Dri Hörnli und Versuch Weissmies


Publiziert von WoPo1961 , 23. Oktober 2015 um 18:00.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:15 September 2015
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage

Irgendwie schien der Wallis-Aufenthalt Mitte September unter keinem guten Stern zu stehen. Die liebste webeBe doktorte immer noch mit ihren doofen Bandscheiben herum und kam erst gar nicht mit ins Wallis. Dafür besuchten 2 Kaltfronten kurz hintereinander meinen schottischen Cousin und den Zeilenschreiber. Leider hatten diese nur Schnee im Gepäck.
Schnell durfte deshalb von den ursprünglichen Plänen abgewichen werden, denn weder Portjengrat noch "Bietschi" waren zu jener Zeit möglich.
Plan B sah nun den ganz kleinen Bruder vom Portjengrat vor; die Dri Horlini. Wie der in Hikr-Kreisen nicht ganz unbekannte Alpin_Rise hierzu trefflich bemerkte, kann die Überschreitung gut an einen Hüttenaufstieg zur Almagellerhütte angehängt werden.
(der eben erwähnte Herr bevorzugte die Überschreitung der Dri Horlini noch  n a c h  der Überschreitung des Portjengrates  anzuhängen. Jenes Unterfangen bedarf jedoch eines nicht ganz unzügigen Tempos, welches der jetzige Schreiberling leider nicht besitzt ;-)   

 Und so war dann auch unser Plan. Von Furggstalden ging es auf bekannten Wegen zur Hütte hinauf. Das Wetter döste so vor sich hin; nicht schlecht, aber der nicht angekündigte Sonnenschein lugte auch nicht überraschend zwischen den Wolken hindurch. Dafür waren wir überraschend die einzigen Gäste in der Almagellerhütte, dies hab ich schon ganz anders kennen gelernt. Wie sich am folgenden Tag noch herausstellen sollte, war es vielleicht doch nicht ganz so überraschend leer auf der Hütte, dazu später etwas ausführlicher.
Mittlerweile feierte der angebrochene Tag schon "Bergfest" - Zeit, uns für die Überschreitung wieder aufzuraffen. Bis zum Einstieg ist der Weg bestens markiert, so dass sogar der Experte für spontane Umwege ohne selbige dort ankam. 
Da wir zunäxt noch seilfrei kletterten, ging es bis kurz unterhalb des ersten steilen Turms ganz schnell. Am Turm jedoch bevorzugten wir dann doch eine vernünftige Seilsicherung, denn hier geht es ziemlich luftig nach links an die Kante. Sah das Überwinden dieser Stelle bei meinem schottischen Cousin recht elegant und locker aus, konnte dies vom nachfolgendem Herrn weniger behauptet werden. Zudem ließ sich dieser auch noch mehrfach versichern, dass er auch wirklich gesichert würde. Mehrfach deshalb, weil er keine Antwort bekam. Und er bekam keine Antwort, weil er in diesem Moment seine englischen Kauderwelsch-Grundkenntnisse nicht parat hatte und nur auf deutsch fragte. Und deutsche Fragen werden von schottischen Cousins nicht beantwortet.
Letztendlich überwand er dann antwortlos diese Stelle.
Der Grat wird nun leichter. Zeit für meinen Cousin, sich wieder seilfrei zu machen. Wer sonst im VII-VIII Bereich unterwegs ist, der mag hier nicht angebunden sein. Sein deutscher Cousin klettert bekanntlich in etwas anderen Schwierigkeitsgraden. Deshalb gönnt er sich das Tragen der  Kletterschläppchen. Wenn schon seilfrei, dann aber mit "geschmeidigen" Sohlen. Denn auch wenn die Kletterschwierigkeiten im gemäßigten Bereich liegen, so manche Stelle am Grat ist  ausgesetzt und schmal.

Soweit ich mich erinnere, müssen 2 kurze Stellen abgeseilt werden, wobei der Turm mit der Sicherungsstange auch umgangen werden kann (siehe Tourenbericht von Alpin_Rise ).
Viel zu schnell erreichen wir den überraschend breiten Hauptgipfel. Auch wenn die Sicht nicht gerade berauschend ist, unserer Freude tut dies keinen Abbruch. Die Kletterei hatte wirklich Spaß gemacht.
Um zurück zur Hütte zu gelangen, muss man vom Gipfel weiter den breiten Grat und seinen nicht zu übersehenden Steinmännern folgen. Kurze Zeit später geht es dann durch die Südflanke hinab und zurück zum Ausgangspunkt.

Ich mag ja keine voll belegten Hütten, aber leere Hütten sind auch irgendwie seltsam. Bei handverlesenen 2 Bergsteigern im Gastraum kann einem schon mal das Gefühl von leichter Mulmigkeit  beschleichen. Eine whattsapp von roger_h mit dem dezenten Hinweis, dass für den folgenden Tag Schneefall bis zu 30cm angekündigt wurde und der Frage, ob wir sicher wären, zum Weismies zu wollen, brachte mir zumindest die Erkenntnis, warum wir an diesem Abend den Gastraum exklusiv für uns hatten. Schön, wenn auftauchende Fragen immer zügig beantwortet werden können.

