Domhütte und Dom


Publiziert von akka , 29. Januar 2010 um 21:15.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 7 August 2006
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   4000er 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 3150 m
Abstieg: 3150 m
Strecke:Randa 1407m - Domhütte 2940m - Festijoch - Normalroute Nordflanke - Dom 4545m - runter genauso

Der Dom ist  von allen Seiten wahrlich eine beeindruckende und schöne Gestalt.
Es war zu jener Zeit, als ich auf halbwegs erwanderbare Anstiege mit 3000Hm Differenz Ausschau hielt, bei gleichzeitig relativ kurzen Weg. Naja, so viel Möglichkeiten gibt es da gar nicht. Der Dom schwirrte mir deshalb ein ganzes Jahr äusserst hartnäckig im Kopf herum. Blöd nur, das es da oben gewaltige Gletscherspalten hat. Meine Hochtourenererfahrung hielt sich in sehr überschaubare Grenzen.
Kurzum, den Weg zur Domhütte hatte ich schon öfter begangen, wusste also, worauf man in der Nacht achten müsste. Anschliessend wäre das Spaltensturzrisiko auf den Gletschern solo eine riskante Angelegenheit. Geplant hatte ich die Sache in einer Ferienwoche um den 8.August. Vorher vertrieb mich aber eine Schletterwetterfront mit Schneefall bis auf 2000m aus dem Wallis ins Maggiatal. Die Vorzeichen standen also sehr schlecht, und deshalb machte ich mich mit dem Gedanken vertraut, die Tour zu begraben. Nun merkte ich, das ich mich aber schon irgendwie sehr auf den Dom eingestellt hatte. Um das Wetter im Wallis abzucheken, rief ich im Alpincenter Zermatt an und man sagte, übermorgen wäre ein optimales Schönwetterfenster. Ob ich denn einen Bergführer buchen möchte? Ich sagte spontan: Okay, warum nicht.
Meine Gegenfrage, ob das auch als Tagestour von Randa aus möglich wäre, stiess dann allerdings auf erbitterten Widerstand. So willigte ich letztlich ein, das zwei Plätze auf der Domhütte reserviert werden. Diese war dann auch bei weitem nicht ausgebucht. 
Am nächsten Morgen packte ich mein Zelt in Gordevio zusammen und fuhr nach Randa, um den immer wieder lohnenswerten Aufstieg zur Domhütte zu machen. Es war noch sehr viel Feuchtigkeit in der Luft und somit schwirrten viele mystische Nebelschwaden um mich herum. Der Weg ist kurz und knackig steil, die Hütte schnell erreicht. Durch den Nadelwald am Lärchberg schwingt sich der Pfad in Serpentinen bis auf 2000m. Man kann nun bereits die steile Felsstufe sehen, die es für den Hüttenzustieg  zu überwinden gilt. 
Nach der Abzweigung zur Europahütte steht man dann vor diesen wilden, 460m hohen Riegel, auf 2370m. Der Weg ist an den heiklen Passagen bestens präpariert und die ausgesetzten bzw. unschwierigen Kletterstellen mit Eisenstiften, Leitern und Fixseilen entschärft. So macht das dann auch richtig Spass. 
An der Hütte angelangt, konnte ich den langen Nachmittag geniesen und sah mit Genugtuung, das sich die Wolken immer mehr verflüchtigen. Ich lasse mir vom Hüttenwart die Gepflogenheiten auf einer Berghütte erklären. Es sollte sich um meine Hüttenübernachtungspremiere handeln, bin ich doch Tagestürler. Die Uebernachtung war dann eine Tortur. Da ich auch keine militärischen Altlasten zu beklagen habe, war ein Massenlager mit all seinen Nebenwrikungen etwas neues für mich. Mein ohnehin sensibler Schlaf wollte sich demnach nicht einstellen. Als ich es dann gegen halb zwei doch noch schaffte dahinzudösen, war eineeinhalb Stunden später Weckzeit. Meine Laune war nun sehr grimmig, vor allem als ich das unbeschreiblich lausige Frühstück sah. Ich ignorierte dieses und legte schon mal den Klettergurt  an. So gegen 3:30 Uhr liefen wir dann los. Absolut nicht meine Zeit. Vor 7:00 Uhr stieg ich damals ohnehin nicht aus dem Schlafsack.  Mein Bergführer bekam zunächst meine schlechte Laune und das Lamentieren über die Abmarschzeit ab, ehe ich in ein "Wachkoma" fiel, aus dem ich erst wieder am Festijoch erwachte. Ich fühlte mich unbeschreiblich müde. Der Fels am Festijoch war etwas vereist. Die Stufe mit etwa 60Hm braucht ein wenig Kletterei (II). Dank eines Fixseils und der zusätzlichen mentalen Unterstützung, gesichert zu sein, waren wir dann schnell oben. 
Nun ging es wieder kurz hinab auf den Hohbärggletscher. Ich merkte, das ich überhaupt nicht in Form war. Mein Körper konnte mit dem Schlafmangel und dem Gehen in der Nacht nicht umgehen. Bereits auf 3800m hatte ich Probleme mit der Höhe. Zudem setzte mir die Kälte zu. Es war eiskalt. Der Wind blies erbarmungslos die Nordflanke herab und ich spürte meine Finger nicht mehr. Eigentlich hatte ich gute Handschuhe. Diese Symptome kannte ich von winterlichen Trainingstouren, die ich unaklimatisiert von Zermatt aufs Klein-Matterhorn machte. Der Kreislauf macht Probleme. Schwindel und leichte Uebelkeit bremsten mich. Der Sonnenaufgang entschädigte dann für die Mühen. Wir befanden uns auf etwa 4000m und der Blick auf das errötete Weisshorn und die aufgehende Sonne neben der Lenzspitze waren äusserst beeindruckend.  Es ging nun in die Nordflanke und es wurde steiler...Blick auf den Höhenmesser: Erst 4100m. Meine Güte, das wird noch hart. Es lagen etwa 30cm Neuschnee. Der Bergführer voraus, ich hechelte hinterher . 4300m - Ich sah Sterne, obwohl es inzwischen taghell war. Mir kamen Zweifel, ob ich es überhaupt schaffen würde. Es nervte mich total, das ich ausgerechnet heute so ein üblen Tag erwischte. Der Hund zieht sich: 4400m... 4450m... Jetzt aber... ich biss auf die Zähne und dann 4500m. Nur noch knapp 50m. Gleich ist es geschafft! Mir schossen die Tränen in die Augen, ich vibierte. War es war die Erschöpfung oder eine Ergriffenheit darüber, mich dennoch durchgebissen zu haben. Ich weinte tatsächlich. Ein glückliches Weinen. Dann stehen wir am Kreuz. Ich hatte mich beruhigt. Der Blick schweift in die Runde. Schlichtweg grandios, fabelhaft, superlativ. Alles was Rang und Namen hat. Selbst Dauphine und Monviso. Das Wetter optimal erwischt. 
Wir sind früh dran. Am Gipfel war es plötzlich windstill und in den Sonnenstrahlen angenehm warm. Erstaunlicherweise waren wir trotz meiner miserablen Verfassung relativ schnell. Es sind weniger als ein Dutzend Leute zum Dom unterwegs. Wir sind alleine oben. Nach einer knappen halben Stunden beginnen wir mit dem Abstieg, um kein Gedränge auf dem schmalen Gipfelgrat zu haben.
Beim Abstieg geht alles logischerweise leichter, wenngleich der Schnee nicht optimal zu begehen war. Der Wind hatte die Spur schon wieder zugeblasen. Ich habe es im Gegensatz zum Bergführer nicht eilig und erlaube mir gelegentliche Fotopausen. Dann geht es wieder zum Festijoch, das im Abstieg ebenso unproblematisch wie im Aufstieg war.
Am Festigletscher staune ich über die Vielzahl der Spalten. Das hatte ich beim Aufstieg überhaupt nicht mitbekommen. Ich kann mich an diesen Abschnitt nicht mehr erinnern. War eben eindeutig zu früh für mich.

