Vom Kärlinger zum Watzmannhaus


Publiziert von Hejkal , 23. März 2013 um 21:37.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum: 2 September 1990
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1 Tage

Im Kärlingerhaus weckte uns gegen 6.30 Uhr das Piepsen der Armbanduhr aus dem Schlaf. Schnell stand ich auf und begab mich zur Morgentoilette hinunter ins Erdgeschoss, wo wieder eine Schlange am Wasserhahn stand. Danach stärkten wir uns Punkt 7 Uhr beim Frühstück in der Gaststube. Schon beim Gehen dorthin hatte wohl jeder einen Blick hinaus geworfen. Das Wetter zeigte sich wiederum nicht von seiner schönen Seite. Tiefe Nebelschleier hingen über den Funtensee.

Nachdem sich  jeder seine Trinkflasche mit Wasser gefüllt  hatte, holten wir unsere Rucksäcke aus dem Zimmer. Alle hatten sich etwas Warmes angezogen. Als wir vor die Hütte traten, hatte sich der Nebel etwas gelichtet. Man konnte nun schon wieder besser sehen und es sollten sich die Wolken bei unseren weiteren Weg aufziehen und sogar die Sonnenstrahlen durchkommen.

Genau um 8 Uhr begannen wir unsere Tagestour. Hinter dem Kärlinger Haus gingen wir zuerst ein Stück des Weges, den wir bereits vom Vortage kannten. Dann wendeten wir uns jedoch nach rechts. Im leichten Abstieg ging es nun durch eine parkähnliche Landschaft bis zum Beginn der sogenannten Saugasse. Es war recht angenehm zu wandern, denn es war nicht mehr so warm und die Luft war durch den Regen  sehr rein. Vereinzelt hingen noch Nebelschwaden im Tal. Über uns versuchten die Sonnenstrahlen, sich ihren Weg durch die Wolkendecke zu bahnen.

In steilen Serpentinen stiegen wir nun die Saugasse hinab. Es war äußerst beeindruckend. Links und rechts ragten steile Felswände empor  und in der Mittte eine breite Schneise, durch die in steilen Windungen unser Weg immer bergab führte. Es dauerte ein ganzes Stück,  bevor wir den grünen Talboden der Unterlahneralm erreichten. Hier kamen uns auch die ersten Wanderer entgegen. 

Ein recht  bequemer Weg führte uns nun durch Nadel- und Laubwald immer bergab, bald verbreiterte  sich das Tal und wir erreichten die Schrainbachalm. Rechts am Weg stand ein schwarzes  Blockhaus,  das lange nicht benutzt worden zu sein schien. Hier führte  auch eine kleine Holzbrücke über ein ausgetrocknetes Bachbett. Später erfuhr ich aus dem Reiseführerm daa es sich hierbei um den  Schrainbach handelte.  Der Bach befand sich nun links neben dem Weg, der durch alte  Laubwaldbestände führte. Schon bald war links neben uns ein Rauschen aus dem Tal zu hören. Der Schrainbach hatte sich weiter unten mit viel Wasser gefüllt.

Immer bergab führte uns nun der  Weg bis nahe an den Königssee, den wir nach einem kurzen, steilen Abstieg erreichten. Unterwegs machten wir noch einmal am Schrainbach,  der sich hier als kleiner Wasserfall ergoss, eine kurze Rast. Am linken Ufer des Knigssees ging es nun in Richtung St. Bartholomä. Bei jeder Wegbiegung dachte ich, wir müssen doch gleich da sein, aber  es dauerte noch ein ganzes Stück. Wir mussten beispielsweise noch  über einen Schuttkegel, der glücklicherweise mit einer Holzbrücke versehen war. Endlich war Sankt Bartholom mit seiner bekannten Wallfahrtskirche,  dem Fischerhaus mit Gaststätte und natürlich der Bootsanlegestelle erreicht. Hier kamen wir erstmals wieder mit der "Zivilisation" in Berührung. Es war ein recht eigenartiges  Gefühl, nachdem  man so lange in stiller Bergabgeschiedenheit,  fern allen Komfort in den Bergen gelebt hatte, holte uns hier unten die  Konsumgesellschaft mit all ihren unschönen Nebenerscheinungen ein. Etwas  Gutes hatten die Kioske jedoch. Es gab eine große Auswahl  von Ansichtskarten zu normalen Preisen. Ich kaufte mir eine Kartenserie vom Berchtesgadener Land für 5 DM. Den Besuch der Wallfahrtskapelle ließ ich mir natürlich nicht nehmen, allerdings war das Innere nicht gerade überwältigend.

Am Rand eines Bretterschuppens, der zur Schiffsanlegestelle gehörte, ließen wir uns nieder und genossen unseren Proviant. Unser Ziel war noch weit entfernt, das "schönste Stück" der Strecke kam  noch, aber das wusse ich damals natürlich noch nicht.

