Pizzas d'Anarosa, Alperschällihorn, Bruschghorn


Publiziert von Delta Pro , 11. August 2014 um 15:21.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Hinterrhein
Tour Datum:10 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 8:45
Aufstieg: 2340 m
Strecke:26 km

Lange Tour über Bündner Schutthaufen, inkl fünf 3000ern
 

Die Besteigung der Splügener Kalkberge habe ich schon vor mehr als einem Jahrzehnt in ziemlich derselben Ausführung geplant wie ich sie heute umsetzen konnte. Damals war mein Respekt vor diesen schuttigen Hörnern noch gross und Infos aus erster Hand waren kaum erhältlich. Auf Hikr sind mittlerweile doch rund eine Handvoll Berichte vorhanden, welche den Gesellen etwas ihren Schrecken nehmen. Die Kombination von Pizzas d’Anarosa und Alperschällihorn an einem Tag macht auf jeden Fall Sinn. Schon einmal in der Gegend habe ich auch gleich noch die Überschreitung von Schwarzhorn und Gelbhorn zum Bruschghorn angehängt – eine Route, zu der es so noch keine Beschreibung gab.

Die Tour stellt einige Ansprüche an die Trittsicherheit in instabilem Geröll und ist so nur demjenigen zu empfehlen, der gerne auf solche Schutthaufen steigt. Die technischen Anforderungen sind allerdings erstaunlich gering. Selbst den von Vor-Hikrn als nicht ganz trivial eingeschätzten Aufstieg auf die Pizzas d’Anarosa empfand ich nach Angewöhnung an den Bündner Bruch als relativ einfach. Unfreiwillig machte ich im dicken Nebel am Alperschällihorn Bekanntschaft mit dem Ostsporn des Nordgrats (wird normalerweise umgangen), was die im Führer genannte Schwierigkeitsbewertung der Tour doch noch rechtfertigt.

Das endlose Geröll auf solchen Touren beansprucht die Ausrüstung massiv. Dies ist definitiv keine Route für neue Schuhe und ungebrauchte Kleidung. Somit dankten es mir meine ältesten, mittlerweile komplett profillosen Bergschuhe, dass sie noch ein letztes Mal das Erlebnis von Bündner Schutt mit mir teilen durften.

Das Wetter war so, wie es sich für diesen Sommer gehört: durchzogen! Während ich morgens in den Genuss einiger Sonnenstrahlen kam, hüllten die vom starken Südwind gegen die Berge gepressten Wolken die Gipfel leider fast dauern ein. Bündner Schuttgrate im Nebel sind aber auch etwas ganz besonderes und verstärken noch den Eindruck von Einsamkeit und der wilden Landschaft.
 

Pizzas d’Anarosa (T5, II)
Mit dem ersten Licht und starkem Wind starte ich beim hochgelegenen Parkplatz Tguma (2340 m.ü.M.) zur Tour. Leichtes Jogging zur Alp Curtginatsch und über schöne Weiden zum Lai Grand. Die eindrückliche Felsmauer der Pizzas d’Anarosa wird soeben in die Morgensonne getaucht – was für ein Anblick! Über die Farcletta digl Lai Grand und unter der hohen Stirn eines Blockgletscher auf der W-Seite der Pizzas hindurch zum Einstieg ins Couloir. Der Beginn davon ist ziemlich offensichtlich. Zum genauen Routenverlauf siehe auch dieses Bild. Durch Geröll und teilweise in leichter Kletterei arbeitet man sich die Rinne hoch. Ein Helm auf dem Kopf kann bei dieser Menge an losem Gestein nicht falsch sein, auch wenn man alleine unterwegs ist. Bevor das Couloir einen Knick macht, muss man einen Klemmblock überklettern, was etwas mühsam ist (II). Anschliessend öffnet sich die Rinne. Kraftsparender geht es über die linksseitigen Platten hinauf. Nachdem das Felsenfenster erreicht ist, erklettert man eine kurze Felsstufe (4m, II) und steigt rechterhand eine sandige Rinne hinauf, die man bald links durch weitere schmale Rinnen verlässt (Steinmann) und bald zum Ausstieg kommt. Das ganze ist nicht schwierig, erfordert aber Vertrautheit mit dieser Art von brüchigem Gestein. Dann ohne Probleme über den Geröllrücken und am Schluss einen kurzen Grat zum höchsten Punkt, wo seit 2013 ein schönes Gipfelbuch wartet. Abstieg auf derselben Route.

Eine interessante Variante für den Aufstieg vom Tguma Parkplatz wäre das Nordcouloir, welches auch im Winter begangen wird. Die offensichtliche Schneerinne wäre mit Pickel und Steigeisen jetzt noch knapp machbar, ideal sicher im Juni/Juli und führt direkt aufs Gipfel-Geröllfeld bei ca. 2940 m.ü.M.

