Berg,Tor, Rot: Alles Gitschen


Publiziert von Polder , 9. September 2017 um 10:40.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 8 September 2017
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1500 m

Gitschen vor - noch ein Tor: Ossi hat hier die alte Route Gitschenberg - Gitschentor verdankenswerterweise der Vergessenheit entrissen. Eine vielbegangene Passwanderung wird sie nie werden, dafür ist die Flanke zu wild, und einige Stellen im obersten Teil sind auch nicht ganz unheikel. Und wenn die alten Markierungen dereinst verschwunden sind, dürfte es sehr schwer werden, die richtigen Durchschlupfe durch die Felsbänder zu finden. Mit diesen ergibt sich aber eine äusserst eindrückliche Route durch die auf 800 Hm anhaltend steile Flanke.

Um 8 Uhr schwebe ich einsam hoch zum Gitschenberg in die Einsamkeit. Nur noch ein paar Kälber sind oben, Familie Arnold ist schon wieder zu Tale gezogen. Die Wiesen sind leider sehr nass, und statt dass die Sonne trocknen kann, schliesst sich der Nebeldeckel zunehmend. Nun denn, ich nehme mir vor, zumindest mal auf den schönen, von Honegg unverkennbaren Sporn ob Pt. 1685 zu steigen und dann weiterzusehen. Zwar treffe ich den Einstieg in den Pfad nicht, das abschliessende Band ist jedoch offensichtlich. Dort oben nimmt sich dann die weitere Querung nicht allzu abschreckend aus, zudem hat es doch in regelmässigen Abständen rote/orange Markierungen. Zuerst schräg empor auf den nächsten grossen Grassporn, diesen aber NICHT hinauf, sondern horizontal weiter queren auf den nächsten. Auf diesem nur recht kurz hinauf; die Markierungen weisen bald hinüber auf eine parallele Rippe, auf der man dann länger bis direkt unter die grosse schwarze Wand steigt. Diese Sporne sind wunderbar zu gehen/kraxeln, bankig und gut gestuft, fester Fels, zwar steil, aber immer wieder kleine Bödeli, sodass es nicht allzu abschüssig wirkt; erinnert etwas an den grasigen unteren Teil am Guppengrat. Pfadspuren hat es aber meiner Meinung nach nicht.

Unter der schwarzen Wand bin ich endlich den Nebel los, sodass ich weiter quere, an einer Biwakstelle mit alten Mätteli vorbei, auf den nächsten Sporn, auf dem man in nicht offensichtlicher Routenführung (aber es hat ja Markierungen) z.T. exponiert weiter steigt, bis zur Abzweigung der Via Toblinski. Diese wirkt zwar machbar, hat aber doch zwei steile Runsen zu queren. Solche bietet indes auch die markierte Route zum Gitschentor - die Passage nach der "Abzweigung" und bis auf die plattige Schlussquerung ist die heikelste: Die Runse, die man zweimal quert ist, kleinsplittrig und schuttbedeckt, dazwischen sind  Steilstufen zu überwinden, die nicht mehr ganz so gut gestuft sind wie die Sporne. Eher T5+ und für mich wär's im Abstieg nicht zu empfehlen. Zu achten ist zudem auch darauf, dass Gemsen hier Steinschlag auslösen können... Zuoberst dann noch eine Querung auf gut gangbaren, plattig-schuttigen Bändern zum Übergang, den eine uralte Bierflasche der Brauerei Drei Könige / Pfyl, geschlossen 1923, aus Schwyz ziert.

Insgesamt eine äusserst eindrückliche Route, bei trockenen Verhältnissen, wenn das Gras weder plattgedrückt, noch spätherbstlich dürr ist. Dank der Markierungen lässt sich eine erbarmungslos steile Flanke von 850 Hm doch insgesamt erstaunlich passabel überwinden. Wegen nebelbedingter Wartepausen und sorgfältigen (dh langsamen...) Steigens ist es doch schon 1 Uhr; stellt sich die Frage, Gitschen oder dessen Roten Bruder. Ich entscheide mich für letzteren, wo ich noch nie war, und den mir ebenfalls noch unbekannten Abstieg ins Chlital. Die Querung ist zu Anfang nochmals rot mit  "zum Urirotstock" markiert und weist im Geröll deutliche Wegspuren auf; dann Abstieg über den schönen grasigen Sporn in die grosse Mulde bei Pt. 2279 (alternativ liesse sich - wie ma90in94 - auch Gipfel 2573 überschreiten, das Band unter dem Rot Gitschen sieht aber an einer Stelle nicht ganz einfach aus).

Danach, die grasdurchsetzten braunen Zonen suchend, zum Gipfelaufbau. Die mühsame Geröllhalde lässt sich links über Gras gut umgehen; der Grasrücken leitet zu einer kurzen Felsrinne, in der sich in bestem, gut gestuftem Fels direkt zu den Steinmännern aufsteigen lässt, die den oberen Einstieg in die Geröllhalde markieren. So ergibt sich ein fast völlig geröllfreier und mE sehr attraktiver Zustieg, höchstens T4+. Anschliessend über gut gestufte, aber eher brüchige Schrofen auf den N-Grat, über den man bald den Gipfel mit seinem atemberaubenden Tiefblick gen Osten erreicht.

Für den Abstieg wähle ich die Geröllhalde und quere dann auf die Alpinwanderroute vom URS - den Abstieg durch den eindrücklichen Kessel möchte ich bei gefrorenem Boden, Schnee oder Eis nicht begehen... Most, Bier und Kuchen auf der lauschigen Musenalp, bevor ich in der offenen Kiste - dem legendären Musenalp-Express;-) - mit einigen URS-GängerInnen zu Tale schwebe; diese nehmen mich auch grad nach Flüelen mit - merci!

PS: Die Route aufs Gitschentor ist im Fullin-Führer (Ausgabe 1999) drin und mit EB bewertet. Die Beschreibung ist aber völlig unbehelflich, wenn nicht fast gefährlich, keine Rede von Querungen und Markierungen... Auch wird dort der Rot Gitschen über die offensichtliche Normalroute nicht beschrieben.. Da lob ich mir den Ossi, der mir zum Gitschentor noch wertvolle Einschätzungen geliefert hat - merci!

Tourengänger: Polder


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