Höhenglücksteig und Norissteig, Klettersteigklassiker im Frankenland


Publiziert von klemi74 , 10. Oktober 2016 um 17:36.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Fränkische Alb
Tour Datum:10 Oktober 2016
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K4+ (S+)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Hirschbach im Hirschbachtal. Von Nürnberg bzw. der A9 aus der B14 bis Hersbruck folgen, Richtung Velden ins Pegnitztal abbiegen und nach wenigen km weiter ins Hirschbachtal fahren. Wanderparkplatz am Ortseingang links, kostenfrei.
Unterkunftmöglichkeiten:Irgendwo in der Umgebung - die meisten Dörfer haben mindestens einen Gasthof mit Fremdenzimmern, ein Einzelzimmer mit Frühstück ist eigentlich überall für unter 50€ zu finden.
Wem das zu teuer ist, dem sei gesagt, dass man mit höchstens 20€ pro Person für ein Abendessen (Standardgericht) mit Suppe und 2 Getränken rechnen muss.
Kartennummer:Fritsch Nr. 53 - Fränkische Schweiz Blatt Süd. In dem Wirrwarr an Wanderwegen wäre eine 1:10.000er Karte wohl angebracht

Nordöstlich von Nürnberg gibt es zwei altbekannte Klettersteige, die oft als Übungsklettersteige für diejenigen in den Alpen bezeichnet werden. Das wird aber gerade dem Höhenglücksteig nicht gerecht, wird er doch in der üblicherweise verwendeten Skala als "D/E" eingestuft, zumindest bei einer kompletten Begehung. Beide habe ich schon mehrfach begangen, allerdings ist das schon gut 10 Jahre her... Höchste Zeit also, hier mal wieder nach dem Rechten zu schauen!


I. Norissteig
Vom Wanderparkplatz aus quert man die Straße und steigt in einem kleinen Tälchen auf, links oben die beeindruckende Mittelbergwand im Blick - sie ist später noch dran. Bald zweigen Spuren nach rechts in den Wald ab - sie führen zum Norissteig, den ich wie immer in der falschen Richtung begehen werde... Erstes Hindernis ist der Frankekamin, ein kleiner Kamin mit zwei Trittstiften und feuchtem, speckigen Fels (gut II), seit ein paar Jahren auch mit Sicherungen. Nach einem Wanderabschnitt und einem kleinen Felsdurchlass folgt mit dem Norisbrett die Schlüsselstelle: 5m über dem Boden wird eine glatte Wand auf Trittstiften gequert, B/C. Wieder wandert man zum Noristörl, einem natürlichen Felsbogen, der aber nicht erklettert wird und an dem ich heute knallhart vorbeigelaufen bin.
Auf dem folgenden Höhenrücken stehen höckerartige, bemooste Steine - je nach Routenwahl zwischem T2 und II. Highlight des Steiges ist die nun folgende Amtsknechtshöhle: von oben steigt man in die Höhle hinein, durch ein Fenster in der Rückwand wieder hinaus in eine kleine Wand mit Trittstiften, B/C. Nach der Höhle geht es unterhalb des Steilhanges zurück zum bereits bekannten Weg unter der Mittelbergwand.
Diese fast 30m hohe weiße Wand aus schönstem Jurakalk bietet Klettereien der schärferen Gangart (bis VIII+), der Steig selbst ist knapp als C zu bewerten - ein Kamin, den man sich früher zum Seilbeginn hochschieben musste, ist mittlerweile komplett gesichert. Auf gut erkennbarem Steig geht's erneut hinab zum Wandfuß.
Und nun geht es hinauf zum deutlich anspruchsvoller Höhenglücksteig.


II. Höhenglücksteig
Dieser Steig ist von der Mittelbergwand aus in ca. 30min Gehzeit zu erreichen, eine exakte Beschreibung des Weges ist in dem kleinräumigen Gelände kaum möglich, Dank der Wegweiser aber auch nicht nötig. Der Höhenglücksteig gliedert sich in drei Abschnitte, die wiederum in Unterabschnitte aufgeteilt werden können - nach jedem Unterabschnitt ist ein Ausstieg bzw. Einstieg möglich, der Wanderweg verläuft direkt unter den Felsen. Ich habe heute nicht die Schuhe mit den besten Sohlen an und muss die schwierigsten Passagen auslassen, da ich den Steig aber schon etliche Male zur Gänze gemacht habe, beschreibe ich ihn trotzdem komplett!
Direkt vor dem eigentlichen Einstieg befindet sich rechterhand noch der Bambibi-Steig, der aber nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene geeignet ist. Kreuz und quer durch die Felswand, B/C.

Abschnitt 1
a) Vom Wanderweg steigt man hinauf zu einem kleinen Kamin, im Gegensatz zum Frankekamin trocken, aber halt nur mit wenigen Stiften ausgestattet, C bzw. II. Alternativ kann der Felsriegel an der Kante am straffen Seil, aber ohne Tritthilfen erstiegen werden, D/E.
b) Erster Kontakt mit der Westwand des Schwarzen Brandes, hier noch ohne nennenswerte Höhe über dem Boden. Teilweise bewegt man sich auf dem schrägen, speckigen Kalk, teilweise auf ersten Trittstiften, B
c) Der echte Steig beginnt... Immer in 5 bis 10 Metern Höhe hangelt man sich an der Wand entlang, quert eine Holzbrücke und stellt anhand der Abstände zwischen den Stiften fest, dass der Steig nicht für kurzhaxige Leute gebaut wurde. Man muss sich am Seil festhalten, vernünftige Griffe im Fels hat es leider nicht - man kann also hier nicht für echte Kletterrouten trainieren. C
d) Wittmannschikane: An einem Felsen mit nur winzigen Griffen und Tritten zieht man sich am Seil drei Meter hoch, quert wenige Schritte nach links und steigt ähnlich wieder ab. Reine Kraftübung, D/E.
e) Nach dem Teil, den ich heute auslasse, quert man wieder ähnlich wie bei c) die Wand, allerdings sind die Tritthilfen jetzt deutlich spärlicher gesetzt. Ende Teil 1, man ist knapp über dem Wanderweg. C/D.
f) Luginsland: etwas abgesetzt vom Steig steht ein kleiner Felsturm mit Kreuz. Nordseitig hat es hier kurze Kletterrouten, aus der Richtung aus der ich komme, sind zwei Meter II zu überwinden.

