Zuckerhütl (3.505 m) über die Hildesheimer Hütte (2.899 m), Östlicher Daunkogel (3.332 m)


Publiziert von Ovidam , 20. August 2018 um 13:21.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum: 1 August 2018
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-T 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:Dresdner Hütte - Egesengrat - Dresdner Hütte - Östlicher Daunkogel - Hildesheimer Hütte - Zuckerhütl - Dresdner Hütte
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Innsbruck - Brenner - Stubaital - Talstation Stubaier Gletscherbahnen
Unterkunftmöglichkeiten:Dresdner Hütte, Hildesheimer Hütte

Traumsommer 2018! Selten waren wetterseitig die Bedingungen so gut für eine Hochtour. Und immerhin war unsere letzte große Unternehmung im Hochgebirge mit dem Großglockner schon 4 Jahre her. Also wurde es höchste Zeit. Und tatsächlich fanden wir gleich zum bayrischen Ferienbeginn ein Zeitfenster, in dem meine beiden erwachsenen bzw. halbwüchsigen Kinder auch Zeit hatten.

Begleitet wurden wir wie immer bei solchen großen Unternehmungen von Pio Jutz, einem sehr kompetenten, erfahrenen und netten Bergführer aus dem Montafon (http://www.alpin-dreams.com), der uns schon auf viele tolle Berge sicher rauf- und runtergebracht hat.

Geplant war die Stubaier Spaghettitour mit Übernachtung auf der Müllerhütte. Leider stellte sich heraus, dass der Rückweg vom Wilden Freiger zur Mittelstation der Stubaier Gletscherbahnen wegen Steinschlaggefahr und fehlender Brücke infolge der Gletscherschmelze nicht mehr möglich war. Auf den 2.000-Meter-Abstiegs-Hatscher ins Tal hatten wir keine Lust, weswegen wir die Tour auf Pio's Empfehlung kurzfristig etwas umgestaltet haben.

Tag 1: Anreise ins Stubaital und Akklimatisationstour auf den Egesengrat (2.631 m)

Nach Anreise ins Stubaital fuhren wir mit der Bahn zur Mittelstation Fernau der Stubaier Gletscherbahnen. Die Dresdner Hütte liegt direkt daneben und ist trotz ihrer Lage direkt an der Seilbahn eine sehr nette und freundliche Hütte mit allem erdenklichen Komfort (Duschen, Sauna, Bettwäsche!) und sehr leckerem Essen.

Nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten machten wir eine Nachmittagstour zum Hausgipfel Egesengrat (2.631 m) direkt hinter der Hütte, den man auf steilem roten Wanderweg erreicht. Man soll ja auf Hochtouren immer höher hinaufgehen als man später schläft, somit war das die optimale Akklimatisationstour. Hinauf läuft man ca. 45 Minuten und oben hat man eine sensationelle Aussicht. Trotz der Menschenmassen an der Dresdner Hütte ist man zudem da oben quasi alleine und auf halbem Weg gibt es auch noch einen wunderschönen Bergsee.

Tag 2: Östlicher Daunkogel (3.332 m) und Übergang zur Hildesheimer Hütte (2.899 m)

Nach reichlichem Frühstück holten wir am nächsten Morgen um 8:15 Uhr unseren Bergführer Pio an der Mittelstation der Seilbahn ab. Gemeinsam fuhren wir dann zur Station Eisgrat. Statt Spaghettitour hatten wir für den zweiten Tag den wenig begangenen Östlichen Daunkogel geplant. Direkt von der Station Eisgrat weg begeht man den schon sehr stark geschundenen Skipistengletscher und sieht die verzweifelten Versuche, mit Abdeckungen dem Gletscherschwund entgegen zu wirken.

Die schönen Pyramiden der Stubaier Wildspitze und des Östlichen Daunkogels sind von Anfang an zu sehen, sodass die Orientierung nicht schwierig ist. Zunächst also über die Skipiste hinauf und man erreicht schnell die steilen Gletscherhänge oberhalb der Skipiste, auf denen angeseilt wird. Auf diesen nun hinauf in die Scharte zwischen der Stubaier Wildspitze und dem Östlichen Daunkogel. Dort oben befindet sich ein gesicherter Übergang über die Scharte auf die Söldner Seite. Ein ganzes Stück rechts davon ist der Einstieg in den Ostgrat des Östlichen Daunkogel, der nicht gerade einfach zu finden ist. Man muss Ausschau halten nach den wenigen Bohrhaken, die angebracht sind. Aber wir hatten ja einen Bergführer dabei, der dafür auch das passende Auge hat.

