Letzte T6-Tour vor den Alpen: Die Spitzkoepfe


Publiziert von Nik Brückner , 10. Mai 2016 um 17:14. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Vogesen
Tour Datum: 6 Mai 2016
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:26km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Vom Col de la Schlucht ein paar Kilometer nach Süden, Parkmöglichkeit am Abzweig zum Hohneck
Unterkunftmöglichkeiten:An der Route des Crêtes

Auf den etwa 20 Kilometern zwischen Lac Blanc und Batteriekopf schlägt das alpine Herz der Vogesen: Felsengipfel, eiskalte Bergseen, Gämsen, wilde Wege. Am Wildesten ist es auf den Spitzkoepfen, einem etwa einen Kilometer langen Felsgrat südlich des Hohnecks. Zwei Stunden T6/II - eine Besonderheit in dieser Landschaft.

Also hab' ich mir die Spitzkoepfe zum Geburtstag geschenkt! Und ist nicht das Geburtstagsgeschenk das schönste, das man mit anderen teilen kann? Also habe ich Judith7 die Spitzkoepfe hinaufgenötigt, und es ihr damit gedankt, dass ich noch eine maoistische Tour über Batteriekopf, Rothenbachkopf und Rainkopf drangehängt habe: Einen langen Marsch.



Aber von vorn. Erstmal "Magic Machine" von An Endless Sporadic in den Player schubsen. Losging's an der Auberge du Pied du Hohneck (1245m), von wo aus es nur ein paar Meter hinauf zum Col du Wormspel (1280m) sind. Von hier aus führt einer der schönsten Wege der Gegend hinunter zum Lac de Schiessrothried. Allerdings lag hier noch ordentlich Schnee, so dass wir erstmal einen steilen Hang hinuntersteigen mussten. Rückwärts!

Unten zweigt noch oberhalb des Lacs ein mit blauem Balken bezeichneter Weg rechts hinauf zu einer Einsattelung im Grat der Spitzkoepfe. Diesen Weg verließen wir in der ersten Spitzkehre, und gingen geradewegs hinüber zum Grat.

Der Grat der Spitzkoepfe beginnt oberhalb einer senkrechten Felswand. Er steigt von dort aus hinauf zu einer geländerbewehrten Aussichtsplattform auf etwa 970 Metern Höhe, danach folgt der bereits angesprochene Sattel, über den der blau gebalkte Wanderweg führt. Jenseits des Sattels beginnt dann der eigentliche Hauptabschnitt.

Wir stiegen oberhalb der senkrechten Felswand ein, weil wir konsequent alles gehen wollten.

Allerdings ist der Grat unterhalb der Aussichtsplattform nicht besonders lohnend: dicht bewachsen ist es hier ein ziemliches Gewühle, noch dazu sind einige selbst der großen Brocken locker, so dass man besser auf dem Wanderweg hinauf zur Einsattelung geht, dort die paar Meter zur Aussichtsplattform vorwandert, hier das obligatorische Foto schießt, und von hier aus die Gratüberschreitung startet.

Nun also weiter in die bereits angesprochene Einsattelung im Grat der Spitzkoepfe. Von hier aus führt ein im unteren Teil noch kaum erkennbarer Pfad hinauf zu den nächsten Felsen. Wenn diese in Sicht kommen, wird der Pfad deutlicher, und man sieht erste rote Markierungspunkte. Wer diesem rot gepunkteten Pfad folgen will, dem steht eine etwa einstündige, schöne und abenteuerliche T3/T4-Wanderung meist rechts (nördlich) der Felskante bevor. Wir dagegen wollten, soweit möglich, alles über die Kante erkraxeln. Also verließen wir hier den Pfad und stiegen in die Einstiegswand ein.