Eigentlich fing der folgende, noch ziemlich frühe Tag gar nicht mal so schlecht an. Schon vor dem Weckergebimmel wach geworden, konnte ich einige Sterne am Himmel erblicken. Das sah besser aus, als der Wetterbericht  vorher gesagt hatte. Keine 10 Minuten später, als der Zeilenschreiber nochmals einen Wettercheck machte, fielen feinste Regentröpfchen vom gerade noch wolkenfreien Himmel. Nun sah es schlechter aus, als wetterberichtet war (hatte mir zuvor den SF-Wetterbericht eingeholt.)
Frei nach dem schottischen Motto, wer in Schottland nur bei gutem Wetter in die Natur geht, kommt gar nicht nach draußen, ließen wir uns von DEN paar Tröpfchen ja mal gar nicht aus der Ruhe bringen. Unser Entschluß stand fest. Sollte doch gelacht sein, wenn wir dort nicht hoch kämen.
Gegen 04:35 wurde die Hüttentür von außen geschlossen und wir tappten ins dunkle Nichts Richtung Zwischbergenpass. Im Gedanken daran, welch lange Stirnlampen-Lindwürmer hier schon den Weg zum Pass in Angriff genommen haben, war es dann plötzlich irgendwie seltsam nur zu zweit dort hinauf zu stiefeln. Aber ok, wer macht sich bei solchen Wetterbedingungen auch auf den Weg hinauf zum Weissmies? A propos "weiss" und "mies": spätestens ab Zwischbergenpass war der Fels weiss überzuckert. Von miesen Verhältnissen konnte zwar mit viel Wohlwollen immer noch nicht gesprochen werden, optimal sah jedoch etwas anders aus.
Mal abgesehen von "kleinen" Umwegen kamen wir zunäxt noch einigermaßen gut voran. Das nordöstlich gelegene Schneefeld hatte ich größer in Erinnerung, aber die letzte Besteigung lag auch schon wieder 10 Jahre zurück.. viel Zeit zum kleiner werden.
Mittlerweile wurde aber der Wind merklich stärker, dafür hatte aber der Regen aufgehört.... es schneite nur noch.
Mit Beginn des Felsgrates - wir sind nicht bis zum oberen Ende des Schneefeldes gegangen und eher mittig in den Grat eingestiegen - war auch die Sicht auf wenige Meter geschrumpft.
Mein schottischer Cousin kraxelte (oder war es eher ein Rutschen.. egal) weiterhin unablässig hinauf. Ein Zeichen für mich, dass sein Wille nicht gerade gering war, endlich einmal auf einen Gipfel jenseits der 4000m Grenze stehen zu wollen. Die Verhältnisse waren zwar nicht gerade perfekt, andererseits aber auch noch nicht soo prekär, so dass unverzüglich abgestiegen werden müsste.
Auf den folgenden 200 Höhenmetern wurde es aber immer ungemütlicher. Überall in den Felsnischen blieb mehr und mehr Schnee liegen, der Wind hatte sich mittlerweile auch prächtig entwickelt und der fallende Schnee peitschte Nadelstiche ins Gesicht. Auch wenn der Grat nur I-II Stellen hat und nicht wirklich exponiert ist, wurde das Hinaufsteigen minütlich unangenehmer. Der Gedanke, endlich auf den "roten Buzzer" zu drücken und umzukehren, wurde immer deutlicher. Nach einigen weiteren Minuten war`s dann soweit.
Irgendwo im Nirgendwo zwischen 3800m und 3900m fiel mein "I-have-a-bad-Feeling"-Satz und wir entschieden uns schweren Herzens wieder abzusteigen. Wobei das schottische Herzchen gar nicht arg schwer war. Wie sich nämlich hinterher herausstellte, wäre mein Cousin eigentlich schon viel früher umgekehrt. Nur weil der an diesem Tag schweizhutlose Mensch keine Anstalten gemacht hatte, umzukehren, ist er weiter gegangen. 
Abstiege ohne Gipfelberührung find ich doof... hab ich dies schon mal geschrieben? Da hilft auch kein Gegenargument von richtiger Entscheidung und nicht-Frosch-hüpfender-Berg! Und wenn ich auch schon mehrfach früher auf jenem Gipfel war, egal, es taucht immer das Gefühl auf, Mist, wäre es  vielleicht doch möglich gewesen.
Schwierig, der Flachmann, ich weiß.

Hinab ging es den Umständen entsprechend zwar unelegant, aber ohne größere Probleme. Irgendwann in Nähe des Zwischbergenpasses hörte es sogar auf, herum zu schneien..... und es regnete nur noch. Schönstes Wetter..... für meinen schottischen Begleiter :-)

Damit keine Mißverständnisse aufkommen, möchte ich abschließend nicht unerwähnt lassen, dass gute Trittsicherheit und ein nicht geringes Maß an alpinistischer Erfahrung vonnöten sind, um bei diesen Verhältnissen am Grat unterwegs zu sein. Da können selbst leichte Felsabschnitte plötzlich ziemlich unangenehm werden. Bei Unsicherheit doch besser schon ab Zwischbergenpass den Rückweg antreten... oder noch besser: gar nicht erst losmarschieren.



  



Tourengänger: WoPo1961


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