Die Kletterei auf den Östlichen Daunkogel bewegt sich etwa im Schwierigkeitsgrat II, oft auch nur I, wobei das Gestein sehr lose und brüchig ist und daher eine hohe Trittsicherheit erfordert. Teilweise ist es am Grat ganz schön ausgesetzt. Der Weg ist immer wieder mit verblassten gelben Punkten markiert. Ganz oben kommt eine sehr luftige Gratpassage, dann ist man auf dem Gipfel und kann den herrlichen Ausblick geniessen: Serles und Habicht, Schrankogel und Wilde Leck, Hochstubaihütte, die Ötztaler Alpen mit Wildspitze und Weisskugel, im Norden das Karwendel, ganz weit unten die Amberger Hütte und ganz weit im Osten das Ziel des Folgetages, das formschöne Zuckerhütl. Wir haben dort hinauf gut 2 Stunden gebraucht und dann fast eine Stunde die Aussicht genossen.

Nach ausgiebiger Gipfelrast und Gipfelbucheintrag (der erste seit über 2 Wochen!) kletterten wir den Grat wieder hinunter und querten dann den Gletscher zunächst abwärts und dann auf der Gletscherskipiste wieder steil aufwärts entlang der Daunfernerskilifte (ausser Betrieb) hinauf zur Station Wildspitz, von der man bereits die Station Schaufelspitze sehen kann und dort auch wieder Menschen (die ersten, seit wir die Bergstation Eisgrat verlassen hatten). Der vermeintlich kürzeste Weg dort hinüber entlang einer blauen Schnur entpuppte sich als "Holzweg" (er geht sehr weit hinunter und ist steinschlaggefährdet), weswegen wir doch wieder nach Norden auf den Gletscher zurückgingen und über diesen unter geringem Höhenverlust hinüber zur Station Schaufelspitze. Dort wieder über scheußliche Abdeckplanen vorbei am Restaurant Jochdohle und unter der Absperrung durch wieder auf die Gletscherskipiste nach Südosten hinab auf die Söldner Seite.

Nach ca. 30 Minuten ab Schaufeljoch den deutlich sichtbaren Markierungsstangen entlang nach rechts und zum Gletscherrand. Von dort auf gut gesichertem Weg (Drahtseile, Trittstifte) hinab zur wunderschönen Hildesheimer Hütte auf 2.899 m, wo wir gegen 14 Uhr ankamen.

Auf dem Weg zur Hildesheimer Hütte und direkt an der Hütte gibt es immer wieder wunderschöne Bergseen und es ist klar, wo wir nach Brotzeit und Brotzeitbier den Nachmittag verbrachten.

Der Hüttenwirt und die Leute auf der Hildesheimer sind supernett und die Hütte ist wunderschön. Abends gibt es bei Halbpension ein leckeres 4-Gänge-Menü und sehr feine Schnäpse. Ich liebe österreichische Alpenvereinshütten!

Tag 3: Zuckerhütl (3.505 m) und Rückweg zur Dresdner Hütte (2.308 m)

Nach mässiger Nachtruhe (es war selbst da oben und nachts noch sehr warm) und leckerem Frühstück starteten wir um 6:15 Uhr in Richtung Zuckerhütl. Man geht hinunter zum Hüttenbergsee und dann erstmal steil und geröllig bergauf. Dazwischen kommt eine Klettersteigpassage, die sehr gut mit Drahtseilen gesichert ist. Da die Felsen glatt und sehr abschüssig sind, empfiehlt sich hier eine Selbstsicherung. Kurz danach (ca. 1 Stunde ab Hütte) beginnt der Gletscher, der am frühen Morgen endlich mal hart war, was das Gehen deutlich leichter machte. Dieser Gletscherteil war bei uns spaltenfrei, sodass wir ohne Seil gehen konnten. Nach einer knappen weiteren Stunde erreichten wir einen Felsriegel, der einfach überkraxelt werden kann. Von links stößt hier der Weg vom Schaufeljoch dazu, natürlich um diese Zeit noch ohne Gipfelaspiranten, die das Zuckerhütl mit Seilbahnunterstützung als Tagestour machen.

Von hier geht man direkt nach Osten wieder über den nun schon wieder weichen sulzigen Gletscher mit anfangs geringer Steigung am Zuckerhütl entlang auf dessen Ostseite. Hier unbedingt anseilen, da der Weg am Ende immer steiler wird und einige nicht immer gut sichtbare tiefe Querspalten aufweist, die man mit einem entschlossenen langen Schritt oder Sprung überquert.