Wir sind, soweit möglich, auf der Kante gegangen. Die Route hier en Detail zu beschreiben, macht wenig Sinn, Details habe ich in den Bildunterschriften untergebracht. Daher hier nur ein paar charakterisierende Worte: Der Grat ist im unteren Teil steiler, im oberen wird er flacher, ist dort aber von größeren, pyramidenförmigen Zacken besetzt. Deshalb muss man im oberen Teil häufiger abklettern. Wer den Grat nicht kennt, weiß dabei nie, was ihm bevorsteht, aber keine Sorge: Abseilen ist nirgends nötig. Der Grat wird zwar oft mit schwerem Sicherungsgerät begangen, das aber meist, wenn schwächere Partner (etwa Kinder) mit von der Partie sind, ober wenn man über die hier normalen IIer-, IIIer-Schwierigkeiten hinausgehen will. Wer sich allerdings in diesem Bereich wohlfühlen möchte, der muss auf (fast) gar nichts verzichten: für den ist der Grat der Spitzkoepfe eine wahre Genusstour! Im Zweifelsfall kann man immer auf den Pfad absteigen, um eine schwierige Passage zu umgehen.

Zu den Details also Bilder anschauen, dort sind auch die Schlüsselstellen eingehend beschrieben.


Wir kamen nach etwa zwei Stunden am höchsten (1290m), Spitzkoepfel genannten Punkt an, wo wir erstmal halbwegs ausgiebig gepaust haben. Genug hatten wir allerdings noch nicht!

Ich kenne mich in der Gegend um Hohneck ganz gut aus, nur die Osthänge von Batteriekopf, Rothenbachkopf und  Rainkopf, die noch recht alpin zu sein versprachen, kannte ich nicht. Deshalb wollte ich dort noch auf Entdeckungstour gehen!

Also gleich weiter, dem gelben Kreuz folgend, zur Ferme Auberge Kastelbergwasen (1166m), und von dort auf blauem Rechteck nach Ferschmuss (1187m). Dort ging es dann durch ein Kar am Rainkopf und über ein Geröllfeld hinunter Richtung Lac d'Altenweiher. Noch vor dem Lac wechselten wir den Weg und wanderten dem gelben Punkt folgend durchs Leibelthal auf Serpentinen hinauf zur Ostwand des Rothenbachkopfs und weiter zur Ferme Auberge du Steinwasen. Dabei geht es wieder durch wildes Gelände - immer wieder geht es über Stock und Stein -, ganz so alpin wie ums Hohneck herum wird es allerdings nicht. An der Ferme Auberge (1130m) genossen wir kurz die Aussicht, dann ging es hinauf zum Batteriekopf (1311m), wo uns mehr Schnee und zwei Gämsen erwarteten, die hier friedlich grasten - bis wir sie aufschreckten...

Herrlich die aussicht hier, übrigens. Der Blick nach Norden, mit dem Vogesenkamm und dem Hohneck,  drüben über dem Rheintal grüßen Kandel, Feldberg und Belchen herüber. Und im Süden erhebt sich der Grand Ballon.

Der Rückweg über Rothenbachkopf (1316m) und Rainkopf (1305m) ist dann Genusswandern auf dem Vogesenkamm. Aussicht nach beiden Seiten, herrlich farbkräftiges Abendlicht - eine ganz wundervolle Krönung eines ganz wundervollen Tages!


Fazit


Der Grat der Spitzkoepfe ist für die Gegend überraschend schwierig, für Möger wilden T6-Geländes allerdings eine wahre Genusstour! Und auch für Einsteiger eugnet er sich: Im Zweifelsfall kann man immer auf den Pfad absteigen, um eine schwierige Passage zu umgehen.

Die Erweiterung nach Süden lag mir am Herzen, weil ich dort den einen oder anderen Weg noch nicht kannte. Machen muss man das nicht. Die Königstour wäre wohl: Col de la Schlucht - Sentier des Roches - Col du Schaeferthal - Lac de Schiessrothried - Spitzkoepfel - Wormspel - Hohneck - Col de las Schlucht.


Wie auch immer: Am nächsten Tag ging's nach Norden: Wir wollten vom Lac Blanc aus zum Tanet.


Tourengänger: Nik Brückner, Judith7


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Kommentare (6)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 10. Mai 2016 um 18:18
Beeindruckende Grattour. Hätte nicht geglaubt, dass es in den Vogesen derartig anspruchsvolles Gelände gibt.

Gruß
Hanspeter

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. Mai 2016 um 19:24
Servus Hanspeter!

