Auf Irlands höchste Gipfel


Publiziert von frmat , 9. November 2015 um 10:12.

Region: Welt » Irland
Tour Datum:31 Oktober 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: IRL 
Zeitbedarf: 9 Tage
Aufstieg: 2300 m
Abstieg: 2300 m
Strecke:27km

Nachdem uns die *schottischen Highlands vor 2 Jahren sehr gut gefallen haben stand in diesen Herbstferien das irische Pendant auf dem Programm. Die knapp über 1000m hohen Mcgillycuddy Reeks befinden sich im Südwesten der grünen Insel und bieten dem Wandererherz eine große Spielwiese.

Samstag/Sonntag, 31.10/01.11.15: Anreise/Dublin
Da Easyjet Dublin nicht im Programm hat begann der Tag früh. Bis Frankfurt/Hahn ist es ein gutes Stück Autofahrt. Nach 90Min Flugzeit erreichen wir Dublin und nehmen den Shuttlebus ins Stadtzentrum (10€ retour). Da heute Halloween ist quillt die Stadt bereits am Mittag vor Menschen über. Das Cassidys Hotel auf der O'Connel Street ist unsere Bleibe für 2 Nächte und durchaus empfehlenswert, wobei wir als Last-Minute-Bucher auch großes Glück beim Preis hatten. Dublin ist nämlich ansonsten ein teures Pflaster und da man nervigerweise fast nur noch über Booking-Portale an Hotels kommt lohnt sich ein ständiges Checken der Preise. Was war das noch toll, als man einfach im Hotel anrief... Die Zeit in der irischen Hauptstadt verging wie im Flug, könnte auch an den 20°C und Sonne gelegen haben, T-Shirt-Wetter im November, herrlich. Dass der Abend in den Pubs von Temple Bar ausgiebig genossen wurde war klar, wobei das Kulturprogramm am Sonntag eher spärlich ausfiel...

Montag, 02.11.15: Fahrt nach Killarney
Heute ging es über Land. Zunächst nahmen wir den Bus zurück zum Flughafen, wo wir unseren Mietwagen bekamen. Der Reiskocher war durchaus brauchbar aber Freund vom Linksverkehr werde ich nicht mehr. Gut, dass die ersten Kilometer nur aus Autobahnfahrt bestanden. Über Limerick erreichten wir mit dem ein oder anderen Zwischenstopp das sehr sehenswerte Städtchen Killarney im County Kerry. Zunächst wurde Quartier bei Peter und Barbara bezogen (Kingdom House, äußerst empfehlenswert), dann gings zu Fuß durch die Stadt und zum hübschen Ross Castle am See. Die Gegend ist Nationalpark und bietet wirklich eine außergewöhnlich schöne Landschaft.

