Cima de Piazzi 3439 m


Publiziert von Cubemaster , 9. September 2014 um 00:39.

Region: Welt » Italien » Lombardei
Tour Datum: 2 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m

Nach zweijähriger Verletzungspause wegen einer hartnäckigen Entzündung im Knie gibt es nun endlich mal wieder einen Bericht von mir! Es ist leider nicht so, dass ich wieder völlig normal gehen kann. Ein wenig eingeschränkt bin ich schon, aber es ist zumindest wieder so gut, dass ich wieder Berggehen kann. Weiter soll das auch in meinem Bericht keine Rolle spielen, hier geht es allein um die Berge, die Natur und die Freiheit, das zu tun, was mich glücklich macht.

Da an diesem Tag in ganz Österreich Regen angesagt war, dagegen im Süden wegen Föhn herrlichstes Wetter, entschloss ich mich kurzerhand, ein lange gehegtes Projekt anzugehen: Eine Besteigung des Cima de Piazzi im Alleingang durch die Südwestflanke.
Ich fuhr also nach Bormio und von dort Richtung Passo di Foscagno. In der letzten Kehre (bei Arnoga) führt eine Straße ins Val Viola. Dort ignorierte ich das Verbotsschild und fuhr hinein. Nach ein paar Metern kommt man an ein Kassenhäuschen. Für drei bis sechs Euro kann man dann doch hineinfahren, je nachdem wie weit man will. Will man ins Val Verva, reicht der erste Parkplatz für drei Euro, dort stellte ich also mein Auto ab.

Wegen der langen Anfahrt startete ich dann erst um 11 Uhr, aber der Himmel war wolkenlos. Es geht vom Parkplatz zuerst eine asphaltierte Straße hinunter (diese zu befahren ist definitiv verboten, man könnte dadurch allerdings einen erheblichen Gegenanstieg auf dem Rückweg vermeiden...), unten gibt es dann einen Wegweiser ins Val Verva. Hier führt eine Schotterstraße noch etwas hinunter und über eine Brücke auf die andere Talseite. Ab hier geht es nun ansteigend hinauf ins Val Verva. Den ganzen Weg entlang standen immer wieder Tafeln mit Informationen über die Vegetation dieser Gegend, leider kann ich kaum Italienisch.

Der Straße folgend kam ich an der Alp Verva vorbei und kurz vor dem Passo di Verva überquerte ich den Fluß und ging durchs Gelände Richtung Osten. Zuerst geht es recht flach ansteigend über Wiesen nach oben, dabei hielt ich mich immer links vom Fluß. Eine Geländestufe kann man nun links umgehen, hier stehen einige Steinmännchen und Steigspuren sind auch vorhanden. Oben angekommen war ich regelrecht verzaubert vom Anblick eines hellblauen Sees für den allein sich die Tour schon gelohnt hätte (mein Tipp für Wanderer, die nicht kraxeln wollen). Das riesige Geröllfeld erstieg ich nun auf der linken Seite, dabei steuerte ich die deutlich sichtbare Seitenmoräne (eines vermutlich schon lange verschwundenen Gletschers) an. Oben querte ich dann auf die Moräne und stieg über diese weiter auf. So gelangte ich erstaunlich schnell und leicht in den (auf ca. 3000m liegenden) Talkessel unterhalb der Gipfelflanke. Im Aufstieg hat man übrigens herrliche Sicht auf den hellblauen See und den dahinter liegenden viel dunkleren Lago Nero.

Nun muss eine steile Geländestufe erklommen werden, um in das Geröllfeld der Gipfelflanke zu gelangen. Ich hielt die erste (schneegefüllte) Rinne für machbar und begann, links davon anzusteigen. Was ich von unten nicht gesehen hatte war, dass das Schneefeld schon völlig unterhöhlt war. Es erschien mir dann doch zu gefährlich, hier über den Schnee aufzusteigen, zumal es steiler war als es von unten ausgesehen hatte. Ich querte also im unteren Bereich die Rinne und kraxelte rechts auf den Felsen weiter, was ganz gut machbar war. Je weiter ich kam, desto sinnvoller erschien es mir, auf den Felsen rechts an der Rinne vorbeizuklettern, was ich dann auch tat. (im unteren Bereich I bis II, im oberen Bereich eine nicht ausgesetzte IIer-Stelle)

