Übers Glogghüs ins Herz der Schweiz


Publiziert von Maisander , 10. Oktober 2013 um 23:15.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum: 2 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Westliche Melchtaler Alpen   CH-OW   CH-BE 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1350 m
Strecke:Wasserwendi - Mägisalp - Rothorn - Glogghüs - Hochstollen - Älggi
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zentralbahn bis Brünig, Postauto bis Wasserwendi Dorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Autostopp ;-) Ab Sarnen mit der Zentralbahn nach Luzern
Kartennummer:1210 / 1190

Der heilige Leodegar meint es heute besonders gut mit Luzern und deckt Stadt und Umland mit einer üppig-grauen Suppe ein. Da uns diese nicht besonders schmeckt fliehen wir an die Sonne. Glücklicherweise reicht das Händchen des Schutzpatrons genau bis auf den Brünigpass hinauf: jenseits der Kantonsgrenze zu Bern zerfliesst das Grau in einem eindrücklichen Schauspiel ins Nichts.
 
Auf dem Brünigpass treffen wir uns: Roman reist von Luzern an, ich aus dem Berner Oberland. Das Postauto bringt uns nach Wasserwendi, wo wir kurz nach 9h losmarschieren. Zügig gehts zur Mägisalp hoch, hier kurze Lagebesprechung, in welcher Richtung wir ‚das Ding’ angehen wollen. Wir entscheiden uns „em Chlapf naa“, also von rechts nach links (für Rechtshänder wohlgemerkt), nehmen den markierten Weg zur Planplatten, verlassen diesen im Bereich des Skilifts, um über Weidehänge auf den Grat zu steigen. Einige Nebelschwaden tanzen hier um die Wette, doch dies stört uns kaum, vielmehr ist es der Wind, der uns immer wieder frösteln lässt. Die gefühlte Temperatur ist bekleidungstechnisch nämlich nicht ganz einfach, bewegt sie sich doch genau im Bereich zwischen T-Shirt und Windstopper-Jacke. Auf der ganzen Strecke wechseln wir jedenfalls so oft die Kleider, wie ich das bisher nur von meiner Grossmutter her kannte.
 
Nach einer kurzen Aufwärm-Kraxelei auf ein namenloses Plateau mit Steinmann und einer kurzen Rast steht der Gipfelparade nichts mehr im Wege. Wir überschreiten Rote Nollen, Höhi Egg, Läuber und Rothorn in herrlicher Gratwanderung. Die Schlüsselstelle mit dem zugegebenermassen nicht gerade einladenden Namen ‚Metzgerchälen’ liegt nun vor uns. Vorsichtig tasten wir uns heran; dank den fixen Drahtseilen ist der Abstieg aber eine relativ sichere, wenn auch abschüssige Sache. Gerade im unteren Teil unmittelbar vor der Scharte hätten wir nicht auf die technischen Hilfen verzichten wollen, zumal die Felsen sonnenabgewandt und daher recht nass sind. Im Wiederaufstieg zum Glogghüs finden wir rechts des Weges ein paar erquickende Kletterstellen (II) und erreichen bald den höchsten Punkt unserer Wanderung.
 
Endlich stellt der Wind für ein kurzes Weilchen ab. In Anbetracht der nun mächtigen Quellwolken über den Berner Alpen mag sogar ein Hauch Sommerfeeling aufkommen. Wir geniessen die Rast, die Rundumsicht und die Tiefblicke auf das Melchsee-Plateau. Und fragen uns gleichzeitig, warum man nach dem Bau des fantasielos-hässlichen Klotzes auf der Frutt immer noch nicht zur Einsicht gekommen ist und munter weiterklötzelt. Irgendwie haben wir dann auch gar keine Lust, zur Frutt abzusteigen, hängen dafür noch den Hochstollen an. Dabei lassen wir uns von bizarren Felsformationen aufhalten, an denen man sich glatt einen Nachmittag lang vertörlen könnte (siehe Fotos). Später erblicken wir aus nächster Nähe gar noch einen Adler (oder wars ein Bartgeier?), der sich zunächst ungestört auf einer Gratkuppe sonnt und später nur wenige Meter neben uns vorbeifliegt.
 
Auf dem letzten richtigen Gipfel des Tages angekommen, bietet sich der Abstieg zur Älggi-Alp an. Angesichts der zahlreichen Autos auf dem Parkplatz würde sich bestimmt eine Mitfahrgelegenheit ergeben.
Da wir für dieses Gebiet keine Karte dabei haben, lassen wir uns von Wegweisern leiten. Der Pfad verläuft einige Zeit in die scheinbar falsche Richtung, was uns zunächst irritiert. Unten im Sachsler Seefeld wird dann aber schnell klar, dass das felsige Seeband nur auf diese Weise vernünftig überwunden werden kann.
 
Nun ists nicht mehr weit bis zur Älggi-Alp. Als wir unsere Füsse auf den angeblichen Mittelpunkt der Schweiz setzen, sind wir gegen 8 Stunden unterwegs und unsere Kehlen schreien förmlich nach Hopfentee. Doch o Schreck! Das Restaurant befindet sich im Umbau und das Ersatz-Wägeli hat die Läden bereits unten. Wir befürchten schon, die Wanderung ohne Umtrunk ausklingen lassen zu müssen, doch haben wir nicht mit der äusserst zuvorkommenden Wirtin gerechnet. Auf unsere Nachfrage hin öffnet sie den Stand für uns und gibt zwei Bier heraus. Unsere Augen funkeln wie die kleiner Kinder, die soeben ihr lange ersehntes Weihnachtsgeschenk in Händen halten. Und das ist nicht alles: Die Wirtin bietet auch gleich an, uns ins Tal mitzunehmen, sobald sie mit der Arbeit fertig ist.
 
Die letzten Sonnenstrahlen geniessend setzen wir uns an ein hilbes Plätzli. Die milde Herbstluft und das sanfte Licht sind Balsam für die Seele, bevors wieder in den Nebel runter geht. Auf einmal ertönt ein Hupen; das ist das Signal für den freundlichen Taxiservice. Bei der Talfahrt dürfen wir dann feststellen, dass die Frau die Strecke nicht das erste Mal fährt. In rekordverdächtig knappen zwanzig Minuten stehen wir schon am Bahnhof Sarnen, von wo uns der Zug zurück nach Luzern bringt.
 
Alles in allem ein ‚perfect day’!

Tourengänger: Maisander


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