Piz Bernina - Biancograt


Publiziert von berglerFL , 12. August 2016 um 22:10.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum: 8 August 2016
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Piz Bernina   Bernina-Gruppe   I 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2100 m

Eigentlich bin ich kein Freund von überlaufenen Touren, aber der Biancograt fasziniert mich schon seit meiner Jugend. Irgendwie haben wir es die letzten Jahre nie geschafft, irgendwie gaben wir immer anderen Touren den Vortritt. Nun sollte es aber soweit sein. In der Hoffnung das unter der Woche weniger los sein würde fuhren wir am letzten Sonntag nach Pontresina.

Tag 1
Bei bestem Wetter starteten wir den Aufstieg zur Tschiervahütte beim Bahnhof in Pontresina. Erst geht es eine gefühlte Ewigkeit mit den Touristenmassen durch das Val Roseg. Nach dem Hotel Roseg wird es dann merklich ruhiger, zum Glück. Nun werden auch das erste Mal ein paar Höhenmeter gemacht. Der Weg führt auf der linken Talseite stetig bergan bis man nach ca. 2h das erste Mal die Tschiervahütte und den Piz Bernina zu Gesicht bekommt. Ich war vor 8 Jahren zuletzt auf der Hütte und war schockiert über den Zustand des Tschiervagletschers. Ein so gewaltiger Rückgang hätte ich nicht erwartet.
Auf der Hütte angekommen erfuhren wir das am nächsten Tag 60 Leuchte den Biancograt im Visier hatten. Viel los also.

Tag 2
Um 03:30 Uhr starten wir von der Hütte in Richtung Fuorcla Prievlusa. Auf guten Wegspuren geht es direkt von der Hütte steil hoch zu den ersten Felsen die mit Eisentritten überwunden werden. Nach zwei weiteren Seilsicherungen geht es an eine längere Hangquerung parallel zum Tschiervagletscher. Man darf sich von den vielen Spuren die immer wieder talwärts führen nicht verleiten lassen. Immer weiter den Hang queren und den reflektierenden Markierungen folgen. Kurz vor dem Abbiegen in Richtung Fuorcla steigt man runter auf den Gletscher. Heute waren die Verhältnisse so ideal das wir ohne Probleme auf dem Firnfeld zur Fuorcla Prievlusa aufsteigen konnten. Alternativ gibt es noch einen Klettersteig. Diesen hat aber heute niemand benutzt. Auf der Fuorcla angekommen sahen wir das erste mal was 60 Leute am Berg eigentlich bedeuten. Der erste Stau war angesagt. Gewisse Leute gehören einfach nicht an solch einen Berg. Vor uns haben sich Szenen abgespielt die man nur mit Kopfschütteln quittieren kann. Nachdem wir die zwei schlimmsten Seilschaften überholt hatten ging es ganz flott weiter. Die Haifischflosse kann man momenta noch in steilem Firn umgehen, wird aber nicht mehr lange möglich sein. Nun folgen wir dem firnigen Teil des Biancogrates. Die Verhältnisse konnten nicht besser sein, perfekter Trittschnee. Auf dem Piz Bianco wurden wir dann drastisch ausgebremst. Auf dem Felsgrat zwischen de Piz Bianco und dem Piz Bernina turnten ungefähr 30 Leute rum. Bei der ersten Abseilstelle warteten schon sicher 10 Leute. Da hinter uns niemand in Sicht war machten wir erstmal Pause. Doch irgendwann wollten wir dann doch mal weiter. Die Einzelheiten über den Felsteil erspare ich mir hier, es gibt doch schon diverse Beschriebe. Ich kann nur soviel dazu sagen, wir hatten fast 3h für den Felsteil für den man normalerweise 1h braucht. Das sagt glaube ich alles über die Personenanzahl und die Situation am Berg aus.
Auf dem Gipfel traffen wir dann wieder auf Harald und Christine aus Kärnten, sie hatten wir beim Aufstieg zur Tschiervahütte kennengelernt. Nach kurzer Rast auf dem Gipfel machten wir uns an den Abstieg über den Spallagrat. Um etwas Zeit zu sparen, die Zeit war doch etwas fortgeschritten, haben wir uns mit 8 anderen Leuten zusammengetan und uns alle am gleichen Seil die zwei Abseilstellen abgeseilt. Danke nochmals! Nur noch ein steiles Firnfeld hinunter und dann erreichten wir nach 14.5h (!!!) endlich die Marco e Rosa Hütte. Ich muss noch kurz anmerken das wir von den 14.5h ungefähr 3h im Stau standen.

