Appenzell Ausserrhoden: 5 Gedeckte Holzbrücken auf einen Streich (I)
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Zwölf gedeckte Holzbrücken - Erstellungsdaten zwischen 1701 und 1991 – sind im Ausserrhodischen zu finden, vier in Innerrhoden. Macht 16! Fünf davon konnte ich zu einer Wanderung kombinieren. Davon die bekanntesten zwei , erbaut von Baumeister H.U. Grubenmann (Grubenmannbrücken), anno 1778 und 1780. Die letzten Zeugen seines Brückenbaues. Die andern wurden anno 1799 eingeäschert oder dann halt abgebrochen. Absolut geniale Zimmermannskunst. Seine „Erfindung“ war der Polygon-Stab, dank dessen Entwicklung er sogar den Rhein bei Schaffhausen, nach eigener Angabe ohne Mittelpfeiler, überwinden konnte. Für den Kirchenbau wendete er die gleiche „Ingenieurs-Kunst“ an zur Überspannung des Gottesraumes, wie z.B.: in Teufen, Stein, Wettingen.
Nach eingehendem Studium der Literatur, u.a. von Prof. Eugen Steinmann: „Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden“ (3 Bände der Bezirke Hinterland, Mittelland und Vorderland) habe ich die Positionen auf die Karte übertragen und festgestellt, dass die beiden Grubenmannbrücken und drei weitere „in einem Rührum“ besucht werden können.
Ich starte in Hundwil auf dem traditionsreichen Landgemeindeplatz – wo ich seinerzeit noch einer Landsgemeinde beiwohnen konnte – und finde den Wanderweg-Wegweiser nordöstlich der Kirche. Gemütlich schlendere ich durch die saftigen Wiesen unterhalb Hundwil. Bei Moos verpasse ich beinahe die Abzweigung nach links. Habe den Kopf und die Sinne beim typischen Appenzellerhaus mit der Neopren-Jacke am Bügel vor dem Haus. Dazu einen kindergerechten Spielgarten mit Sand, Schaukel und Trottinet. Hier wohnt eine sympathische Familie, jetzt ausser Haus. Also links vorbei und etwa 100 hm ins Hundwiler Tobel hinunter. Es ist glitschig und nass. Mist, die Stöcke vergessen. So gehe ich vorsichtig und erreiche den Talgrund. Welch eine Überraschung! Da steht doch tatsächlich eine riesengrosse gedeckte Holzbrücke, so gross wie 2 Einfamilienhäuser: Vom Fussweglein zu rund 2,5m breiten Fahrbahn. Grubenmannbrücke. Bestens instand gestellt. 32m lang. Man nennt sie „sprechende Brücke“. Natürlich spricht sie nicht, jedoch hat sie einem viel zu sagen. Auf den Querbalken, etwa drei Meter über der „Strasse“ sind kunstvoll verschiedene Sprüche aufgezeichnet. Von Mahnungen über Informationen. Sogar ein Psalm. Mehr verrate ich nicht. Das musst Du selbst herausfinden.
Auf der andern Seite wieder die 100 hm ansteigen bis auf die Ebene von „Burg“ (Wahrscheinlich von der Burg Urstein hergeleitet). Hier ist der Zuwasserstollen zum Gübsensee der gefassten Urnäsch eingegraben. Nach einem Kilometer mässigen Auf und Ab wieder ein Tobel mit Treppen und Brücken: das vom Stösselbach und seinem unbenannten Bruder. Dieser Wegeingang in den Wald ist nicht gut sichtbar. Es empfiehlt sich, die Wanderkarte zu konsultieren. Ich erreiche anschliessend angenehm die Sturzenegg. Und wieder geht es 150 hm hinab ins Kubel im Talboden von Urnäsch und Sitter, welche sich dort vereinigen und als Sitter in einem riesigen Bogen die Stadt St. Gallen nördlich im Uhrzeigersinn umrunden. Alte St. Galler kennen noch den „Gallenmist“, die alte Deponie just in diesen Graben. Heute die Kehricht-Verbrennungsanlage: Der ständig aufsteigende weisse Rauch weist von Weitem auf ihren Standort.
Wie muss dies seinerzeit mühsam gewesen sein, hier mit Ross und Wagen ab- und aufzusteigen! War der kürzeste Fahrweg von Hundwil und Stein nach St. Gallen. Ich erreiche die erste Brücke. Grubenmannbrücke mit 32 m Länge, Baujahr 1780 (nach einem Unwetter anno 1778, wo die Urnäsch 11 Brücken einfach wegfegte). Wieder die geniale Handschrift von H.U. Grubenmann aus Teufen. Dannzumal 72 Jahre alt, heisst es auf einem Trägerbalken. Hier auf dem Bänklein in der Mitte der Brücke lässt sich’s gut rasten. Mittagslunch: Menü 1, heute mit schokoladeüberzogenen Waffeln zum Dessert.
