St. Galler Brückenweg und noch eine Gedeckte Holzbrücke supplément


Publiziert von Seeger , 26. Dezember 2009 um 15:49.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:25 Dezember 2009
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-AR   CH-SG 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 588 m
Abstieg: 670 m
Strecke:19.7km: Schlössli Haggen – Nordmüli – Zweibruggen – Kubel – Sittertal – Spisegg – Schiesstand Ochsenweid – Hätterensteg – Joosrüti – Erlenholz – Wannenbrücke - Bernhardzell
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV.: Linie 4 VBSG von St. Gallen nach Schlössli Auto: St. Gallen – Haggen – Schlössli, genügend Parkplätze
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Ö.V.: Postverbindung Bernhardzell Dorf – Engelburg (Umsteigen) – St. Gallen Auto in Haggen parkiert: mit Postauto nach St. Gallen – Linie 4 VBSG nach Schlössli
Unterkunftmöglichkeiten:Einkehr: Restaurant Erlenholz, Wittenbach (Mo/Di Ruhetag) Gasthaus Adler, Berhardzell (Di/Mi Ruhetag)
Kartennummer:Swissmap

Als Stadt-Sanggaller hat mich als Bub der Sittergraben, welcher vom Westen der Stadt her sich nördlich in einem grossen Bogen hinzieht, stets fasziniert. Wie viele Pfadi-Übungen, ja sogar ein PfiLa (Pfingstlager für Nichtpfader) haben wir im Hätterenwald gemacht. Und eine Flaschenpost haben wir vergraben – für die Archäologen in zigtausend Jahren ein Rätsel. Sofern man sie einmal finden wird.
Gestartet habe ich im Schlössli oberhalb der Bahnstation Haggen. Das traditionelle Gebäude der Stadt – ein Lustschlösschen – beherbergt ein gutes Restaurant für Feinschmecker. Heute geschlossen. Heiligtag. Nach einigen Minuten erreiche ich den neu eröffneten Hätterensteg. Glanzleistung der Gemeinde Stein und St. Gallen, welche sich den Unterhalt teilen müssen – so der Vertrag. Vor der Brücke steige ich (wieder einmal) hinab zur Nordmülibrücke. Dort hole ich das Foto nach, welche ich beim letzten Besuch wegen Desinteresse nicht geschossen habe. Ich finde sogar die Weganlage zur ehemaligen Gedeckten Holzbrücke von Altherr, die vor 133 Jahren abgebrochen wurde. Siehe auch den Bericht vom 8. Dezember 09: http://www.hikr.org/tour/post19141.html.
Zweibruggen kann nicht direkt durch den Sittergraben hindurch erreicht werden. Ich steige auf der Gegenseite wieder zum andern Ende des Hätterenstegs empor und folge dem Weg in den Kubel hinunter. Wieder an der Grubenmannbrücke vorbei, dann durch die Gedeckte Brücke des Kubel (Abtei St. Gallen) hindurch. Über das Areal der Kubelwerke, welche den elektrischen Strom für die St. Galler Trolleybusse liefert, führt mein Weg  unter der SOB-Brücke und SBB-Brücke hindurch zur Kräzerenbrücke hinauf. Das Zollhäuschen ist gut erhalten. Ein Dachreiter mit Glöcklein. Diese massive Steinbrücke ist Vorgängerin der jetzigen Fürstenlandbrücke, welche während dem II.Weltkrieg gebaut wurde. Die erste Brücke mit Spannbetonbogen. Sie schwingt sich auf 50 Meter elegant über den ganzen Sittergraben. Darunter die ehemalige Färberei Sittertal, heute auch Kletterhalle für Alpine-Freaks. Gleich dahinter überquert der Weg dank der Billenbergbrücke die Sitter. Dann werden die vielen Schlaufen der Sitter quasi „abgeschnitten“. Viele neue geteerte Strassen erschliessen die „Infrastruktur“ der Stadt St. Gallen. Der „Gallenmist“ lässt grüssen. Offenbar Tradition. Kehrichtverbrennungsanlage mit hohem Kamin als Orientierungshilfe für schwache Kartenleser. Und wieder eine ehemals wasserbetriebenen Fabrik, der Rechen. Gleich dahinter die „Ganggelibrugg“. Die Hängebrücke ist eine absolut hochstehende Eisenkonstruktion aus dem vorletzten Jahrhundert. Schon als Kinder hatten wir Freude am „im Takt gehen“, welche die Brücke in Schwingung bringt. Das Kind im Manne lässt dieses Swing-Feeling nicht aus. Die Verbottafel aus dem Jahre 1953 verbietet es zwar. Aber das ist auch schon lange her, oder?
Ich kannte das Burentobel ohne das mächtige Autobahnviadukt der A1, welche es jetzt in Schwindel erregender Höhe überspannt. Seinerzeit war es die „Elisabethan Serenade“, welche jetzt in mir klingt. Glückselige Jugendzeit. Traktor. Liebe Tante mit mächtigen Zvieris. Klavier vom verstorbenen Bruder. Ich atme zwei Mal tief durch. Tempi passati.