Tag 3
Für den dritten Tag wäre die Überschreitung des Piz Palü geplant gewesen. Doch schon als ich Nachts mal kurz aufgewacht bin wusste ich das das wohl nix werden würde. Der Wind pfiff um die Hütte und die Berge waren zu. Als wir um 5 Uhr beim Frühstück sassen war die Situation leider auch nicht besser. Wir entschieden uns für einen Abstieg über den Fortezzagrat. Christine und Harald hatten das gleiche vor, so haben wir uns zusammengetan.
Von der Hütte queren wir die Bellavistaterrassen im Nebel, es hat zum Glück eine gute Spur. Auf dem Fortezzagrat haben wir drei Mal abgeseilt. Das Ganze ist gut mit gelben Pfeilen markiert. Bei P. 3122 geht es auf den Vadret da la Fortezza, die Isla Persa ist schon in Sicht. Als wir mitten auf dem Gletscher waren hat es komplett zugemacht und wir sahen gerade noch 2m weit. Da wir uns nicht ganz sicher waren wo es genau durch geht und auf der Karte auch diverse Querspalten eingezeichnet waren, entschieden wir uns zurück zu P. 3122 aufzusteigen und dort den Nebel abzuwarten. Beim Wiederaufstieg fing dann plötzlich mein Eispickel an zu "singen". Von einem Gewitter war aber noch nicht wirklich was zu sehen, doch als wir bei den Felsen angekommen waren gab es einen gewaltigen Knall. Das Gewitter war direkt über uns. Graupelschauer, Wind und Blitze zogen ca. 30min über uns hinüber. Dann beruhigte sich das Wetter wieder und wir sahen wieder runter zur Isla Persa. Nun stiegen wir zurück auf den Gletscher und runter zum Steinmann bei der Isla Persa. Dort folgen wir guten Wegspuren und Steinmännern hinunter zum Vadret Pers und über den Morteratschgletscher hinaus nach Morteratsch.

Fazit:
Trotz der ganzen Staus hat sich die Tour gelohnt. Die Umgebung entschädigt hierfür mehr als nur. Ein zweites Mal würde ich diese Tour aber nicht mehr machen, ist mir doch etwas zu viel Trubel.

P.S.: Gruss an Harald und Chrstine, gerne mal wieder!


Tourengänger: berglerFL


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Kommentare (3)


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Kaj hat gesagt: "singen"
Gesendet am 8. September 2016 um 11:02
Hoi Simon,
packende Hochtour ohne Einsamkeit aber mit sozialem Austausch. Ihr habt es ja geschafft & seid alle wieder heil runtergekommen. Schöne Fotos.
Nun aber eine Frage: ein singender Pickel bei Gewitter - wie könnte ich mir dieses Geräusch vorstellen?
Es ist ja ein Signal, das vor der GewitterGefahr warnt.
ciao Kaj

berglerFL hat gesagt: RE:"singen"
Gesendet am 8. September 2016 um 20:17
Hi Kaj
Danke! Hat sich trotz Trubel sehr gelohnt.
Das "singen" kannst du dir ungefähr so vorstellen wie wenn der Wind um Hausecken pfeift oder eine abgeschwächte Form einer singenden Säge. Anders kann ich es nicht erklären... Entsteht weil sich kurz vor einem Gewitter sehr viel Spannung in der Luft bildet. Vom Beginn des Singens bis zum ersten Blitzeinschlag waren es ein paar Minuten.

Gruss
Simon

Kaj hat gesagt: RE:"singen"
Gesendet am 8. September 2016 um 21:14
Danke Simon,
diesen metallischen Ton kann ich mir vorstellen & manchmal sind 10 Min VorwarnZeit viel wert
ciao Kaj


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