vermute ich, doch nicht ganz falsch zu sein, und beginne die Felsen hochzuklettern (I+) und erreiche alsbald ein weiteres schneebedecktes Geröllfeld...und da sind sie endlich die weiß-blau-weißen Markierungen.
Ab hier beginnt deutliches steiles Steiglein bis zum Gipfel, an den meisten schwierigeren und ausgesetzten Stellen gibt es ein dünnes, aber zuverlässiges Stahlseil, wie gesagt an den meisten Stellen - nicht an allen. Zuerst geht es durch einen kurzen, fast senkrechten Riß ein paar Meter hoch. Man erreicht ein schmales, grasiges Band, das steil, durch mehrere Felsstufen / Felsrippen unterbrochen, nun fast bist zum Gipfel führt. Mittendrin eine ungesicherte, nach unten im Nichts verschwindende Felsrinne, die aber nach erstem Schrecken leicht zu durchsteigen ist (im Abstieg unangenehmer). Mit zunehmender Höhe führt das Steiglein in immer felsigere Zonen der Ostflanke. Aber man hat sich inzwischen an den luftigen Tiefblick rechts gewöhnt und so kraxelt man auch ohne Seilbenützung zügig höher. Inzwischen kann man schon auf alle umliegenden Berge hinnterblicken. Es geht plötzlich noch um eine Felsrippe herum und man steht in einer breiten Rinne direkt unter den Gipfelkreuz...und wenig später daneben.
Der Gipfelblick kann sich sehen lassen. Im Westen -Nordenosten Lechquellengebirge, Bregenzer Wald, Allgäuer Alpen , im Osten - Südosten die Lechtaler Alpen, dahinter das Wettersteingebirge mit der Zugspitze, die Verwallgruppe im Süden, dahinter die Ötztaler Alpen, weiter südlich die Silvretta Gruppe und im Westen das Rätikon und weit in die Schweiz hinein....
Der Abstieg: auf gleichem Steiglein, wie im Anstieg, bis zum Erreichen der schneebedeckten, flachen Geröllrampe. Dort zuerst geradeaus hinunter , dann auf halber Höhe nicht dem deutlichen Pfad folgend, sondern an einem winzigen, leicht zu übersehenden Steinmännchen rechts ins steilere Gelände (dort wieder Markierungen), hin zu einer wackeligen, losen Seilleiter - über diese hinab. Hat man die erste Leiter überlebt und ist mit Hängen und Würgen unten angekommen (nicht nur die losen Leitertritte verwenden, der Fels rechts und links daneben bietet einige bequemere Absätze), kann man entweder die nächste, noch steilere Leiter nutzen (hier ist der Fels aber glatter, weniger Absätze) oder rechts davon in einer Rinne absteigen. Die beiden Leitern sind nicht wirklich sicher und gehören weg - ein paar wenige Trittbügel an den kritischten Stellen und ggf. ein Seil würden hier mehr Sicherheit bieten. Man erreicht das Schneelfeld am südlichen Fuß der Ostflanke. Über dieses so weit wie möglich hinab und dann geht's in langer Querung hinüber durch loses Geröll bis man endlich wieder den Anstiegsweg am Fuß der Grätligrube erreicht. Hinab zum See, kurzer Gegenanstieg.
Ich entschied mich für den bequemeren Rückweg nach Zürs über den alpinen Fernwanderweg E4, statt über steile, glatte Gras-Pisten abzusteigen. Der Weg zieht am NO-Hang der Hasenfluh entlang bergab, quert südostwärts oberhalb an Zürs vorbei und erreicht die Talsohle beim großen Parkplatz vor dem südlichen Ortseingang. Nach 6:30h kam ich müde wieder am Auto an.
Nachbetrachtung:
1) der Anstieg von Passhöhe Flexenpass zum Muggengrat und von dort in die Ostflanke der Wildgrubenspitze scheint mir landschaftlich wesentlich schöner zu sein.
2) Echt nette Kraxelei in der Ostflanke - aber, diesen Berg muss man nur einmal machen.
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