Val Cramosino – Capanna d’Afata oder wie löst man ein Wasserproblem


Publiziert von Seeger , 2. November 2014 um 20:29.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum: 2 November 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Madöm Gross   CH-TI 
Zeitbedarf: 3 Tage 9:00
Aufstieg: 1670 m
Abstieg: 1670 m
Strecke:12.6km: Orsino 775m – Pt. 812 – hinter dem Bildstöckchen beginnt der Alpweg – Capanna d’Afata 1669m – Cascine d’Afata 1893m – Capanna d’Afata 1669m – Pt 1205 Val Cramosino – Cagnago 1210m – Pt. 1205 – Catto 620m – Pt. 716 – Orsino 775m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Autobahn Bellinzona-Airolo, Abzweigung Faido. Retour nach Lavorgo und nach 500m Abzweigung nach Chironico. Weiter nach Grumo und dem Weiler Orsino.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:item
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna d’Afata: Sehr gut ausgerüstete Jägerhütte. Ab Mitte Oktober bis Juni KEIN WASSER. Quelle unterhalb der Cascine d’Afata, das heisst 1 ½ Std entfernt!
Kartennummer:1273 Biasca

Im Grunde genommen hatte ich sehr viel mehr vor. Aber das Wasserproblem und die vereisten Wege ab 2000m überraschten mich. Trotzdem habe ich drei goldige Herbsttage im Val Cramosino/Val Fouda erlebt und die wunderschöne Hütte so richtig genossen.
1. Tag
Von Orsino 775m führt ein Weglein direkt zum Pt. 812, wo ich den Ri di Fouda ohne Probleme queren kann. Nach wenigen Metern erreiche ich den Fixpunkt: Ein hübsches Bildstöcklein. Gleich hinter dem Bildstöckchen beginnt der Alpweg.
Sensationell angelegt steigt er gleichmässig durch das Gewirr von Felshöckern, welche nicht alle auf der LK zu ersehen sind. An kritischen Stellen helfen gelb/rote Markierungen den Weg nicht zu verfehlen. Enorm viel Fallholz wurde weggeräumt. So erreiche ich die  Capanna d’Afata 1669m problemlos und in angemessener Zeit.
Doch plötzlich wird mir bewusst, dass die Hütte Mitte Oktober eingewintert wurde. Im Klartext: Es hat kein Wasser! Für andere Selbstversorgerhütten ist dies meistens kein Problem, denn in der Nähe plätschert irgendein Gerinnsel. Hier nicht. Die Quelle ist 1 ½ Stunde entfernt. Vom letzten Besuch mag ich mich knapp entsinnen, wo das köstliche Nass zu finden ist. So mache ich mich mit einem Kessel auf den Weg. Doch die Nacht holt mich ein. Darauf bin ich ebenfalls nicht vorbereitet, denn ich habe im Stress die Stirnlampe in der Hütte vergessen. Doppeltes Pech! Ich kehre unverrichteter Dinge noch knapp im letzten Tageslicht zur Hütte zurück. Was tun? Absteigen? Doch da kam die Rettung:  Die Jäger – Dein Freund und Helfer – liessen ein paar Dosen Bier zurück. Das ist die Rettung. Jedenfalls für den Abend. Und ½ L Tee habe ich auch noch.
2. Tag
Am nächsten Morgen steige ich bei wunderbarstem Wetter zur Cascine d’Afata 1893m hinauf. Schnee- und Eisfetzen. In der Nacht habe ich den Plan ausgeheckt: Im Abfall finde ich 3 Weinflaschen zu 7,5 dl mit Drehverschluss. Dazu meine 2x ½ L – Plastikflaschen = 3.25 L. Nun finde ich wenig unterhalb der Cascine d‘Afata die Quelle, wasche die Weinflaschen aus und fülle sie und die Plastikflaschen mit Wasser. Abstieg zur Capanna d’Afata 1669m. Mittagessen mit Kurbiscrèmesüppchen und Risotto con Funghi an der Sonne vor der Hütte mit Aussicht auf vielen mir bekannten Bergen. Quasi umgeben von alten Freunden. Fantastisch – doch die geplante Tour ist im Eimer!
Was soll’s? Nach dem Besuch von zwei Jägern (Ich kann Ihnen nichts offerieren als Mäusegift, wie mir Thomas spasshaft sagt!) rekognosziere ich den Weg nach Cagnago, putze noch da und dort und baue Steinmänner zum leichteren Auffinden.
Nachtessen mit St. Galler Bratwurst (ohne Zwiebelsauce wegen dem fehlenden Wasser zum Abwaschen!) und Kartoffelstock. Dazu ein letztes Bier. Frühes Zubettgehen.
3. Tag
Wieder taucht die Welt des Val Cramosino in Sonnenschein ein. Nach dem Schlussputz verlasse ich diesen einsamen Ort und mache mich auf den Weg dort hin. Beim zweiten Alpgebäude geht’s oben durch horizontal knapp 100m durch den Wald. Nun durch einen Steinmann markiert in die Tiefe. Plastikzeichen auf Augenhöhe, teils rote Spray-Streifen, Ketten und weitere Steinmänner weisen den nicht immer ausgeprägten und steilen Weg in die Tiefe. Unglaublich viel verräumtes Fallholz. Der Weg war noch im Juni 2014 unpassierbar (Eintrag im Hüttenbuch). Förster und Jäger haben diese Herkules-Arbeit geleistet. Grazie mille per questo impegno!
Bei Pt 1205 Val Cramosino erreiche ich den Talweg. Ich möchte meinen Bekannten in Cagnago 1210m besuchen. Leider ist niemand zuhause und alles Winterdicht gemacht. So kehre ich unverrichteter Dinge zurück zu  Pt. 1205.
Der uralte Talweg des Val Cramosino schlängelt sich durch ein Gewirr von Schluchten, über Felsbänder und über bewaldete Rücken. Ich erreiche bei  Catto 620m  den rot/weiss-markierten Wanderweg, welcher von Giornico über Faidal ins Val d’Ambra gelangt. Ich folge dem entgegen gesetztem ebenfalls markiertem Weg talaufwärts, wenige hundert Meter oberhalb der Autobahn und Giornico. In der Nähe von Pt. 716 überrascht mich ein Totales Geh- und Reitverbot (!). Das kann ja spannend werden! Und tatsächlich: In der Mitte des Zick-Zack-Weges im Bagn ist der Weg für 5m unterbrochen. Das wäre an und für sich ja nicht tragisch, wenn nicht oberhalb zwei riesige Baumstämme herunter zu rollen drohen würden. Ist mir schon für einige Minuten mulmig. Doch muss es ja geklappt haben, wenn ich jetzt den Bericht schreibe.
Ich erreiche die Fahrstrasse und tschalpe nach Orsino 775m zurück zu meinem Seegermobil.

