Östliche Simonyspitze (3448 m): Eisiger Zwilling über dem Maurertal


Publiziert von morphine , 27. November 2014 um 11:03.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:19 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 2100 m
Abstieg: 2100 m
Strecke:Ströden-Stoanalm-Essener Rostocker Hütte-Dellacher Keesflecke-Südostgrat-Östl. Simonyspitze und Retour
Kartennummer:Alpenvereinskarte Nr. 36 Venedigergruppe 1:25000

Nach fünf Jahren...

...hat´s endlich geklappt mit der Tour auf die Östliche Simonyspitze. Seit 2010 hielt der Herbst immer einen krachigen Wintereinbruch für mich bereit und die Schneemassen am Alpenhauptkamm wären einfach zuviel und wohl auch zu gefährlich für einen Versuch gewesen. Dieses Jahr aber nicht!!!. Mäßig viel  Neuschnee in den Hochlagen sollten sogar für opitmalen Trittfirn an den schwierigsten Stellen sorgen. Dafür war eine Überschreitung zum noch etwas höheren  Zwillingsgipfel, der Westlichen Simonyspitze, auf dem ausgesetzten und teilweise gefährlich verwächteten Grat für mich nicht möglich. Nach 1/3 Wegstrecke habe ich dieses etwas kühne Unternehmen dann aufgegeben. Aber der Reihe nach!


Durchs Maurertal

Morgens um Viertel vor acht begann ich in Ströden die strenge Tagestour. Außer mir lief nur noch ein anderer Wanderer das Tal hinauf. Doch bald schon hatte ich ihn aus den Augen verloren. Ich versuchte mein gewohntes Tempo zu gehen, aber irgendwie lief es hier unten im Tal noch nicht so richtig rund. Auch der Rucksack machte mir mal wieder zu schaffen. Neben meiner kompletten Tourenausrüstung hatte ich auch genügend zu Essen und vor allem zu Trinken eingepackt (am Mont Blanc war mein Durst einfach zu groß geworden). Außerdem noch zusätzlich warme Keidung, da ich trotz des sehr milden Wetters nicht wusste, ob es im Gipfelbereich nicht windig und damit unangenehm kalt werden würde. So war ich froh, endlich die Essener-Rostocker-Hütte nach 2 Std. erreicht zu haben. Hier machte ich eine erste Pause und ein kleines Depot  um nicht mehr ganz so schwer schleppen zu müssen. Etwas detaillierter habe ich den Weg durch das Maurertal hier beschrieben.


Aufstieg über die Dellacher Keesflecke zum Südostgrat

Hinter der Hütte führte der Wanderweg weiter taleinwärts. Nach ein paar Minuten zweigte links die Route zum Simonysee ab. Ich ging weiter geradeaus und musste wenig später den Maurerbach überschreiten. Dummerweise war die Brücke schon abgebaut und ich musste schon ein wenig suchen um über etwas glitschige Steine auf die andere Seite zu gelangen. Danach ging es zunächst ohne Höhengewinn weiter, bis ich einer schwach ausgeprägten Pfadspur nach links folgen konnte. Schon bald schraubte sich der schmale Weg ziemlich rustikal in die Höhe. Von hier hatte man einen schönen Überblick über den eisgerahmten Talschluss des Maurertals. Dieser hinterste Bereich des Tals unter der Simonyspitze, den Maurerkeesköpfen und dem Großen Geiger nennt sich Stredacher Winkl. Der Weg zog weiter sehr steil den Talhang in westlicher Richtung hinauf und führte dann später nach Nordwesten zu den sogenannten Dellacher Keesflecke weiter. Hier war das Gelände geprägt von weiten Graskuppen und ein paar Felsen dazwischen. Die Gegend war hier deutlich weniger steil. Die Dellacher Keesflecke trennen das Simonykees im Westen vom Maurerkees im Osten. Dies sind zwei doch recht spaltige Gletscher, die man aber auf dem Weg zur Östlichen Simonyspitze nicht betreten muss. Ich folgte der immer gut zu erkennenden Spur und Steinmännern bis P 2975. Hinter einer markanten Felsspitze in einer Scharte endete nun aber die Wegspur endgültig.


Der Südostgrat

Den steilen und hier felsigen Südosgrat nördlich der Scharte habe ich aber nicht direkt erklettert, sondern ich querte an seinem breiten Fuß schräg rechts hinauf in östliche Richtung. Die Felsen waren hier etwas unangenehm geschichtet, aber dennoch nicht wirklich schwierig und daher leicht zu bewältigen. An der in der Gratflanke anvisierten Felsecke habe ich auch wieder einen kleinen Steinmann entdeckt. Nun ging es über schneebedeckten Schutt östlich unterhalb des Südostgrates mäßig steil weiter hinauf. Nach wenigen Metern begann die geschlossene Schneedecke und ich machte erstmal Pause um die Steigeisen zu montieren und die Schneegamaschen anzulegen. Hier befand ich mich am Fuß des ersten von insgesamt drei Firnfeldern. Die beiden unteren werden jeweils am Ende durch Felsriegel begrenzt, welche überwunden werden müssen bevor man zum Schluss das obere Gipfelfirnfeld erreicht. Ich lief das untere Firnfeld schräg links in westlicher Richtung hinauf bis ich wieder die Grathöhe erreicht hatte. Nun stieg ich in Richtung des ersten Felsriegels wobei das Gelände kontinuierlich steiler wurde. Im rechten Teil konnte ich den Felsriegel in einer Rinne duchgängig in Firn durchsteigen. Ich schätze die Neigung hier mit ca. 40° ein. Weiter gings über das mittlere Firnfeld, welches oben von einer deutlich ausgeprägteren Felsstufe begrenzt wird. Aber auch hier fand ich ganz rechts eine steile schneegefüllte Rinne vor, welche allerdings in der Mitte kurz von Felsen unterbrochen war. Auf diesen musste ich ein wenig ausgesetzt nach rechts queren bevor es weiter sehr steil ca. 55° bis zum Ausstieg schnurgerade nach oben ging. Jetzt liegt die weiße Gipfelkuppe vor einem. Kein Fels versperrt nun mehr den Weg. Allerdings ist der Firngrat am Alpenhauptkamm oft nach Norden gefährlich verwächtet. Ich peilte eine tiefere Stelle östlich vom Gipfel an, da hier der Firngrat ganz leicht nach Süden und somit für mich sichtbar überhing. Kurze Zeit später erreichte ich den Firngrat und stellte erleichtert fest, dass der Weiterweg auf der schmalen Firnschneide zwar sehr ausgesetzt war, diese aber nur leichte Wächtenbildung aufwies. Den Gipfel erreicht ich nach 6 Std. Aufstiegszeit. Am höchsten Punkt konnte ich den Gratfirst sogar direkt betreten. Das bescherte mir natürlich ein uneingeschränktes Panorama, das an diesem klaren Herbsttag ungemein beeindruckte. 


