Kammwanderung hoch über der Linthebene (Federispitz 1865 m)


Publiziert von Fico , 24. Mai 2015 um 00:53.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 7 Mai 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Speerkette   CH-SG   Speer-Mattstock   Zürcher Hausberge   CH-GL 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:Ziegelbrücke - Grüt - Schwanten - Vorderfederspitz - Federigrat - Federispitz - Plättlispitz - Stelli - Näten - Oberalpli - Unteralpli - Rittersberg - Ziegelbrücke (ca. 15 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Ziegelbrücke
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Ziegelbrücke
Kartennummer:1133 (Linthebene), 1134 (Walensee)

Wenn ich mich richtig erinnere, war der Tour d’Aï in den Waadtländer Alpen der erste (und einzige) Gipfel, den ich als Kind zusammen mit meinem Vater bestieg. Die Mutter, da überhaupt nicht schwindelfrei, war unterhalb der Felsen geblieben und wartete besorgt auf unsere Rückkehr. Von Leysin aus waren wir mit der Gondelbahn hinaufgefahren, um zu picknicken und zu wandern. Ich jedoch wollte mehr als nur wandern. Meinem unaufhörlichen Drängen gab mein Vater schliesslich nach und so kam ich zu meinem ersten richtigen Bergerlebnis. Das Glücksgefühl, ganz oben stehen zu dürfen, werde ich nie vergessen und den Ausblick vom Gipfel sehe ich in Gedanken noch immer vor mir.

„Die richtigen Bergsteiger fahren nicht mit der Bahn hinauf, sondern fangen ganz unten im Tal an.“ Die Worte meines Vaters dämpften meinen kindlichen Stolz über das erreichte Gipfelziel. Und auch bald ein halbes Jahrhundert später sind mir seine Worte noch immer in Erinnerung geblieben.

Wenn der Zug vor der Einfahrt in den Bahnhof Ziegelbrücke anhalten muss, kann es sein, dass man den Wanderwegweiser „Federispitz“ unmittelbar vor Augen hat. Die Felsen reichen bis ganz in die Ebene hinab. Um der Strasse Platz zu machen, musste sogar ein Stück weggesprengt werden. Die Linthebene ist hier nur etwa 1 km breit. Gut 100 m von dort entfernt, wo der Wegweiser steht, beginnt – auf 424 m Höhe – der Aufstieg. Bis zum Gipfel des Federispitz auf 1865 m sind es etliche Höhenmeter, die bewältigt werden müssen. Kurzum, ein Berg wie geschaffen, um für einmal ganz unten im Tal anzufangen.

Auf der Bahnfahrt, kurz nach dem Rickentunnel, halte ich Ausschau nach meinem Gipfelziel. Die Wolken hängen tief an diesem Morgen, vom Federspitz ist nichts zu sehen. Davon lasse ich mich nicht beirren, bis zur Mittagszeit sollte sich, laut Wetterprognose, die Sonne durchgesetzt haben. Und bis ich oben stehen würde, wäre es ohnehin bereits Nachmittag. Es ist halb neun, als ich am Bahnhof Ziegelbrücke ankomme und losmarschiere.

Das erste Wegstück verläuft ganz im Wald. Stetig, nicht allzu steil, geht es hinauf. Der Weg ist feucht, aber im Aufstieg nicht rutschig. Nach 300 Höhenmetern, wo der Pfad in eine Fahrstrasse mündet, steht der nächste Wegweiser: noch 3 h 40 min bis zum Federispitz. Sobald die Strasse den Wald verlässt, kürze ich ab und steige über die Alp hinauf. Um diese Jahreszeit gehören die Weiden noch ganz dem Wanderer: keine Zäune, keine Mutterkühe, die ihre Kälber beschützen, keine Herdenhunde. Vom Hof Grüt bis zur Alp Schwanten (1220 m) folge ich wieder dem markierten Wanderweg (T2). Ein kleines Stück weiter oben gönne ich mir die erste Pause und setze mich hin. Mehr als die Hälfte des Aufstiegs habe ich bereits hinter mir.

Nach der kurzen Rast verlasse ich den Bergweg und steige links haltend zum Grat hinauf. Das ist schöner als in der Flanke zu bleiben. Wie vom Flugzeug aus kann man auf Schänis hinuntersehen. Nun immer der Kante entlang, die mit Stacheldraht gegen Absturz gesichert ist – für das Vieh natürlich, nicht für den Wanderer. Verlaufen kann man sich (noch) nicht, die Richtung ist offensichtlich und schon bald erreiche ich das Gipfelkreuz des Vorderfederispitz (1626 m). Linthebene und Zürichsee liegen einem zu Füssen, Richtung Osten der Walensee, die Berggipfel alle eingehüllt.

Die Verbindung vom Vorderfederispitz bis zum Sattel, wo man wieder auf den Bergweg trifft, ist der interessanteste Teil der ganzen Tour. Hier gilt es, um die Felsköpfe herum, die sich einem entgegenstellen, die richtige Wegspur zu finden (T4). Anfänglich noch eindeutig, ist es plötzlich nicht mehr so klar. Einmal stehe oben auf den Felsen und muss, weil es dort nicht mehr weitergeht, wieder zurück. An einer heikleren Stelle hat es ein Drahtseil, das bei der etwas ausgesetzten Querung hilft. Die Strecke auf dem offiziellen Bergweg über den Federigrat zum Gipfel ist wieder deutlich einfacher zu begehen. Auch das ganz kleine Schneefeld, das noch übrig geblieben ist, bereitet keine Mühe. Man sieht jedoch, dass hier vor nicht langer Zeit erheblich mehr Schnee lag.