Zum Abschluss noch Gedanken, welche mir nahe gehen:

You remain
Willie Nelson
 
What do you do with the sands of time
When they carve out lines around your eyes?
I can close my fists up good and tight
But I can’t hold back the sands of time
 
What do you do with a memory
That just hangs around and stares at me?
I can tear that frame down off the wall
But it won’t erase the thing I saw
 
Night and day – night and day
You remain – You remain.
 
What do you do with old regrets?
There’s a box full underneath the bed
Just close enough not to forget
But do what do you do with old regrets?
 
There’s old house key in a kitchen drawer
To the door I can’t unlock no more
Sometimes I hold that key real tight
But what do you do after goodbye?
 
Night and day – night and day
You remain – You remain.
  

Tourengänger: Seeger
Communities: Ticino Selvaggio


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Kommentare (4)


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lucama hat gesagt: The Blues...
Gesendet am 3. November 2014 um 09:47
...sehr nachvollziehbar - und zum Glück mit Seeger'schem Humor gespickt! Salve, Lukas

Seeger hat gesagt: RE:The Blues...
Gesendet am 3. November 2014 um 17:26
Ciao Lukas
Hätte da noch einen andern Blues von Willie Nelson...vielleicht später.
Gruss
Andreas

jimmy hat gesagt: Wieder in Form?
Gesendet am 3. November 2014 um 12:26
Ganz offensichtlich ja! Gratuliere und danke für Bericht und Bilder
Andreas

Seeger hat gesagt: Wieder in Form?
Gesendet am 3. November 2014 um 17:28
Ciao Andreas
Danke der Nachfrage. Musste ja etwas tun, dass die Ärzte mit mir zufrieden sind ;-)
Gruss vom Roggenhalm
Andreas


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