Mitterkarlspitze 2418 m


Publiziert von bergteufel , 17. März 2017 um 21:06.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum: 7 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m

Griaß di Bergsteigerin, Bergsteiger.

Die "Mitterkarl", ein feines Buckerle. "A bisserl kloa is` scho", wennst so am Gipfel sitzt, gegenüber einem der meistbesuchten Karwendler, dem "Lamsenspitz". Dann fühlst du dich irgendwie beobachtet und vielleicht auch belächelt, kraxelt doch so ein Männchen allein dort rum. Das beschert einem die Empfindung: Exote!?
Warum die vielen Hikr-Karwendelexperten sehr sparsam mit den Routenbeschreibungen zur Mitterkarl sind, mag wohl daran liegen, daß dieser Bergzwerg, mit seinen unzähligen Begehungsspuren, nur ein müdes Lächeln wert ist, oder, daß die strammen 4 Std. von der Eng hier hoch einem das Wadl gar nicht aufpumpen... wer weiß, wer weiß. Immerhin hat es neben dem Stoamo am Südostgrat oben am Gipfel auch noch einen, sonst könnte man sich glatt als Erstbesteiger fühlen.

Zunächst gilts ein kleines Rätsel zu lösen. Die Ausrichtung der Mitterkarlspitze, a wengerl schief steht der Buckel da. Von der Lamsscharte schaut man wohl auf die Ostwand. Vom Gipfel nach links zieht der Südostgrat, nach rechts weg der Nordwestgrat zur Mitterkarlscharte (vgl. den Schnittwinkel zum Barthspitze-Nordgrat). Folglich sieht man von der Lamsscharte links vom Gipfel auf den Südostgrat, für uns wichtig. Wenn man ihn erreicht, kann man die Südostflanke (von der Lamsscharte aus nicht sichtbar) einsehen und deren nächster Rand ist dann der Südgrat. Beide Grate treffen sich oben und bilden ein umgedrehtes "V". So nehme ich es jetzt mal in meiner Beschreibung an. Die Ausrichtung ist mir eigentlich egal, aber ich muß ja irgendwas für die Beschreibung festlegen.

Als Vorlage hatte ich die detaillierte Anleitung des AVführers Karwendel Alpin unter Nr. 1711. Wems hilft, gut. Bitte selber ein Bild vor Ort machen.

Ausgangspunkt: Lamsenjochhütte 1953m (hier hinzufinden sollte ja kein Problem sein) . Aufstieg zur Lamsscharte 2270m. Von der Lamsenjochhütte entweder den markierten Trampelpfad oder den Klettersteig hoch.
Ganz kurz dem Weg zum Hochnissl folgen und dann weglos hinab in die Senke unter der prächtigen Mitterkarlspitze Ostwand. Von dort links auf dem Schottergrasband leicht ansteigend zur grünen Einsattelung im Südostgrat queren (unschwierig, deutliche Gams- und Wegspuren). Hier ein Steinmann.

Auf der Suche nach dem Normalweg. Mit dem "daswarsnochnicht- Gefühl" im Bauch. Anstieg am 07.09.2016, SG I bis II, steiles Gelände.  

Vom Steinmann aus bitte das Gelände sondieren. Die nächste sichtbare Kante ist der Südgrat. Man kann sehr gut die Aufstiegsroute sehen, wie sie sich "grün" in der Südostflanke (deutlich näher am Südgrat) nach oben schlängelt.

Zunächst steigt man südwärts die Rinne (oder links davon) kurz (10Hm) hinab. Danach quert man weglos, ohne Höhenverlust, die Südostflanke des Berges. Man kommt zum Ausläufer einer Rinne und geht dann noch ein kurzes Stück weiter Richtung Südgrat (aber nicht annähernd bis zu ihm). Bei einer Felsplatte setzt ein steiler Grasstreifen an, welcher nach Westen zieht. Diesen hoch (Grasbüschel halten). Man hält sich stetig ansteigend nach links (südwärts) bis man die Randfelsen einer Rinne erreicht. Diesen kurz folgen (SG I). Hier beginnt das Grasband (rechts wegziehend, nordwärts), welches zum oberen Grasrücken, der in der Südostflanke der Mitterkarl eingebettet ist, führt.
Das steile Schrofengelände des Rückens rechtshaltend ansteigen. Orientierungspunkt sind die komischen Gratpilze, die das Ende des Südostgrates markieren. Weiter das Grasgelände hoch bis der Vorgipfel im Südgrat ansetzt.
Hier gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder quert man unterhalb des Vorgipfels (westwärts), sich knapp unter dem Südgrat haltend, nordseitig, auf sehr abschüssigem Schrofengelände über der Ostwand, bis zur Einschartung unter dem Hauptgipfel, oder
man steigt zum Vorgipfel auf. Bleibt dann direkt am Südgrat, schlägelt sich durch die Minizackerl (SG I bis II-) und steigt eine SG II Stelle (3m) in die Scharte ab. Für mich deutlich angenehmer, weil Fels bleibt Fels.
Danach Schrofengelände hoch zum Gipfel. Kein GB, nur ein kleiner Steinmann.
Die Kletterausrüstung bleibt zu Hause im Schrank. 