Abschnitt 2:
a) Petrusbrettl: der zweite Teil des Steiges verläuft nordseitig und ist länger feucht als der erste, dazu ist die zu querende Wand viel höher. Auch hier quert man überwiegend auf Stiften, teils auch auf guten Tritten, die Wand, C.
b) Frankenkammer/Mauseloch: im Abstieg hinab zum Wanderweg kommt man von oben auf eine winzige Höhle zu, an deren Rückwand man auf zwei kurzen Stahlstiften absteigt. Ungesicherte, lange feuchte Passage. Ich finde die Bewertung als II passender als eine KS- Angabe. Wieder zum Wanderweg, wo sich bald eine Bergwachthütte befindet.

Abschnitt 3:
a) Vom Hüttchen im Wald zwischen den Felswänden nach oben, Teil 3 liegt links. Er beginnt mit einem bauchartigen Überhang, hier muss man sich elend weit nach links vorbeugen und mehr oder weniger frei durchschwingen. Mit dem rechten Fuß an einer senkrechten Stelle abstützen und den linken Haxen zum folgenden Trittstift ziehen. Mindestgröße des Kletterers 165cm! In etwas geringerer Schwierigkeit weiter zum Notausstieg und direkt danach zum Steigbuch. D/E.
b) Nach dem Notausstieg bin ich nicht mehr weitergegangen, das Pensum hat mir vollauf gereicht. Weiter geht es mit einer Passage auf ein paar schlechten Tritten und einigen Stiften im stark überhängenden Bereich und danach einem furchteinflößenden Blick um die Ecke: die nächsten 10 Meter quert man eine glatte senkrechte Wand ohne Klammern oder Stifte. Es hat schräge (ca. 60Grad) künstliche Tritte, die aber wahnsinnig speckig sind. Es ist eine reine Kraftübung, danach folgen wenige einfache Meter bergauf und das war's dann. D/E.
c) Prellstein: Man steigt unterhalb der Wände zurück und erreicht etwas östlich der Bergwachthütte den freistehenden Prellstein, einen 15m hohen Felsturm. Der Normalweg führt auf der Westseite neben der Minihöhle (Bierlager der Bergwacht, vergittert) nach oben, II-.

Der Abstieg nach Hirschbach beginnt am Prellstein und ist gut beschildert. Alternativ steigt man unterhalb des Steiges zurück zum Einstieg und nimmt den bekannten Weg.


III. Infos am Rande
Den Steig sollte man niemals, also wirklich überhaupt gar nie, an schönen Nachmittagen am Wochenende begehen, es geht dann zu wie Sau samt Staus vor den schwierigen Stellen!
Der Steig ist in unterschiedliche Himmelsrichtungen exponiert und somit teilweise sehr heiß, teilweise auch lange feucht, zumal man z.T. unter dem Laubdach bleibt. Der Norissteig trocknet generell später ab.
Der Höhenglücksteig wurde bereits in den Jahren 1932 bis 1937 angelegt, deshalb ist er auch oft von speckigem Fels geprägt.
Wenn man nur die klassischen alpinen Steige kennt, muss man sich wohl auch erst mal daran gewöhnen, dass die beiden Steige nicht bergauf führen, sondern waagerecht durch die Wände leiten.
Bei der Unterteilung der drei Abschnitte weiche ich von der sonst beschriebenen Vorgehensweise ab, macht für mich mehr Sinn. Die beiden beschriebenen Felstürme gehören übrigens offiziell nicht zum Steig.
Zum Namen der beiden Steige: hier haben sich die jeweiligen Erbauer, die Sektion Noris des DAV und die "Alpine Gesellschaft Höhenglück" verewigt.
Beide Steige werden, nicht nur von mir, als fränkische Klassiker bezeichnet, liegen aber politisch gesehen in der Oberpfalz und somit in Altbayern. Grund für diese Deutung ist, dass in der Gegend ein fränkischer Dialekt vorherrscht, ferner ist die Ecke evangelisch geprägt und nicht katholisch wie der Rest der Oberpfalz.


Fazit:
Nette kurze Klettersteige, die fast ganzjährig begangen werden können, auch die Wanderung zum Steig ist landschaftlich reizvoll. Gerade der Höhenglücksteig ist definitiv schon ein Steig der schärferen Gangart, der von vielen "Neulingen" stark unterschätzt wird - auch der leichtere Norissteig ist nicht so dermaßen harmlos, wie er oft beschrieben wird, eine Bewertung mit ZS- ist auch für ihn angebracht!
Die Orientierung ist aufgrund des unübersichtlichen Geländes nicht einfach; es gibt zahlreiche Wanderwege, die Markierungen und Beschilderungen helfen nicht immer weiter. Ein bisschen Orientierungsgabe ist nicht nur beim Zustieg, sondern auch direkt auf dem eigentlichen Norissteig notwendig.

Reine Gehzeit 3h55

So, jetzt fällt mir nix mehr ein...!

Tourengänger: klemi74


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