Acht Stunden nach unseren Abmarsch kehren wir wieder an die Domhütte zurück. Jetzt ist erst einmal ein ausgiebiges Sonnenbad angesagt. Ich gönne mir nebenbei noch ein kleines Mittagessen. Beim Abstieg zurück nach Randa ist meine Müdigkeit wie weggeblasen. Jetzt ist meine Tageszeit und ich geniesse nach der frostigen Nacht, die Hitze des Tages. Flott springe ich hinab ins Tal. So kann ich am Campingsplatz Attermenzen mein Zelt aufschlagen und noch weitere Sonnenstunden geniessen und von weiteren Gipfeln träumen.


Tourengänger: akka


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Kommentare (2)


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eugen hat gesagt: Dom
Gesendet am 30. Januar 2010 um 08:54
Ein spannender Tourenbericht. Man schwitzt oder fröstelt förmlich mit und ist dann froh, mit Dir den Gipfel zu erreichen. Schöne Fotos, die einen motivieren, wieder hinter dem Ofen hervorzukriechen, oder sich vom Bildschirm wegzureissen, um unsere Berge real zu geniessen.

Wünsche Dir noch schöne Unternehmungen

Gruss
Eugen

akka hat gesagt:
Gesendet am 2. Februar 2010 um 20:13
Lieber Eugen

Hinter dem Ofen ist es im Winter sicherlich auch ganz nett. Die Berge sind bekanntlich keine Frösche... sie hüpfen nicht weg. Alles andere kommt von selbst!

Gruss
Jörg


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