Nun befand ich mich am Beginn des Geröllfeldes der Gipfelflanke. Ich stieg noch etwas weiter an, bis ich genug sehen konnte, um meinen Aufstieg zu planen und machte nochmal eine Pause. Ich sah etwas weiter unterhalb ein Steinmännchen, das nicht auf meinem Aufstiegsweg lag. Vielleicht wäre die zweite Rinne doch einfacher gewesen, aber von unten sah es wirklich nicht so aus. Plötzlich rollte in gewissem Abstand ein recht großer Stein an mir vorbei! Das lag wohl an den tauenden Schneefeldern hier oben. Ich querte also recht zügig ein großes Schneefeld mit Steigeisen und Pickel und stieg im flacheren Bereich weiter rechts an. Zwischendurch musste ich immer wieder mit den Steigeisen über Geröll, aber sie jedesmal auszuziehen hätte ewig gedauert. Insgesamt ist die Gipfelflanke ziemlich steil und der obere Teil, in dem kein Schnee mehr lag, war unfassbar anstrengend. Der Boden war so weich, dass ich kaum vorwärts kam und völlig erschöpft erreichte ich den Gipfelgrat.

Bis hierhin (ca. 30 oder 40 m unter dem Gipfel) würde ich es noch als T5 oder T6 Tour einstufen. Das letzte Stück bis zum Gipfel hat mit Wandern nichts mehr zu tun und ich würde es mit WS bewerten. Zuerst einmal muss man nun ein kleines Stück über die Gletscherkante gehen. Diese war nicht überwechtet und mit Steigeisen war das auch kein Problem. Leider erfüllte sich meine Hoffnung nicht, den Gipfelaufschwung rechts auf dem Gletscher umgehen zu können. Also sah ich mir den Grat mal genauer an. Eine Kletterei im zweiten Schwierigkeitsgrad, die durchaus etwas ausgesetzt war, mit etwas Schneeauflage. Machbar sah es allerdings schon aus, ich begann also, vorsichtig hinaufzuklettern. Dabei sah ich auch einige recht neue Bohrhaken an denen ich mich zwar nicht sichern konnte, weil ich kein Seil dabei hatte, aber zur Orientierung halfen sie auch schon. Obwohl ich sehr vorsichtig war, dauerte die Kletterei nur sehr kurz und ich stand auf dem Gipfel.

Natürlich hatte ich keine Aussicht. Die wohl einzige Wolke an diesem Tag war ausgerechnet an meinem Gipfel hängengeblieben. Dementsprechend war es ungemütlich. Keine Sonne, starker Föhnwind und Schnee sorgten dafür, dass mir sehr schnell kalt wurde. Außerdem war es spät geworden. (schon nach 4 Uhr!) Also trug ich mich nur kurz ins Gipfelbuch ein, machte ein paar Fotos und begann mit dem Abstieg. Dabei nahm ich den gleichen Weg wie im Aufstieg, die andere Rinne probierte ich aufgrund der späten Uhrzeit nicht, das können vielleicht mal andere hikrs machen...

Der Rückweg verlief unproblematisch, aber beim letzten Stück über die Straße zum Auto war es schon fast komplett dunkel geworden. Also fuhr ich erstmal nur bis zur Hauptstraße und ging im Restaurant direkt gegenüber der Einfahrt ins Val Viola etwas essen, welches ich hier auch ausdrücklich empfehlen möchte. Es hat mir sehr lecker geschmeckt und den Tag super abgerundet.

Einige Bemerkungen zur Ausrüstung: Ich hatte einen Helm, Steigeisen und einen Pickel dabei und habe auch alles benötigt. Bei besseren Verhältnissen kommt man wahrscheinlich auch ohne Steigeisen und Pickel aus, aber in diesem Jahr lagen riesige Altschneefelder in der (ziemlich steilen) Gipfelflanke. Das Stück über den Gletscher sollte auch ohne Steigeisen gehen, es ist ziemlich flach. (Zur Sicherheit könnte man Grödeln mitnehmen.) Steinschlag ist auch bei guten Verhältnissen nicht auszuschließen, einen Helm würde ich also allemal empfehlen. Wer sich im IIer-Gelände nicht ganz sicher fühlt (wenn z.B. auch noch etwas Schnee liegt), könnte auch ein Seil für den Gipfelgrat mitnehmen. Dieser lässt sich aufgrund der guten Bohrhaken super absichern.

Die Cima de Piazzi war Gipfel Nr. 79 / 163 meines großen Projekts "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Mehr Infos auf meiner Homepage.

Tourengänger: Cubemaster


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Kommentare (1)


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danicomo hat gesagt:
Gesendet am 9. September 2014 um 17:30
Bravissimo !!
Daniele


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