Klettertour auf die Mittagflue (Grimselgebiet)


Publiziert von Sibille , 6. Juni 2010 um 15:54.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum: 4 Juni 2010
Klettern Schwierigkeit: 5a (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Via Guttannen zum Parkplatz Tschingelmad

Am Freitagmorgen fuhren wir via Guttannen zum Parkplatz Tschingelmad (ca. 2.5 km nach Guttannen auf der linken Seite in Fahrtrichtung Grimselpass) unterhalb der Mittagflue. Von dort aus führt ein Wanderweg in ca. 40 Minuten hoch zum Fuss der Felswand. Kurz vor dem Einstieg liegt ein Schneefeld (Lawinenkegel), welches wir gequert haben, bevor wir die Bergschuhe gegen Kletterfinken getauscht haben.
Ein Blick hoch liess eine gewisse Nervosität aufkommen, ob ich das wirklich schaffen würde… reichen Kraft und Kondition für diese 350 Meter in Gneis, im 4.-5. Schwierigkeitsgrad? Ich hatte erst am Tag davor einen Crash-Course in der Kletterhalle von Meiringen und beim „Beretli“ (Richtung Brünig) erhalten, wo ich die wichtigsten Knoten lernte, verschiedene Schwierigkeitsgrade ausprobieren konnte und langsam Vertrauen fasste, dass ich nicht abrutsche, auch wenn nur ein Bruchteil des Fusses irgendwo im Fels „verstaut“ werden kann.
Doch ich hatte gar keine Zeit weiter ins Grübeln zu kommen, denn bereits ging es als erste Seilschaft dieses Tages los. Als Neuling war ich mit einem mir bekannten Bergführer unterwegs, der natürlich den Vorstieg übernahm. Nach der ersten Seillänge wurde ich ruhiger, war nicht mehr nervös, sondern konzentriert und zugleich fasziniert, dass es möglich war, immer irgendwo einen kleinen Vorsprung oder Riss zu finden, um langsam aber stetig weiter hoch zu steigen. Etwa in der Hälfte, nach 5-6 Seillängen, waren die letzten Nebelschwaden verflogen und der Hang wurde von der Sonne angestrahlt. Unten auf der Passstrasse donnerten mittlerweile hunderte von Motorräder vorbei, ein Geräusch, welches so gar nicht zum Rauschen des nahe gelegenen Gebirgsbaches passen wollte.
Wir stiegen weiter hoch, wobei es gerade bei den letzten zwei Seillängen nochmals etwas anspruchsvoller wurde, bevor es nach ca. 3.5 Stunden geschafft war. Bei strahlendem Sonnenschein haben wir ausgiebig gerastet, während weitere Seilschaften noch am Klettern waren oder auch erst dabei waren sich für den Einstieg bereit zu machen.
Nach dieser wohlverdienten Pause stiegen wir etwa 150 Höhenmeter weiter hoch, zuerst über leichten Fels, dann einem Weg entlang, bis wir die Gabelung für den Abstieg erreichten.
Der Weg bergab kann eigentlich nicht verfehlt werden, Steinmännlis säumen in regelmässigen Abständen den Weg, doch mit Gummibeinen in Tourenschuhen runter zu steigen ist trotz Stahlseilen, Ketten und Metallstiften kein echtes Vergnügen, zumal es teilweise bei nassen Stellen eine recht rutschige Angelegenheit war. Immerhin kann am Schluss viermal 20 m abgeseilt werden :-)
Anschliessend müsste (eigentlich) nur noch ein Schneefleck gequert werden und ein paar Schritte im Fels zurückgelegt werden, um wieder zur Einstiegsstelle zu gelangen. Diesem kleinen fiesen Schneefleck verdanke ich das Gefühl, wie ein Pendel am Seil ein paar Meter durch die Luft zu fliegen. Passiert ist dabei nichts, nur musste ich mit den Tourenschuhen nun wieder den nassen Fels hochkraxeln, was mehr als mühsam war.
 
Insgesamt war es für mich ein sehr schönes Gefühl zu realisieren, dass ich an diesem Tag persönliche Grenzen hatte überwinden können, was ich mir ein paar Tage zuvor wahrscheinlich noch nicht zugetraut hätte. Auch dass ich den Aufstieg ohne grössere Schwierigkeiten erleben und geniessen konnte, hat mich mit einem gewissen Stolz erfüllt, auch wenn ich dies „nur“ im Nachstieg eines Bergführers geschafft habe.
Was ich allerdings nicht verspürte, war dieses unglaubliche Glücksgefühl, das ich bei meinen bisherigen Hochtouren erleben konnte, als sich jeweils kurz vor dem Gipfel der Blick auf ein atemberaubendes Panorama geöffnet hat.
Da ich aber Klettern eher als Mittel zum Zweck sehe, um mit etwas mehr Erfahrung im Fels, anspruchsvollere Hochtouren unternehmen zu können, waren diese beiden Tage äusserst lehrreich, intensiv und deshalb auch unvergesslich.
 
Route und Schwierigkeitsgrad (gemäss Jürg von Känel „Plaisir West“): Südkante (5a, 5a obl.)
Der angegebene Aufstieg von ungefähr 700 m schliesst den Zustieg und den weiteren Aufstieg nach der Kletterei (Länge 350 m) mit ein.

Tourengänger: Sibille


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Kommentare (2)


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Remus1 hat gesagt: Beeindruckend
Gesendet am 10. Juni 2010 um 20:15
Hallo Sibille
tolle Beschreibung der Tour und für Deinen Mut.
Respekt!

Sibille hat gesagt: RE:Beeindruckend
Gesendet am 11. Juni 2010 um 15:58
Vielen Dank! Es hatte aber eigentlich weniger mit Mut als mit Vertrauen in den Bergführer - und damit auch in mich - zu tun...
lg, Sibille


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