Dieses ist der zweite Streich – und der dritte folgt sogleich. Nach der Brücke nach links abzweigend, finde ich die Kubelbrücke über die Sitter, welche das Kloster St. Gallen anno 1800 erbauen liess. Nach satten zweihundert Jahren immer noch befahrbar mit einer 4 t Beschränkung! Inzwischen sind einige Betonbrücken im Alter von nur 50 Jahren abbruchreif. Und diese „simplen“ Holzbrücken leben noch. Einmalige Leistung. Châpeau!
Nach dem Erfolgserlebnis der ersten drei Brücken mache ich mich auf den Weg zu den weiteren zwei in Zweibrücken unterhalb Teufen. Mühsam schnaube ich zur Witenau hinauf und wie gewohnt ebene und saftige Wiesen. Unterhalb dem Störgel wieder hinab in den Sittergraben. Ich verwünsche die Idee, den gedeckten Brücken „nachzulatschen“. Also einhundert Höhenmeter auf und einhundert Höhenmeter ab. Vorbei an der Haggenbrücke, welche von den St. Gallern und den Steinern für eine erkleckliche Summe restauriert werden muss. Wieder im Tobel in Zweibrücken angelangt werde ich für meine Mühsal bestens belohnt: Das kürzeste gedeckte , nur acht Meter lange, Holzbrücklein als Verbindung zur ehemaligen Hundwiler-Leiter und somit den Westen von St. Gallen und die altehrwürdige Altherr-Brücke. Klar, es war Altherr, aber die Machart ist nicht von der Hand zu weisen: Dies ist Grubenmann-Stil. Eindeutig. Der einzige Unterschied sind die Sackbogen an den Eingängen. Macht irgendwie edel. Foto da, Foto dort. Da sie im rechten Winkel zueinander stehen, gibt’s neue Kombinationen. Zur Luke raus auf die andere Brücke, von der andern Brücke zur Luke. Und das Ganze zurück. Ich bin hin- und hergerissen.
Das Ganze zurück gilt auch für meinen Weg. Schnaub. 100 Höhenmeter hinauf ins Störgel. Vornehmes Restaurant mit teuren Autos davor. Nichts für Wanderer mit dreckigen Schuhen. Ich ersteige den hübschen Weg auf der Krete nach rechts hinauf. Nochmals einige Höhenmeter. Freundliche Wanderinnen grüssen mitleidig. Ich muss eine schlechte Falle machen. Grins zurück! Es beginnt zu Regnen. Karte versorgen. Rucksacküberzug. Wasserfeste Mütze tief ins Gesicht gezogen. Avanti!
Entlang dem Urnäschgraben führt der Weg sehr abwechslungsreich und mit wenig Auf und Ab weiter. Im Nord haben sympathische Bauern „u härzigi“ Blässli – kleine Appenzeller Sennenhunde mit Stammbaum, wohlverstanden! Elf seien es. Und jedes habe bereits schon sein Plätzli. Ich kann mich von diesen Tierchen beinahe nicht mehr lösen. Ich erinnere mich an meinen Appenzeller Bläss, welcher etliche Jahre Tag und Nacht mein treuer Begleiter war. Sogar auf die Berge hinauf. Mit Gstältli. Logisch.
Weiter gemäss Karte und Wegweiser „Hundwil“. Plötzlich ist über den bezeichneten Wanderweg ein elektrischer Viehhüte-Draht gespannt. Ohne Griff! Lästig, jedoch zu meistern. Dass die jungen Kühe im ungeputzten Stall im Kot liegen müssen, sieht man ihnen an. Sie sind zutraulich. Hätschel, Hätschel. Ob dies wohl einen Zusammenhang mit dem versperrten Wanderweg zu tun hat?
Zwischen Wilen und Hundwil gibt es noch einmal ein Tobel zu meistern. Über den Bach führt eine Eisenkonstruktion. Gewaltig. Dann der letzte Anstieg auf Moos zu der sympathischen Familie mit dem Neoprenanzug vor dem Haus und zurück zum Landsgemeindeplatz von Hundwil.
Und welche gedeckte Holzbrücke kommt als nächstes?
Inzwischen bin ich absoluter Tobel-Liebhaber!
Fortsetzung
http://www.hikr.org/tour/post18652.html
Inzwischen bin ich absoluter Tobel-Liebhaber!
Fortsetzung
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