Narrenkopf, Hocheder und Rietzer Grieskogel: 5*-Rundtour im Sellrain


Publiziert von Andi_mit_i , 10. Juli 2016 um 00:18.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum: 7 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 1450 m
Strecke:Pfaffenhofer Alm - Narrenkopf - Hocheder - Rietzer Grieskogel - Bachwandkopf - Angersee - Peter-Anich-Hütte- Pfaffenhofer Alm
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Scharnitz-Seefeld-Telfs-Pfaffenhofen-Pfaffenhofer Alm
Unterkunftmöglichkeiten:Pfaffenhofer Alm, Peter-Anich-Hütte

Der Juli beendet das Sommertrauerspiel und bringt endlich mehrere stabile und vor allem gewitterfreie Sommertage am Stück. Der beste Tag sollte der Donnerstag werden den ich mir mittels Überstunden freinehme.

Ein paar Freunde haben sich auch noch dazugesellt und so ging es zu viert in die Berge.

Als Ziel wurde eine große Rundtour im Sellrain ausgewählt. Ausgehend von der Pfaffenhofer Alm soll es über Narrenkopf und den Hocheder zum Rietzer Grieskogel gehen.

Wenn man sich nach Tourenberichten zu den Aufstiegsvarianten von Norden ins Sellrain umschaut sieht es recht mau aus. Selbst hier auf der Seite sind nur sehr wenige zu finden. In der Regel besteigt man das Sellrain von der Straße nach Kühtai die einem auf eine komfortable Ausgangshöhe bringt. Vom Inntal sind es hingegen um die 2000 Höhenmeter bis ganz nach oben was nicht gerade zur Attraktivität der Touren beiträgt.
Zusätzlich gibt es keinerlei AV-Karte in dem das Gebiet nördlich von Hocheder und Rietzer Griesskogel einsehbar ist. Das Blatt Sellrain endet genau dort und beim (schlechten) 1:50000 Blatt "Innsbruck" hat auch genau an dieser Stelle seine Legende.

Über die wenigen vorhandenen Tourenberichte erfährt man allerdings von der sehr praktischen Möglichkeit bis zur Pfaffenhofer Alm mit dem Auto hochzufahren und so einen guten Startpunkt in ca. 1700 Meter Höhe zu haben. Diese Straße ist der Fahrweg zur Alm und fordert alles von einem Durchschnittsauto ab. Sportliche Autos mit wenig Bodenfreiheit werden hier wohl nicht hochkommen. In Pfaffenhofen biegt man dazu in der Nähe der Kirche nach Süden ab und folgt den gelben Wegweisern zur Pfaffenhofer Alm.  Anfangs noch auf einer Asphaltstraße biegt man recht bald links auf eine Schotterpiste ab. Dort steht auch der Hinweis dass man eine Genehmigung zur Befahrung benötigt, die man entweder am Gemeindeamt in Pfaffenhofen oder oben auf der Pfaffenhofer Alm bekommt (2,10 EUR).
Über viele Serpentinen rumpelt man dann steil und geröllig die schmale Straße hoch. Irgendwo habe ich den Fehler gemacht und bin stehengeblieben um einen abfahrenden Radler Platz zu machen. Das darauffolgende Losfahren klappte erst nach Ausschalten des ESP (und der damit verbundenen Anfahrtsschlupfregelung des Autos) mit leichtem Durchdrehen auf dem Schotter...
Die Auffahrt dauert ca. eine halbe Stunde. An der Alm gibt einige Parkmöglichkeiten. Wie es am Wochenende dort aussieht kann ich nicht sagen.

Der Aufstieg erfolgt von der Pfaffenhofer Alm durch das Hochtal nach Süden zum Narrenkopf, auf einem steilen aber gut zu begehendn und nicht zu schwieriger Weg (T3).  Es geht permanent steiler werdend das Tal nach oben. Über viele Serpentinen passiert man den sichtbaren Felsriegel linkerhand. Danach lehnt sich das Gelände wieder zurück und man gelangt in den Kessel zwischen Hocheder und Narrenkopf. Man geht bis zum Ende des Kessels und steig schließlich in weiteren Serpentinen zum Sattel zwischen Hocheder und Narrenkopf.

Bereits vom Narrenkopf ist die Aussicht beeindruckend. Wie auf einem Balkon hat man das Inntal und die Bergzüge von Karwendel, Mieminger und Wetterstein vor sich. Einzig nach hinten ist durch den ca.350 Meter höheren Hocheder keine Sicht. Auf dem sehr gemütlichen Gipfel des Narrenkopf hält man es einige Zeit aus. Der Narrenkopf hat übrigens zwei Gipfelkreuze, eines am höchsten Punkt und ein weiteres unterhalb des nördlichen Vorgipfels das man zwar vom Hauptgipfel kaum sieht aber dafür von der Pfaffenhofer Alm aus.