Wir blieben vielleicht eine Stunde in St. Bartholomä, dann  brachen wir auf. Die Touristen warfen uns an diesem Sonntagvormittag einige abwertende Blicke entgegen, doch bald waren wir aus der  Touristenzone heraus. Zunächst ging es eben am Rande der Königssees entlang, links von uns lag eine verkommene Unterkunftshütte, rechts war das Wasser, auf dem leise ständig Motorschiffe hin- und herfuhren. Doch nun begann der Aufstieg am Watzmannmassiv über den Rinnkendlsteig. Es war tatsächlich, so wie der  Wanderführer beschrieb, ein luftiger Weiterweg über einen Kletterpfad mit Leitern, der bei atemberaubenden Ausblicken über der Königssee hinauf  zur Archenkanzel führt. Durch einen früheren Waldbrand waren hier  die großen Bäume nicht mehr vorhanden, lediglich noch einige dürre, angekohlte Baumstämme. Dadurch hatte man aber einen wunderbaren Blick ins Tal. Ich kam total ins Schwitzen, doch die herrlichen  Ausblicke auf den Königssee und vor allen Dingen auf St. Bartholomä  entschädigten alle Anstrengungen. Natürlich musste ich nun auch meine Jacke ausziehen und im Rucksack verpacken, sie war jetzt nicht mehr nötig, zumal die Sonne schien.

Als uns einige Wanderer entgegenkamen, hörte ich, wie diese sagten: "Die  kommen sowieso nicht oben an bei der kaputten Leitern!" Sie hätten beinahe Recht behalten, denn die Holzleitern waren tatsächlich an vielen Stellen äußerst morsch, so dass man bei jedem Schritt 100%ig aufpassen musste, um nicht danebenzutreten. Aber alle kamen wir gut, wenn auch schweißtriefend, auf einem befestigten Weg an, der rechts wenige hundert Meter zur Archenkanzel führte. Wir ließen uns diesen Ausblick nicht nehmen und liefen bis zu diesem Aussichtspunkt. Es bot sich uns ein sehr schöner Blick auf den Königssee mit St. Bartholom und die dahinterliegenden Berge. Einige nutzten die Gelegenheit für ein Foto, doch keine hätte geglaubt,  dass dies die letzte Aufnahme unserer Tour werden sollte!  An einem  Baumstamm befand sich ein kleines  Holzkästchen  mit  einem Stempel  von der Archenkanzel, den ich mir zur Erinnerung auf  mein mitgebrachtes Papier drückte.

Nun  war es nicht mehr weit bis zur Kührointalm (1420 m) Man begegnete hier vielen Touristen, die mit dem Auto vorfuhren, um nur die paar Schritte bis zum Aussichtspunkt zu laufen. Auch an der Kühroitalm waren viele Wanderer und Touristen. Die Alm war bewirtschaftet,  da ich aber noch genügend Vorräte im Rucksack hatte, setzte ich mich an den Wegesrand und verzehrte meinen restlichen Proviant, so dass mein Rucksack etwas leichter wurde. Dabei musste ich aufpassen, dass mir keine Kuh zu nahe kam.

Der Weg führte uns nun weiter, zunächst durch Wald, dann aber über ertraglose Almwiesen immer das Watzmannmassiv hinauf. Schien an der Kührointalm noch die Sonne, so verdunkelte sich nun allmählich  wieder der Himmel und es drückten sich die Wolken ins Tal. Ein scharfer Wind blies uns entgegen. Bis es jedoch leicht mit Spritzen anfing, hatten wir jedoch das Watzmannhaus in 1930 m Höhe  erreicht. Zuvor hatten uns noch zwei junge Männer überholt, denen man sofort ansah, dass sie aus der DDR kamen.

Das  Watzmannhaus,  was nun mitten in den Wolken lag, war recht  voll. Nachdem wir vor der Haustür eine ganze Weile auf unseren Bergführer gewartet hatten, erhielten wir unser Nachtquartier, allerdings das schlechteste unserer gesamten Tour, in dem ungefähr 40 Personen Platz fanden. Für das Abstellen des Rucksackes hatte man kaum Platz,  geschweige denn, um an seine Sache zu kommen. Eine Holztreppe führte hinunter ins Erdgeschoss, in dem sich die Gaststube befand, wo wir 18 Uhr das Abendbrot , bestehend aus Tomatensuppe mit  gersteten Semmelwürfeln, Gulasch mit dünnen Nudeln, rohen Möhrensalat und Salat zu uns nahmen. Nach dem Essen saßen wir noch lange in der Gaststube am Kachelofen, unterhielten uns und machten einige Spiele.

Als es draußen schon dunkel wurde, gingen einige von uns vor die Hintertür des Watzmannhauses. Der Nebel hatte sich verzogen, es war klar geworden, jedoch bließ ein eiskalter Wind. Das störte uns weniger, denn es eröffnete sich uns ein wunderschöner Blick auf die Täler in der Tiefe. Tausende Lichter von Berchtesgaden, Strub und Bischofswiesen lagen vor uns. Es war ein wunderschöner Anblick. Ein bißchen melancholisch war unsere Stimmung jedoch auch geworden, denn es war unser vorletzer gemeinsamer Abend. Wir waren voller Hoffnung, am nächsten Tag, meinem Geburtstag, den Watzmann zu besteigen.  Für mich gab es gar keine Zweifel, dass der morgige Tag ein schöner werden sollte, wie irrte ich mich jedoch!

Tourengänger: Hejkal


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