Für die Gipfelrast auf dem Federispitz (1865 m) hätte ich mir etwas mehr Sonne gewünscht. Es ist so kühl, dass ich hätte Handschuhe gebrauchen können. Von Westen her bläst der Wind dichte Wolken hinauf. Die Sonne brennt zwar immer wieder Löcher durch die Wolkendecke, doch es kommen stets neue Wolken nach. Ich bin zufrieden, dass wenigstens der Gipfel nebelfrei bleibt. Dem Wegweiser „Säntisblick“ zu folgen, bringt heute nicht viel, der Alpstein ist fast vollständig verhüllt. Im Gipfelbuch entdecke ich einen Eintrag von Tricky vom 26.04.2015, der den gesamten Aufstieg in der unglaublichen Zeit von 1 Stunde und 37 Minuten geschafft hat und von seinem Resultat nicht restlos überzeugt ist („Ok, aber nicht super“). Demgegenüber bin ich mit meinen rund viereinhalb Stunden – einschliesslich Slalom um die Felsköpfe herum, den ich sehr behutsam angegangen bin – mehr als zufrieden.

Für den Abstieg wähle ich den Abstecher über den Plättlispitz (1764 m). So ergibt sich eine schöne Rundtour mit Gipfeltrilogie. Von diesem dritten Gipfel habe ich einen prächtigen Blick auf meine Aufstiegsroute, ebenso ins Gebiet zwischen Federispitz und Chrüzchopf sowie zum Mattstock, der von hier, mit dem restlichen Altschnee und den tiefhängenden Wolken, wuchtiger und düsterer aussieht als sonst. Als sich die Sonne wieder einmal für kurze Zeit verabschiedet und die kühle Luft klarmacht, dass es noch nicht Sommer ist, breche ich auf. Bald kommt ein kurzes, etwas steileres Stück über die Nagelfluhfelsen, das mit einer Kette gesichert ist (T3). Der restliche Abstieg bis Unternäten führt über blühende Alpweiden.

Von hier aus wäre es am einfachsten, über die Alp Schwanten (bzw. bis zu deren Zufahrtsstrasse) und anschliessend auf dem Aufstiegsweg zurück nach Ziegelbrücke zu gelangen. Stattdessen entschliesse ich mich, gemütlich über Oberalpli, Unteralpli und Rittersberg hinunter zu wandern. In einem Waldstück zwischen Ober- und Unteralpli verliere ich die weiss-rot-weissen Markierungen aus den Augen und muss mir den Weg selber suchen, bis ich auf einmal seltsame blaue Markierungen entdecke, denen ich nun folge. Beim Unteralpli hat es wieder Wegweiser, die nach Rittersberg und schliesslich über den Geo-Weg bis ganz hinab führen. So zieht sich mein Abstieg in die Länge und es ist bald 18 Uhr, als ich beim Bahnhof Ziegelbrücke ankomme. 

Zu Fuss von ganz unten im Tal bis auf den Gipfel und wieder hinunter ins Tal. Zumindest in dieser Hinsicht darf ich mich heute, nach dieser Tour, als „richtiger Bergsteiger“ fühlen.

Tourengänger: Fico


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Kommentare (5)


Kommentar hinzufügen

Martin Job Pro hat gesagt: Berglauf Federispitz
Gesendet am 24. Mai 2015 um 08:13
tricky hat den Federispitz am 10. Mai 2015 in 1:22 geschafft, das habe ich am 19. Mai 2015 im Gipfelbuch gesehen, als ich seine Strecke in 1:42 besichtigte. Für uns ist 1:20 sicher realistisch, Spitzenläufer würden das unter einer Stunde schaffen!
Frische Grüsse
Martin

tricky hat gesagt: RE:Berglauf Federispitz
Gesendet am 24. Mai 2015 um 21:11
Gratuliere zur "richtigen" und schöne Bergtour via Vorderfederi.

Das mit unter einer Stunde vom P.424 via Vorderfederi inkl. Pause möchte ich sehen. Outdoor Research Sponsort für den Bergläufer ein T-Shirt, Mütze oder Kappe falls die Zeit von 1:22 unterboten wird. Auf geht's :-)

Martin Job Pro hat gesagt: RE:Berglauf Federispitz
Gesendet am 24. Mai 2015 um 21:24
Wahrscheinlich Ende Juli laufe ich selber auf Zeit.
Da ich weiss, wie viel Rückstand ich jeweils bei Bergläufen einfange, kann ich dann genauer rechnen. Aber unter einer Stunde ist definitiv kein Problem! ich glaube nur nicht, dass einer das tatsächlich auch macht. Mit dem Alter kann ich auch viel besser Rechnen als Laufen!

Fico hat gesagt: RE:Berglauf Federispitz
Gesendet am 24. Mai 2015 um 21:42
Bei diesem Wettlauf möchte ich auch dabei sein, und zwar folgendermassen: Ich starte vier Stunden vorher und warte dann auf dem Gipfel, wer von Euch beiden als Erster ankommt. ;-)

Danke, lieber Tricky, für die Glückwünsche! Die Route via Vorderfederi ist wirklich sehr schön.

Martin Job Pro hat gesagt: RE:Berglauf Federispitz
Gesendet am 24. Mai 2015 um 21:52
Irgendwie lässt sich durch solche Diskussionen eine gewisse neugierige Unruhe bei mir nicht vermeiden, aber momentan passt es noch nicht. Erst muss ich in Biel 100km fast flach rennen ...


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