Bei der Filtrox vorbei führt der Weg zur Verbindungsstrasse St. Gallen – Engelburg. Haltestelle. Aber noch nicht für mich. Links ausholend besuche ich die Spiseggbrücke. Eine massige Gedeckte Holzbrücke, über welche mein Vater noch mit seinem Auto gefahren ist. Tiptop restauriert und sogar mit Schindelwalmdach. Ich habe noch keine Holzbrücke gesehen, welche mit so viel Holz gebaut wurde: Baujahr 1779, Länge 45m, Breite 3.60m (www.swiss-timber-bridges.ch).
Mittagsrast im Trockenen. Menü 1 mit Christstollen, Früchtebrot, Mandarinli und heissem Tee. Weihnachten ist spürbar. Glückselig.
Hier endet der St. Gallerbrückenweg. Jedoch nicht meine Tour. Ich wechsle über die Spannbetonbrücke der Kantonsstrasse auf das rechte Ufer zurück und finde den gut bezeichneten Wanderweg. Auf Kiesstrassen und unterhaltenen Wegen erreiche ich durch den Wald hindurch bald die Ochsenweid. Schiesstand: Wer kennt sie nicht von den Militär-Übungen her? Und schon holen mich wieder Erinnerungen ein. Schöne und andere. Der Sittergraben wird immer enger. Wegstücke und Strassenstücke wechseln sich ab. An der gelben Wand soll es Schlangen geben. Hätterensteg. Erst einige Regentropfen – dann Ziböllele – und schliesslich Dauerregen. Ich ziehe den Anorak an und bedecke den Rucksack mit der eigens dazugehörenden Hülle. Die Sitter schwillt merklich an und wechselt die Farbe gegen bräunlich. Im folgenden Waldstück entlang des Flusses ist es unheimlich dunkel, obwohl erst im frühen Nachmittag. Ich erreiche Joosrüti. Plötzlich weite Auen und Weiden. Wieder in den Wald hinein. Am andern Ufer tönt der Lärm eines Tierheimes herüber. Was die Hunde einander alles zu sagen haben! Vom heiseren Bass-Wau bis zum grazilen Sopran-Kleff. Die Welt abgegebener Vierbeiner. Ob sie es besser haben wie ich damals? (Ich hasste Kinderheime). Wahrscheinlich nicht, aber sie können sich nicht durchsetzen.
Auf der Landeskarte erkenne ich den kleinen Wimpel auf schwarzen Feldchen: Gasthaus Erlenholz! Aber ich wollte meine Erwartungen nicht zu hoch stecken: Am 25. Dezember ist doch alles geschlossen. Und siehe da: Das Nobelrestaurant hat ein Herz für Wanderer! Echt sympathisch. Festtage-Öffnungszeiten sage ich dem. Dreckiger Wandersmann zwischen piekfein mit weissem Stoff und Silberbesteck gedeckten  Tischen. Und dazu willkommen! Herzlichen Dank für Ihre Gastfreundschaft!
Frisch gestärkt nehme ich den letzten Abschnitt unter die Füsse. Blaue Flecken am Himmel. Trocken: Aber nur von oben – unten, sprich die Wege, ein Morast. Immer schön dem orographisch rechten Ufer der Sitter entlang erreiche ich die Betonbrücke der Strasse Wittenbach-Bernhardzell. Auf gleicher Höhe zweigt geradeaus eine Teerstrasse zur stillgelegten ARA ab. Rechts herum und dann in gleicher Richtung zum Strässchen, welches die undurchdringliche Ufer-Passage rechts oben umgeht. Hinauf und wieder hinab.
Was jetzt folgt, ist ein unvergessliches Erlebnis: Die Wegebauer haben einen Weg entlang der S-Schlaufe der Sitter erstellt. Mit vielen rutschsicheren Holzstegen, Sprengungen und Erdbefestigungen. In steten Auf und Ab. Die Nacht bricht ein. Stirnlampe. Erinnerung ans Val Bavona mit dem Rega-Einsatz – unweigerlich. Doch dieses Mal freut mich die Nacht. Es wird klar. Ich stapfe mich durch. Da müsste eigentlich die Wannenbrücke sein. Ich schaue gegen oben: Sie ist fünf Meter vor mir! Ein Riesending: 43.75m lang, 3.65m breit, 3.87m Innenhöhe. In der Nacht scheint sie noch viel grösser. Wieder Hänge- und Sprengwerke, welche die Last auf Zug und Belastung tragen. Ein Bernhardzeller hat die alte Verordnungstafeln restauriert: Es gab schon damals „Blower“. Und sie wurden belohnt mit 1 Fr.! Heute bekommen sie wahrscheinlich etwas mehr.
Nach einigen Foto-Shots ins Dunkel überquere ich die Sitter über diese ehrwürdige Brücke. Kurzer Abschied: „Chome wider!“ Im Schein der Stirnlampe steige ich auf guter Kiesstrasse durch den Wald nach Bernhardzell hinauf. Nächster Bus in 1 ½ Stunden. Aber – ich glaub es kaum – schon wieder ein gastliches Haus: Gasthof Adler, Bernhardzell! Statt Frieren in der zügigen Bise geniesse ich ein Warmes Mahl und einen Beeren-Coupe in einem herzlichen Ambiente. Familienbetrieb. Vom Grossvater bis zum Grosskind: Alles strahlende Gesichter. Auch die sympathischen Gäste.
Pünktlich stehe ich an der Haltestelle. Der übervolle Kleinbus hat auch noch Platz für mich, wo aufgestellte Jugendliche einander necken.
In Bernhardzell werde ich wieder aussteigen, wenn ich die nächste Etappe entlang der Sitter unter die Füsse nehme:
Von Bernhardzell nach Bischofszell. Kommst Du mit?