Der Weiterweg erfolgt über den blockigen Nordgrat des Hocheder (T4, I). Gleich am Anfang der Hinweis dass der folgende Weg "nur für Geübte" ist. Überall gut markiert folgt man nun fast durchgehend recht steil den Grat. Nie zu ausgesetzt geht und kraxelt man ungefähr eine Stunde lang höher und höher. Einige Grattürme werden dabei auf schmalen Pfad westseitig umgangen. Irgendwann lehnt sich dann der Grat zurück und man kommt auf dem breiten Vorgipfel des Hocheder an, der mit einer Markierungsstange geschmückt ist. Von hier sind es nur noch wenige Meter zum höchsten Punkt wo eine weitere Markierungsstange steht. Der Hocheder besitzt auch ein Gipfelkreuz, allerdings liegt es umgebrochen am Boden. Von zwei Schrauben die es festhalten sollten fehlte eine, die andere war durchgebrochen.


Jetzt ist auch der Ausblick nach Süden ungehindert, lediglich der hundert Meter höhere benachbarte Rietzer Grieskogel steht noch etwas im Weg. Die Sicht geht von den Zillertaler Alpen über die nahen Stubaier Gipfel bis zu den Ötztaler Alpen wo die Wildspitze die Aussicht krönt.

Wer sich übrigens den Weiterweg über den Grat zum Hocheder nicht zutraut kann vom Narrenkopf auch auf der anderen Seite wieder Richtung Angersee absteigen und so auch eine kleine Rundtour machen.

Nach wiederum ausgiebiger Gipfelpause brechen wir zum Weiterweg zum Rietzer Grieskogel auf (T4). Es geht zurück zum Vorgipfel und von dort zum Gratbeginn nach Westen. Gleich am Anfang folgt man dazu einem Drahtseil dass einem beim Abstieg durch eine plattige Rinne hilft. Über weitere Rinnen und Schrofen (fast alles drahtseilgesichert) steigt man bis zur Scharte ab. Dort ist die einzige fragliche Stelle der Tour (siehe auch Fotos). Einerseits führen Wegspuren nach rechts um den Grat, wo sich auch ein grau übermalter Markierungspunkt befindet. Von oben sieht man auch Spuren auf dem Grat. Die Markierungen selber gehen nach links über einem brösligen Hang abwärts und führen unterhalb von Felsplatten zum Aufstiegsweg von der Flauringer Alm. Etwas verwunderlich ist dass hier nirgendwo Wegweiser oder andere eindeutige Hinweise zum Weiterweg zum Rietzer Grieskogel zu finden sind. Auf diesem geht es nach der Querung eines kleineren Schneefelds (lässt sich auch unterhalb einfach umgehen) dann gleich wieder schweißtreibend rauf zum Grat. Nach etwas auf und ab gelangt man zum Grasrücken unterhalb des Rietzer Grieskogel. Steil und über viele Serpentinen geht es nun den schottrigen und schrofigen Rücken bis zum Vorgipfel hoch. Noch ein paar Meter über Blöcke und Platten links rauf und man hat den höchsten Punkt der Tour erreicht. Die Aussicht ist vergleichbar mit der vom Hocheder, lediglich ist jetzt auch der Blick zum düsteren Acherkogel frei.

Wir genießen die Aussicht und die Ruhe (lediglich eine Bergsteigerin kam uns kurz vorm Gipfel entgegen, ansonsten haben wir noch drei weitere auf dem Weg zum Narrenkopf überholt. Ansonsten Bergeinsamkeit pur.

Ausreichend ausgeruht geht es nun auf dem Normalweg wieder runter. Dazu geht man zurück zum Vorgipfel und steig westseitig runter auf den sanften Grat rüber zum Bachwandkopf. Der Weg ist deutlich einfacher (T3) und kaum ausgesetzt. Recht bald ist die grasige Kuppe des Bachwandkopfes erreicht den man automatisch überschreitet. Von dort geht es anfangs etwas steiler nordseitig durch Block und Schotter runter zum grasigen Plateau des Oberalpl. Wer Gipfel sammelt kann die paar Meter zu dessen höchsten Punkt auch noch gehen. Wir sind auf dem weg geblieben und weiter abgestiegen. Es geht recht sanft absteigend wieder nach Westen zur Ostseite vom Oberalpl. Dort sieht man bereits den schönen Angersee an der Schäfers Hüttl, den man bald erreicht. Wir nehmen uns nochmal etwas Zeit und kühlen uns unsere Füsse im angenehm kalten Wasser. 

Vom Angersee können Gipfelsammler mit relativ wenig Aufwand einen weiteren Gipfel mitnehmen, dazu vom Angersee den Weg links herum etwas aufsteigend zum Rauhen Kopf nehmen und von dort zur Peter-Anich-Hütte absteigen.