Die letzte halbe Stunde muss das Zuckerhütl im II. Schwierigkeitsgrad erklettert werden. Vor uns kletterten einige Holländer direkt nach oben, wir bogen nach dem ersten Klettereinstieg etwas nach links auf die Südostseite ab, auf der es immer wieder Haken und Sicherungsmöglichkeiten gibt. Dort waren wir alleine und daher sicher vor Steinschlag. Nach anregender Kletterei erreichten wir nach gut 3-3,5 Stunden ab Hildesheimer Hütte den Gipfel mit dem imposanten Gipfelkreuz und herrlicher Aussicht. Hier war natürlich schon mehr los als am Tag zuvor. Die Kletterei am Zuckerhütl war etwas einfacher als am Östlichen Daunkogel und das Gestein fester.

Hinunter geht es wieder auf dem selben Weg. Als wir wieder den Gletscher hinunterstiegen waren wir froh über unseren frühen Aufbruch, da inzwischen sehr viele Gipfelaspiranten auf dem Weg zum Zuckerhütl waren, was insbesondere den Spaß der Gipfelkletterei für uns deutlich reduziert hätte. Bemerkenswert war auch der zu beobachtende Leichtsinn einiger Leute. Natürlich sieht der Gletscher unterhalb des Zuckerhütl wie eine Frühjahrsskipiste aus, er ist aber keine. Ein Mitglied einer Zweiereilschaft zog mit Mühe seinen Kameraden wieder aus einer Spalte und eine weitere Gruppe, die gänzlich seilfrei ging, sprach ich auf die Spalten vor ihnen an, was sie immerhin veranlasste, danach anzuseilen.

Nach ca. einer Stunde waren wir wieder an dem Felsriegel, an dem die Wege von der Hildesheimer Hütte und dem Schaufeljoch aufeinandertreffen. Hier dann auf gut sichtbarem Weg schräg ca. 200 m den gerölligen Hang hinauf und von dort auf einem Grat nach Westen hinunter. Dieser Weg ist steil, geröllig bis sandig und sehr rutschig, weshalb ich ihn mit T4/T4+ bewerte. Wir wollten nicht zum Schaufeljoch aufsteigen und bogen daher unten am Grat nach Norden ab. Dort betritt man nochmal einen Gletscher und steigt auf diesem nach Nordwesten in Richtung Liftanlagen ab. Von dort auf eher scheußlichen Skipisten-Wegen wieder hinab zur Dresdner Hütte. Dieser Rückweg darf zeitlich nicht unterschätzt werden: vom Zuckerhütl bis zur Dresdner Hütte waren wir ca. 3,5 Stunden unterwegs!

Nach einer ausgiebigen Mahlzeit nutzten wir dann wieder die Bergbahn zur Fahrt ins Tal.

Fazit: Im Bereich der Liftanlagen darf man nicht so genau hinschauen, da es dort nicht gerade schön ist. Große Teile dieser Tour führen aber durch eine wunderschöne hochalpine Landschaft. Insbesondere die Variante über den Östlichen Daunkogel ist sehr lohnenswert und einsam. Am Gipfelgrat ist aber gute Orientierung und sehr viel Trittsicherheit erforderlich. Das Zuckerhütl ist ebenfalls ein wunderschöner Berg, auch wenn man dort bei schönem Wetter sicher nie alleine ist. Die Gletscher im Stubai haben schon sehr gelitten, aber es ist immer noch eine Menge da und unterschätzen darf man diese Gletscher v.a. wegen ihrer Spalten auf keinen Fall. Alles in allem eine Klasse-Tour mit tollen Bergen und tollen Hütten unter Pio's perfekter Führung! Unnötig zu sagen, wer am fittesten war in der Kombination "ÜFü", Twen und Teenager: "Warum seid Ihr so langsam?" :-). 

Tourengänger: Ovidam


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Kommentare (2)


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sven86 hat gesagt:
Gesendet am 20. August 2018 um 20:51
Schöne Tour - bei der Würdigung dieses „Traumsommers“ muss ich aber widersprechen. Bis auf vereinzelte gute stabile Tage - dann auch meist unter der Woche - ist dieser Sommer aus Bergsteigersicht in den Ostalpen doch einmal mehr eine ziemliche Katastrophe; langeTouren sind kaum einmal möglich.
VG Sven

Ovidam hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. August 2018 um 07:53
Hallo Sven, danke für Deinen Kommentar! So eine Bewertung ist natürlich immer relativ. Aber ich bin in den letzten 20 Jahren so oft bei geplanten Touren im Regen oder sogar Schnee im Hochsommer rumgestapft, dass ich diesen Sommer wohl nur glorifizieren kann :-). Aber das mit den Wochenenden und Werktagen ist zweifellos richtig. Schönen Bergherbst Jürgen.


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