http://www.hikr.org/tour/post19802.html
 
 
 
 
 

Tourengänger: Seeger
Communities: Flusswanderungen


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Kommentare (4)


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Henrik hat gesagt: Also ich glaube mich zu
Gesendet am 26. Dezember 2009 um 15:57
erinnern, dass in deinem Menü 1 mal Waffeln und andere Süssigkeiten mitgeführt wurden...

Vielleicht folgen ja mal Rucksack-Menüs...

Seeger unter Holz und Dach..und Danke für das zahlreiche Ablichten von Wegmobiliar!

Cari saluti

Enrico

Seeger hat gesagt: RE:Also ich glaube mich zu
Gesendet am 26. Dezember 2009 um 16:15
Ciao Enrico
Ich weiss: Zuviele Fotos. Aber ich wusste nicht, welches ich weglassen konnte. Nehme an, dass es den PC von Stani und Anna nicht überfordert. Und die Besucher auch nicht.
Schöne Festtage und viele schöne Erlebnisse im Neuen Jahr wünscht Dir
Andrea

Henrik hat gesagt: RE:Also ich glaube mich zu
Gesendet am 26. Dezember 2009 um 16:24
...wie kommst du darauf zu viele Pics...aber nein!
Keins zu viel, denn jedes hat seine Story. ...ich finde Berichte, die auch Nebensächlichkeiten einschliessen, machen mehr aus dem Erlebten.

Bravissimo und mögen sich unsere Wege mal kreuzen im 2010.

Ciao

silberquäki

Felix hat gesagt: auch ich - lese diese spannenden ...
Gesendet am 17. November 2010 um 16:47
und interessanten Schilderungen mit den dazugehörigen Fotos - auch für mich nicht zu viele - sehr gern: toll machst du sie, Andreas!

lg Felix


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