Unser weiterer Abstieg führt uns nun mehrfach über den Bach der durch das Tal runterzieht und in vielen Serpentinen durch dessen Kar und quert schließlich zur aussichtsreich gelegenen Peter-Anich-Hütte. Man geht von dieser ca. 50 Meter den Fahrweg runter bis zu einem Wegweiser der auf einen Pfad zur Pfaffenhofer Alm zeigt. Hier geht es nun im Wald langsam tiefer bis zu einer Stelle wo der Wegweiser zur Pfaffenhofer Alm nach links ins Tal zeigen. Geradeaus geht zwar eine Pfadspur aber keinerlei Markierung. Wir folgten daher den Markierungen und stiegen einige Zeit im Wald parallel zum Bach tiefer und tiefer. Zweifelnd ob wir noch richtig sind bestätigte mir nur Openstreetmap dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sowohl Austrianmap als auch Kompass kennen diese Wegführung nicht. Irgendwann erreichten wir endlich einen Wegweiser der uns bestätigt das wir richtig sind, es folgt auch eine Richtungsänderung runter zum Bach, wo es auf einer Brücke drüber geht. Nachdem wir inzwischen mehr als hundert Meter unterhalb der Pfaffenhofer Alm sind, folgt nun zum Abschluß ein ärgerlicher schweißtreibender Gegenanstieg durch den Wald wieder nach oben. Schließlich erreichen wir wieder die Almflächen der Pfaffenhofer Alm und kehren noch auf der gemütlichen Alm beim netten Wirt ein. Die Kaspressknödel und den Kaiserschmarrn haben wir uns nach dieser Tour eindeutig verdient!

Die Tour wurde bereits von maxl hier beschrieben. Zusätzlich sollte man diesen Bericht von tef ergänzend lesen, da sich seit dem ersten Bericht ein paar Wege geändert haben. Konkret betrifft das den Aufstieg zum Narrenkopf für den es mittlerweile einen neuen Weg gibt und der Übergang von der Peter-Anich-Hütter zur Pfaffenhofer Alm wie ich oben beschrieben habe. Dort ist bereits beim Bericht von tef die direkte Route zwischen beiden Hütten nicht mehr ausgeschildert da dort Steinschlaggefahr herrscht. So wie es scheint ist die direkte Route wohl nach wie vor (auf eigene Gefahr) begehbar.


Es sei erwähnt dass es eine der schönsten Touren war die ich gemacht haben. Es wird alles für einen Genussbergsteiger geboten: leichte Kraxeleien, aussichtsreiche Gratwege, Genussgipfel, großartige Fernsicht.

Die große Anzahl an Fotos in diesem Tourenbericht ist aufgrund der beeindruckenden Tour gerechtfertigt :-)) :)

Tourengänger: Andi_mit_i


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

Sn87 hat gesagt:
Gesendet am 21. Juli 2016 um 23:38
Servus Andi,

danke für den schönen Bericht und die angemessene Bebilderung ;-)

Habe diese Tour vor 3 Wochen vom Tal ausgehend probiert und musste schweren Herzens wetterbedingt am Hocheder-N-Grat umdrehen. Vorgestern hat es bei AKW und mit MTB-Unterstützung geklappt. Ich bin hellauf begeistert! Es ist eine wirklich grandiose Tour, landschaftlich ansprechend von der Pfaffenhofer Alm im Schatten des Narrenkopf bis zur zirbengesäumten Überschreitung des Rauhen Köpfl zur Peter-Anich-Hütte. Und dazwischen eine genußvolle und ausgiebige Gratkraxelei mit beeindruckenden Tief- und Fernblicken in alle Richtungen. Klasse Übersicht über die aufgereihten Granden aller Karwendelketten, Top!

Den aufgelassenen Verbindungsweg zwischen den Hütten findet man an der beschriebenen Stelle. Es ist der einzige Pfad, in dessen Richtung kein Schild zeigt, das ist sehr verdächtig, aber ich habe beim ersten Anlauf auch den langen Umweg genommen ;-) Man merkt, dass der alte Steig einst liebevoll mit Holzbrücken ausgestattet über die Bäche und sumpfigen Stellen führte, aber mittlerweile ist alles morsch, vermutlich einsturzgefährdet und überwuchert. Mit der nötigen Vorsicht ist der Steig aber durchaus noch gangbar, ein paar umgefallene Bäume und Felsblöcke des Hangrutsches sind dabei zu überwinden.

Ich stimme Dir völlig zu, diese Tour ist wirklich sehr empfehlenswert!

Beste Grüße,
S.

Andi_mit_i hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. Juli 2016 um 12:01
Das ganze mit dem MTB von ganz unten zu kombinieren ist beeindruckend! Respekt, da kommen viele Höhenmeter zusammen!!!

Das nächste Mal werde ich vermutlich auch über das Rauhe Köpfl gehen und die direkte Route zwischen den Hütten nehmen.


Kommentar hinzufügen»