Ich will da schon 15 Jahre lang hin - jetzt hat es endlich geklappt! Damals war ich als Student in Freiburg, und wenn in den Vogesen, dann wandern mit Normalwanderern - sonst hätte ich das damals schon ausprobiert! Ist ein echter Geheimtipp - allerdings nur für Auswärtige. Die Locals kennen das alle. Geh's mal! Macht viel Spaß!

Gruß,

Nik

Bernhard01 hat gesagt:
Gesendet am 21. Juni 2016 um 10:34
Hallo Nik,
ich bin begeisterter Leser und Nachwanderer eurer/deiner Touren.
Habt ihr die Route getrackt ?

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. Juni 2016 um 10:59
Hi Bernhard!

Nö, getrackt haben wir das nicht, der Grat ist aber leicht zu finden. Wenn Du ihn noch mit etwas anderem kombinieren willst, und Dich in der Gegend noch nicht so gut auskennst, dann würde ich Dir auch eher die Gegend nördlich der Spitzkoepfe empfehlen: Wormspel, Lac de Schiessrothried, die beiden Hohnecken und Frankenthal. Wer vor langen Tagen nicht zurückschreckt, der kann die Spitzkoepfe auch mit dem Sentier des Roches verknüpfen: Col de la Schlucht - Sentier des Roches - Frankenthal - Col du Schaeferthal - Lac de Schiessrothried - Spitzkopefe - Wormspel - Hohneck - Col du Falimont - Col de la Schlucht. Das dürfte die Königsvariante sein.

Gruß,

Nik

KletteR14 hat gesagt:
Gesendet am 18. Juni 2023 um 08:36
Hallo Nik,
ein Freund von mir hat dieses Posting von Dir vor Jahren Mal entdeckt - so sind wir auf den Spitzkoepfe-Grat gestoßen. Für den leidenschaftlichen Kraxler eine wahre Perle, und da wir in Freiburg wohnen relativ direkt vor der Haustür.
Du hast mir diesem Posting ein herrliches Geschenk gemacht. Mein Freund ist inzwischen am Krebs verstorben - aber ich mache den Grat nun immer mal wieder mit meiner Frau zusammen.
Anstelle der langen Tour, die Du hier beschreibst, sind wir irgendwann dazu übergegangen, von oben in den Grat einzusteigen und ihn erst runter, dann wieder rauf zu klettern als entspannte Halbtagestour.
Gestern waren wir Mal wieder da, aber meiner Frau war diesmal die erste "Schlüsselstellen" seilfrei zu arg, sodass sie oben die Landschaft genossen hat, während ich alleine den Grat gemacht habe. Bin in 50 Minuten runter und in weiteren 50 Minuten wieder hoch.
Nach einen Kaffee und kurzer Rast an der Auberge du pied du Hohneck habe ich nochmal 1,5 Stunden Zeit bei Frauchen rausgehandelnt und bin nochmal los: Joggend vor zum Col du Wormspel und los auf den Grat. Im zweiten Durchgang war ich dann nach 40 Minuten am unteren Ende und in 34 den Grat wieder hoch geklettert.
- Das war ein herrliches Erlebnis des Kletterns im durchgängigen Flow.
Dieser Grat ist eine Offenbarung in Fels mitten im Mittelgebirge.
Vielen Dank für Deinen Tourenbericht, ohne den ich dieses Juwel von Felslinie niemals entdeckt hätte! :-)

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. Juni 2023 um 09:59
Grüß Dich, KletteR14!

Das ist vielleicht das Netteste, das mir je einer unter einen Tourenbericht geschrieben hat. Ganz herzlichen Dank dafür. Freut mich sehr, dass mein Bericht euch dabei geholfen hat, diesen schönen Grat zu entdecken. Ich mag ihn sehr, und er steht auch in diesem Jahr wieder auf der Tourenliste.

Dass du den sogar mehrfach hintereinander gehst, ist natürlich klasse. Schön, wenn man jemanden hat, der solche Ideen nachvollziehen kann! ;o} Ich wünsche weiterhin ganz viel Spaß an den Spitzkoepfen!

Herzlichen Gruß,

Nik


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