Traumtour Watzmann-Ostwand (Berchtesgadener) und Überschreitung


Publiziert von alpensucht , 27. Februar 2017 um 00:46.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:10 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 2300 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Königssee - Wand - Südgipfel - Hocheck - Watzmannhaus
Unterkunftmöglichkeiten:Ostwandlager, Ostwandbiwak, Biwak auf dem Hocheck

Dreimal stand die Ostwand schon auf meinem Plan. Zweimal Wetter, einmal absagender Tourenpartner. Beim vierten Mal sollte es endlich gelingen! Die Zeit war für uns alle mehr als reif, die Wand zu durchsteigen. Die Wetterprognosen stimmen, einige Stunden eher Feierabend schenken einige Stunden mehr Schlaf. Erst Mitternacht kommen wir an der Bobbahn am Königssee an. Wir, das sind Björn (Ausbildungsreferent und Trainer Sportklettern Alpinclub Berlin), Daniel (frisch gebackener Trainer C Bergsteigen, Alpinclub Berlin) und ich

Zustieg und unterer Wandteil bis Schuttkar T5, II  2h

Am nächsten Morgen erwischen wir erst das zweite Boot nach St. Bartholomä, was schon wenige Minuten später abfährt. Um 9 Uhr starten wir nach dem Toilettengang in Richtung Eiskapelle. Der Weg gefällt uns außerordentlich. 9:50 Uhr erreichen wir die Eiskapelle und schnaufen den steilen Schutt unter dem Wandfuß empor. Weiter über uns steigt eine sehr große Seilschaft auf. Wir machen gleich ordentlich Tempo, holen die beiden vorderen Seilschaften dennoch erst am Schuttkar ein.

Bis hier hin gebrauchen wir schon reichlich den Topoführer von Rasp und ein Topo mit Beschreibung von Bergsteigen.com. Zusammen mit den Tipps und Beschreibungen von Bekannten ergibt sich ein ziemlich klares Bild, wo wir jeweils weiter steigen müssen. Björn und Daniel haben ganze Teile der Beschreibung von Rasp nahezu auswendig gelernt (v.a. welche Verhauer man nicht gehen soll).

Mittlerer Wandteil bis Biwakschachtel  T6, III   4h
11 Uhr. Nach 20min Pause und Auffüllen der Wasservorräte (Achtung: nach langen trockenen Phasen im Herbst auch Austrocknung möglich, siehe Bericht von frmat von 2011) treffen wir nach einer ausgesetzten Linksquerung auf die ersten kniffligeren Kletterpassagen (unter der Wasserfallwand).
Es staut sich, weil oben zwei größere Seilschaften am Werk sind. Wir steigen an den ersten Haken zunächst ohne Sicherung ein. Nachdem ein Stein uns nur knapp verfehlt, entscheiden wir uns schnell zum Sichern. Die Tritte sind relativ glatt abgespeckt, doch lässt sich alles recht gut ohne mit Zustiegsschuhen gehen. Insgesamt liegen die anspruchsvollen Stellen (III) auf etwa 80m Länge verteilt auf 2 SL (Haken vorhanden).

Am Ende der beiden Längen queren wir rechts unschwierig und gelangen in die besonders schön zu kletternden Rampen. Auf knapp 1900m geht's mal wieder ausgesetzt nach rechts, wobei sich schöne Blicke hinab zum Königssee auftun. Die senkrechten Wandstellen oberhalb davon, die Björn und ich frei geklettert sind, sind mental am meisten fordernd. Daniel, der mit Bergschuhen klettert, lässt sich lieber von uns sichern. Hier benötigen wir ziemlich viel Zeit.
Danach gibt es wieder eine grandiose Rechtsquerung hinauf auf einen Wiesenabsatz ("Brotzeitplatz" im Bergsteigen.com Topoführer). Die Seilschaft vor uns geht hier weiter rechts zur Gipfelschlucht. Wir bleiben nach 20min Pause bis 2060m im direkten Auslauf der Schlucht und queren sie dann rechts in eine Rinne.

An der "Dabelsteinplatte" genießt man wieder einen grandiosen Ausblick, der hier oben bereits bis zur Watzmannfrau und deren Kinder hinüber schweift. Die folgenden Kraxelmeter bis zur Biwakschachtel sind für uns alle der pure Genuss. Daniel hätte ja gern in der Biwakschachtel übernachtet, lässt sich wegen der bisher super verlaufenen Tour und von dem wenig einladenden Inneren leicht davon abbringen. Die folgenden Passagen sind permanent anstrengend, aber sehr gut zu klettern. Das Gestein scheint brüchiger zu werden.

Oberer Wandteil zur Südspitze  T6, III+  1h 45min
Die Routenführung ist für uns ab der Schachtel stets logisch und erfordert kaum noch das Nachlesen der Topos.
Auf den letzten Metern zeigen sich unsere konditionellen Unterschiede deutlicher. Auf die andere Seilschaft treffen wir kurz vor der letzten Schlüsselstelle. Wir seilen nochmals kurz an und Björn steigt uns die Stelle souverän vor. Im letzten Abschnitt einer so langen Wand wirkt eine III+ viel schwieriger als sie technisch sein mag!
Sauzufrieden und stolz auf eine gute Zeiteinteilung erreichen wir um 16:45 Uhr den Gipfel.

Gratübergang und Abstieg ins Dunkel  T5, II  3h 30min (davon 1h 30min Pause Hocheck)
Den Grat lege ich nach 45minütiger Gipfelrast in meinem eigenen Tempo zurück und finde mich so schon nach einer Stunde auf der Mittelspitze und nach weiteren 20min auf dem Hocheck wieder. Eine Dreiergruppe hat sich schon im Biwak eingerichtet. Sie teilen mit mir Kaffee und Schokolade. Meine Bergfreunde gehen den Grat viel gemütlicher an und treffen nach und nach zur untergehenden Sonne ein. Wir pausieren gemeinsam nochmal etwas und treten den Abstieg ins Dunkel zum Watzmannhaus an.

Wenn es dunkel wird und nach so einer langen Tour, zieht sich so ein technisch einfacher Abstieg ungemein in die Länge. Mein Respekt für alle, die nach der Ostwand ins Wimbachgries abgestiegen sind (Erzählungen von Freunden), steigt nochmal enorm.

Irgendwann gegen 21 Uhr sind wir dann im Refugium angekommen. Die genaue Uhrzeit ist uns vollkommen schnuppe! Wir sind froh noch Bier und Süppchen zu bekommen. Den Rest unserer Wegzehrung findet auch den Weg in unser Inneres.

Am nöchsten Morgen steigen wir über die Kührointalm zurück zum Königssee ab und fahren hochzufrieden nach Hause. Bergsteigende Flachländer können kaum ein schöneres Wochenende (!) erleben! Schon auf der Rückfahrt steht für mich fest: auch andere Routen werden wir noch angehen (in etwa in der Reihenfolge Widerroute - Kederbacher - Salzburger od. Münchner). Je nach Eignung und sonstigen Projekten werde ich jedenfalls keiner Anfrage, auch "nur" den Berchtesgadener erneut zu gehen, eine Absage erteilen!





 


Tourengänger: alpensucht


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