Die große Schau am Gipfel und Versuch Richtung Westliche Simonyspitze

Ähnlich wie letztes Jahr am Eichham breitete sich auch von der Simonyspitze ein weites Gipfelmeer aus. Allerdings vermittelte der Gipfel heute einen wesentlich hochalpineren Eindruck. Das liegt an den drei sehr stark zerspaltenen Gletscherfeldern. Maurer- und Simonykees auf der Südseite und das ungemein steile und wilde Krimmlerkees auf der Nordseite. Ohne den leichten Zugang über den Südostgrat wäre dieser Gipfel für mich wohl unerreichbar gewesen. Ich genoss die Aussicht. Vom Wettersteingebirge im Nodwesten bis zu den Julischen Alpen im Südosten, von den Glocknerbergen im Osten bis zu den Dolomiten, der Brenta, Presanella-, Adamello- sowie den Ortlerbergen im Süden und Südwesten war mal wieder alles zu sehen. Dazu am eindrucksvollsten die nahen Nachbardreitausender der Venedigergruppe. Nicht nur der Großvenendiger selbst, sondern vor allem die Gipfel in westlicher Nachbarschaft kommen von hier oben besonders gut zu Geltung. Insbesondere Rötspitze, Malhamspitzen, Gubachspitzen und die Dreiherrenspitze. Im Norden konnte ich über dem Einschnitt des Inntales sogar bis ins oberbayerische "Flachland" schauen.
Der direkte Nachbar, die Westliche Simonyspitze mit ihrem spitzen Firngipfel, wirkte von hier im Schmalprofil einfach zu verlockend, so dass ich eine Überschreitung des Verbindungsgrates versuchte. Die ersten Felsen ließen sich zunächst gut überwinden, aber der Schnee war hier schon recht locker und etwas heikel zu begehen. Dazu wurden die Wächten nach Süden immer ausgeprägter, die Ausweichmanöver auf der schattigen Nordseite hoch über dem gruseligen Krimmlerkees immer aufwendiger und vor allem kälter. Von Norden blies nun doch ein eisiger Wind. Dann nahmen auch die Felsschwierigkeiten kontinuierlich zu. Ich wusste von einer Steilstufe im dritten Grad bevor man das Gipfeleisfeld erreicht und brach nach ca. 1/3 der Gratstrecke ab. Dennoch war dieser kurze Ausflug vom Gipfel der Östlichen Simonyspitze landschaftlich ungemein beeindruckend. 


Speedabstieg zur fortgeschrittenen Stunde.

Um Viertel vor vier begann ich mit dem Abstieg. Die beiden Felsriegel stieg ich durch die im Aufstieg benutzten Rinnen wie auf einer Leiter vorsichtig wieder hinunter. Als das Gelände leichter wurde gab ich aber kontinuierlich Gas. Natürlich immer noch mit ausreichend Fotopausen. In der aufkommenden Abenddämmerung kam ich wieder bei der Hütte an und genoss den dort deponierten Trinkvorrat. Durch das Maurertal schaffte ich es noch ohne Stirnlampe über den schmalen Bergweg bis zur Talstation der Materialseilbahn. Dann war es stockdunkel, doch den jetzt breiten Weg vorbei an der Stoanalm nach Ströden konnte ich nicht verfehlen. Exakt 12 Stunden nach meinem Aufbruch am Morgen erreichte ich wieder mein Auto.


Fazit:

Der Schnellabstieg vom Gipfel hat gut funktioniert und war vor allem viel gelenkschonender als ein sich langsames Hinabquälen. Gut, der jetzt leichtere Rucksack hatte natürlich auch dazu beigetragen, nachdem ich mittlerweile alles ausgetrunken und aufgegessen hatte :-)!

Die Östliche Simonyspitze ist landschaftlich ein Traum. In den vollen Genuss kommt man aber nur an wirklich klaren Tagen. Dann hat man Beides. Die eindrucksvolle eisige Umgebung und das unglaublich weite Ostalpen-Panorama!


Tourengänger: morphine


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Kommentare (2)


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MichaelG hat gesagt: Gratulation!
Gesendet am 27. November 2014 um 12:46
Da hast Du ja noch eine wunderbare Herbsttour im Virgental hingelegt. Alle Achtung!

morphine hat gesagt: RE:Gratulation!
Gesendet am 27. November 2014 um 12:58
Hallo MichelG,

ja, endlich konnte ich die lang ersehnte Tour auf die Simonyspitze angehen. Manchmal muss man halt geduldig warten bis alles passt.

Gruß
morphine


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