 

Alperschällihorn (T5-, Ostsporn: T5, WS, II)
Alle Hikr-Berichte beschreiben das Alperschälihorn als deutlich weniger Anspruchsvoll als die Pizzas d’Anarosa. Meine Tourenplanung war deshalb etwas nachlässig, was ungeschickt ist, wenn man den ganzen Aufstieg über im dicken Nebel steckt... Von der Alperschälilücke links (Weglein) und durch eine einfache Rinne (Steinmann) auf das Geröllplateau. Gemäss Berichten sollte man am Ende des Geröllfeldes links hinaus halten. Dies tue ich und da die Sicht ca. 5m beträgt, erreiche ich „mein“ Ende des Geröllfeldes an den Aufschwüngen des Ostsporns, welcher nach rund 100 Höhenmetern in den Nordgrat mündet. Ziemlich bald ist klar, dass dies nicht die Normalroute ist, denn die Kletterei ist teils steil und brüchig (WS, II). Da es zusätzlich zum Nebel noch leicht zu regnen beginnt, bin ich froh als ich die Geröllschulter mit den Steinmännchen des normalen Aufstiegs erreiche. Etwas links ausweichen und auf den Grat zurück und dann alles ohne Probleme zum höchsten Punkt (neues Gipfelbuch). Abstieg über die nun offensichtliche Normalroute, welche die ganzen Schwierigkeiten meines Grataufstieges in einem breiten Geröllfeld umgeht.

 

Überschreitung Schwarzhorn bis Bruschghorn (T5)

Ein kleiner Abstecher bringt mich – nun wieder unter der Nebeldecke – aufs Bodenhorn (schöner Steinmann und Gipfelbuch). Die Aussicht ins Safiental, auf die abweisenden 3000er und den Regenbogen, welcher sich im aufziehenden Schauer bildet, ist eindrücklich. Direkter Abstieg (Schneefelder) auf den Wanderweg und relativ lange Querung an den Fuss des Schwarzhorns. Den Rücken erreiche ich über das „Schlupfloch“ von AlpinHero – wenn man von der Seite kommt nicht zu verfehlen. Anschliessend in freier Routenwahl über viel Geröll zum höchsten Punkt mit leuchtend gelben Felsen, was so gar nicht zum Namen des Berges passt.

Der Grat zum Gelbhorn ist für mich fast das Highlight der Tour. Endlich drückt auch auf Gipfelhöhe die Sonne durch die im stürmischen Wind vorbeijagenden Nebelschwaden. Der Fels ist fantastisch rau, farbig und solide. Stufen könnten einfach links umgangen werden, doch der Grat ist viel zu schön um ihn auszulassen. So folge ich alles strikt der Schneide mit einigen schönen Kletterstellen bis zum Gelbhorn (T4, II).

Wenige Meter nordöstlich des Steinmanns kann die Wand passiert werden und man erreicht die kleine Scharte gleich unter dem Gipfel. Vom schwarzen Vorgipfel kann man nicht direkt absteigen (erkenne ich sogar im wieder aufgezogenen Nebel). Auf der Safierseite umgehe ich die Aufschwünge grosszügig in Geröll um sobald wie möglich auf den Grat zurückzukehren. Rutschiger Bündnerschiefer hat hier unvermittelt den griffigen Kalk abgelöst und man muss die Tritte sorgfältig setzen. Im dichten Nebel folge ich nun dem abwechslungsreichen Grat, der bei einigen Stufen leichte Kletterei erfordert, die aber wegen des instabilen Gesteins Vorsicht verlangt. Ein letzter Aufschwung bevor der Grat breit wird umgeht man auf einem schmalen Band links um danach sobald wie möglich wieder auf die Schneide zu steigen (insgesamt T5).

Nach wie vor im Nebel erreiche ich gleichzeitig mit zwei anderen Wanderern das Bruschghorn. Abstieg über den langen E-Grat. Pt 2962 kann überschritten (einige Felsen auf der E-Seite, T4) oder nördlich umgangen werden. Obwohl mittlerweile ein heftiger Schauer aufgezogen ist, möchte ich den Piz Tuf noch mitnehmen. Dafür umgeht man den Vorgipfel rechts und steigt dann querend etwas auf der Nordseite ab, bis man durch eine offene Rinne zum Gipfel steigen kann. Wunderschöner Abstieg durch farbige Felsen und sanfte Weiden im Sonnenschein zum aussichtsreichen Gipfelchen des Tguma.
 

Durchgangszeiten:
Parkplatz Tguma: 6.00
Pizzas d’Anarosa: 8.25
Alperschälihorn: 9.50
Schwarzhorn: 12.10
Bruschghorn: 13.15
Parkplatz Tguma: 14.45


Tourengänger: Delta


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Kommentare (2)


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StefanP hat gesagt: Gratulation
Gesendet am 11. August 2014 um 21:25
Hoi Delta!
Gratulation zur tollen Tour! Und das sogar bei erschwerten Wetterverhältnissen. Fühle mich beim lesen und betrachten der Bilder grad heimisch in der mir gut bekannten Gegend. Werde das mit der Routenoption am Alperschälli anschauen.
Herzlichen Gruss
Stefan

Delta Pro hat gesagt: RE:Gratulation
Gesendet am 13. August 2014 um 06:31
Ja, Du bist ja in der Gegend wirklich zu Hause! Wie ich gesehen habe, warst Du ja nur zwei Tage zuvor auf Schwarz- und Gelbhorn.
Gruss Delta


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