Wer hätte das gedacht, so g`schmeidig. Dann alles wieder runter.

Wegen der fehlenden Begehungsspuren ist die Mitterkarl wohl sehr selten besucht. Ob nach diesen Infos die Besteigerzahl zunimmt? Es kann ja jeder Besucher zwei Steinchen auf den Gipfelsteinmann legen, dann schauen wir mal, wie schnell er wächst.

Ach ja: Wenn man die Route ideal trifft, dann hat die Mitterkarl an sich höchstens den klettertechnischen Schwierigkeitsgrad I, aber.....
Wer die Grashänge der Vogelkarspitze als steilste des Karwendels sieht, der kann ja mal Hand an die der lieben Mitterkarl legen. Durchaus ebenbürdig.
Die Gratpilze sind einen Blick wert.
Dieses Buckerle besitzt vieles, was ein großer Berg seiner Klasse auch hat, nur eben in Kleinformat. Super.

Die 5 Std. von der Lamsenjochhütte bedeuten 3 Std. hoch und 2 Std. runter. Wer den Weg kennt, der packts auch in 2 Std. hoch, oder noch schneller. Aber was solls, Spaß muß es machen. 

Eine schöne, knackige Bergtour. Die Tour ist für Bergsteiger schlichtweg Wandern und für Wanderer schlichtweg Bergsteigen.

Übrigens bin ich am 05.10.2015 vom Steinmann direkt hoch über den Südostgrat (SG III+, Bild 25 bis 29). Es folgen zwei Felsbrücken (die Erste kann man links umgehen, die Zweite überschreitet man), danach Schrofengelände. Stetig wird es steiler und der SG nimmt zu. Alles ziemlich brüchig. Es gibt keine Besteigungsspuren. Oben hält man sich direkt am Grat, sehr ausgesetzt. Vom letzten großen Aufschwung, unmittelbar vor den komischen Gratpilzen, schließlich in die südseitige Rinne abklettern (wohl ein hoher IIIer, siehe Bild Nr. 12 und 29). Habe vor dieser Stelle einen Höllenrespekt. Abseilen wäre hier angesagt, aber weder ist eine Abseilstelle eingerichtet, noch hat der Oktober-Karwendel-Bergsteiger so "mirnichtsdirnichts" ein Seil dabei. Vom Fuß der markanten Gratbobbels problemlos, wie oben beschrieben, weiter zum Gipfel. Beim Abstieg bin ich damals die Rinne, welche direkt bei den Gratpilzen beginnt, runtergestiegen. Ist ja auch sehr verlockend, aber falsch. Schreibt der AVführer doch, das Grasgelände neben dem Grat einfach hoch/runter. Danke. Ich steckte wieder in richtig steilem Klettergelände. Fazit: ein Fiaskotag. Und deshalb folgte 2016 die "Daswarsnochnicht-Tour".

Noch ein Wort zu diesem Steinmann am Südostgrat. Wenn er eine Bedeutung hat, dann gilt sie nicht dem Aufstieg zur Mitterkarl, denn danach gibt es keinen Steinmann mehr bis zum Vor- und Hauptgipfel. Lange habe ich über die Bedeutung nachgedacht, aber denkt man an ein anderes Ziel, wird`s logischer. Sicher wird 2017 (oder später) diesen Steinmann ein Karwendelgipfeljäger auf Hikr erwähnen.

Berg heil, viel Spaß bei der Tour, habe die Ehre

Bergteufel

Tourengänger: bergteufel


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Kommentare (1)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 22. März 2017 um 13:42
Danke, lieber Rudi für diesen schönen und SEHR informativen Bericht.....
Da muß ich mal hoch.....dachte, das ist schwerer....

Gruß,

der ADI


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