Dienstag, 03.11.15: Carrauntoohil via Brother O'Shea's Gully
So, nun wird endlich mal Sport gemacht. Vorher testen wir aber noch die Psyche auf engen und noch engeren Straßen zum Ausgangspunkt bei Cronin's Yard. Das Auto für 2€ abgestellt konnte es losgehen.
Durch das Hag's Glen steigt die Normalroute sanft bergan. Einige Brücken werden passiert und nach 45Min stehen wir am Beginn der beiden großen Seen. Hinten blicken wir in die Devil's Ladder ("the Ladder"), die meistbegangene Route am Carrauntoohil, den die Iren "Gärränduuu" nennen. Diese Schlammrutsche wollten wir vermeiden und stattdessen die etwas anspruchsvollere Route über O'Shea's Gully nehmen. Dazu zweigen wir vor dem rechten See nach rechts ab und folgen einer deutlichen Pfadspur zu den ersten Felsen. Im leichten Ier-Gelände geht es gemütlich hinauf, während die Gipfelregion mehr und mehr frei wird. Nach ca. 100m erreichen wir die "Schlüsselstelle", wenn man sie so nennen mag. Eine ca. 7m hohe ziemlich steile Wandstufe im oberen I. Grad. Fehler verboten. Das wurde meinem Kumpel dann zu heikel. Wir beratschlagten kurz und einigten uns darauf, uns am Gipfel zu treffen, wobei er zurück zum See ging und die Ladder in Angriff nahm (40Min, T4, I+).
Schade, denn nun begann der schönste Teil der Tour. Über drei Aufschwünge (eine Kartreppe, schöne glazialmorphologische Besonderheit) erreiche ich einen kleinen See und damit den eigentlichen Einstieg in den Gully, welcher im Übrigen der leichteste von den drei Couloirs auf der Nordwestseite des Berges ist. Die Route führt nun ca. 200Hm durch Geröll empor, Wegspuren vorhanden, und erreicht auf etwa 920m Höhe den Beenkeragh-Grat, von wo aus es noch gut 10Min auf den Gipfel sind. Anfangs an einigen Felsen vorbei, schließlich flacher werdend und nach links, dann ist der höchste Punkt Irlands bestiegen (1:10h, T4). Mittlerweile hat es leider zugezogen und es weht ein kühler Wind. Die Pause im Gipfelsteinkreis fällt kurz aus, dann mache ich mich an den Abstieg. Von meinem Kumpel fehlt bislang jede Spur und ich nehme an, ihn bald zu treffen. Umso überraschter bin ich, als kurz vor der Ladder das Handy klingelt: "Bin oben und du?" Da haben wir uns im dichten Nebel mal schön verpasst, was bei kaum 10m Sichtweite und der Masse an Wegvariationen aber nicht verwundert. Ab dem Einstieg in die Ladder gings dann wieder gemeinsam. Ursprünglich hatten wir vor, den Ostgrat Richtung Cnoc na Peiste zu probieren, was beim immer noch dichten Nebel aber sinnfrei und gefährlich wäre. Wenigstens den Cnoc na Toinne wollen wir noch mitnehmen und gönnen uns die Extraschleife. Von dort gibt es eine einfache Abstiegsmöglichkeit: Die sog. "Ziczacs" sind nie schwerer als T2 und dürften damit wohl den leichtesten Aufstieg auf Carrauntoohil darstellen. Am unteren Ende der Ladder vereinigt sich der Weg wieder mit der Normalroute ins Hag's Glen. Vorbei an den Seen schlendern wir gemütlich zurück zum Auto (1:45h, T2).
1100Hm, 13km, 4:30h

Mittwoch, 04.11.15: Carrauntoohil via Horseshoe-Ridge
Die Gebirgskette der Mcgillycuddy Reeks ist wirklich schön, und einmal hier wollte ich das einigermaßen brauchbare Wetter auch nutzen. Der Kollege buchte einen Trip über den See zum Gap of Dunloe und erlebte ebenfalls einen gelungenen Tag.
Für mich ging's über mittlerweile bekannte Straßen in Richtung Glencar. Der Parkplatz am Hydrotrack ist nicht leicht zu finden, da nicht ausgeschildert. Aus der Karte (ausgedruckte Online-Karte, die topographischen Karten sind mit 1:50000 nur begrenzt brauchbar) ist die Sache aber klar ersichtlich.
Der Hydrotrack steigt gleich zapfig an und wärmt die müden Knochen ordentlich auf. Nach ein paar Minuten ist eine markante 90°-Rechtskurve erreicht und nach 25Min stehe ich am Logh Eighter. Hier beginnt der schöne Horseshoe-Ridge, der hier auf Hikr bereits beschrieben ist.
Noch ist das Wetter in Ordnung, der Beenkeragh deutlich zu erkennen. Mal sehen, wie lange das hält. Ich beginne den Aufstieg im Uhrzeigersinn, dann kommen die anspruchsvolleren Passagen früher. Über meist klar ersichtliche Pfadspuren geht's gut 400m bergan zum aussichtsreichen Gipfel des Cnoc Loghtair (ab Parkplatz 1:10h, T2). Von hier lässt sich der gesamte weitere Wegverlauf überblicken, bislang alles absolut einfach. Markierungen oder gar Schilder wird man jedoch vergeblich suchen, Höhenmesser, Karte und Kompass gehören daher in die Grundausstattung.
Nach kurzer Rast rufen die nächsten Hügel. Skregmore und Stumpa Bar sind keine große Sache und alsbald befinde ich mich im Gipfelaufschwung auf den ersten Tausender des Tages. Leider zieht es auch heute wieder ab 900m zu. Der Weg wird steiler und über loses Blockwerk ist bald der schöne Beenkeragh geschafft (1h, T3). Aussicht mal wieder keine. Also weiter. Beinahe wäre mir hier ein böser Fehler unterlaufen. Trotz Kompass lasse ich mich durchs Bauchgefühl auf den falschen Grat verleiten. Als es kurz aufreißt erkenne ich weit unten den kleinen See am O'Shea's Gully zu meiner rechten und weiß, dass ich falsch bin. Kurz zurück zum Gipfel und brav auf den Kompass gehört, und siehe da, hier geht es lang.
Der vor mir liegende Beenkeragh-Grat ist die heutige Crux. Es ist jedoch grundsätzlich ein (oder auch mehrere) deutlicher Pfad vorhanden, wenn auch teils etwas ausgesetzt, was man aufgrund des Nebels heute nur erahnen kann. Das nächste Hindernis ist die Felsformation "The Bones". Auch hier hat es mindestens drei Alternativen (links, rechts, gerade drüber). Die direkte Route entfällt aufgrund der Nässe und der fehlenden Sicht. Ich nehme den linken Weg, leider die zweitbeste Wahl, denn der verliert sich mehr und mehr und ich stehe im besten irischen Steilgras, was eher einem Steilmoos gleichkommt. 50m vor mir erkenne ich den Ausstieg der Route vom Vortag und habe so gar keine Lust alles zurück zu steigen. Wenn das Allgäuer Gras hält wird es das Irische wohl auch tun, mit 200m Luft unterm Hintern eine schöne Zitterpartie (Stelle im unteren T6-Bereich, aber vermeidbar). Am Gullygipfel fällt die Anspannung ab und über bekanntes Terrain kommt bald wieder das große Gipfelkreuz in Sicht. (50Min, T3+)
Oben auf Carrauntoohil treffe ich eine größere Gruppe, die mit Bergführer oben sind. Im Steinkreis machen wir ausgiebig Rast, wobei die immer noch fehlende Sicht langsam nervt. Dennoch sollte der Rest der Runde nun kein Problem mehr darstellen.
Der Übergang zum Caher ist wieder einfacher zu finden, eben immer schön dem Grat folgen, mit ausreichend Sicherheitsabstand nach rechts. Auf dem Gipfel des Caher treffe ich dann zwei weitere Wanderer, die mich nach dem Weg zum Caher-West fragen. Da bin ich ja mal froh, dass andere im Nebel auch nix sehen. Zeit für das gute Werk des Tages. Schön brav mit Kompass und Karte! Keine 10Min später stehen wir neben dem Gipfelhäuschen auf dem Caher-West Top (45Min, T3) und haben das schwierigste geschafft. Während meine Begleiter rasten wollen mache ich mich an den Abstieg. Anfangs steinig und steil läuft der Weg über einen breiten flachen Rücken und sumpfige Wiesen aus. Am Logh Eighter ist die Runde komplett und am Parkplatz endet eine Wanderung, die unter diesen Umständen doch mehr abverlangt hat als erwartet (1h, T2).
1200m, 14km, 4:45h


Donnerstag, 05.11.15: Dingle Peninsula
Ein dritter Tag im Gipfelnebel musste nicht sein, wenngleich Purple Mountain sicher ein lohnendes Ziel gewesen wäre. Stattdessen ist heute Landschafts-Sightseeing angesagt. Während die Massen den Ring of Kerry entlangpilgern (hab ich vor 10 Jahren mal gemacht und ist nicht wirklich empfehlenswert) fahren wir in Richtung Dingle und die Küstenstraße über die gleichnamige Halbinsel. Landschaftlich genial, kaum Leute unterwegs und Irland wie man es sich vorstellt. Lohnt!

Freitag/Samstag/Sonntag, 06/07/08.11.15: Dublin/Rückreise
Am Freitag hieß es Aufbruch in Richtung Heimat. Kurz noch bei den Torc Wasserfällen vorbeigeschaut geht's im Mietauto zurück zum Airport in Dublin und nochmal für zwei Nächte in die Stadt, schließlich wollen wir uns über die ganzen Pubs auch eine ausführliche Meinung bilden. Und die ist durchweg positiv. Wir sind uns einig, dass eine tolle Reise hinter uns liegt und wir wohl nicht das letzte Mal in Irland waren!

Die fünf Gipfel:
Schottland: *Ben Nevis
Irland: Carrauntoohill
Nordirland: *Slieve Donard
England: *Scafell Pike
Wales: *Snowdon

Tourengänger: frmat


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